Protokoll der Sitzung vom 18.10.2012

Auch mit Polen haben wir eine gute Zusammenarbeit. Wir haben mit der Wojewodschaft Niederschlesien 1999 eine Regionalpartnerschaft abgeschlossen, der im Jahr 2008 noch eine zweite mit der ebenfalls angrenzenden Wojewodschaft Lebuser Land folgte.

Mit der Gründung dieser Partnerschaften einher gingen die Entwicklung und die Etablierung sowohl der sächsisch-tschechischen als auch der sächsisch-niederschlesischen und dann der sächsisch-lebuser Arbeitsgruppen, die ihre Arbeit aufnahmen.

Daran wird deutlich, meine Damen und Herren, wie wichtig die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in einem Europa der Regionen mit den Nachbarregionen auch verstanden wird als Zusammenarbeit vieler – nicht nur der Staatskanzlei, nicht nur der Ministerien, nicht einmal nur der Verwaltung, sondern vieler – Akteure, die das europäische Netz der Regionen immer enger flechten, immer mehr verwoben machen; und das, meine Damen und Herren, ist Friedensarbeit.

Die Arbeitsgruppen kommen unter Mitwirkung aller Ressorts der Landesdirektion und der Euroregion jährlich unter Vorsitz der Staatskanzlei und des tschechischen Außenministeriums bzw. der Marschall- oder Wojewodschaftsämter zusammen und verständigen sich weiter über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. – Ich bin Herrn Kollegen Jurk dankbar, dass er das vorhin schon ausgeführt hat, und bin deshalb nicht mehr in der Situation, das noch ausführlich tun zu müssen.

Wir haben, meine Damen und Herren, unzählige und wertvolle Kooperationen und Projekte – Projekte der Landkreise, der Städte und Gemeinden, von Schulen und Hochschulen, Unternehmen, Theatern und Museen. Vereine und Verbände engagieren sich grenzüberschreitend in dieser regionalen Zusammenarbeit. Wenn ich alles aufzählen wollte, würde die Redezeit nicht ausreichen.

Ich glaube, wir können daher mit ganzem Stolz sagen: Mit keinem anderen Staat pflegt der Freistaat Sachsen so gute Beziehungen wie mit der Tschechischen Republik. Mit keiner anderen Region pflegt der Freistaat so gute Beziehungen wie mit Niederschlesien.

All die gerade von mir genannten Akteure hatten noch einen Wunsch, der mit jedem erzielten Erfolg, mit all dem, was in den letzten 22 Jahren hier erwachsen ist,

deutlicher wurde, damit man noch besser, noch nachhaltiger miteinander arbeiten kann: Es war der Wunsch, einen direkten sächsischen Ansprechpartner vor Ort zu haben, der als Multiplikator vertrauensvoll neue Türen öffnen, neue Kontakte schaffen und die bestehenden Projekte vertiefen kann, aber eben in vielen Bereichen als Multitalent funktionsfähig dort sein muss. Kurz: Es bestand der Wunsch nach einem Verbindungsbüro.

Am 16. Mai dieses Jahres wurde das Verbindungsbüro in Breslau durch Herrn Ministerpräsidenten Tillich und den Marschall der Wojewodschaft Jurkowlaniec feierlich eröffnet. Am 18. Juni wurde das Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Prag ebenfalls durch Ministerpräsident Tillich und den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Nečas, feierlich eröffnet. Beide Veranstaltungen fanden unter Beteiligung zahlreicher hoher Gäste aus Politik und Gesellschaft statt. Die Eröffnung der Verbindungsbüros wurde sowohl in den Medien hier als auch in denen der Nachbarländer heftig begrüßt.

Nun zu den Aufgaben. Ziel der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wird es auch in den nächsten Jahren sein, dass wir als Freistaat Sachsen unsere Position in Europa in einem Europa der Regionen stärken. Dabei haben wir aufgrund unserer geografischen Lage und anknüpfend an das, was vorhin schon gesagt wurde – nämlich die Historie des Raumes, in dem wir uns bewegen –, eine besondere Funktion: Wir haben die Funktion, als Tor zu Ost- und Südosteuropa besonders wirksam zu sein, dort unsere besonderen Stärken zu haben. Dazu soll vor allem die noch bessere Vernetzung und gemeinsame Entwicklung des traditionellen gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturraumes Sachsen–Böhmen–Niederschlesien

gestärkt werden.

