Wenn wir an die sächsischen Kinder- und Jugendübernachtungsstätten denken, deren Entwicklung uns in diesem Antrag beschäftigt und den wir diskutieren wollen, dann erinnern Sie sich sicherlich nicht nur an Ihre Erlebnisse im Klassenverband oder in den Ferien, die Sie hier in Sachsen oder in den Nachbarländern erlebt haben. Sie waren nämlich in der Regel in der Nähe. Man lernte also die eigene Heimat in Nah und Fern gut kennen. „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“ – um dies noch einmal mit Goethe zu bekräftigen.
Die Kinder- und Jugendübernachtungsstätten sind mehr als nur Übernachtungsstätten, denn egal, ob Jung oder Alt, welcher Herkunft, welcher Kultur, welcher Weltanschauung, ob als Einzelreisende oder als Familien, in Jugendgruppen, Schulklassen oder Sportvereinen – so breit gefächert sind mittlerweile die Besucher, die unter den Dächern der Jugendübernachtungsstätten zumindest eine Zeit lang ein Zuhause finden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Vielfalt ist uns in Sachsen wichtig, und wir wollen sie auch erhalten. Das geht natürlich nicht ohne finanzielle Unterstützung für ein bedarfsgerechtes kinder-, jugend- und familiengemäßes Angebot in diesen Herbergen in Sachsen. Wir wollen die Erlebnismöglichkeiten durch die Kinder- und Jugendübernachtungsstätten erhalten. Das spiegelt sich ja ganz deutlich im aktuellen Haushalt wider, in dem wir die Investitionsmittel für Modernisierung, Ausbau und Erneuerung deutlich angehoben haben. Auch in unserem Antrag spiegelt sich dies wider.
Die Marke Jugendherberge oder Charme von Doppelstockbetten soll nicht nur, aber ganz besonders natürlich unsere sächsischen Schüler ansprechen, sächsische Geschichte näherbringen, Traditionen entdecken und die Heimat kennenlernen. Dazu wollen wir unsere Schulen animieren. Hier bitten wir die Staatsregierung zu prüfen, ob das weiter intensiviert werden kann. Das war ja auch gerade Thema der Kurzintervention. Dazu ist speziell das SMK angesprochen, wie diese Thematik auch weiter in unsere sächsischen Schulen getragen wird.
Darüber hinaus wollen wir unsere Jugendübernachtungsstätten als Erfahrungs- und Lernort für Urlauber und Unternehmungslustige herausstellen. Wir wollen die Herbergen mit Kultur, Bildung und Sport verknüpfen, denn die verschiedensten Profile, die sich in unseren Jugendherbergen in Sachsen bereits herausgebildet haben und sehr thematisch arbeiten und auch angenommen werden – sei es im sportlichen oder kulturhistorischen Bereich –, zeigen aufgrund der Besucherzahlen große Erfolge. Wir wollen natürlich prüfen, inwieweit eine Kampagne die Schönheit unserer Jugendherbergen noch mehr unterstützen kann, und dies auch im Hinblick auf unsere Nachbarländer Polen und Tschechien.
Da kann ich Ihnen aus Görlitz berichten. Hier ist eine Jugendherberge mittels eines Private-Public-PartnershipModells entstanden, wo man aus der Jugendherberge über die Neiße blicken kann und sich trotzdem im historischen Kern befindet. Das ist eine ganz tolle Sache, gleichzeitig aber auch die ganzen Kieze, die wir vorhin teilweise genannt haben, unter anderem auch in Seifhennersdorf, das vorhin gefehlt hat, die wirklich tolle Angebote machen und in denen tolle Möglichkeiten bestehen. Diese wollen wir besonders unterstützen und auf sie hinweisen. Deshalb bitte ich Sie alle um Unterstützung dieses Antrages.
Vielen Dank, Frau Schütz. – Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Werner. Frau Werner, Sie haben das Wort.
Danke schön. Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Ihrem Antrag sind drei Dinge zu sagen.
Das Erste: Es ist endlich mal ein Koalitionsantrag, der sich mit der Situation der Kinder- und Jugenderholung in Sachsen beschäftigt. Das ist insofern lobenswert, als die Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit im Allgemeinen und die Kinder- und Jugenderholung im Besonderen im Freistaat Sachsen mehr als stiefmütterlich behandelt werden. Dieser Bereich musste bisher bei fast jeder Haushaltskürzung bluten. Die Förderung von pädagogischen Angeboten in der Kinder- und Jugenderholung wurde auf Landesebene auf fast null zurückgefahren. Wohlgemerkt, die Förderung der Angebote für sächsische Kinder und Jugendliche.
Dementsprechend ging die Zahl der Freizeitmaßnahmen für sächsische Kinder und Jugendliche in zwölf Jahren auf 54 % zurück,
die Zahl der sächsischen Teilnehmer an solchen Freizeitmaßnahmen um 42 % und die Zahl der Teilnehmertage, in denen auch die Dauer solcher Ferienfreizeiten berücksichtigt wird, gar auf 24 %, also rund ein Viertel. – Das, Herr Krauß, lässt sich auch nicht mehr mit der demografischen Entwicklung begründen. Es geht einfach bergab auf diesem Gebiet.
Besonders betroffen davon sind die Kinder und Jugendlichen aus einkommensschwächeren Familien, die oft wenig andere bis gar keine Urlaubsmöglichkeiten haben und die steigenden Teilnehmerbeiträge nicht mehr zahlen können.
Dennoch ist Geld in diesen Bereich geflossen, allerdings nicht mehr in die pädagogische Arbeit für Kinder und Jugendliche, sondern in die Kinder- und Jugendübernachtungsstätten, insbesondere in die Kieze.
