Letzter Satz. So kommen wir von den drei V zu den drei F: Gute Fahrt durch Anwerben von Fahrgästen, Finanzierung sichern, Folgekosten senken.
Für die einbringende Fraktion GRÜNE war das Frau Jähnigen. – In der weiteren Reihenfolge spricht nun für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Springer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Jähnigen hat die Einbringung dieser Aktuellen Debatte in einer Art und Weise gestaltet, die mich etwas verwundert; denn nicht die Ministerpräsidenten Biedenkopf oder Milbradt haben für die Trennung im Fern- und Nahverkehr gesorgt, sondern die Bahnreform. Aber lassen wir das einmal dahingestellt sein.
Das Thema dieser Aktuellen Debatte passt eigentlich nahtlos in das düstere Bild, das in der letzten Debatte gemalt worden ist. Auch hier würde ich gern versuchen, ein klein wenig zur Aufklärung beizutragen.
Sachlich wäre es wirklich besser, die Aktuelle Debatte "Bus und Bahn im Umbruch" zu nennen, da veränderte Anforderungen an das Gesamtsystem den Umbruch erforderlich machen. Wir müssen natürlich die Planung des ÖPNV fortschreiben, das ist richtig.
Dabei müssen wir in Sachsen einige Rahmenbedingungen beachten. Die erste Rahmenbedingung ist, dass die Aufgabenträger, diejenigen, die das Verkehrsmanagement mit
Außerdem müssen wir beachten, dass 2015 ein wichtiger Planungshorizont für uns alle ist; denn dann ist das Regionalisierungsgesetz in der Revision und es wird neu festgelegt, welchen Gesamtfinanzierungsplan der Bund uns allen zur Verfügung stellt und wie die Länderverteilung aussehen wird. Was wir ebenfalls noch beachten sollten, um korrekt zu arbeiten, ist, dass die Ausschreibung des ÖPNV von unseren kommunalen Partnern immer eine langfristige ist. Erst dann können wir wirklich Planungsziele formulieren.
Die Planungsziele, die wir formulieren, sind unter der Überschrift der Daseinsvorsorge die Nutzbarkeit und die Barrierefreiheit des Zuganges für die unterschiedlichsten Fahrgastgruppen, die Gewährleistung eines flächendeckenden ÖPNV für ganz Sachsen sowie ein Mobilitätsangebot für spezifische Nachfrage. Hierbei sollte man darauf achten, dass Sicherheit und Brandschutz eine wesentliche Rolle spielen.
Natürlich wissen wir auch, dass diese drei Themen zum Beispiel sehr eng mit einer Erneuerung des Fahrzeugparks verbunden sind, und wir wissen, dass es in diesem Bereich eine große Aufgabe zu lösen gibt: Ich möchte nur das Schlagwort Busförderung in den Raum stellen. Hier muss geklärt werden, wie es weitergehen soll, wie wir eine Finanzierbarkeit dieses Themas erreichen, wie wir erreichen, dass auch Gebrauchtfahrzeuge in diesem Zusammenhang ordentlich um- und eingesetzt werden können.
Eine andere große Überschrift ist das Thema Raumordnung. Hier sind unsere Ziele die Stärkung der zentralen Orte und die Erreichbarkeit der Wirtschaftsstandorte. Die Gemeindeeinrichtungen sowie Bildungs- und Kultureinrichtungen müssen hier erreichbar bleiben. Dafür würden und werden wir die Rolle des ÖPNV in der Siedlungspolitik und in der Siedlungsentwicklung unseres Landes intensiv in den Prozess einbeziehen.
Nicht zuletzt das Thema Finanzierung. Wir alle – das darf ich in diesem Rahmen gern sagen – wissen, dass die letzte und geltende FinVO nicht der große Wurf ist. Aber schon im Bereich der Finanzierung der Ausbildungsverkehre ist es gelungen, das System dynamisch zu gestalten. Auch hier sei der Hinweis gestattet, und wir wissen, dass es erforderlich ist und ein Nachholbedarf im Bereich der Busfinanzierung besteht.
Auf Antrag der Koalitionsfraktionen ist es uns gelungen, im aktuellen Haushalt das Budget für die Ausbildungsverkehre von 53 auf 54 Millionen Euro im laufenden Haushalt aufzustocken. Das gibt uns Zuversicht, dass wir unsere Ziele, die Weiterentwicklung der ÖPNV-Finanzierung als Modell unter Berücksichtigung des Nachholbedarfs und natürlich auch die Planungssicherheit für unsere kommunalen Partner, sicherstellen. Hier betone ich besonders, dass uns die Planungssicherheit für unsere kommunalen Partner am meisten am Herzen liegt.
Für die CDU-Fraktion war das Frau Springer. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Kollege Stange.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es in der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages die Möglichkeit gäbe, einen ständigen Tagesordnungspunkt einzurichten, so hätte sicherlich das Thema Verkehrspolitik neben der Bildungspolitik Anspruch darauf, diesen einzunehmen.
