Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. – Bei einigen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich der Antrag nicht beschlossen.
Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Krauß beginnt für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Dank gilt in erster Linie bei diesem Bericht der Staatsregierung für den ausführlichen und guten Bericht, den sie vorgelegt hat. Bei einem relativ kurzen Berichtszeitraum, der zur Verfügung stand, sind, glaube ich, aussagekräftige Informationen in dem Bericht enthalten. Ich möchte mich gleichzeitig auch für das Engagement der Staatsregierung bedanken, insbesondere der Staatsministerin, was das Thema „Frühe Hilfe“ insgesamt betrifft. Dort ist in der Vergangenheit eine ganze Menge ausgebaut worden. Frau Staatsministerin Clauß hat in diesem Bereich ein starkes Engagement gezeigt. Es ist ja gut, etwas frühzeitig zu erkennen. Wenn man frühzeitig erkennt, dass in einer Familie etwas schiefläuft, kann man frühzeitig die beste Hilfe leisten.
Wir haben vor Ort sehr viele Netzwerke installieren können, in denen Berufsgruppen miteinander arbeiten. Wir haben bei den frühen Hilfen neue Akteure mit ins Boot bekommen, wenn ich zum Beispiel an die Gynäkologen denke, die frühzeitig sagen: Hier ist eine Frau, die einen Unterstützungsbedarf hat, kümmern Sie sich darum. Das ist eine Neuerung. Wenn die Arbeitsverwaltung sagt, dass eine Frau bestimmte Defizite in ihrer Sozialkompetenz hat, dann kann man dort frühzeitig tätig werden.
Ich glaube, die frühen Hilfen, die wir etabliert haben, sind etwas sehr, sehr Gutes. Deswegen noch einmal ein herzli
Wir werden uns in den kommenden Wochen den Bericht sicherlich sehr genau anschauen und daraus Rückschlüsse ziehen. Die Frage wird sein, ob das Einladungs- und Erinnerungswesen gerade auch unter Kosten-NutzenGesichtspunkten das richtige Instrument ist oder ob man das Geld woanders sinnvoller anlegen könnte. Ich bin dankbar, dass in dem Berichtszeitraum, der relativ kurz war, keine Fälle von Kindeswohlgefährdung bekannt geworden sind. Das ist gut, weil jeder Fall, den wir nicht haben, positiv ist. Jeder Fall ist einer zu viel. Wir wissen, dass in anderen Bundesländern die Erfahrungen nicht anders als in Sachsen sind. Zum Glück geht der Bericht auch auf andere Bundesländer ein. Man muss in der Tat noch einmal über das Instrument nachdenken.
Ich will noch einmal kurz zur Geschichte kommen. In der Ministerpräsidentenkonferenz – damals noch mit Georg Milbradt – haben alle Ministerpräsidenten angesichts von Fällen der Kindeswohlvernachlässigung gesagt, dass man ein solches Gesetz in den Ländern braucht. Wir haben das dann durchgängig in den Bundesländern eingeführt, weil wir überzeugt waren, dass wir damit die Kindeswohlvernachlässigung verringern können. Wir müssen prüfen, ob das wirklich gelungen ist.
Auf jeden Fall ist die Steigerung der Teilnahmequote an Vorsorgeuntersuchungen positiv an diesem Gesetz. Es ist gut, wenn Kinder zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und man frühzeitig feststellen kann, wo Entwicklungshemmnisse geschehen. Das ist sehr positiv. Wir können die Eltern immer nur ermutigen: Gehen Sie bitte hin mit Ihrem Kind. Sie tun Ihrem Kind etwas sehr, sehr Gutes,
Lassen Sie mich zusammenfassen: Herzlichen Dank an die Staatsregierung für die gute Grundlage, für den guten Bericht. Wir freuen uns auf die kommenden Beratungen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden natürlich der Kenntnisnahme zustimmen, und ich gebe meine Rede zu Protokoll.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Sächsische Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz entstand damals aus einer intensiven Debatte zum Thema Kindesvernachlässigung 2006/2007. Zur Erinnerung: 2006 trat Sachsen einer Bundesinitiative Hamburgs bei, die das Ziel hatte, über die Etablierung eines Frühwarnsystems die Kindesvernachlässigung einzudämmen.
