Das war Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE. – Als Nächste ist die SPD-Fraktion an der Reihe. Es spricht Frau Kollegin Dr. Deicke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede Aktuelle Debatte hat einen aktuellen Aufhänger oder sollte zumindest einen haben. Den habe ich lange gesucht, Herr Weichert hat ihn dann in Form des Buches geliefert, welches Herr Beleites gerade herausgegeben hat. Vielleicht ist das auch eine Werbung für dieses Buch. Ich habe es bisher noch nicht gelesen, aber ich habe mir eigene Gedanken gemacht.
Die zweite Geschichte ist die Veränderung des Titels der Debatte. Wahrscheinlich sind Sie selbst zu der Einsicht gekommen, dass das Treuhandland, das Sie angesprochen haben, wirklich nur ein geringer Teil ist, der in Sachsen noch zu privatisieren ist, und dass es wirklich auch um den landeseigenen Grundbesitz gehen muss. So weit erst einmal meine Vorrede.
Einige Sachen sind schon gesagt worden. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass die BVVG seit 1992 für die Privatisierung zuständig ist. Sie ist ein Immobiliendienstleister des Bundes. Der Freistaat hat weder die Fach- noch die Dienstaufsicht über diese Einrichtung. Die Grundlage, auf der die BVVG arbeitet, sind die erlassenen Gesetze und Richtlinien. Hier ist natürlich die Politik gefragt, sie so zu gestalten, dass eine gerechte Bodenvergabepraxis erfolgen kann.
Die aktuellen Privatisierungsgrundsätze stammen aus dem Jahr 2010. Auch hieraus erschließt sich keine Aktualität der Debatte.
Wir müssen uns auch auf das Thema Knappheit von Boden konzentrieren. Das ist eigentlich der Punkt, über den wir reden sollten, und das nicht in Form einer Aktuellen Debatte, sondern in Form eines Antrages. Das macht sich natürlich im Ausschuss wesentlich besser und nachhaltiger als hier an dieser Stelle.
Für die SPD-Fraktion war das Frau Dr. Deicke. – Für die FDP-Fraktion ergreift jetzt der Abg. Hauschild das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Ausgangssituation, von der aus sich die Struktur der Landwirtschaft entwickelt hat, wurde schon gesagt, dass die Zwangskollektivierung dazu geführt hat, dass es große Einheiten gab. Diese Einheiten wurden dann nach der Wende zu großen Teilen privatisiert, und zwar wurden sie zu 96 % an ortsansässige Betriebe gegeben. Das ist eigentlich das, Herr Weichert, was Sie wollten.
Es ist schon gesagt worden, dass nur noch 6 000 Hektar, also 2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, zu vergeben sind. Es gibt auch keinen Grund, weshalb von diesem Dogma des Verkaufs an ortsansässige Betriebe abgewichen werden soll. Ich denke, dass kasachische Züge etwas ganz anderes sind als das Prinzip, dass die Ortsansässigen ihre Grundstücke zurückbekommen und dann auch vernünftig damit umgehen.
Das, worauf Ihre Debatte abzielt, ist doch wohl eher die Sorge vor steigenden Preisen in der Landwirtschaft. Da muss man sich überlegen, wo diese Sorge hergekommen ist. Diese Sorge ist berechtigt, aber wo ist sie hergekommen? Ich bin mir sicher, dass das eher an Fehlanreizen auf einem ganz anderen Gebiet liegt, nämlich bei den erneuerbaren Energien. Was wird denn gemacht, was treibt denn die Preise? Es ist doch die Doppelförderung, indem der Anbau von Mais gefördert wird, aus dem dann in den geförderten Biogasanlagen geförderter Strom produziert wird, wobei wir noch zwangsweise Netze für Strom in Mengen bauen müssen, den wir dort so gar nicht brauchen. Dann kann man sich natürlich höhere Preise für Grundstücke und höhere Pachten leisten, und damit ist dann diese Preistreiberei in Gang gesetzt.
Nun könnten wir darüber sprechen, wie wir die letzten 2 % noch verteilen. Wie gesagt, ich habe großes Vertrauen, dass das auch weiterhin vernünftig gemacht wird. Wir sollten uns vielleicht lieber darüber unterhalten, wie wir der Preistreiberei Einhalt gebieten können.
Der erste Lösungsansatz wäre, denke ich, die Vergütung des EEG auf ein vernünftiges Maß zu kappen. Wir reden darüber, ein Quotenmodell einzurichten, statt die Umverteilung von Arm zu Reich weiter zu unterstützen. Wir könnten uns darüber unterhalten, wie wir es hinbekommen, dass die Einspeiser der fluktuierenden Energien einen Beitrag dazu leisten, dass Netze und Speicher vernünftig ausgebaut werden, und zwar passend zu dem, was Sie selbst an Energien schaffen. Man könnte zunächst mit einem Speichercent den Beitrag so festlegen, dass es sich nicht mehr lohnt, einfach nur Geld zu verdienen, sondern dass der Boden das bleibt, wofür er einmal da war, nämlich für die Ernährung der Bevölkerung. Dann klappt es auch mit den vernünftigen Preisen, dann klappt es mit der Eigenversorgung, und dann klappt es auch mit dem Umbau der Energieerzeugung auf die erneuerbaren Energien in einem vernünftigen Maß, ohne dass alle Beteiligten überfordert werden.
