Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Es wurde heute in der Debatte mehrfach diskutiert. Wir sagen, dass die Freiheit und die Verantwortung zusammengehören. Die neuen Zielvereinbarungen, die im § 10 niedergelegt sind, sind genau das richtige Instrument für die Hochschulsteuerung in den nächsten Jahren.

Deswegen bitte ich noch einmal darum, den vorliegenden Änderungsantrag abzulehnen.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Somit lasse ich über den soeben eingebrachten Antrag abstimmen. Wer gibt seine Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenenthaltungen und Dafür-Stimmen ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe die Drucksache 5/10255 auf: Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD und GRÜNE. Die Einbringung erfolgt durch den Abg. Prof. Besier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die Frage von Langzeitstudiengebühren haben wir reichlich gesprochen. Die Argumente sind ausgetauscht. Es ist richtig, dass es Sonderregelungen gibt: Krankheit, Mutterschutz und die politische Arbeit in den Gremien.

Wir halten nur den Weg für falsch. Das ist das Problem. Wenn Sie mit Drohungen arbeiten, werden Sie, das prophezeie ich Ihnen hier, höhere Studienabbrecherquoten bekommen, weil die Betreffenden unter Druck stehen.

Viel interessanter ist doch die folgende Frage: Warum gelingt es jungen Menschen nicht, in der Regelstudienzeit den Abschluss zu schaffen? Wenn wir empirisch validierte Aussagen vorliegen haben, können wir handeln. Jetzt handelt es sich um ein Handeln auf Verdacht.

Wir haben in der vorherigen unerquicklichen Debatte gehört, wie weit die Dinge reichen. Das, was in der Bevölkerung wabert, wird zum Gesetz gemacht. Es gibt Vorurteile: Wir haben von „Bummelstudenten“ gehört, von „ideologischen Utopien“ und Ähnlichem. Das ist doch nicht der Fall. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die einzelnen Betroffenen aus Jux und Tollerei länger studieren – nie und nimmer. Die Menschen wollen natürlich zu einem Abschluss kommen. Die Ursachen dafür, dass dies nicht der Fall ist, sind vielfältig.

Deshalb meine ich – gerade im Interesse der von Ihnen so hoch gehaltenen Freiheit –, dass wir anders, flexibler und permissiver verfahren.

Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Abg. Mackenroth, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Prof. Besier, gelegentlich wird in der Tat aus Jux und Tollerei länger studiert. Wir glauben, dass es genügend Ausnahmeregelungen dafür gibt, dass jemand zwei Jahre nach Ablauf der Regelstudienzeit plus Ausnahmezeiten sein Studium beendet haben muss, weil er dem Steuerzahler nicht länger auf der Tasche liegen soll. Wir haben das ausdiskutiert.

Deswegen werde ich meinen Fraktionen empfehlen, diesen Änderungsantrag abzulehnen.

Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Ich unterstütze im Namen meiner Fraktion ausdrücklich diesen Änderungsantrag. Wir haben als Begründung wieder nur gehört, dass die Studenten, die länger als vier Semester über der Regelstudienzeit studieren, dem Steuerzahler auf der Tasche liegen. Ich habe vorhin in meiner Rede versucht darzulegen, wie diese Finanzierung eigentlich aussieht. Wer liegt hier wem auf der Tasche? Würden Sie das bitte einmal begründen?

Zweiter Punkt ist folgender: Wir befinden uns in Sachsen. Als das Bundesland Baden-Württemberg die Langzeitstudiengebühren einführte, befand man sich in der Situation, dass mehr als ein Viertel der Studierenden vier Semester oder mehr über der Regelstudienzeit lagen. Hier in Sachsen wird ausgesprochen schnell und zügig studiert. Die Zahlen liegen bei den sich im fünfstelligen Bereich befindenden Absolventen im dreistelligen bis höchstens eintausender Bereich.

Die Menschen, um die es geht, haben zum größten Teil sehr gute persönliche Gründe. Diese nannte ich vorhin in meiner Rede. Das, was Sie hier wollen, ist ein Exempel zu statuieren und einen Einstieg in Studiengebühren zu schaffen. Das ist der falsche Weg. Sie treffen die Fal

schen. Sie wenden das falsche Mittel an. Sie werden auch im Hinblick auf die Erlöse im Vergleich zu den Verwaltungsaufwänden an den Hochschulen nicht den Erfolg erzielen, den Sie suggerieren.

Herr Mann, bitte.

Ich kann auch für die SPD sagen, dass wir diesen Antrag ausdrücklich unterstützen.

Ich möchte auf drei Dinge im Hinblick auf die Langzeitstudiengebühren eingehen. Ich möchte erstens darauf hinweisen, dass Sie in dem von Ihnen vorgeschlagenen Modell, welches sicherlich ein Einstieg in die Studiengebühren sein soll, mit Blick auf die Verwaltungskosten und die Erfassung die Hochschulen um einiges teurer kommen werden als alles, was Sie an Erlösen daraus erzielen werden.

Der zweite Punkt: Die Studierenden, die sich vier Semester über der Regelstudienzeit befinden, treffen Sie in einer Phase, in der sie keinerlei Möglichkeiten mehr haben, eine Unterstützung nach BAföG zu erhalten oder auf Studienkredite zurückzugreifen. Insofern provozieren Sie eine höhere Abbrecherzahl in Sachsen.

Drittens geht es um ein grundsätzliches Argument. Die Studiengebührenfreiheit in Sachsen war ein Werbemittel, um Studierende gerade aus den alten Bundesländern hierher zu locken. Das war ein Erfolgsprojekt der Großen Koalition hier in Sachsen. Es war ebenso ein Wahlversprechen, dass Sie die Studiengebührenfreiheit erhalten wollen, meine Damen und Herren von der CDU – falls Sie das vergessen haben.

