Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Mit den 1 200 eingegangenen Schreiben wurde deutlich, dass die Inanspruchnahme der Möglichkeit einer Petition in der Bevölkerung auf eine große Resonanz gestoßen ist. Aber auch im Jahr 2011 hatten wir einen Eingang von 1 037 Schreiben zu verzeichnen. In den ganzen 21 Jahren, seitdem wir im Sächsischen Landtag Petitionen bearbeiten, gingen circa 21 000 Schreiben mit Bitten und Beschwerden beim Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages ein.

Die damaligen inhaltlichen Schwerpunkte waren besonders die Regelung offener Vermögensfragen, Kommunalrecht, Ausländerrecht sowie die berufliche und politische Rehabilitierung. Das hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Insbesondere Petitionen aus den Bereichen Sozialversicherung, Altenhilfe, Schule, Verkehrswesen und Justiz haben zugenommen und sind im Bericht 2011 zu finden.

Interessant ist, dass sich der Petitionsausschuss auch im vergangenen Jahr mit Themen wie der Regelung offener Vermögensfragen sowie Rehabilitation befasst hat. Damit wird deutlich, dass selbst nach einer so langen Zeit seit der Wiedervereinigung diese Themen noch aktuell sind und einer Lösung bedürfen.

2011 haben wir 20 % der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen ganz oder teilweise abgeholfen. Unser Ziel ist es dabei immer, eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen. Wenn dem Ansinnen des Petenten schon nicht abgeholfen werden kann, so ist es uns umso wichtiger, die jeweilige Entscheidung dem Petenten klar und deutlich aufzuzeigen.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich die Gelegenheit zum Dank nutzen. Dieser gilt in erster Linie den Mitgliedern des Petitionsausschusses, welche sich sehr intensiv und teilweise auch sehr kämpferisch der Anliegen der Petenten angenommen haben, immer mit

dem Ziel, eine Lösung zu finden. Danken möchte ich ferner auch allen, welche einen reibungslosen Ablauf des Petitionsverfahrens gewährleisten. Das gilt insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes, die dem Petitionsausschuss in den vergangenen Jahren mit Rat und Tat zur Seite standen.

(Beifall bei der CDU, der FDP, den LINKEN und der SPD)

Mein Dank gilt aber auch unserem Sächsischen Ausländerbeauftragten, Herrn Prof. Dr. Martin Gillo, sowie der Staatsregierung für die konstruktive und engagierte Zusammenarbeit. Gerade bei Nachfragen oder Vorortterminen gab es hier ein gutes Zusammenwirken.

Abschließend kann ich Ihnen nur empfehlen, den vorliegenden Bericht zu lesen und ihn in Ihren Büros auszulegen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den LINKEN)

Frau Lauterbach, Fraktion DIE LINKE.

Danke, Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Der Petitionsausschuss legt für das Jahr 2011 seinen jährlichen Bericht vor. Darin werden Petitionen der Bürgerinnen und Bürger an den Sächsischen Landtag reflektiert.

Gemäß Artikel 35 der Sächsischen Verfassung hat jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht, sich mit einer Petition an die Landespolitik zu wenden. Unter Berücksichtigung von Massen- und Sammelpetitionen machten mehr als 12 000 Menschen im Freistaat davon Gebrauch; mehr als 12 000 Menschen – das ist fast jeder Zweihundertste. 1 037 Schreiben erreichten uns im letzten Jahr. Jedes wird gewissenhaft bearbeitet; das ist selbstverständlich. Für uns Abgeordnete gibt es die Möglichkeit der Nachfrage beim zuständigen Ministerium. Wir können Akteneinsicht oder einen Termin vor Ort beantragen. Diese Möglichkeiten schöpfen wir natürlich im Interesse unserer Petenten aus.

Auf unserer Ausschussreise nach Israel haben wir gesehen, dass noch sehr viel mehr möglich ist, dass Bittschriften auch zu spürbaren Veränderungen in der Gesellschaft führen können. Deshalb wiederhole ich, was ich an dieser Stelle letztes Jahr bereits angemahnt habe: Wir müssen mit dem Gesetzentwurf des Petitionsausschusses zur Veränderung des Petitionsrechtes endlich einen Schritt vorankommen – gern gemeinsam, ohne Parteiengerangel. Leider hat sich da im letzten Jahr nicht so sehr viel getan.

Unsere Aufgabe ist es, die Probleme zu prüfen und die Fragen der Bürger zu beantworten, und zwar ohne Verzögerung. Die Themen im Petitionsausschuss waren dabei so bunt wie das tägliche Leben. In einem Fall kritisierte ein Petent eine gefährliche Kurve der B 115, in der ein schwerer Verkehrsunfall passierte. Nach einem Vor-OrtTermin, der allen Beteiligten sehr viel Kraft kostete,

konnte seiner Petition durch das Aufstellen eines Verkehrszeichens abgeholfen werden. Braucht man dazu wirklich einen Petitionsausschuss, oder kann das die Verwaltung auch allein?