Um diesem Ziel näherzukommen, wurden ebendiese Verbindungsbüros eröffnet. Sie sollen vor allem den Freistaat als Wirtschaftsstandort, als Reiseziel bekannter machen, aber auch direkt vor Ort die Vielfältigkeit, die der Freistaat Sachsen in allen Bereichen zu bieten hat – in Wissenschaft, in Kultur, im Bildungs- und im Jugendbereich, beim gesellschaftlichen Engagement von Verbänden und Institutionen –, auch repräsentieren. So werden neue Kontakte vermittelt, so können neue Projekte kontinuierlich und direkt vor Ort mit den polnischen und tschechischen Partnern aus den verschiedenen Bereichen der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur und Bildung, aber auch dem zivilen Leben entwickelt und Themen erarbeitet werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zur bisherigen Tätigkeit der Verbindungsbüros berichten. Es sind erst einige wenige Monate, die diese Büros bestehen, aber ich denke, es ist schon Beachtliches geleistet worden. Das am 16. Mai eröffnete Verbindungsbüro des Freistaates in Breslau hat bislang folgende Arbeitsschwerpunkte herausgearbeitet: die grenzüberschreitende Berufsausbildung, den Tourismus, Partnerschaften für Schulen und im Bereich des Sports und der Kultur. Dort macht Andreas

Grapatin eine besonders gute Arbeit; er ist ein geschätzter Gesprächs- und Ansprechpartner.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Sachsen als Kulturreiseziel spielt in Niederschlesien bisher noch eine untergeordnete Rolle; das muss man wissen. Für den 27. November ist der Sächsisch-Niederschlesische Tourismustag geplant; ein weiterer Termin wird im März 2013 mit dem Flughafen Dresden, dem Flughafen Breslau und verschiedenen Tourismuspartnern in Breslau stattfinden. All das wird im Büro von Herrn Grapatin mit vorbereitet und befördert.

Das Verbindungsbüro in Breslau wurde auch von vielen interessierten Personen und Institutionen aufgesucht. Auch für Kommunen und Zivilakteure ist das Büro ein Ansprechpartner, ein Ort, wo man sich eben auch mit Kolleginnen und Kollegen, mit Partnern in Breslau treffen kann. Der Zweite Bürgermeister der Stadt Dresden, Herr Sittel, war beispielsweise zu einem Gespräch über den weiteren Ausbau der Städtepartnerschaft zwischen Dresden und Breslau dort vor Ort. Die Sächsische Akademie der Künste hält ihre Mitgliederversammlung im Verbindungsbüro ab, der Deutsche Börsenverein Leipzig wie auch die Außenstelle des Goethe-Institutes und die Kulturabteilung des Generalkonsulats in Breslau trafen sich zu einem Gespräch über die Vorbereitung einer Ausstellung sächsischer Verlage im Verbindungsbüro – um nur einige Aktivitäten und die Bandbreite dessen zu nennen, was das Verbindungsbüro auch als Raum darstellt.

Großes Interesse, meine Damen und Herren – und darüber sind wir besonders froh –, besteht auch bei der jungen Generation in Breslau, das Verbindungsbüro zu sehen und etwas über den Freistaat Sachsen zu erfahren. Das zeigen die bisherigen Besuche deutschsprachiger Kindergärten, mehrerer Schulklassen der Breslauer Mittelschulen sowie einer Seminargruppe der Germanistikfakultät der Uni Breslau. Wir sind dort etabliert, wir sind dort anerkannt.

Meine Damen und Herren! Das Büro in Prag wurde einen Monat später eröffnet. Ansprechpartner vor Ort sind Frau Rehm und Herr Dr. Michel. Beide konnten bereits über 250 Besucher und Gäste zu verschiedenen Veranstaltungen im Verbindungsbüro begrüßen. Mit den noch geplanten Veranstaltungen bis Ende Oktober werden es bereits über 350 Gäste gewesen sein, die das Büro kennengelernt und dort Kontakt mit uns aufgenommen haben. Sie lernen Sachsen kennen.

Die Palette der Interessenten, das Büro in Prag zu nutzen, ist ebenfalls vielseitig. Auch hier kristallisieren sich Schwerpunkte wie Bildung, Berufsausbildung und Schulpartnerschaften heraus. Erster Nutzer des Veranstaltungsraums war das Sorbische Nationalensemble im Rahmen des Sokol-Treffens am 1. Juli in Prag.

Die erste Veranstaltung nach der feierlichen Eröffnung war – schon am 12. Juli – eine Vernissage des sächsischen Künstlers Christian Lang aus Chemnitz. Die nächste geplante Ausstellung wird von einem Prager gestaltet.

Auch dadurch wird die Verbindung zwischen dem Freistaat Sachsen und Tschechien besonders betont.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die zweite Julihälfte gehörte der Bildung. Eine Bildungskonferenz zur grenzüberschreitenden Berufsausbildung wurde im Verbindungsbüro durchgeführt. Es ging um Ziel-3-Projekte zur grenzüberschreitenden dualen Berufsausbildung. An dieser arbeiten das Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft, die tschechische Berufsschule Sokolov und die TU Chemnitz mit.

Im August hat Kollege Kupfer eine Veranstaltung zu Fragen der Zusammenarbeit im Bereich von Ziel-3Projekten und Kleinprojekten im grenzüberschreitenden Kontext im Verbindungsbüro durchgeführt. Es war uns eine besondere Ehre, dass daran auch der stellvertretende tschechische Minister für Regionalentwicklung, Michael Janeba, teilnahm.

Die Organisatoren der 20. Sitzung der SächsischTschechischen Arbeitsgruppe, das tschechische Außenministerium, haben am 11. September einen Besuch im Verbindungsbüro mit in das Programm aufgenommen. So erhielten die teilnehmenden Partner aus Tschechien und aus Sachsen aus den jeweiligen Ministerien einen Eindruck von der Arbeit und den Möglichkeiten zur Nutzung des Büros.