Das mag zwar auch grundsätzlich nicht falsch sein, doch setzt es aus unserer Sicht am falschen Ende an. So werden zwar kinder- und jugendtouristische Strukturen gefördert – das mag tourismuspolitisch ganz gut sein –, aber für sächsische Kinder und Jugendliche ist es eher ineffizient, weil nur ein kleiner Teil der pädagogisch betreuten Freizeiten in sächsischen Einrichtungen stattfindet – stattdessen zu einem erheblichen Teil in anderen Bundesländern, zum Beispiel an der Ostsee, oder in den benachbarten Ländern Polen und Tschechien.
Andererseits werden die sächsischen Jugendübernachtungsstätten natürlich überwiegend von Personen genutzt, die keine sächsischen Kinder und Jugendlichen sind, also Gästen von außerhalb, und natürlich auch vielen Erwach
senen. Das ist die Schwäche der Herangehensweise bei der Förderung und natürlich auch die Schwäche Ihres Antrags. Hier geht es in erster Linie um Tourismus, nicht um jugendhilfliche Angebote. Das hat Herr Schreiber vorhin auch beschrieben.
Damit sollen nämlich sächsische Klassen auf ihren Schulfahrten stärker in die sächsischen Übernachtungsstätten gelockt werden. Notwendiger wäre es, an den schlechten Rahmenbedingungen für Klassenfahrten an sächsischen Schulen endlich etwas zu ändern. Davon hätten auch die Übernachtungsstätten, vor allem aber die Schülerinnen und Schüler etwas.
Gleichwohl: Gegen einen Bericht zum Prüfauftrag haben wir nichts. Auch wir freuen uns, wenn wir endlich präzise statistische Daten in diesem Bereich bekommen; denn damit tut sich die Staatsregierung immer schwer, wie wir aus den Antworten zu unserer Großen Anfrage zur Kinder- und Jugenderholung wissen.
Wenn ich allerdings in Ihrem Antrag von „Kampagnen zur Aufwertung“ und von einem zu erstellenden Aktionsplan lese, ahne ich, worum es eigentlich geht: um einen Placebo zum Nachweis von Aktivität und wahrscheinlich um die Vorbereitung des nächsten Wahlkampfes.
(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Petra Köpping und Stefan Brangs, SPD, sowie Elke Herrmann, GRÜNE)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es klar zu sagen: Die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag freut sich über jeden Euro, der der Jugendhilfe zusätzlich zur Verfügung gestellt wird.
Die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen ist eine Investition in die Zukunft eines jeden jungen Menschen in unserem Land; und wer ein starkes Sachsen möchte, der braucht starke Menschen, und dafür sind diese Investitionen gut.
Das gilt auch für die Investitionen in Kinder- und Jugendübernachtungsstätten. So wichtig es ist, in Jugendübernachtungsstätten zu investieren, so gibt es doch aus unserer Sicht zwei wesentliche Kritikpunkte, die es anzusprechen gilt.
Erstens, Sie agieren nach dem Motto: Erst das Geld und dann der Plan. Das halten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten natürlich für fragwürdig. Es ist nicht so, dass keine Planungen existieren; doch der in Punkt d zitierte Masterplan stammt aus dem Jahr 2008.
Ich habe hineingeschaut. – Seit dieser Zeit ist nicht nur viel Wasser die Elbe hinuntergeflossen, sondern hat sich auch im Bereich der Kinder- und Jugendübernachtungsstätten eine Menge getan. Einige Träger haben mittlerweile einige ihrer Häuser aus wirtschaftlichen Gründen abgegeben. Zumindest weiß ich das aus meinem eigenen Verband, der wundervollen Naturfreundejugend.
Aus meiner Sicht wäre also eine Aktualisierung des Masterplanes der erste und richtige Schritt gewesen.
Denn erst Investitionsmittel bereitzustellen und dann Bedarfe und Bedeutung der Kinder- und Jugendübernachtungsstätten zu analysieren erscheint fraglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben als SPD-Fraktion den Prozess des Masterplans 2007 und 2008 sehr intensiv begleitet. Eine Fortschreibung halten wir für unstrittig.
Strittig – damit komme ich zum zweiten Kritikpunkt – ist die Frage, wie sich die Förderung der Jugendübernachtungsstätten zu den anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen verhält. Leider werde ich das Gefühl nicht los, dass zusätzliche finanzielle Mittel vor allem dann zur Verfügung gestellt werden, wenn es sich um Investitionen in Beton handelt.
Hintergrund ist sicherlich zum einen, dass man eine solche Förderung schneller wieder abschaffen kann. Dabei wäre es wichtig, klar herauszustellen, dass Kinder- und Jugendübernachtungsstätten ein Teil einer funktionierenden Kinder- und Jugendhilfelandschaft in Sachsen sind und bleiben müssen.
Das heißt, Sie brauchen eine starke Kinder- und Jugendhilfe. Doch Sie setzen gerade in diesem Bereich Ihre Kürzungspolitik aus dem Jahr 2010 auch im aktuellen Doppelhaushalt fort. Nur um Sie daran zu erinnern, Herr Schreiber – ich weiß, Sie hören das so gern –:
Nur wenn die Jugendübernachtungsstätten in eine starke Jugendhilfe-Infrastruktur integriert sind, können sie ihre wichtige Funktion erfüllen – andernfalls drohen sie am Ende nur als einfache Übernachtungsstätten zu enden. Wir brauchen deshalb nicht nur Investitionen in Jugendübernachtungsstätten, sondern auch in qualifizierte Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter. Das ist ein gutes Beispiel für schwarz-gelbe Politik. Sie investieren ausschließlich