Stimmen Sie diesem Änderungsantrag zu!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Besier, bitte.

Erlauben Sie mir, dass ich noch einen Satz zu der Erhebung von Gebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern sage. Wir stehen in harter Konkurrenz mit anderen Bundesländern um Studierende und – so wie wir hoffen – dann auch Bürger dieses Landes, die als Wissenschaftler, Ärzte und Juristen in Deutschland bleiben und arbeiten. Der Markt ist leergefegt. Studierende aus der Ukraine würden gern hier studieren – noch.

Herr Kollege Mackenroth, in Schleswig-Holstein beispielsweise macht man es anders. Dort müssen Studierende aus Nicht-EU-Ländern keine Studiengebühren bezahlen – einer der Gründe, warum in Kiel und Flensburg eine ganze Menge solcher Studierender leben. Wir wollen hoffen, dass Schleswig-Holstein davon profitiert. Wir könnten davon auch profitieren. So aber, mit der Erhebung von Gebühren, ist das abschreckend für diese Gruppe von Studierenden. Denken Sie längerfristig, denken Sie mittel- und langfristig: Wir brauchen diese Leute.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Robert Clemen, CDU: Das ist ein ganz großer Irrtum!)

Herr Gansel, bitte.

Frau Präsidentin! Ich möchte für die NPD-Fraktion kurz unsere Ablehnung dieses Änderungsantrages begründen. Wie Sie wissen, hat sich die NPD-Fraktion seit der Zugehörigkeit zu diesem Landtag im Jahr 2004 immer für ein gebührenfreies Erststudium in der Regelstudienzeit ausgesprochen. Bei dieser Position werden wir auch bleiben. Nichtsdestotrotz werden wir diesen Änderungsantrag ablehnen, weil er in die falsche Richtung geht, weil hier zementiert werden soll, dass selbst ein Langzeitstudium gebührenbefreit bleibt. Das wollen wir im Interesse des Steuerzahlers nicht mittragen.

Nach meiner Auffassung können nach vier Überziehungssemestern – wir reden wohlgemerkt von zwei Jahren – sehr wohl Studiengebühren erhoben werden. Deswegen lehnen wir diesen Änderungsantrag ab.

Darüber hinaus sehen wir natürlich auch nicht ein, warum EU-Ausländer und Nicht-EU-Ausländer von Studiengebühren befreit sein sollen. Deutsche Studenten, die im Ausland studieren, werden auch mit Studiengebühren belegt. Wir wollen natürlich keine Inländerdiskriminierung, indem Ausländer hier in Deutschland weiterhin gebührenbefreit studieren können. Deswegen können wir trotz des Eintretens für ein gebührenfreies Erststudium in der Regelstudienzeit diesen Antrag nur ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf Drucksache 5/10256, Änderungsantrag der SPD-Fraktion. Herr Abg. Mann, ich bitte um Einbringung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden sich vielleicht noch negativ erinnern, wie im letzten Jahr durch Deutschland eine ziemlich laute und heftige Debatte über die Frage ausbrach, wie viel Vertrauen man Promotionsverfahren und Doktortitel in Deutschland entgegenbringen kann.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nicht, wenn die Promovierenden von der FDP sind!)

Vielleicht wollen Sie eine Zwischenfrage stellen.

Diese Debatte hat immerhin zu einigem Nachdenken und zu einigen sinnvollen Überlegungen geführt, wie man Promotionsverfahren und auch den Status der Doktoranden verbessern kann. Wir haben diese Vorschläge und Anregungen, die infolge der Plagiatsdebatte nicht zuletzt

vom Deutschen Wissenschaftsrat, aber auch von der Hochschulrektorenkonferenz kamen, aufgegriffen. Wir haben deshalb in diesem Änderungsantrag verschiedene Vorschläge vorgelegt, wie man den über 10 000 Promovierenden in Sachsen – wie viele es genau sind, wissen wir nicht, weil es bis heute kein einheitliches Verfahren zur statistischen Erfassung gibt, auch das schlagen wir vor – eine Stellung und Gewicht in der Hochschule geben kann. Sie werden nämlich im Moment nicht wirklich vertreten. Sie können sich nicht artikulieren, weil sie keiner eindeutigen Gruppe zugehören und weil sie teilweise noch nicht einmal Mitglieder der Hochschule sind.

Das soll dieser Änderungsantrag verbessern. Es wird darin auch festgelegt, dass der Inhalt und die Ausgestaltung der Promotionsvereinbarung in den Promotionsordnungen geregelt wird. Er soll auch dazu führen, dass nicht nur Universitätsprofessoren, sondern auch Fachhochschulprofessoren Betreuer und Gutachter in Promotionsverfahren sein können. Er soll vor allen Dingen dazu führen, dass die Promovierenden in Deutschland innerhalb der heute vorhandenen Gruppenhochschule eine Stimme und eine Interessenvertretung bekommen, damit sie ihre teilweise prekäre Situation zur Sprache bringen können und in einen Dialog sowohl innerhalb der Hochschulen als auch mit der Politik treten können, damit diese Gruppe nach außen überhaupt sichtbar wird.

Im Moment haben wir eine Situation, in der diese Gruppe zunehmend auf ein Prekariat zusteuert. Sie haben vielleicht zuletzt die erste statistische Erfassung auf Bundesebene wahrgenommen, die deutlich gemacht hat, dass die Dauer der Promotionsverfahren immer länger wird.

Ich glaube, wir alle hier im Parlament haben ein Interesse, dass diese Gruppe, der wissenschaftliche Nachwuchs, der gern beschworen wird, eine ordentliche Vertretung bekommt und für uns überhaupt ansprechbar ist. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Abg. Mackenroth, bitte.