Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

geehrten Damen und Herren! Wir haben viele Beiträge zum Thema Grundwasseranstieg gehört und viele Redner haben betont, dass es unterschiedliche Ursachen für den Grundwasseranstieg gibt. Aber letztendlich ist dann doch wieder in den einzelnen Beiträgen alles nur auf die Braunkohlentagebaufolgen zugeschnitten gewesen.

Es gibt verschiedene Ursachen. Eine Ursache ist der Braunkohlenabbau, die andere Ursache sind Naturereignisse. Nun will ich nicht bestreiten, dass in Braunkohlengebieten natürlich beide Ursachen wirken, aber es gibt auch Regionen im Freistaat Sachsen, die nicht von Braunkohlefolgen betroffen sind und in denen wir trotzdem einen erhöhten Grundwasseranstieg haben. Wir müssen für die einzelnen Regionen unterschiedliche Rezepte für die Lösung finden.

Der Bericht, den ich dem Landtag gegeben habe, ist sehr umfangreich, und ich verwahre mich gegen die Unterstellung, dass wir dort bewusst etwas weggelassen hätten. Wir haben der Berichterstattung wissenschaftlich fundierte Grundlagen zugrunde gelegt und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das auch sehr sorgfältig gemacht.

Es macht eben keinen Sinn, dort langjährige mittlere Grundwasserstände darzustellen, wo ein jahrzehntelanger Grundwasserwiederanstieg gerade erst abgeschlossen ist oder Grundwasseranstieg und -absenkung einander überlagern, wie es in den Braunkohlenbergbaugebieten der Fall ist. Das Thema, meine Damen und Herren, ist viel zu sensibel und viel zu differenziert, um pauschale Antworten zu geben. Es eignet sich aus meiner Sicht überhaupt nicht dafür, pauschal Ängste in der Bevölkerung zu schüren.

Grundwasser, meine Damen und Herren, ist Bestandteil des Naturhaushaltes; er schwankt abhängig von der Witterung und der Jahreszeit. Das ist eine sehr banale Feststellung, die aber den Kern des Problems trifft. Wir müssen unterscheiden zwischen den natürlichen Phänomenen und den anthropogen verursachten Veränderungen des Grundwassers. Naturereignisse sind nun einmal schwer zu regulieren. Die Menschen haben sich deshalb früher darauf eingestellt. Sie haben zum Beispiel in Gebieten mit hohen Grundwasserständen nicht gebaut oder auf den Keller verzichtet oder ein enges Netz an Abflussgräben und kleinsten Fließgewässern gepflegt, das die naturgegebenen Stände regulierte.

Ich kann mir auch den Hinweis nicht verkneifen, auf die nach wie vor notwendige Gewässerunterhaltung durch die Kommunen zu verweisen. Diese hätten auch die rechtliche Möglichkeit, dafür Gebühren von den Anliegern zu verlangen oder ihre Aufgabe Wasser- und Bodenverbänden zu übertragen – so zum Beispiel in der Region Torgau.

Zu meinem Bedauern wird gerade das gemeinschaftliche Vorgehen noch zu wenig in Anspruch genommen. Andere Zuständigkeiten ergeben sich beim Grundwasseranstieg durch den Braunkohlenbergbau. Wir sind in unserem Bericht darauf ausführlich eingegangen: Die in den

Bergbauregionen entstehende neue Landschaft ist eine oberirdisch und unterirdisch neue Wasserlandschaft, die leider nicht nur schön anzuschauen ist, sondern auch zu Problemen in den Häusern der Region führen kann. Ich habe dazu mehrmals – zuletzt in dieser Woche – mit Herrn Prof. Kuyumcu, dem Leiter der LMBV, gesprochen. Er hat noch einmal bekräftigt, dass die LMBV den vom Grundwasseranstieg Betroffenen nach wie vor schnelle und unbürokratische Hilfe gewähren wird.