Für die FDP-Fraktion sprach Herr Kollege Hauschild. – Jetzt ist die NPDFraktion an der Reihe. Das Wort ergreift der Abg. Löffler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte erinnert mich sehr an einen Antrag der LINKEN aus dem vergangenen Jahr. Unter dem Titel „Sicherstellung des Erwerbs der verbliebenen Landwirtschaftsflächen der BVVG durch den Freistaat Sachsen – Treuhandflächen nicht zum Spekulationsobjekt werden lassen – Umweltziele erfüllen“ führte er zu einer öffentlichen Anhörung, fand jedoch damals nicht den Weg ins Plenum. Die aktuelle Entwicklung der Bodenpreise macht es indes offenbar erforderlich, dass dieses Thema heute auf der Tagesordnung des Plenums steht.
Erst kürzlich griff die „Bauernzeitung“ das Thema zum wiederholten Male auf. In ihrer Ausgabe vom 31.08.2012 stand zu lesen – ich zitiere –: „Der Bodenmarkt hat 2011 weiter an Dynamik gewonnen, wobei sich die jetzt von der Statistik vorgelegten Ergebnisse regional sehr differenziert gestalten.“
Weiter heißt es: „In den neuen Bundesländern haben sich die Kaufwerte für Agrarland von 2007, als im Schnitt noch 4 134 Euro pro Hektar bezahlt wurden, bis 2011 auf 8 838 Euro pro Hektar mehr als verdoppelt.“
Bemerkt wird allerdings auch, dass die Preise an sich in Sachsen leicht zurückgehen, allerdings nicht, wenn man die Verkäufe der BVVG an sich betrachtet.
Im Februar dieses Jahres schrieb die „Bauernzeitung“ dazu – ich zitiere –: „Im Jahr 2011 sind die Preise, die die BVVG beim Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen erzielte, erneut beträchtlich gestiegen. Das bundeseigene Unternehmen in Sachsen verkaufte landwirtschaftliche Flächen zum Verkehrswert von im Durchschnitt
12 418 Euro pro Hektar, was nur gering unter dem Durchschnitt der BVVG-Verkäufe in allen fünf neuen Ländern mit 12 640 Euro pro Hektar liegt. Der Preisanstieg gegenüber dem Vorjahr beträgt 35 %.“
Käufer der Flächen sind laut „Bauernzeitung“ in der Regel ortsansässige Landwirte gewesen. Dies soll vor allem daran liegen, dass die Landwirtschaftsbetriebe weiterhin sehr stark von der Möglichkeit des Direkterwerbs ohne Ausschreibung nach den Privatisierungsgrundsätzen von 2010 Gebrauch machten.
2 500 Hektar mit Direkterwerbsansprüchen. Die berechtigten Pächter wählten in 37 % dieser Fälle den Direktkauf, für 55 % kam es zu einer Pachtverlängerung um vier Jahre und 8 % entschieden sich zu einer neunjährigen Pachtverlängerung.
Erhard Hahn, Leiter der sächsischen BVVG-Niederlassung, gab während der Jahrespressekonferenz an: Die Ausschreibungslose waren im Schnitt 5,5 Hektar groß und sind somit für sogenannte Investoren nicht interessant. – Die Welt scheint also in Ordnung zu sein. Dem ist aber nicht so, wenn man den aktuellen Meldungen über die Entwicklung der Bodenpreise Beachtung schenkt.
Entschuldigung. – Primas stellte sich mit dieser Forderung gegen die von seiner Fraktion vorgetragene Meinung. Die Ergebnisse der Studie des Bundesverbandes der Landwirtschaftsgesellschaften unterstützt diese kritische Sicht. Im Rahmen der Bestandsaufnahme hat sich gezeigt, dass der enorme Preisanstieg am Boden- und Pachtmarkt eine Schlüsselrolle spielt. Die Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen in Deutschland sind seit 2006 um
Mit besonderer Sorge sieht man auch hier – das hat auch mein Vorredner erwähnt – den Einstieg außerlandwirtschaftlicher Investoren in die Landwirtschaft. Der Erwerb von Flächen durch Landwirtschaftsfremde ist jedoch nur ein Teil des Problems. Vielfach in der Praxis zu beobachten sind Anteilskäufe bzw. komplette Betriebserwerbungen durch Nichtlandwirte. Über diese Käufe liegen keine Daten vor, und mit den heutigen Gesetzen sind diese auch nicht zu beeinflussen. Dann sollte man selbstverständlich die entsprechenden Gesetze auch ändern.
