Protokoll der Sitzung vom 13.03.2013

Wenn wir also Prävention wollen, dann müssen wir genau das tun, was wir vorschlagen. Wir müssen zusätzliche Kräfte einstellen, die in der Lage sind, sich diesem nicht ganz neuen, aber doch sehr drastischen Problem Crystal zu stellen und die auch die angrenzenden Hilfesysteme für dieses Problem sensibilisieren und den Zugang aus anderen Hilfesystemen zur Suchtberatung bahnen können. Dafür haben wir heute plädiert und ich bitte Sie nochmals recht herzlich, diesen Anträgen zuzustimmen. Ich denke, beide Anträge ergänzen sich. Unserer sagt, wir müssen sofort etwas tun, und der Antrag der LINKEN sagt, wir müssen sehen, wie wir langfristig das Suchthilfesystem so aufstellen, dass wir auf die neuen Herausforderungen, die nicht nur Crystal heißen, sondern auch noch andere, sehr aggressive Drogen beinhalten, wirklich reagieren können.

Ich bitte Sie deshalb, beiden Anträgen zuzustimmen und heute deutlich zu machen, dass wir in Sachsen der Suchtkrankenhilfe und den engagierten Mitarbeitern den Rücken stärken und dass wir uns bewusst sind, dass wir ein großes Problem mit illegalen Drogen haben, und auch auf Landesebene bereit sind, dieses Problem anzugehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der Abg. Dagmar Neukirch, SPD)

Das war das Schlusswort für die Fraktion GRÜNE von Frau Herrmann. Es ist für beide erfolgt. DIE LINKE möchte kein weiteres Schlusswort halten.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle nun die Drucksache 5/10944 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist die Drucksache 5/10944 nicht beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/11169 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist auch die Drucksache 5/11169 bei einigen Stimmenthaltungen und vielen Zustimmungen nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir treten ein in den

Tagesordnungspunkt 10

Bundesweite Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“ –

Sachsen bekennt sich zum Grundsatz: Opferschutz vor

Täterschutz und führt eine Sexualstraftäter-Datei ein

Drucksache 5/11256, Antrag der Fraktion der NPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. In der ersten Runde ist die Rednerreihe: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn

gewünscht. Das Wort ergreift für die einbringende NPDFraktion Herr Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 10. Januar 2013 startete die bundesweite Kampagne „Kein Raum für Missbrauch!“, um eine öffentliche Diskussion zum Thema Kindesmissbrauch anzuregen und die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren. Betroffene, Interessierte und Institutionen können Kontakt zu kompetenten Ansprechpartnern aufnehmen und sie als Anlaufstellen für verschiedene Mitmachaktionen nutzen.

Außerdem wurde mit der Veranstaltungsreihe „Dialog Kindesmissbrauch – Forderungen und Perspektiven“ eine Möglichkeit geschaffen, die Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ in Politik und Gesellschaft zu tragen und den schon 2011 veröffentlichten Konzepten zum Schutz vor Kindesmissbrauch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Das Symbol der Kampagne ist das weiße X, das als Warnsignal dienen und Tätern deutlich zeigen soll: Bis hierhin und nicht weiter! – Die Träger bekennen öffentlich, dass sie sich gegen sexuelle Gewalt und für den Schutz von Kindern engagieren. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Missbrauchs, der Initiator der Kampagne ist, wünscht sich, dass sich das weiße X in der Gesellschaft etabliert und so selbstverständlich getragen wird wie die rote Aids-Schleife.

Die NPD möchte mit ihrem Antrag ihren Teil dazu beitragen und den Freistaat Sachsen und die Kommunen auffordern, aktiv an dieser Kampagne mitzuwirken, den „Dialog Kindesmissbrauch“ nach Sachsen zu holen und möglichst viele Institutionen und Kommunen in die Kampagne einzubeziehen.

Des Weiteren präsentieren wir Ihnen mit unserem Aktionsplan gegen Missbrauch konkrete Vorschläge, wie wir gemeinsam die Situation von betroffenen Kindern und Jugendlichen in Sachsen verbessern können.

Natürlich steht – wie bei allen sicherheitspolitischen Initiativen der NPD – auch in unserem Aktionsplan der Opferschutz im Mittelpunkt und nicht das verständnisvolle Verhätscheln von Straftätern.

(Beifall bei der NPD)

Nicht die Sexualverbrecher, meine Damen und Herren, brauchen unsere Hilfe, sondern die Betroffenen. Jedem potenziellen Täter muss klargemacht werden: Wer sich an unseren Kindern oder Jugendlichen vergreift, hat kein Verständnis von der Gesellschaft zu erwarten. Die konkreten Vorschläge aus unserem Aktionsplan wird Ihnen mein Kollege Storr vorstellen.

Ich möchte die Zeit nutzen, um auf einen weiteren wichtigen Aspekt unseres Antrags einzugehen: unser Konzept für eine Sexualstraftäterdatei in Sachsen – eine Straftäterdatei, die die Datenschutzbedenken durchaus berücksichtigt. Sie werden sich erinnern: Diese Idee ist nicht neu. Niemand Geringeres als der ehemalige Innenminister Albrecht Buttolo – von der CDU – hatte eine ähnliche Initiative in der letzten Legislaturperiode in das Kabinett eingebracht. Herr Buttolo wurde von der damaligen Koalition aus CDU und SPD zurückgepfiffen. Sein

Vorstoß scheiterte an den Datenschutzbedenken in Regierungskreisen. Man hatte Angst, Kinderschänder und Kindermörder fühlten sich in ihren Bürgerrechten beeinträchtigt, nahm Rücksicht auf diese verachtungswürdige Klientel und verzichtete auf die Einführung einer öffentlichen, für alle Bürger einsehbaren Sexualstraftäterdatei. Wieder einmal stellte die etablierte Politik Täterrechte über Opferrechte.