Vielleicht machen Sie sich einmal die Mühe, neben unserem Bericht auch den Sanierungsbericht der LMBV zu lesen; dann würden Sie einige gute Beispiele kennen lernen – wie den Gewässerausbau des Lober zum Schutz von Delitzsch oder das Grabensystem zum Schutz der Gemeinde Zerre im Lausitzer Revier.

Im gesamten mitteldeutschen Revier wurden an circa 850 Objekten Gefahrenabwehrmaßnahmen zum Schutz vor steigendem Grundwasser an Gebäuden als Einzel- oder Komplexlösung realisiert. Hierunter fallen Einzelhaussicherungen zum Beispiel in Markkleeberg, in Delitzsch, in Böhlen oder in Regis-Breitingen, aber auch Großmaßnahmen wie die Umsiedlung des Industriestandortes Schwanenberg bei Lohsa oder die seit Jahren zuverlässig arbeitende Grundwasserhaltung in der Stadt Hoyerswerda; dieses Beispiel ist schon genannt worden.

Allerdings muss man wissen, dass dahinter auch die finanzielle Bereitschaft vom Bund und den betroffenen Ländern steht. Die immer wieder auftauchende Behauptung, die Länder würden nichts tun, stimmt also nicht. Sie steht vor allem dann, wenn die LMBV den Zusammenhang zwischen dem Braunkohlentagebau und den vernässten Kellern als Bergschaden anerkennt; denn die LMBV finanziert nur die Fälle, bei denen sich die Grundwasserstände nachweislich über dem vorbergbaulichen Niveau einstellen und dieser Zusammenhang damit gegeben ist. Aber auch hier muss ich zur Ehrenrettung der LMBV sagen, dass sie dieses Verfahren sehr großzügig handhabt. Es ist eine Stichtagsregelung eingeführt worden: Vor 1989 gebaute Häuser müssen diesen Nachweis nicht führen.

Sachsen hat in den Verhandlungen mit dem Bund zum neuen Verwaltungsabkommen über die Braunkohlesanierung von 2013 bis 2017 versucht, die dahinterstehende Einzelfallregelung zu pauschalieren. Das von uns dazu angestrengte Rechtsgutachten hat unsere Position leider nicht bestätigt. Es bleibt also bei den bereits heute gängigen Einzelfallprüfungen. Das ist wieder ein Beweis dafür, dass der Freistaat Sachsen etwas tut, um den Interessen der Bürger gerecht zu werden.

Diese Hintergrundinformationen zu unseren Verhandlungen mit der LMBV sind auch ausführlich im Bericht erläutert. Gleiches gilt für die von Ihnen vorgenommene Zuordnung staatlicher Aufgaben. Nach dem derzeitigen Wasserrecht gibt es keine Pflicht des Staates zum Schutz vor Überschwemmungen aus Grundwasser im Sinne des Hochwasserschutzes. Stattdessen liegt die Frage, ob oder wie ein Grundstück wegen hoher Grundwasserstände

genutzt werden kann, allein in der Verantwortung des Eigentümers. Daher kann dieser auch nicht der Pflicht enthoben werden, sich über die Gefahren zu informieren.

Im Bericht wird eine Reihe von Informationsmöglichkeiten genannt. Nur zur Erinnerung: Informationen sind über die Braunkohlepläne – bei den regionalen Planungsstellen – und ebenso über die Betriebspläne „Folgen des Grundwasserwiederanstiegs“, die spezielle Konfliktkarten

enthalten, erhältlich. Die Betriebspläne können Sie beim Sächsischen Oberbergamt, bei der LMBV und auch den Gemeinden einsehen.

Darüber hinaus sind auch nicht staatliche Informationsquellen der im Gebiet tätigen Unternehmen zu nutzen, besonders wenn es um Prognosen der Grundwasserstände geht; denn auch nur dort können spätere Bergschadensforderungen geltend gemacht werden.

Ungeachtet dessen hat auch der Freistaat Sachsen sein Informationsangebot erweitert. Das ist übrigens wiederum ein Argument gegen die Behauptung, der Freistaat Sachsen tue nichts.