Warum ist das so, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Ein Blick auf den gerade in der vergangenen Woche absolvierten missglückten Bahngipfel lässt im Grunde diese Unendlichkeit des Anspruchs dieses Tagesordnungspunktes als ständiger Tagesordnungspunkt erahnen, denn dieser missglückte Bahngipfel hat sich mit Absichtserklärungen zur Anbindung von Chemnitz zufrieden gegeben. Lassen Sie mich ganz kurz eine Dimension eröffnen.
Frau Springer, wenn Sie beim Landesentwicklungsplan schon daran denken, dann spielt im Landesentwicklungsplan natürlich die Metropolregion Mitteldeutschland eine vielleicht noch nicht angemessene, aber durchaus eine Rolle. Das mitteldeutsche S-Bahn-Netz in seiner Endausbaustufe umfasst eigentlich auch Chemnitz. Das Problem ist nur, dass Chemnitz mit der Absichtserklärung in seiner Endausbaustufe für das mitteldeutsche S-Bahn-Netz mindestens über einen Horizont der nächsten 20 Jahre verschoben wurde. – So viel zur Zukunft des ÖPNV in Sachsen. Frau Springer, das sind hier nur Blasen, der Volksmund würde sagen Gequatsche, gewesen. Mehr war es leider nicht. Das muss ich Ihnen so attestieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit zweieinhalb Jahren hat Staatsminister Morlok federführend Verantwortung für den Bereich des Verkehrs in Sachsen. Was wir seit dieser Zeit erlebt haben, ist ein ideologisch getriebener Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik in Sachsen. Unter anderem zeigt sich das in einer durchaus neu angekommenen Lobby, nämlich den Busunternehmen. Sie nannten es Busförderung in Sachsen, Frau Springer. Diese ist allerdings nicht dazu geeignet, genau diese Lobbygruppe wirklich zufrieden zu stellen. Fragen Sie einmal Busunternehmer in Ihrer Region, die Ihnen hierzu etwas anderes erzählen würden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben auch die ÖPNV-FinVO zur Finanzierung angesprochen und sagen, 2015 beginnt die Revision der Regionalisierungsmittel. 2015 – Sie haben recht – wird das neu justiert sein und in Kraft treten, aber der Planungshorizont beginnt heute, Frau Springer. Die Jahre 2012 und 2013, genau die Jahre, die so massiv durch die geltende FinVO von den Einschnitten betroffen sind, werden herangezogen mit den
Das heißt, dieser Staatsminister trägt mit diesen Kürzungen Verantwortung dafür, dass wir ab 2015 erheblich weniger Geld zur Verfügung haben werden, von dem der Freistaat auch nur einen Teil an die ÖPNV-Zweckverbände weitergibt. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, sind die Wahlkreisabgeordneten. Nicht die FDP kann den Leuten erklären, warum sie das macht. Sie müssen es erklären, und Sie werden auch 2014 Ihren Bürgerinnen und Bürgern erklären müssen, was diese Staatsregierung im ÖPNV in den letzten Jahren verbrochen hat. Das müssen Sie erklären! Ich glaube nicht, dass Sie alles so fein erklären können, wie Sie hier mit salbungsvollen Worten umgehen können.
Wir müssen für strukturschwache Regionen in Sachsen differenzierte Lösungen entwickeln. Differenzierte Lösungen können natürlich nicht sein, dass eine strukturschwache Region auch noch dadurch strukturschwächer gemacht wird, dass sie vom ÖPNV abgekoppelt wird. Das ist natürlich völliger Blödsinn und macht diese strukturschwachen Gebiete erst recht kaputt. Das ist entweder Ihre Zielrichtung, oder Sie nehmen es billigend in Kauf. Das gehört zur Ehrlichkeit nämlich auch dazu, das muss man ganz klar sagen.
Was der Herr Staatsminister derzeit mit seinem Ministerium für die ÖPNV-VIN-VO vorbereitet, die ab 2015 gelten soll, spricht dieser Politik, die Sie, Frau Springer, hier postulieren, mehr als nur Hohn, denn dann werden Sie in Ihrem Gebiet, im Vogtland, im Erzgebirge, noch weniger Strecken mit der Bahn zur Verfügung haben, als das heute der Fall ist. Sehen Sie in die Papiere, und Ihnen wird schwummerig. Ich bin auch der Auffassung, dass Sachsen in einem Teil Geberland werden soll. Dafür bin ich sofort. Geben wir diesen Staatsminister endlich wieder zurück in die Verteilung der Länder, dann können sich andere darum prügeln.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Stange. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Pecher.
die Menschen in Sachsen ein Grundrecht ist. In diesem Zusammenhang muss man sagen, dass motorisierter Individualverkehr kein Kontra zum ÖPNV ist, sondern aus meiner Sicht ein Miteinander und ein Ergänzen. Wenn man dann natürlich im Landesentwicklungsplan von der Staatsregierung über den diskriminierungsfreien Wettbewerb zwischen den Verkehrsangeboten liest, dann hat man schon mit dem Begriff Wettbewerb ein Problem.
