Lieber Kollege, können Sie sich vorstellen, dass unsere Überlegung davon ausgeht, dass wir es mit Regionalbudgets nicht kürzen, sondern die vorhandenen Mittel so einsetzen, dass sie in den Kommunen richtig ankommen, um vernünftige Wirtschaftspolitik zu betreiben? Wo haben Sie her, dass unser Vorschlag dazu führen würde – am Beispiel Bautzen –, dass es faktisch zu einer Kürzung der Mittel käme?
Ich kann mir das nicht vorstellen, weil Sie nicht beantworten, wie Sie die Regionalbudgets finanzieren wollen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sagen, wir nehmen Landesmittel – dann müssten Sie sagen, wo diese herkommen, wenn wir sie zusätzlich zu den vorhandenen Wirtschaftsfördermitteln nehmen sollen –, oder Sie sagen, wir nutzen EU-Fonds – dann müssten Sie sagen, wo sie im Land weggenommen werden sollen, um sie gegebenenfalls umzulenken. Mehr Geld wird es dadurch nicht, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit, es wird nur anders, und ich meine, schlechter verteilt.
Lieber Herr Kollege Herbst, können Sie sich vorstellen – da wir ja wissen, wie der Mittelabfluss ist bei europäischen Mitteln –, dass wir dafür die Mittel nehmen, die nicht abfließen, um sie sinnvoll für Wirtschaftspolitik einzusetzen?
Im Bereich der Wirtschaftsförderung kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendwelche Fördermittel nicht abfließen, es sei denn, Sie können mir sagen, wo im Bereich des SMWA im Bereich der Investitionsförderung Fördermittel nicht abfließen.
Warten wir doch mal ab, denn das Prinzip revolvierender Fonds ist so, dass über die Zeit hinweg Mittel eingesetzt werden, dann umgeschlagen werden und wieder in den Fonds hineinkommen. Das braucht Zeit, zumal es die Zuschussförderung gibt und Zuschussförderung bisher attraktiver ist. Das ist doch relativ klar, lieber Kollege Pecher.
Ihre Idee dahinter ist: Sie meinen, das Geld würde so viel besser eingesetzt, weil man damit Investitionen auf regionaler Ebene lenken könne. Das ist die Idee, die dahintersteht: so ein wenig Staatswirtschaft.
Ich sage Ihnen aber auch, diese ganzen Lenkungen, wenn wir uns das einmal anschauen, funktionieren eben meist nicht. Wir haben beispielsweise im Bereich der GA-Infra für die Infrastrukturförderung durchaus eine regionale Abstufung. Nur zeigt die Praxis, dass dies überhaupt nicht dazu führt, dass dort, wo die höheren Fördersätze gelten, unbedingt mehr Investitionen hinfließen. Es ist auch völlig klar, weil die Summe der Standortfaktoren entscheidet und nicht ein einzelnes Förderprogramm.
Deshalb ist Ihre Idee auch nicht zu Ende gedacht. Es wird zu keiner Verbesserung auf regionaler Ebene führen, es wird aber aus Sicht des Landes zu einer Verschlechterung unserer Förderprioritäten führen und am Ende zum Verzicht auf wichtige Förderprojekte, die wir vorhaben.
Wir müssen Größenwachstum fördern, und zwar im überregionalen Bereich. Es geht nicht darum, lokal zu fördern, sondern Unternehmen, die sich überregionale Märkte erschließen, weil sie damit bessere Preise erzielen, weil sie damit höhere Löhne zahlen können. Wir wollen Innovationen fördern, weil innovative Unternehmen mehr Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen Internationalisierung fördern, damit sich unsere Unternehmen im Ausland Märkte erschließen, um dort ihre Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. All das wird mit Ihren Regionalbudgets nicht möglich sein. Das ist aber mit der Landesförde
Wir machen eine ganze Menge, Herr Pecher; ich will Ihnen das gern einmal sagen, denn Sie haben es offensichtlich noch nicht bemerkt. Wir haben in der GAFörderung einen Bonus für Forschungs- und Entwicklungsleistungen eingeführt, wir haben die „InnoPrämie“ eingeführt, wir haben im Bereich der Mittelstandsförderung eine stärkere Internationalisierungskomponente eingeführt – und das alles mit dem Ziel, Größenwachstum zu fördern. Wir verfolgen damit einen technologie- und branchenoffenen Ansatz. Wir wissen nicht, welche Unternehmen in Zukunft die erfolgreichsten sind. Das, meine Damen und Herren, muss der Markt entscheiden. Das müssen die Geschäftskonzepte der Unternehmen entscheiden, und dabei bleiben wir. Nur so funktioniert Marktwirtschaft.
Trotzdem ist es wichtig, dass in der Region Verantwortung wahrgenommen wird – beispielsweise bei Verkehrsinfrastruktur, Ausweisung von Gewerbegebieten, im Bereich öffentlicher Vergaben – welches Geld steht für Investitionen vor Ort zur Verfügung? – und auch bei Wirtschaftskooperationen. Hier ist die Bandbreite unheimlich groß – der Tourismus wurde vorhin angesprochen –; dort gibt es einen ganzen Instrumentenkasten, wo die Kommunen frei entscheiden können, und dort können Sie auch durchaus Standortbedingungen verbessern.
Für die einzelbetriebliche Wirtschaftsförderung, meine Damen und Herren, sind Regionalbudgets der falsche Weg. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade die Probleme ländlicher Abwanderungsräume, von denen es in Sachsen einige gibt, verweigern sich gängiger Strukturpolitik. 20 Jahre Regional- und Wirtschaftsförderung in Sachsen haben gezeigt, dass sich blühende Landschaften bei gegenläufiger demografischer Entwicklung nicht von oben erzwingen oder mit der Gießkanne herbeisubventionieren lassen. Gesetzliche Überregulierung und die Beschneidung regionaler Finanzautonomie sind keine Antworten, schaffen für die strukturschwachen Regionen des Freistaates keine Perspektive.