Im weiteren Verlauf entschied sich Sachsen für die Etablierung eines Frühwarnsystems, das auf drei Säulen beruhte: Einerseits sollten Eltern durch Einladung dazu gebracht werden, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Andererseits sollten Netzwerke vor Ort dafür sorgen, dass alle Beteiligten und Akteure im Bildungs-, Gesundheits- und Kinder- und Jugendhilfesystem miteinander vernetzt werden, damit ein interprofessionelles Hilfenetzwerk entsteht. Daneben sollten noch modellmäßig besondere Präventionsprojekte erprobt werden.
Der nun vorliegende Bericht stellt aus meiner Sicht eine gute Grundlage dar, um Stand und Umsetzung kurz zu würdigen, vor allem aber auch, um vorauszublicken, und zwar in dem Sinne, wie es Alexander Krauß eben getan hat.
Positiv ist grundsätzlich zu sagen, dass wir es hier mit einem Bereich zu tun haben, in dem es gelungen ist, auf einem stimmigen Grundkonzept basierend, verschiedene Anforderungen und Maßnahmen zu koordinieren und durchzuführen. Außerdem wurde sowohl durch die Erstellung des Konzeptes und die Erarbeitung des Gesetzes sowie die Zurverfügungstellung finanzieller Ressourcen das Thema Kinderschutz in eine breite, über Fachkreise hinausgehende öffentliche Aufmerksamkeit getragen. Dies hat auch zu einer großen Beteiligung der angesprochenen geforderten Akteure und zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung geführt. Der Aufbau und vor allem die Fortführung der lokalen Netzwerke zum Kinderschutz
sind aus unserer Sicht äußerst wichtig für das Gelingen des Anliegens und ebenso Kernpunkt für die Wirksamkeit und die Nachhaltigkeit der gesetzlichen Regelungen.
Kritik gibt es nach wie vor am vergleichsweise hohen Aufwand des Meldewesens und der damit verbundenen, eher geringen Wirkung für den Kinderschutz im Sinne der Vermeidung von Kindesvernachlässigung. Dies belegen leider auch Evaluationen aus anderen Bundesländern. Hierbei sollte aus meiner Sicht dem Evaluationsbericht gefolgt werden, der empfiehlt, das System stärker in Richtung Gesundheitsvorsorge und beratender Leistungen der Gesundheitsämter weiterzuentwickeln. Beispielsweise wurde in Rheinland-Pfalz festgelegt, dass es zu einer Steigerung der Impfquote gekommen ist. Ich denke, es gibt vielfältige Möglichkeiten, dem Titel des Gesetzes in Richtung Kindergesundheitsförderung stärker gerecht zu werden.
Aber auch weitere Anregungen und Hinweise möchte ich geben, wenn es um die Fortentwicklung des Konzeptes geht. Die dem Bericht zugrunde liegende Evaluation stellt fest, dass die personellen Kapazitäten sowohl in den Gesundheits- als auch in den Jugendämtern als nicht ausreichend angesehen werden, sollte sich die Wirkung des Gesetzes – und das ist ja unsere Absicht – erhöhen. Vor allem wird aber davor gewarnt, dass durch die Umsetzung des Gesetzes die anderen Aufgaben der Ämter nicht gefährdet werden. Dann würde es zu Konkurrenzen kommen, was dem integrativen Ansatz des Kinderschutzkonzeptes widerspricht. Ich denke, hierauf muss großes Augenmerk gelegt werden.