Das war für die NPDFraktion der Abg. Löffler. – Damit sind wir am Ende der ersten Runde angekommen. Wir treten jetzt in eine zweite Runde ein. In dieser zweiten Runde ergreift zunächst die einbringende Fraktion der GRÜNEN das Wort. Bitte, Herr Weichert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe niemandem Korruption unterstellt, Herr Heinz, sondern ich habe auf die Korruptionsprävention hingewiesen, die nach meinem Kenntnisstand nicht genügend praktiziert wird. Das bitte ich festzuhalten.
Selbstverständlich sind zweimal fünf Minuten für dieses komplexe Thema nicht genug Zeit. Das ist völlig richtig. Aber es ist zumindest die Möglichkeit, das Thema einmal anzustoßen und vielleicht daraus eine breitere Diskussion zu machen. Das bewegt viele Leute, viele Landwirte – das bekomme ich bei meinen Besuchen vor Ort mit –, und sie beklagen sich darüber, dass sie durch diese Ausschreibungspraxis – wir erinnern uns, 25 % Ausschreibung, 75 % Direktverkauf – nicht zum Zuge kommen. Das, finde ich, muss man thematisieren, auch hier im Haus.
Die Privatisierungsgrundsätze haben eben zu keiner Verbesserung geführt, Frau Deicke, deshalb müssen sie einfach noch einmal überarbeitet werden. Wir haben dazu einen Zehnpunkteplan. Diesen werden wir relativ kurzfristig vorstellen, und dann werden wir Gelegenheit haben, im Ausschuss darüber zu diskutieren.
Es gibt in letzter Zeit, meine Damen und Herren, auch viele Klagen der ostdeutschen Landesbauernverbände über den Flächenausverkauf – das wurde schon angesprochen –, und zwar an finanzstarke und fremde Investoren. Das finde ich ein wenig scheinheilig, denn der Landesbauernverband und die Staatsregierung haben in großer Einigkeit die Bewirtschaftungsbindung von ehemals 20 Jahren auf 10 Jahre herabgesetzt und damit Flächen
verkäufe in Größenordnung ermöglicht. Das heißt, es ist politisch gewollt. Warum, ist auch klar. Wir stehen vor einem Generationswechsel, und bei den aktuellen Bodenpreisen kann man damit selbstverständlich ganz gutes Geld verdienen.
Was sind nun die Folgen dieser einseitigen Förderung von Interessen weniger Großbetriebe? – Es gibt eine Studie von Prof. Helmut Klüter von der Universität Greifswald. Er hat im Auftrag der Enquete-Kommission des Brandenburger Landtags die Entwicklung der Landwirtschaft in Ostdeutschland untersucht. Die Studie stellt fest – jetzt komme ich indirekt auf Ihre Frage von vorhin noch einmal zurück, Frau Dr. Runge –, dass trotz guter geografischer und ökonomischer Rahmenbedingungen sowie zahlreicher Fördermaßnahmen die Flächenproduktivität im Osten deutlich geringer ist als in der westdeutschen Landwirtschaft, dass die Subventionseffizienz wesentlich geringer ist als in der westdeutschen Landwirtschaft, und er stellt sehr überraschend fest, dass es einen großen Investitionsstau gibt. Hört man auf Landesbauernverband und Staatsregierung, dann sind Großbetriebe besonders rentabel und investieren. Das scheint also nicht der Fall zu sein.
Meine Damen und Herren! Niedrige Flächenproduktivität und geringe Subventionseffektivität sorgen für unterdurchschnittliche Bruttoverdienste. Deshalb ist in sächsischen Dörfern nicht die Möglichkeit vorhanden, Vermögen zu bilden. Wenn wir aber in die alten Bundesländer schauen, dann ist gerade das Vermögen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit Grundstein für die Entwicklung von Tourismus, von Gastgewerbe, von Handwerk und Dienstleistungen im ländlichen Raum, also eigentlich Motor für regionale Entwicklung.
Gerade in Sachsen ist der Tourismus Hoffnungsträger für strukturschwache ländliche Regionen mit aus meiner Sicht enormem Potenzial. Allerdings gibt es auch hier immer öfter Konflikte, nämlich zwischen touristischer Nutzung einerseits und auf der anderen Seite industrialisierter Agrarlandschaft, Massentierhaltung und pestizidbedrohter und -belasteter Gewässer.
Die großbetriebliche Landwirtschaft produziert Mengen, die der regionale Markt nicht aufnehmen kann. Andererseits gibt es dadurch wieder eine Vielzahl von Produkten, die nur wenig oder gar nicht angeboten oder erzeugt werden. Das heißt, es muss importiert werden. Dadurch entsteht eben kein Wirtschaftskreislauf in der Region, und es entsteht keine nachhaltige regionale Entwicklung. Das alles, meine Damen und Herren, ist Folge des Systems und nicht Schuld einzelner Landwirte, die die sich bietenden Möglichkeiten selbstverständlich nutzen und annehmen.