Protokoll der Sitzung vom 12.07.2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 60. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Klepsch, Frau Klinger, Frau Nicolaus, Frau Bonk und Herr Günther.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 6 bis 11 folgende Redezeiten festgelegt: CDU bis zu 95 Minuten, DIE LINKE bis zu 66 Minuten, SPD bis zu 40 Minuten, FDP bis zu 40 Minuten, GRÜNE bis zu 35 Minuten, NPD bis zu 35 Minuten, Staatsregierung 64 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Der Tagesordnungspunkt 17, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen in der Drucksache 5/9635 vor. – Ich sehe eine Wortmeldung von Frau Jähnigen. Ist das zur Tagesordnung?

Ja, das ist zur Tagesordnung. – Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte anmerken, dass sich der Tagesordnungspunkt „Kleine Anfragen“ noch nicht erledigt hat, da ich die Verlesung einer unbeantworteten Kleinen Anfrage bei Ihnen schriftlich angemeldet habe. Die Antwort ist zwar avisiert worden, aber ich habe sie noch nicht erhalten. Nur wenn ich sie noch erhalten würde, hätte es sich erledigt.

Frau Kollegin Jähnigen, wir gehen davon aus, dass Sie die Antwort noch erhalten.

Dann hätte sich der Tagesordnungspunkt erledigt – das wäre mir recht –, aber bisher habe ich sie nicht erhalten.

Sie werden sie erhalten.

Also bleibt der Tagesordnungspunkt drauf?

Das habe ich jetzt nicht verstanden. Wenn Sie die Antwort erhalten?

Hat es sich erledigt.

Genau.

Dann würde ich das sofort mitteilen. Aber bis dahin müsste der Punkt auf der Tagesordnung bleiben.

Sie haben recht, Frau Jähnigen: Wenn die Antwort eintrifft, geben Sie mir bitte

Bescheid; dann erledigt sich dieser Tagesordnungspunkt 17.

Aber zurück zum Dringlichen Antrag in der Drucksache 5/9635. Ich nenne den Titel: „Bundesmeldegesetz im Bundesrat ablehnen – Weitergabe von personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der Betroffenen stoppen!“

Ich habe hier noch einen Hinweis, aber ich gebe Ihnen erst einmal das Wort, Kollege Tischendorf. Sie wollen eine kleine Korrektur anbringen?

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Nein, ich will keine kleine Korrektur anbringen, sondern den Antrag einbringen!)

Sie wollen ihn schon einbringen?

(Christian Piwarz, CDU: Erst einmal die Dringlichkeit begründen! – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Ja!)

Sie wollen also die Dringlichkeit begründen. Bitte.

Herr Präsident, Sie haben mit der Überschrift den wesentlichen Inhalt dieses Dringlichen Antrags, den wir entsprechend § 53 Abs. 3 der Geschäftsordnung stellen, schon genannt. Darüber wird auch in den Medien umfänglich debattiert. Spätestens seit unserem Antrag vom 9. Juli hat auch die Staatsregierung erkannt, dass sie hierzu klar Position beziehen muss.

Nichtsdestotrotz geht es darum, dass auch der Sächsische Landtag sich damit beschäftigen soll, inwieweit ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen Daten, die nach dem Bundesmeldegesetz erhoben werden, weitergegeben werden dürfen. Der Sächsische Landtag muss der Staatsregierung einen klaren Handlungsauftrag erteilen.

Ich will auch auf eine Besonderheit verweisen: In Artikel 33 unserer Verfassung ist das Recht auf Datenschutz normiert. Dort heißt es explizit, dass jeder Mensch das Recht hat, über Erhebung, Verwendung und Weitergabe seiner eigenen Daten selbst zu bestimmen, und dass gegen seinen Willen diese Daten nicht erhoben werden dürfen. Aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass der Landtag der Staatsregierung ein Votum mitgeben muss, wie im Bundesrat abzustimmen ist.

Die Dringlichkeit ist klar: Am 21.09.2012 wird im Bundesrat dieses Gesetz behandelt. Wir werden aber erst wieder am 26.09.2012 tagen. Insofern, denke ich, ist die Dringlichkeit eindeutig.

Vielen Dank, Herr Kollege Tischendorf. – Ich weise noch einmal darauf hin, dass der Landtag die Möglichkeit hat, gemäß § 53 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit festzustellen. Dann müsste der Antrag noch in dieser Sitzung abschließend behandelt werden. Voraussetzung für eine Dring

lichkeitserklärung ist – Sie haben es schon begründet –, dass im üblichen Verfahren im Landtag eine rechtzeitige Entscheidung über den Antrag nicht mehr erreichbar ist.

Am Mikrofon 5 gibt es eine Wortmeldung. Bitte, Kollege Piwarz.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist auch dieser Antrag nicht dringlich. Kollege Tischendorf hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beratung im Bundesrat am 21. September erfolgen soll; wir haben aber am 7. September eine weitere Landtagssitzung.