Ich empfehle Ihnen die Lektüre der Internetseite www.grundwasser.sachsen.de, bevor Sie uns weiter unterstellen, wir täten nichts. Wir werden diese Seite weiter vervollständigen und entsprechend dem Auftrag des Landtages fristgemäß im September berichten.

Meine Damen und Herren! Es gibt aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund, den Bericht nachzubessern. Ich möchte mich ausdrücklich bei den Mitgliedern der Koalitionsfraktionen für ihre Wortmeldungen bedanken und auch für ihre Unterstützung des Vorgehens der Staatsregierung, mit dem das Ziel verfolgt wird, den von erhöhten Grundwasserständen betroffenen Menschen zu helfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Wir kommen zum Schlusswort der Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Dr. Pinka, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, dass manche Kolleginnen und Kollegen noch etwas Aufklärung brauchen, zum Beispiel über den Unterschied zwischen Oberflächen- und Grundwasser. Dass insoweit Unklarheiten bestehen, kam doch sehr deutlich heraus. Aber das können wir vielleicht später nachholen.

Ich freue mich, dass Herr Morlok zu unserer Debatte hinzugestoßen ist; denn ich meine schon, dass man das Thema nicht nur Herrn Kupfer überlassen kann. In den Kohlegebieten besitzt das Sächsische Oberbergamt immense Bedeutung.

Herr Kupfer, ich meine, der Grundwasseranstieg ist noch nicht abgeschlossen. Viele Tagebaurestseen sind noch nicht zu Ende geflutet, und dennoch gibt es in den anlie

genden Ortschaften schon Probleme. Wir wissen, dass es noch eine Differenz bis zum Endstand gibt.

Es liegt mir fern, die LMBV zu kritisieren. Sie tut im Rahmen ihrer Aufgaben das Bestmögliche. Aber sie ist in ihren Möglichkeiten beschränkt. Sie darf nur bestimmte Arbeiten ausführen, nämlich solche, die im Zusammenhang mit den Folgen des DDR-Braunkohlebergbaus stehen. Aufgaben, die den Altbergbau betreffen, sind ihr nicht übertragen. Wir wissen, dass einige Altbergbauschächte gar nicht verfüllt sind oder unverfüllte Strecken enthalten. Auch dort haben wir das Problem des Grundwasserwiederanstiegs. Ich mag nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn so ein Schacht zusammenbricht.

Zur Internetplattform: Ich begrüße es, dass Sie den Menschen die Möglichkeit eröffnen, sich zu informieren. Aber dann sollten wir ihnen tatsächlich sagen, wie der Grundwasserstand im Verhältnis zur Geländeoberkante ist. Die Information über die Veränderung gegenüber der Vorwoche nutzt den Betroffenen nichts. Sie müssen wissen, wie hoch das Wasser steht – unter oder über Geländeoberkante.

Natürlich kann es den Masterplan für den Umgang mit den Folgen des Grundwasserwiederanstiegs nicht geben. Aber das haben weder ich noch unsere Fraktion je behauptet. Die Probleme in den Regionen sind tatsächlich nicht monokausal. Dass neben dem Grundwasserwiederanstieg auch sonstiger Altbergbau, das Abschalten von Wasserhebungsanlagen und sonstige öffentliche oder industrielle Wassernutzungen eine Rolle spielen, ist unbestritten. Den Betroffenen ist es allerdings egal, wieso das Wasser in ihren Kellern steht.

Ja, es gibt keinerlei gesetzliche Verpflichtung zur Sicherung eines bestimmten Grundwasserniveaus, auch nicht zur Absenkung des Grundwasserspiegels. Dennoch ist es aus meiner Sicht geboten, dass das Land aus Fürsorge seine Bürgerinnen und Bürger und seine Unternehmen bei der Lösung ihrer Probleme unterstützt. Die Gewährleistung sicherer, gesunder und lebenswerter Arbeits- und Lebensbedingungen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung unseres Landes.