Meine Damen und Herren, Regionalbudgets sind Projekte zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft. Regionen sollen ihr eigenes Entwicklungspotenzial verstärkt mobilisieren und regionale und kommunale Entwicklungsakti
vitäten zielgerichtet im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung organisieren können. So steht es in den Erläuterungen zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)“.
Der von der SPD-Fraktion vorgeschlagene Ansatz, den Regionen Geld zur Verfügung zu stellen, um mithilfe von Ideenwettbewerben innovative, auf regionale und kommunale Besonderheiten abgestimmte Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, ist richtig und lange überfällig.
Die EU-Regelungen lassen heute schon auch die kommunale Förderung in diesem Bereich zu. Um die Partizipation regionaler sowie lokaler Akteure und Entscheidungsträger zu stärken und gleichfalls einen effektiven Mitteleinsatz zu garantieren, ist die Durchführung von Ideenwettbewerben eine geeignete Maßnahme. Die bisherigen Erfahrungen in anderen ost- wie westdeutschen Bundesländern zeigen, dass durch die Wettbewerbsaufrufe die breite Einbeziehung lokaler Ideen und Potenziale gefördert wird und eine Vielzahl innovativer Ansätze entsteht.
Das Ganze hat zudem einen großen psychologischen Vorteil: Bürger und lokale Verwaltungen fühlen sich ernst genommen. Sie haben mehr Befugnisse, sie entscheiden über die Ausgestaltung politischer Vorgaben und sie engagieren sich mehr, weil ihre eigene Zukunft von diesem Engagement abhängt.
Neu sind der Ansatz sowie die Diskussion darüber allerdings nicht. Bereits 2006, also vor sechs Jahren, gab es in diesem Haus einen Antrag der Linksfraktion. Im Änderungsantrag meiner Fraktion dazu haben auch wir damals bereits konkrete Umsetzungsvorschläge gemacht. Aus der Stellungnahme des damaligen Wirtschaftsministers
Thomas Jurk war seinerzeit allerdings nicht viel Enthusiasmus herauszulesen. – Sie merken, wie vorsichtig ich mich ausdrücke. – Es dominierten die Zweifel, zum Beispiel hinsichtlich der räumlichen Zuordnung der Regionalbudgets. Damals hieß es – ich zitiere: „Anknüpfungspunkte für eventuelle Regionalbudgets können allenfalls die Regierungsbezirke, nicht jedoch die Planungsregionen sein.“
Herzlichen Glückwunsch dazu! – Meine Damen und Herren, was ist seit 2006 geschehen? – Nichts. Immer wieder taucht das Thema Regionalbudgets in verschiedenen Zusammenhängen auf – sei es als nicht näher bestimmter Prüfauftrag im aktuellen Koalitionsvertrag oder als Teil der Diskussion in der Enquete-Kommission. Meines Wissens hat die Koalition bisher noch nicht einmal zu prüfen angefangen. Einmal mehr wird der Stillstand der schwarz-gelben Koalition deutlich. Es scheint fast so, als sollte die aktuelle Legislaturperiode in
die Annalen sächsischer Geschichte als die Zeit eingehen, in der nichts probiert und nichts entschieden wurde. Das Motto könnte lauten – mein Vorschlag: „Verwalten statt gestalten und alles bleibt beim Alten“,
so auch in den strukturschwachen Regionen. Der Koalition sind die Ideen ausgegangen, nachdem bisherige Förderversuche nicht den gewünschten Effekt gebracht haben.
Meine Damen und Herren, es reicht leider nicht, wenn sich der direkt gewählte Abgeordnete bei sämtlichen Gelegenheiten in seinem Wahlkreis dazustellt und wichtig in die Kamera schaut, um dann hier in Dresden jeden neuen Ansatz zur regionalen Entwicklung kleinzureden.
Die Förderbestimmungen von EU und Bund ermöglichen es uns, den Regionen mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum bei der Entwicklung regionaler Wirtschaftsstrukturen zu übertragen. Jetzt können all jene, die nicht müde werden, bei jeder Gelegenheit zu betonen, wie toll Sachsen und die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger sind, endlich Flagge zeigen. Beweisen Sie, dass Sie gemeinsam mit den Menschen vor Ort etwas bewegen wollen und dass Sie ihnen Kreativität und Innovationsgeist zutrauen. Offensichtlich sind sich die Kollegen in der Koalition nicht so sicher, dass es den Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat gelingt, auch ohne Diktat von oben etwas Gutes auf die Beine zu stellen.
Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Morlok, Sie möchten sprechen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Regionalbudgets können im Einzelfall durchaus eine sinnvolle Gestaltung der Förderung für bestimmte Bereiche im Freistaat Sachsen sein. Deswegen gibt es hier in verschiedenen Bereichen Regionalbudgets; das ist in der Debatte bereits angesprochen worden.
Ich möchte einen Bereich ergänzen: den Tourismus. Wir haben im Rahmen der Tourismusstrategie eine veränderte Förderung in diesem Bereich vorgenommen, fördern jetzt die verschiedenen Tourismusregionen nach klaren Kriterien und reden nur begrenzt in die Entscheidung hinein, wie die Mittelverwendung in der Tourismusregion erfolgt. Das ist typischerweise eine Form von Regionalbudgets. Wir stellen den regionalen Tourismusverbänden die