Das nun vorliegende neue Konzept „Frühe Hilfen“ versucht, auf der beschriebenen Basis auch die Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes in das sächsische Konzept zu integrieren, und auch das begrüßen wir grundsätzlich. Allerdings fehlt aus meiner Sicht auch die Bearbeitung weiterer Schnittstellen, die für einen gelingenden Kinderschutz in Sachsen dringend mit in ein Gesamtkonzept gehören. Ich möchte sie nur kurz anreißen.
Erstens müssen aus unserer Sicht neben den Kindern im Säuglings- und Kleinkindbereich auch ältere Kinder und Jugendliche in den Blick genommen werden. Die Aufmerksamkeit darf nicht im vierten Lebensjahr enden.
Zweitens – die Schnittstelle zur Jugendarbeit. Die Auswirkungen der Kürzungen im Jugendbereich haben zu einem Rückgang von Angeboten und vor allem der damit verbundenen Ansprechpartner der Jugend- und Sozialarbeiter geführt. Kinder und Jugendliche brauchen aber diese Ansprechpartner außerhalb von Schule und Familie.
Drittens – die Schnittstelle zum Thema Häusliche Gewalt. Auch hier wird parallel an einer Fortschreibung des Landesaktionsplanes zur Bekämpfung häuslicher Gewalt gearbeitet. Besondere Ansprechpartner für Kinder gibt es in diesem parallelen Hilfesystem bisher nicht. Dazu ist eine klare Aussage notwendig, verbunden mit der Zusage auch finanzieller Mittel, da die derzeitige personelle Ausstattung der Beratungseinrichtungen eine solche Aufgabenausweitung nicht zulässt.
Viertens – die Schnittstelle zur medizinischen Versorgung, insbesondere zur psychiatrischen Versorgung. Hier wird im gerade fortgeschriebenen Landespsychiatrieplan festgestellt, dass im Bereich von Kindern und Jugendlichen massive Defizite bestehen.
Fünftens – die Schnittstelle Soziales. Kinderarmut ist auch in Sachsen ein großes Problem. Im Freistaat lebt gut ein Viertel der Minderjährigen mit weniger als 60 % des bundesweiten Durchschnitteinkommens, und um das Aufwachsen von Kindern im Freistaat zu verbessern, sind auch hier wirksame Maßnahmen erforderlich.
Sechstens und letztens – die Schnittstelle zur Schule. Die Diskussion um den Ausbau der Schulsozialarbeit muss dringend in die Kinderschutzdebatte einbezogen werden; denn auch dort gibt es wirksame Möglichkeiten, im Sinne von Kindergesundheit und Kinderschutz tätig zu werden.
All diese Schnittstellen bedürfen einer Bearbeitung unter der Überschrift "Kindergesundheit und Kinderschutz". Gute Ansatzpunkte und Problembeschreibungen gibt es bereits, doch momentan fehlt der Ausblick, und es hilft an dieser Stelle auch nicht viel weiter, auf die kommunale Ebene zu verweisen. Es ist notwendig, auch hier konkrete Maßnahmen zu ergreifen und nachhaltig zu fördern; denn das war und ist auch das Erfolgsrezept bei der Umsetzung des Handlungskonzeptes zum Kinderschutz, über das wir heute gesprochen haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Mein Koalitionspartner, quasi Herr Krauß, hat darauf hingewiesen, wie wichtig dieses Gesetz und der Bericht dazu sind. Wir werden dies zum Anlass nehmen, in den nächsten Wochen intensiv zu diskutieren. Deshalb möchte ich meine Rede zu Protokoll geben, da die wesentlichen Eckpunkte bereits genannt sind. – Vielen Dank.
Wir fahren in der Rednerreihenfolge fort. Frau Herrmann spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Genese des Kinderschutzgesetzes hat Frau Neukirch schon gesprochen. Sie wissen, dass wir den Teil, der das Einladungswesen betrifft, in der Vergangenheit aus ganz verschiedenen Gründen immer kritisiert haben, und in dem jetzt vorliegenden Bericht wird ganz deutlich, dass wir prüfen müssen, ob die durch die derzeitige Ausgestaltung des