Aber auch die Uni Leipzig hat dem Verbindungsbüro mit einer Delegation der Rektorin einen Besuch abgestattet; weitere Professoren waren dabei. Sie haben sich dort mit Vertretern der Karls-Universität Prag über die gemeinsame Planung von Veranstaltungen ausgetauscht. Insofern ist Geschichte nicht nur Vergangenheit, sondern auch aktives Tun, das bis in die Zukunft reicht, wenn man an die entsprechenden Verbindungen wieder anknüpft. Das ist unser Ziel mit beiden Büros.

Demnächst ist in Zusammenarbeit mit dem SMK eine Veranstaltung geplant, in der gut funktionierende Schulpartnerschaften weiteren Interessenten vorgestellt werden. So sollen Erfahrungen an andere Schulen vermittelt werden, damit Schulpartnerschaften nicht nur auf dem Papier existieren, sondern wirklich mit Leben erfüllt werden. Der Erfahrungsaustausch ist ein ganz wichtiges Element; man muss das Rad nicht neu erfinden.

Die nächste größere Veranstaltung ist für den 29. Oktober geplant: die Präsentation des Ziel-3-Projektes „SächsischBöhmische Silberstraße“. Auch dafür sind hochkarätige Gäste angemeldet.

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, Sie sehen an diesen Beispielen, wie man allein mit der Präsenz vor Ort mit wenigen Mitteln, einem durchdachten Konzept, einer tatkräftigen Durchsetzung und guten Leuten bereits in kurzer Zeit Mehrwerte schaffen kann. Wir sind mit den Verbindungsbüros – auch das ist gar keine Frage – noch in der Aufwärmphase. Deswegen bin ich den Regierungsfraktionen ausdrücklich dankbar, dass sie mir heute Gelegenheit geben, nach wenigen Wochen eine erste Zwischenbilanz zu ziehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mich hat besonders der allgemeine Konsens in diesem Hohen Haus gefreut. Diesen nehme ich – wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Büros, die heute anwesend sind – beschwingt mit. Wir fühlen uns durch das Haus bestätigt und wollen im Interesse aller die Arbeit für den Freistaat Sachsen weiterführen.

Ich bitte Sie nur um zwei Dinge: Wir sind personell nicht in der Lage, dort die Staatskanzleien zwei und drei aufzubauen. Das habe ich so auch nicht verstanden, Herr Kollege Jurk. Es ist ein kleines Pflänzchen vor Ort, das erst noch wachsen muss. Deswegen bitte ich darum, die Anforderungen und Aufgabenkataloge nicht so zu erweitern, dass selbst gestandene und starke Figuren wie ich darunter zusammenbrechen. Lassen Sie sich das Ganze langsam entwickeln!

Als Zweites darf ich Sie alle darum bitten, die Büros in Prag und Breslau auch selbst aktiv zu unterstützen. Nutzen Sie die Kontakte! Nutzen Sie vor allem auch die Räumlichkeiten vor Ort, wenn Sie Projekte in Tschechien oder Polen haben. Denken Sie an die Büros! Bedienen Sie sich ihrer als Hilfe! Knüpfen Sie dort die Kontakte! Kurz: Helfen Sie durch Ihre Aktionen, durch Ihre Veranstaltungen mit, den Freistaat Sachsen im Nachbarland bekannter zu machen, damit wir Vorurteile abbauen, freundschaftliche Beziehungen knüpfen und dadurch dazu beitragen, das Europa der Regionen zu beleben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Schlusswort hat die CDU-Fraktion. Herr Abg. Schiemann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Dr. Beermann, ich möchte mich ganz herzlich – –

(Zuruf von den LINKEN: Bedanken?)

Selbstverständlich bedanke ich mich bei der Staatsregierung und allen Mitarbeitern, denen es gelungen ist, die Verbindungsbüros in Breslau und in Prag endlich auf die Beine zu stellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist nicht selbstverständlich. Ich weiß nicht, wie schwer der Weg in Breslau war, aber ich weiß, wie schwierig er in Prag war. Deshalb sollte hier nicht nur lamentiert und nach Fehlern in der sprachlichen Qualität gesucht werden. Wir können das beim nächsten Mal sicherlich besser machen; das nehmen wir mit. Aber es gehört doch auch dazu, die Größe der Aufgabe, die erfüllt worden ist, anzuerkennen. Es ist uns als Freistaat Sachsen gelungen, in Prag eine Vertretung zu bekommen. Das ist Ergebnis langjähriger Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Kollege Lichdi, wenn Sie sich nicht mit den sächsischen Themen befassen, dann dürfen Sie sich nicht beschweren, dass Sie nicht mitbekommen, was hier läuft.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Johannes Lichdi, GRÜNE: Ich beschwere mich doch gar nicht!)

Ich glaube, wir haben uns im Rahmen der Haushaltsdebatte 2005 zum ersten Mal intensiv mit der Vertretung des Freistaates Sachsen in Prag befasst.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Schiemann?

(Oh! bei den LINKEN und den GRÜNEN)