Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Nico Tippelt, FDP:... etwas spät!)

spät, aber ihm ist natürlich unbedingt zuzustimmen.

Es ist auch sinnvoll, ein bundeseinheitliches EDVVerfahren anzustreben. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass wir kein ähnliches Desaster erleben wie bei der Bewerbung auf begehrte – weil begrenzte – Studienplätze. Ich spreche das nur kurz an. Offenbar gibt es dort immer noch Probleme.

Schließlich muss auch klar geregelt werden, dass es zwischen Bachelor- und direkt anschließendem Masterstudiengang kein Aussetzen der Förderung gibt. Auch hierin sind wir sicher einer Meinung. Dieses Problem bedeutet implizit eine Schlechterstellung gegenüber den früheren Examens- und Diplomstudiengängen, bei denen es diese Durststrecken überhaupt nicht gegeben hat.

Alle drei Punkte sind also sinnvoll und werden, wie schon erwähnt, von meiner Fraktion unterstützt. Die Konzentration auf das Online-Verfahren darf allerdings nicht von den anderen Problemen ablenken. Hierin bin ich nicht Ihrer Meinung, Frau Fiedler, dass die Änderungsanträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD nicht in den Gesamtzusammenhang gehörten. Wir müssen aus der

Entwicklung von Einkommen und Preisen Schlussfolgerungen ziehen, die meines Erachtens zu einer weiteren Anpassung und Erhöhung der BAföG-Sätze führen müssen. Das dürfen wir über dem ganzen OnlineVerfahren nicht in Vergessenheit geraten lassen. Schließlich liegt unsere gesamte Ausbildungsförderung im Argen. Nur etwa 37 bis 40 % erhalten BAföG. Alle anderen Förderungen, auch das Deutschland-Stipendium, decken natürlich nur einen geringen Teil des Bedarfs. Darum hat auch der beim BMWF angebundene Beirat für Ausbildungsförderung über die Anpassung hinaus eine „inhaltliche Fortentwicklung“ des BAföG empfohlen. Insofern sind die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD auf dem richtigen Weg.

Probleme gab und gibt es auch beim BAföG-Darlehensteilerlass als Belohnung für den besonders schnellen Studienabschluss. Gewisse Anreizsysteme für ein schnelles und effektives Studium könnte und muss man also mit diesen staatlichen Stipendien verbinden, auch, was zum Beispiel die Güte des Abschlusses betrifft. Hier müssen neue Überlegungen angestellt werden.

Schließlich wurden auch die Überlegungen des Deutschen Studentenwerkes in diesem Monat im Antrag von CDU und FDP weitgehend nicht berücksichtigt. Auch hier führen die Änderungsanträge – aber es ist natürlich deren Sache, sie einzubringen –, wie ich meine, logisch weiter. Es ist also eine Fortentwicklung, und wir würden hier einmal eine Sternstunde des Parlaments in Szene setzen – das kommt nicht vor, ich weiß, aber man darf ja träumen –, dass wir sagen: Wunderbar, den Einstieg haben CDU und FDP geliefert, und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD haben das sinnvoll fortgesetzt, also logisch konzise, und wir sind dafür, dass wir alle drei Ansätze annehmen. Ich weiß, so weit kommt es nicht.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Nächster Redner ist Herr Mann für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen uns pünktlich zum Semesterstart einen Antrag zur Vereinfachung des BAföG-Verfahrens vor. Ein Schelm, wer nach dem Beschluss des Hochschulgesetzes hier Wiedergutmachungsversuche wittert.

Nichtsdestotrotz formuliert der Antrag ein wünschenswertes Projekt, das nicht zuletzt wir als SPD mit der Einrichtung des Normenkontrollausschusses auf den Weg gebracht haben. Deshalb auch gleich im Konkreten zu Ihren Punkten im Antrag.

In Punkt 1 formulieren Sie einen Prüfungsauftrag, der, das muss ich leider sagen, weitestgehend von der Praxis überholt wurde. Die sächsischen Studierendenwerke sind bereits seit Längerem auf dem Weg, in einem Konsortium mit Baden-Württemberg zusammen ein solches Verfahren zu entwickeln. An den Vorteilen und der Präferenz für ein

Online-Verfahren zweifelt keiner der Partner, deshalb haben sich nach, wie wir finden, zu langem Zögern des Bundes bundesweit bereits drei Konsortien auf den Weg gemacht, eigene Lösungen zu erarbeiten und zu entwickeln. Nichtsdestotrotz – ein Prüfauftrag kann ja nicht schaden.

