Wir könnten jetzt in eine dritte Rednerfolge eintreten. Die einbringende Fraktion DIE LINKE hätte noch 1 Minute 17 Sekunden Redezeit. Gibt es Redebedarf? – Das sehe ich nicht. Die CDU-Fraktion hätte noch Redezeit.
Ich sehe keinen Redebedarf mehr aus den Fraktionen. Das darf ich feststellen. Das Wort ergreift jetzt für die Staatsregierung Herr Kollege Martens.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Debatte „Gefahren für die sächsischen Mieterinnen und Mieter abwenden – Mieterrechte sichern“ lässt – wie manche Beiträge – Schlimmes
befürchten: den Anschlag auf die Mieterrechte als solche, deren Abschaffung, die fortwährende zukünftige Knechtschaft der sächsischen Mieterinnen und Mieter. Das sind Gefahren, die unmittelbar bevorstehen oder zumindest am Horizont ernsthaft drohen sollen.
Meine Damen und Herren! All dies geht an der Sache vorbei. Lassen Sie uns hier eine sachliche Analyse vornehmen, anstatt plakativ zu fragen – wie Herr Stange das getan hat –, auf welcher Seite der Barrikade man stünde: aufseiten der Mieter oder aufseiten derjenigen, die ihre Rechte beschneiden wollen. So einfach ist es nicht, meine Damen und Herren.
Es geht um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem das Mietrecht Entwicklungen angepasst werden soll, die in den letzten Jahren aufgetreten sind und die es vorher so nicht gab. Recht ist nicht statisch. Das Mietrecht als eines der wichtigsten Rechtsgebiete – jedenfalls für die Vielzahl der Bürger, die von ihm betroffen sind – ist auch nicht statisch. Es ist neuen Herausforderungen ausgesetzt. Es muss auf neue Fragen Antworten finden, wie etwa auf die Frage der energetischen Sanierung.
Früher kannte man den Begriff der Modernisierung. Das war ein wohnungsbezogener Begriff, der aber nichts mit der energetischen Sanierung, etwa dem Anbringen von Vollwärmedämmfassaden außen am Haus, zu tun hatte.
Eine energetische Sanierung von Wohnraum wird wahrscheinlich von allen hier im Haus begrüßt. Sie dient dem Klimaschutz. Sie senkt Energie- und Verbrauchskosten und ist damit im Interesse von Mietern und Vermietern. Es stellt sich die Frage: Wer zahlt die Investitionen? Es geht dabei um den Interessenausgleich von Vermietern und Mietern bei der Durchführung von energetischen Sanierungsmaßnahmen und die Frage, wer dafür aufkommen soll: derjenige, der die Wohnung nutzt und entsprechend geringere Nebenkosten zahlt – das ist nämlich dann der Mieter –, oder derjenige, der ein entsprechend gut saniertes Haus erhält – das wäre der Vermieter.
Hier schlägt die Bundesregierung vor, dass es erstens eine Duldungspflicht für die energetische Sanierung gibt. Es darf nicht dem einzelnen Mieter überlassen bleiben, aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen eine Sanierung zu verhindern. Er muss es dulden. Zweitens kann der Vermieter diese Kosten dann umlegen, denn für den Mieter gibt es auch einen Gewinn, nämlich entsprechend geringere Nebenkosten. Vom Klimaschutz profitiert die Allgemeinheit.
Es gibt einen Ausschluss von Minderungsrechten für die Dauer von drei Monaten. Die Minderung betrifft die Kürzung von Mieten wegen Mängeln. Nicht dann, wenn die Wohnung unbrauchbar ist, handelt es sich um Mängel, sondern nur bei geringfügigen Beeinträchtigungen. Wenn die Wohnung wirklich nicht bewohnt werden kann, erfüllt der Vermieter eine Hauptleistungspflicht nicht. Dann gibt
es überhaupt keine Miete. Dann sind wir jenseits von Minderung und Ähnlichem. Herr Stange, das haben Sie nicht richtig bewertet.
Es bleibt bei der Möglichkeit, Modernisierungskosten in Höhe von 11 % des Aufwandes jährlich auf den Mieter umzulegen. Das ist auch sinnvoll. Das ist eine Regelung, die sich bewährt hat.
Der dritte Punkt, den das Gesetz angeht, ist die Frage des Umgangs mit Mietnomaden. Das hat es früher so auch nicht gegeben. Da war es tatsächlich der ganz normale Fall, dass man seine Miete gezahlt hat oder sie höchstens, wenn man Pech hatte, einmal nicht zahlen konnte, sich aber dann mit dem Vermieter in Verbindung gesetzt hat.