Wenn man Mobilität als eine Aufgabe der Daseinsfürsorge und der Grundsicherung begreift, dann ist dort aus meiner Sicht der Wettbewerb die falsche Herangehensweise. Das wäre genauso, wie wenn Sie in einwohnerschwachen Orten sagen, die Strom-, Gas- oder Wasserversorgung wird eingedampft, weil dort weniger Menschen sind. Ich glaube, dass die Erreichbarkeit, die Mobilität ein Versorgungsinstrument ist, das ein Grundrecht der Menschen ist. Daher macht es natürlich keinen Sinn, an dem alten Dogma festzuhalten, den Straßenausbau voranzutreiben, wo im nächsten Jahr 400 Millionen Euro mehr eingesetzt werden sollen, während parallel dazu im ÖPNV-Bereich massive Kürzungen erfolgt sind.
Da weiß ich auch, wovon ich rede. Versuchen Sie doch einmal, von Aue, von Annaberg, von Kirschberg oder von Mittweida nach Chemnitz oder nach Leipzig zu kommen. Versuchen Sie das einmal mit dem Öffentlichen Personennahverkehr!
Es macht auch keinen Sinn, wenn Sie eine gut ausgebaute A 72 oder A 4 haben oder wenn die eine oder andere Staatsstraße gut ausgebaut ist. Insbesondere im Bereich einer älter werdenden Gesellschaft macht es keinen Sinn, dass Sie vielleicht mit dem Rollator schneller vorankommen.
Sie brauchen öffentliche Nahverkehrsmittel, um in einem bestimmten System, in einem bestimmten Takt zumindest in einem Grundnetz bestimmte Oberzentren erreichen zu können. Das finden wir leider im Landesverkehrsplan nicht wieder.
Noch ein Wort zu dem Thema Regionalisierungsmittel. Fakt ist: Wir rechnen 30 % fehlerhaft ab, weil wir sie falsch verwenden. Im Gesetz steht die Spitzabrechnung; sie wird auch kommen. Wenn man weiß, dass zum Beispiel ein Land wie Nordrhein-Westfalen – man kann auch jedes andere westdeutsche Land nehmen – 3,5 Milliarden Euro Stau in Verkehrsinvestitionen hat – sie müssen Rheinbrücken für den Lkw-Verkehr sperren, weil sie sie zurzeit nicht instand setzen können –, dann wird doch klar, dass die westdeutschen Länder ab 2015 sagen werden: Warum sollen wir noch einen müden Euro zusätzlich nach Sachsen geben – zumal sie dort 30 % auch noch falsch verwendet haben?
Wir werden also in diesem Verteilkampf eine Niederlage erleiden. Diese Verteilkämpfe werden bis 2020 im Bundesgebiet noch heftiger und noch härter werden. Wir werden – das hatte ich schon bei manchen Haushaltsdiskussionen gesagt – noch riesige Probleme bekommen, die sich auch haushalterisch bei uns niederschlagen werden.
Zum Abschluss möchte ich feststellen: Ich glaube, wenn man das Grundrecht auf Mobilität ernst nimmt und sagt, wir brauchen eine Grundstruktur der Erreichbarkeit, dann kann man natürlich nicht zu den Aufgabenträgern – es sind in der Regel die kommunalen Träger – gehen und sagen: Schaut euch mal eure Linien an und behaltet nur noch die, die sich von den Fahrgastzahlen her halbwegs rechnen oder einen hohen Deckungsgrad haben. Was passiert dann zwangsläufig: Dann werden die Linien, die sich nicht tragen oder eine schlechte Auslastung haben, eingestellt. Dann wird der ländliche Raum in der Erreichbarkeit vom ÖPNV abgekoppelt.
Im Übrigen passiert das auch realistisch. Wenn man sich mittlerweile die Taktzeiten der Sachsen-Franken
Magistrale ansieht, die im Gespräch sind, aber auch wenn man sich bei den Buslinien umschaut, wenn man sieht, dass praktisch manche Dörfer nur noch zweimal am Tag mit einem Bus zu erreichen sind, –
Richtig! –, dann muss man über Lösungen nachdenken. Es nützt nichts, einen gut sanierten Bahnhof oder ein gut saniertes Wartehäuschen zu haben, weil man das mit Investitionen machen kann, sondern man muss darin investieren, dass die Menschen fahren können. Es nützt mir kein Bahnhof und kein Gleis, wenn darauf kein Zug mehr fährt. Es muss ein Zug oder ein Bus fahren!