„In Liebe zu unserer Heimat“ – das war das Motto unserer Aktuellen Debatte. Nehmen Sie sich also des beschriebenen Problems ernsthaft an! Bilden Sie Arbeitsgruppen, ziehen Sie Experten hinzu und suchen Sie nach Lösungen! Im Rahmen der Eigenvorsorge sind sicherlich auch die Kommunen für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung zuständig, aber wenn sich Geländeabsenkungen so darbieten, dass das Wasser schon über dem Gelände steht, hat auch der Freistaat Verantwortung.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich lasse nun über den Antrag in der Drucksache 5/9268 abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich, das anzuzeigen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Innovationshemmnisse sächsischer Unternehmen abbauen –

Konsequenzen aus dem Mittelstandsbericht ziehen

Drucksache 5/8970, Antrag der Fraktion der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: Es beginnt die SPD-Fraktion. Danach folgen die CDU-Fraktion, die Fraktion DIE LINKE, die FDP-Fraktion, die Fraktion GRÜNE, die NPD-Fraktion und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Wir beginnen mit der Aussprache. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abg. Köpping. Frau Köpping, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Innovationshemmnisse sächsischer Unternehmen abbauen – Konsequenzen aus dem Mittelstandsbericht ziehen“, das ist der Antrag, den wir heute stellen. In der heutigen Aktuellen Debatte lautete das Thema: „Attraktive Heimat Sachsen“, im vorletzten Plenum war es das Thema: „Erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung in Sachsen – Aufbau Ost wirkt“. Ich glaube, niemand hier im Raum wird behaupten,

Sachsen habe sich nicht entwickelt. Jeder, der durch unsere Städte und Dörfer fährt, sieht, was in Sachsen erreicht worden ist, und ist sicherlich auch ein Stück weit stolz darauf. Es geht uns in dem Antrag also nicht darum, irgendetwas schwarzzumalen. Wir wollen aber umsetzen, was wir als Opposition versprochen haben, nämlich Vorschläge einzubringen, wie bestimmte Dinge verändert werden können.

Sowohl in der Debatte heute früh als auch in der im Rahmen des vorletzten Plenums war der Wirtschaftsstandort Sachsen Thema. Von der Koalition wurde gesagt: „Sachsen ist spitze – der Aufbau Ost wirkt!“ Ich stelle die Frage: Ist das wirklich so?

Falls Sie behaupten, das sei hier ein Machwerk der Opposition, sage ich: Nein, ich beziehe mich auf den Mittelstandsbericht. Aus diesem wird deutlich, dass wir

tatsächlich Defizite haben. Um deren Überwindung geht es uns in unserem heutigen Antrag.

Ich möchte einige Passagen aus dem Mittelstandsbericht ansprechen.

Das nominale Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegt in Sachsen bei 71 % des westdeutschen Durchschnitts, die gesamtwirtschaftliche Produktivität liegt bei 78 % des westdeutschen Durchschnitts. Wir verzeichnen ständig rückläufige Gründerquoten. Trotz gesunkener Arbeitslosigkeit ist der Rückstand zum Bundesdurchschnitt bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung konstant geblieben. Der Anteil der Ausfuhren am BIP liegt in Sachsen noch 10 % unter dem Bundesdurchschnitt.

Die Existenzgründerzahlen sind seit Jahren rückläufig. Die sächsische Wirtschaft ist zu kleinteilig, der KMUAnteil am Gesamtumsatz der Wirtschaft liegt bei 63 % im Vergleich zu den circa 30 bis 35 % in den alten Bundesländern. Sachsen fehlen nach wie vor die Großunternehmen. Die F/E-Aktivitäten in den sächsischen Unternehmen sind viel zu gering. Die Steuerdeckungsquote Sachsens liegt bei 52,8 %. Von der durchschnittlich niedrigsten Entlohnung nach Mecklenburg-Vorpommern will ich gar nicht erst sprechen. Dies alles ist Realität, und in diesen Zahlen enthalten sind eine ganze Reihe von grundsätzlichen strukturellen Problemen. Diese sollten entschlossen angegangen werden, damit wir die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Sachsen erhalten. Darum geht es uns.