Sie fordern im zweiten Punkt, sich gemeinsam mit anderen Ländern für ein bundesweit einheitliches Verfahren einzusetzen. Dazu sage ich ausdrücklich: Das ist sicher wünschenswert, aber gerade in Anbetracht der – man muss schon sagen – skandalösen Erfahrungen mit der Einführung eines elektronischen Einschreibungssystems kann wohl niemandem verübelt werden, wenn diesem späten Versuch mit einiger Skepsis begegnet wird, gerade wenn Sie, Frau Fiedler, mit der Unterstützung des BMWF drohen. Trotzdem möchte ich hier eine Frage an die Staatsregierung loswerden: Wenn dieser Weg gegangen werden soll, wird es Unterstützung auch im Rahmen des Haushaltsverfahrens für die Einführung eines solchen Verfahrens für die sächsischen Studierendenwerke geben?

Im dritten Punkt wollen Sie, völlig berechtigt, die Regelungslücke zwischen Bachelor und konsekutivem Master beim BAföG schließen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Dass es hier eine viel zu lange Phase gibt, in der Studierende Ungewissheit über ihre Studienfinanzierung haben, die sie nicht selbst verschuldet haben, ist ein Unding und hätte schon lange, zumindest mit der 23. BAföG-Novelle, abgeschafft werden müssen.

Nicht unerwähnt bleiben darf und soll heute in der Debatte, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung genau diese letzten zwei Punkte in ihrem Forderungsantrag sowohl in der Beratung zur 23. Novelle zum Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes als auch in der zurzeit in Beratung befindlichen 24. abgelehnt hat. Insofern verstehen Sie meine Verwunderung hier an dieser Stelle darüber, dass Sie heute mit diesem Schaufensterantrag ins Plenum kommen.

Auch dem Entschließungsantrag unserer SPD-Bundestagsfraktion konnten Sie nicht folgen, und es ist zwei Jahre nach dem ersten Bericht des Normenkontrollrates und vor allem dem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung nicht wirklich etwas passiert auf diesem Feld.

Sie haben mit dem Antrag dennoch zwei Punkte aufgerufen, die seit Längerem nicht zuletzt von der SPD gefordert wurden. Deshalb werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

Aber Fakt ist auch: Sie machen Halt auf halber Strecke. Wenn Sie das BAföG-Verfahren vereinfachen wollen, dann müssen Sie schon früher aufstehen. Ich werde deshalb gleich den Ergänzungsantrag – oder formal: Änderungsantrag – der SPD-Landtagsfraktion zu Ihrem Antrag vorstellen. Bleibt für die vielen Studierenden zu hoffen, dass sich die Staatsregierung noch das eine oder andere abguckt. Ich will schon mal versprechen: Wir werden Sie jedenfalls nicht wegen Plagiaten vor den Ausschuss zitieren.

(Christian Piwarz, CDU: Ha, ha!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Gerstenberg für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Dr. Gerstenberg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Zeitpunkt dieses Antrages ist doch bezeichnend: Vor drei Wochen haben Sie die Studierenden unter den Generalverdacht einer Geld verschlingenden Bummelstudiererei gestellt

(Christian Piwarz, CDU: So ein Blödsinn!)

und unsinnige Langzeitstudiengebühren eingefordert.

(Christian Piwarz, CDU: Das gibt es doch gar nicht!)

Ja, Herr Kollege Piwarz, dazu haben Sie auch noch versucht, die Studierendenvertretung auszuhöhlen und Kollateralschäden wie die Schwächung der demokratischen Mitsprache und Gefährdung des Semestertickets

(Beifall bei den GRÜNEN – Oh-Rufe von der CDU )

sehenden Auges in Kauf genommen.

(Christian Piwarz: Machen Sie wohl mit der Klassenkampfrhetorik nicht! – Weitere Zurufe von der CDU)

Heute wollen Sie auf einmal mit der BAföG-Beantragung den Studierenden das Leben erleichtern. Ein Schelm, wer hier politisches Kalkül vermutet. Früher wurde ein solcher Regierungsstil Zuckerbrot und Peitsche genannt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Trotzdem ist der Inhalt dieses Antrages natürlich richtig. Es ist richtig, den BAföG-Antrag online zu ermöglichen und die EDV-Systeme der Länder kompatibel zu machen. Als wir GRÜNEN schon vor zwei Jahren in diesem Hause gefordert haben, die Förderungslücke zwischen dem Abschluss des Bachelorstudiums und der Aufnahme eines konsekutiven Masters zu beheben, haben Sie das zwar abgelehnt, aber wir freuen uns heute selbstverständlich, wenn diese Erkenntnis doch noch ihren Weg in die Reihen der Regierungskoalition gefunden hat.