(Lachen des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Bevor Sie sich wieder aufregen, Herr Kollege Bartl, will ich aber durchaus zugestehen, dass wir einvernehmlich zwischen den Fraktionen vereinbart haben, an diesem Tag nur die Haushaltseinbringung miteinander zu beraten. Vor diesem Hintergrund werden wir uns heute hinsichtlich der Dringlichkeit der Stimme enthalten.

Ich erlaube mir aber den Hinweis – erstens –, dass der Antrag aufgrund der klaren Aussagen der Staatsregierung

zu der Thematik wohl für erledigt zu erklären ist. Zweitens bitte ich darum, diesen Antrag unter Tagesordnungspunkt „neu 12“ heute zu beraten.

Vielen Dank. – Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Dringlichkeit. Wer die Dringlichkeit dieses Antrags bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Dringlichkeit des Antrags bejaht worden. Wie vorgeschlagen, werden wir ihn unter „neu 12“ in die Tagesordnung einordnen. Ich denke, wir können ihn im Rahmen der bisher festgelegten Gesamtredezeiten behandeln. – Ich sehe dagegen keinen Widerspruch.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Die Redezeiten sind zu erhöhen!)

Ich sehe auch keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 60. Sitzung ist damit bestätigt.

Wir treten in die Tagesordnung ein und kommen zu

Tagesordnungspunkt 1

Fachregierungserklärung zum Thema: „10 Jahre nach der Flut –

Bilanz und Ziele des Hochwasserschutzes im Freistaat Sachsen“

Ich übergebe das Wort an Herrn Staatsminister Frank Kupfer für seine Regierungserklärung.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor: Der Pegel eines Flusses – normalerweise 22 Zentimeter – steigt innerhalb von vier Stunden auf 2,30 Meter an. Stellen Sie sich vor: Der Durchfluss erhöht sich von sonst 0,25 Kubikmeter pro Sekunde innerhalb von sechs Stunden auf 16 Kubikmeter. Stellen Sie sich vor: 81 Liter Regen pro Quadratmeter in sechs Stunden, mehr als acht Wassereimer.

Meine Damen und Herren, das sind nicht Zahlen vom Hochwasser 2002, sondern das sind Zahlen, die wir am letzten Donnerstag erreichten. 2002, vor zehn Jahren im August, brachten die Niederschläge 342 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden. Das war der extremste Wert, den wir bis dahin gemessen hatten; der vorherige Spitzenwert lag bei 260 Litern pro Quadratmeter.

Meine Damen und Herren, auch wenn die aktuellen Zahlen nicht an die des Jahres 2002 heranreichen, haben doch sowohl die Ereignisse der vergangenen Woche als auch das Hochwasser 2010 gezeigt, dass unsere Vorsorge- und Schutzmaßnahmen sinnvoll, notwendig und wirksam waren, dass wir aber trotzdem weiter lernen müssen, besser mit extremen Wetterlagen und Hochwasser zu leben.

Das heißt für mich, zunächst zu akzeptieren, dass meist der Mensch dem Fluss im Wege ist und nicht umgekehrt. Das heißt weiter, was wir mit Vorsorge- und Schutzmaßnahmen nicht verhindern können, muss durch eine möglichst optimale Gefahrenabwehr aufgefangen werden, und das bedeutet, statt der üblichen Schuldzuweisungen nach dem letzten Hochwasser lieber eigene Beiträge zur Vorsorge vor dem nächsten Hochwasser zu leisten.

Seit dem Augusthochwasser von 2002 hat sich vieles getan. Mittlerweile ist es der Landestalsperrenverwaltung gelungen, die Beseitigung von 18 000 Hochwasserschäden von 2002 an den Gewässern I. und II. Ordnung im Wesentlichen abzuschließen. Dahinter steckt nicht nur ein beeindruckender ingenieurtechnischer Fachverstand,

dahinter stecken auch umfangreiche finanzielle Mittel. Bis jetzt, meine Damen und Herren, sind 900 Millionen Euro aus dem Aufbauhilfefonds des Bundes und der Länder in die Schadensbeseitigung geflossen.

Der Aufbauhilfefonds ist für Sachsen etwas Unverzichtbares. Wenn man überlegt, dass 85 % der Mittel aus diesem Aufbauhilfefonds in den Freistaat Sachsen geflossen sind, dann kann man schon von einer „Lex Saxonia“ sprechen.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir beim Bund noch einmal eine Verlängerung für die Verwendung dieser Mittel zur Umsetzung besonders nachhaltiger Vorhaben erreichen konnten, da wir, wie Sie wissen, seit 2002 weitere Hochwasserereignisse mit Schäden hatten, die auch beseitigt werden müssen.