Einer Petentin wurde die Eigenheimzulage nicht gezahlt. Nach der Intervention des Petitionsausschusses beim zuständigen Finanzamt wurde die Auszahlung sofort nachgeholt, und der Vorsitzende des betreffenden Finanzamtes entschuldigte sich persönlich bei der Petentin. War das die viel gepriesene deutsche Gründlichkeit? Oder Schikane?

Doch nicht immer können wir helfen. In einer Petition wurde um die Einführung einer sächsischen Hymne gebeten. Wenngleich mit „Sing, mei Sachse, sing“ eine inoffizielle Hymne existiert, lehnen Emnid-Umfragen zufolge drei Viertel der Sachsen eine offizielle Hymne ab; so auch der Petitionsausschuss.

(Thomas Jurk, SPD: Was?)

In vielen Fällen kritisieren die sächsischen Bürgerinnen und Bürger aber auch politische Entscheidungen und ihre Folgen. So erreichten uns zahlreiche Petitionen, die die Rücknahme der Kürzung der Jugendpauschale forderten.

(Beifall des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Andere Petitionen befürchten massive Qualitätseinbußen im Bereich der polizeilichen Präventionsarbeit durch den Stellenabbau. Insofern kritisiert auch die Bevölkerung immer stärker, was Oppositionsparteien bemängeln. Denn sowohl Jugendpauschale als auch Personalausstattung der Landesbehörden gehören im Rahmen der anstehenden Haushaltsdebatte auf den Prüfstand.

Werte Abgeordnete! Meist bleibt mir eine Petition im Laufe des Jahres besonders in Erinnerung: entweder, weil sie mich emotional weiter beschäftigt, oder weil ich bei der Beantwortung einfach kein gutes Gefühl hatte. Im letzten Jahr hatte ich das Thema einer Petition in der Presse wiedergefunden. Mir wurde diese Petition zugeteilt, und die Stellungnahme des Ministeriums erschien mir schlüssig. Doch erst der Druck der Öffentlichkeit bewegte die zuständige Behörde im Interesse des Petenten. Hätte die zuständige Behörde gründlicher geprüft und die Fakten ausreichend gewürdigt, wäre der Petent schneller zu seinem Recht gekommen. Auf jeden Fall hat dieser Petent den Glauben an eine gerechte Arbeit des Petitionsausschusses verloren.

Ich habe mir diese Petition noch einmal angeschaut. Auch heute noch klingt die Antwort des Ministeriums schlüssig. Dennoch war sie falsch, weil dem Ministerium nicht alle Fakten vorgelegt wurden. Wenn wir als Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages unser Ansehen nicht verspielen wollen, müssen wir uns darauf verlassen können, dass die Behörden und Ämter kooperativ, gründlich und ehrlich mit uns zusammenarbeiten.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Nachdem uns nun hoffentlich alle Fakten vorliegen, bearbeite ich diese Petition in diesem Jahr noch einmal. Dennoch bleibe ich dabei: Wenn wir im Petitionsausschuss nicht vollständig informiert werden, können wir den Menschen im Land nicht optimal helfen.

Dem Petitionsausschuss ist jede Bittschrift wichtig – egal, ob sie von einer oder von Tausenden Personen unterschrieben ist. Doch wenn unter einer Petition 4 000 Unterschriften stehen, dann fordert das schon meine Wertschätzung.

Damit das Petitionsrecht kein bloßer Papiertiger ist, müssen die Bürgerinnen und Bürger merken, dass wir uns sehr ernsthaft bemühen, ihren Anliegen Rechnung zu tragen. Das wäre ohne die Unterstützung des Petitionsdienstes und der Verwaltung des Landtages kaum möglich.

(Beifall der Abg. Horst Wehner und Klaus Tischendorf, DIE LINKE, sowie Thomas Jurk, SPD)

Das ist spärlich.

(Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Ja. Dafür möchte ich in meinem Namen und im Namen der Fraktion DIE LINKE herzlich danken. Weiterhin gilt mein Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien und Behörden, die uns überwiegend kooperativ unterstützt haben, sei es bei Vor-Ort-Terminen oder bei Fachfragen.

In diesem Sinne hoffe ich für die kommenden Monate und Jahre auf eine konstruktive, überfraktionelle und behördenübergreifende Zusammenarbeit zum Wohle der Sächsinnen und Sachsen, damit ein Verkehrsschild oder eine Eigenheimzulage nicht mehr Gegenstand einer Petition sein müssen.

Vielen Dank an die Leitung der monatlichen Beratungen. Es ist doch immer herzerfrischend, in einen Petitionsausschuss zu gehen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und der FDP – Heiterkeit des Abg. Thomas Jurk, SPD – Wortwechsel zwischen den Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE, und Tino Günther, FDP)

Frau Dr. Deicke für die SPD-Fraktion; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin heute die dritte Rednerin zu diesem Thema. Ich denke, mittlerweile ist jedem klar, wie wichtig dieser Petitionsausschuss ist und dass der Petitionsausschuss ein besonderer Ausschuss ist. Nicht selten werden durch ein Petitionsverfahren verhärtete Fronten aufgebrochen und Lösungen gefunden. Der Petitionsausschuss leistet einen sehr wichtigen Beitrag für unsere Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt auch für unsere parlamentarische Demokratie.