In Zeiten anonymer Vermietungsgesellschaften oder von großen baulichen Anlagen, in denen Mieter anonym nebeneinander wohnen, hat sich das geändert. Da gibt es in der Tat Menschen, die das Geschäftsmodell entdeckt haben, eine Wohnung anzumieten, nichts zu zahlen und darauf zu spekulieren, dass die gerichtlichen Verfahren in diesen Mieträumungsangelegenheiten mehrere Monate dauern und die Gerichtsvollzieher ebenfalls längere Zeit brauchen, um eine Räumung durchzusetzen, sodass man im Regelfall sechs bis acht oder vielleicht sogar zwölf Monate „unbehelligt“ in einer Wohnung kostenfrei leben darf. Dieses Geschäftsmodell, Herr Stange, wollen wir gründlich zerstören.
Das hat auch nichts mit der von Ihnen genannten Waffengleichheit zu tun. Da muss man schon ein seltsames Verständnis von den Rechten des Mieters und Ansprüchen des Vermieters haben, um hier das Wort Waffengleichheit überhaupt in den Mund nehmen zu können. Das ist schon erstaunlich. Erstaunlich ist auch Ihre Mengenbeschreibung, es würde sich bei den Mietnomaden um 0,0005 % – ich habe drei Nullen gezählt – der Mietverhältnisse handeln. Das wären fünf Mietverhältnisse auf eine Million. Das wären in Deutschland insgesamt 150 Mietnomaden im ganzen Jahr. Mein Gott, wären wir froh, wenn es wirklich so wäre!
Ich kann Ihnen aus eigenem Erleben aus meiner anwaltlichen Tätigkeit bereits zehn Namen nennen, die ich als ernsthafte Mietnomaden bezeichnen würde. Es gibt mehr davon, als Sie vielleicht wahrhaben wollen. Für diejenigen Vermieter, die von so etwas betroffen sind, ist das existenzbedrohend.
Wenn man einen Räumungstitel erreicht hat, dann soll dieser auch durchsetzbar sein, und zwar schneller als bisher, aber anders als Sie, Frau Kallenbach, gemeint haben, nicht ohne richterlichen Beschluss, sondern natürlich nur mit richterlichem Beschluss, allerdings mögli
Als ein Grund für eine fristlose Kündigung soll nicht nur der Rückstand mit Mietzahlungen, sondern auch der Rückstand bei der Hinterlegung der vertraglich vereinbarten Kaution gelten. Was soll man von einem Mieter halten, der bereits in der allerersten Minute, wenn es darum geht, die erste Gegenleistung zu bringen, nämlich eine Kaution zu zahlen, damit im Rückstand liegt? Soll dann der Vermieter warten, bis auch die ersten beiden Mieten nicht gezahlt werden?
Was ist das für ein Verständnis, das Sie offenbaren? Nach dem Motto: Die Kaution ist nicht gezahlt, das muss der Vermieter hinnehmen. Dann muss der Vermieter noch warten, nachdem drei Monate lang nichts gezahlt worden ist, bevor er beim ersten Mal stirnrunzelnd den Zeigefinger erheben darf.
Meine Damen und Herren! Deswegen glaube ich auch, dass diese Vorschläge durchaus sachgerecht sind und Antworten auf die Fragen, die ich eingangs skizziert habe, geben. Dass das nicht allen gefällt, dass man sich auch anderes vorstellen und wünschen kann, kann ich mir durchaus vorstellen. Gerecht sind diese Vorstellungen meines Erachtens allerdings nicht. Die Staatsregierung unterstützt deshalb den hier in Rede stehenden Gesetzentwurf.
Das war für die Staatsregierung Herr Staatsminister Martens. – Gibt es weiteren Redebedarf? Es ist auch noch Redezeit vorhanden. – Das Wort ergreift erneut für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Stange.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der Herr Staatsminister konnte unsere Bedenken gegenüber dem Mietrechtsänderungsgesetz, gegenüber der Haltung der Staatsregierung und der sie tragenden Koalition sowie gegenüber den geplanten Einschnitten in das Mietrecht nicht beseitigen, nicht ausräumen. Vielmehr – auch das, Herr Staatsminister, ist die Duldungspflicht bereits jetzt – gibt es nur die Härtefallbegründung, dass man herauskäme. Wenn das massenhaft genutzt worden wäre, hätte Herr Schiemann nicht feststellen können, dass wir im Osten, in Sachsen seit 22 Jahren erfolgreich Sanierungen durchführen.
Zum Mietnomadentum gibt es keine gesicherten Zahlen. Auch die 0,005 % sind Annahmen. Das wissen Sie, das wissen wir. Also bauen wir nicht anhand von irgendwel
chen Annahmen. Auch Ihre Annahmen sind eben Annahmen. Sie haben gesagt, Sie nehmen an oder Sie könnten sich vorstellen, dass die zehn, die Sie nennen könnten, Mietnomaden sein könnten. Also bauen wir da nicht so etwas auf!
Die Kaution ist eine Sicherheitsleistung. Wenn sie nicht hinterlegt ist – nach wie viel, zwei Monaten? –,
Leute machen solch ein Mietverhältnis – außer tatsächliche Mietnomaden; Sie kennen eventuell zehn, ich nicht – und mieten Mietwohnungen für fünf oder zehn Jahre – je älter die Betroffenen sind, für 15, 20 Jahre. So lange sind sie in ihren Wohnun