Aber wollen Sie dabei stehenbleiben? Wollen Sie uns nur mit dem Verfahren beschäftigen, aber den Reformbedarf beim BAföG selbst völlig übergehen?

(Geert Mackenroth, CDU: Stellen Sie doch einen Antrag!)

Das hieße doch nur, alten Wein in neue Schläuche zu gießen. BAföG ist das einzige Studienfinanzierungsinstrument, das geeignet ist, die soziale Selektion zu senken, Studienabbrecherzahlen zu verringern und durch Mobilisierung der Reserven auf den zunehmenden Bedarf an hoch ausgebildeten Fachkräften zu reagieren.

Als zweitwichtigster Grund für die Nichtaufnahme des Studiums oder den Abbruch wird aber nach wie vor die ungesicherte Finanzierung genannt. Über vier Fünftel der BAföG-Empfänger erklären ihr BAföG als unverzichtbar. Das gilt insbesondere für Studierende aus einkommensschwachen Haushalten und aus ostdeutschen Ländern. Deshalb ist es ganz besonders in sächsischem Interesse, das BAföG weiterzuentwickeln – und deshalb unser Änderungsantrag.

Kollegin Fiedler, wenn Sie das Deutsche Studentenwerk zitieren, dann bitte vollständig und nicht selektiv. Wenn Sie es vollständig lesen, dann müssen Sie diesem Änderungen einfach zustimmen; denn wir brauchen einen verlässlichen Inflationsausgleich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb ist die Anhebung der Bedarfssätze als Reaktion auf gestiegene Lebenshaltungskosten notwendig. Schauen Sie nicht nur in den Bericht des Normenkontrollrates. Schauen Sie auch einmal in den 19. BAföG-Bericht Ihrer Bundesregierung; dort werden Sie diese Zahlen finden.

Wir wollen junge Menschen fürs Studium gewinnen. Das heißt, wir müssen mehr in die Studienförderung einbeziehen. Bis in die Mittelschichten hinein reicht aber jetzt die Unsicherheit, ob die Finanzierung des Lebensunterhaltes gesichert werden kann. Deshalb müssen die Freibeträge an die Entwicklung angepasst werden. Wir führen dieselbe Diskussion alle paar Jahre neu, und deshalb ist es notwendig, die BAföG-Bedarfssätze und die Elternfreibeträge dynamisch an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen das BAföG endlich Bologna-tauglich machen. Das betrifft nicht nur, wie in Ihrem Antrag, den Übergang vom Bachelor zum Master. Im einheitlichen Bologna-Raum darf es nicht mehr entscheidend sein, ob man innerhalb oder außerhalb der EU studiert.

Auch die Altersgrenze für den Bezug des BAföG entspricht längst nicht mehr der Realität. Man kann nicht ständig und überall die Förderung des lebenslangen Lernens als einziges Gegenmittel gegen den demografischen Wandel einfordern und dann den Menschen den Bezug der Studienförderung verwehren, weil sie bei Studienaufnahme das 30. Lebensjahr vollendet haben oder den Master nach ihrer Berufstätigkeit mit mehr als 35 Jahren beginnen wollen.

Schließlich ist es eine Tatsache, dass die Vorstellung des Durchschnittsstudierenden – männlich, Anfang 20, kinderlos, elternfinanziert – heute weit weniger der Realität entspricht, als sie es ohnehin je getan hat. Sachsen verzeichnet zum Beispiel mit 7,2 % eine überdurchschnittliche Rate an Studierenden mit Kindern. Diese für unser Land erfreuliche Tatsache führt allerdings auch zu einem anderen Studierverhalten und anderen finanziellen Belastungen. Dem muss BAföG Rechnung tragen, etwa indem auch Teilzeitstudiengänge förderfähig gemacht werden

und die höheren Kosten junger Eltern sich stärker in den Bedarfssätzen bemerkbar machen.

Liebe Kollegin Fiedler, Sie sehen also, unser Änderungsantrag hat das Ziel, Ihren gut gedachten Antrag rund zu machen.

(Aline Fiedler, CDU: Danke!)

Wenn die Staatsregierung sich auf Bundesebene für ein Komplettpaket einsetzt anstatt nur für kosmetische Reparaturen, dann bin ich zuversichtlich, dass das BAföG auch weiterhin einen Beitrag zum Studienerfolg leisten wird. Dann kommen wir in Ihrem Sinne wirklich einen Schritt vorwärts und trippeln nicht nur auf der Stelle.