Wenn Sie sich nun aber einmal diesen Bericht etwas näher anschauen und sich die Zahlen vergegenwärtigen, dann kann man nicht zufrieden sein. Es ist nämlich immer noch der größte Anteil an Petitionen, denen nicht abgeholfen werden kann. Sie haben dazu auch eine Statistik der Bearbeitungszeiten. Ich denke, hier haben wir noch Potenzial. Hierbei können wir durchaus noch einen Zahn zulegen, damit auch die Petenten schneller eine Antwort von uns bekommen.

Die Arbeit des Petitionsausschusses ist breit gefächert und mitunter auch sehr arbeitsreich. Eine Unterstützung durch den Petitionsdienst ist damit unerlässlich. Ich möchte mich daher auch in diesem Jahr ausdrücklich beim gesamten Referat Petitionsdienst für seine zuverlässige und vertrauensvolle Mitarbeit bedanken. Vielen Dank!

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und der FDP)

Mein Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien, die mit der Ausarbeitung der Stellungnahmen der Staatsregierung befasst sind; denn ohne die Stellungnahmen der Staatsregierung wäre die Bearbeitung vieler Petitionen schlichtweg nicht möglich. Der Sächsische Landtag und seine Abgeordneten wären nicht in der Lage, mehrere Hundert Petitionen pro Jahr abzuarbeiten, wenn sie den Sachverhalt selbst ermitteln müssten. Vielen Dank in diesem Zusammenhang für das gute Zusammenwirken im Ausschuss.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich weise aber auch in diesem Jahr ausdrücklich darauf hin, dass die Stellungnahmen der Staatsregierung – Frau Lauterbach hat es am Beispiel sehr plastisch dargestellt – keine unabänderliche Tatsache darstellten und wir die Stellungnahmen der Staatsregierung auch kritisch betrachten und uns damit auseinandersetzen müssen.

Meine Damen und Herren! Der Petitionsausschuss hat Arbeitsgruppen gebildet, in denen die Abgeordneten bestimmte Sachthemen bearbeiten. Ich bearbeite die Petitionen aus dem Bereich Umwelt und bin demnach mit den Umweltthemen befasst. Daher habe ich einen besonders guten Überblick darüber, welche Themen den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln brennen. Bei näherer Betrachtung der im Jahr 2011 vorgebrachten Umweltthemen konzentrieren sich die Petitionen in diesem Bereich zum Beispiel auf Themen wie Abfall- bzw. Abwassergebühren, Lärmschutz an bestehenden Verkehrswegen, Hochwasserschutz bzw. Flutopferhilfe bis hin zu Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Fortschreibung von Abwasserbeseitigungskonzepten stehen.

Bei den Abwasserbeseitigungskonzepten beschweren sich häufig Bürgerinitiativen darüber, dass sich die Kommunen ihrer kommunalen Pflichtaufgabe, der Abwasserbeseitigung, entledigen, indem festgelegt wird, dass die Abwasserentsorgung dezentral über Kleinkläranlagen zu erfolgen hat. Ich sage, dass die Abwasserbeseitigung in die Hände von Fachleuten gehört. Sie darf nicht, wie es hier angedeutet ist, durch die Hintertür auf den einzelnen Bürger abgewälzt werden. An diesem Beispiel zeigt sich

deutlich, dass Petitionen immer auch ein Indikator für die Sorgen und Nöte unserer Bürger sind. Wenn sich Petitionen in einem Bereich häufen, zum Beispiel in dem beschriebenen Problem mit den Abwasserbeseitigungskonzepten, müssen wir sehr genau hinsehen und den Ursachen nachgehen.

Wenn der Petitionsausschuss nicht unmittelbar Abhilfe schaffen kann, sind die Fraktionen gefragt, daraus ihre politischen Initiativen abzuleiten. Die SPD-Landtagsfraktion hat das Problem aufgegriffen und einen Antrag zum Thema „Kommunale Strukturen in der Abwasserbeseitigung nachhaltig stärken“ formuliert. Sie wird dafür sorgen, dass das Thema im Landtag politisch weiter begleitet wird.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Kerstin Lauterbach, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns nunmehr seit knapp eineinhalb Jahren mit der Modernisierung des Petitionswesens. Die SPD-Landtagsfraktion hat in die Überarbeitung des sächsischen Petitionsrechtes ihre Vorschläge eingebracht mit dem Ziel, das Petitionsgesetz bürgernah, modern und verständlich zu gestalten.

Im Einzelnen wollen wir beispielsweise, dass die Petenten über die Stellungnahmen der Staatsregierung informiert werden und die Möglichkeit zur Erwiderung erhalten. Ebenso muss die Beteiligung der Landtagsfraktionen bei Petitionen zu Gesetzgebungsverfahren deutlich verbessert werden. Ich könnte mir vorstellen, dass die betreffenden Petitionen den Landtagsfraktionen förmlich in der Beschlussempfehlung zur Kenntnis gegeben werden.