Wir Nationaldemokraten haben den Start der Kampagne „Kein Raum für Missbrauch!“ zum Anlass genommen, die Idee von Herrn Buttolo noch einmal zu überarbeiten. Wir wollen eine Datenbank einrichten, die dafür Sorge trägt, dass sich verurteilte Sexualstraftäter nicht in Einrichtungen, Institutionen oder Vereinen der Kinder- und Jugendarbeit einschleichen können. Außerdem sollen genau diese kinder- und jugendnahen Einrichtungen informiert werden, wenn ein Sexualstraftäter nach einem Wohnortwechsel in ihre Gemeinde zieht. So sollen Straftaten präventiv verhindert werden.

Obwohl wir Nationaldemokraten nach wie vor einen öffentlichen Internetpranger für Sexualstraftäter begrüßen würden, legen wir Ihnen heute einen Vorschlag vor, der Ihre Datenschutzbedenken aufgreift und dennoch unseren Kindern und Jugendlichen wenigstens ein wenig mehr Sicherheit bieten würde.

Wir haben unseren heutigen Antrag ganz bewusst minimalistisch gehalten; denn wir wollen Ihnen Ihre Entscheidung zur Zustimmung heute so leicht wie möglich machen, damit aus diesem Hause endlich – wenigstens ein einziges Mal – ein kleines Signal kommt, dass der Schutz von Opfern wirklich ein Herzensanliegen aller in diesem Hause ist.

Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie zu! Zeigen Sie, dass Sie sich nicht nur um die Rechte von verurteilten Verbrechern sorgen! Stimmen Sie zu, damit die Kampagne „Kein Raum für Missbrauch!“ auch bei uns im Freistaat Sachsen ein Erfolg wird! Lassen Sie uns gemeinsam ein klares, ein unmissverständliches Zeichen gegen Triebtäter, Perverse und andere kranke Subjekte legen!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die CDUFraktion? – Kein Redebedarf. Dann rufe ich jetzt die FDP-Fraktion auf. Herr Biesok, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung soll sich auf Antrag der NPD mit einem besseren Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch befassen – ein unstreitig wichtiges Thema.

Aber schon der Titel gibt Anlass zu einigen Bemerkungen:

Zunächst einmal kann man deutlich erkennen, dass das NPD-Verbotsverfahren bereits einige Spuren hinterlassen hat. Es wird nicht mehr, wie bei Neonazis sonst üblich,

„Todesstrafe für Kinderschänder!“ gefordert. Zu groß wäre die Gefahr, im Parlament einen Verstoß gegen die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes zu Protokoll zu geben. Das bedeutet aber nicht, dass genau diese Forderung nicht weiterhin zum Kernbestand Ihrer rechten Gesinnung gehört.

Jetzt wird ein Bekenntnis zu dem Grundsatz „Opferschutz vor Täterschutz!“ gefordert. Dieses Wortspiel geht an dem Kernproblem vorbei. Keine demokratische Fraktion in diesem Hause oder die Staatsregierung hat Interesse daran, den Täter zu schützen. Die Opfer verdienen unseren Schutz.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Im Gegensatz zur NPD erkennen wir die Grundprinzipien des Rechtsstaates jedoch an. Dazu gehört eine Unschuldsvermutung. Wenn der Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht, muss zunächst einmal der Sachverhalt aufgeklärt werden; es muss ein rechtsstaatliches Verfahren durchgeführt werden. Den Grundsatz „Schuldig bei Verdacht“ teilen wir nicht.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Es geht um verurteilte Straftäter, Herr Biesok!)

Dieser Grundsatz schwingt in Ihren Debattenbeiträgen häufig unterschwellig mit.

Für uns gehört aber ebenso eine konsequente Strafverfolgung dazu. Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren bedroht. Die Freiheitsstrafe darf nicht unter fünf Jahren liegen, wenn das Kind körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht wird. Diese Strafandrohung ist ein klares gesellschaftliches Bekenntnis zum Unwertgehalt dieser Taten.

Wir brauchen keine NPD, um ein neues politisches Bekenntnis gegen Missbrauch abzugeben. Wir brauchen keine NPD, um diesem Problem entgegenzutreten. Wir brauchen erst recht keine NPD, um uns zum Kampf gegen Missbrauch zu bekennen.

Ich verwahre mich auch gegen die von Ihnen mal eben so hingeworfene Behauptung, es würden nur Sonntagsreden gehalten. Allein die Schwere des Themas verbietet solche Ausdrücke.

Das Gegenteil ist richtig. Der Freistaat Sachsen ergreift eine Vielzahl von Maßnahmen, um dem Problem des Missbrauchs entgegenzutreten. Im Rahmen des Sächsischen Handlungskonzeptes für präventiven Kinderschutz findet sich die Forderung Ihres Antrags wieder. Hierfür wurden die Sächsischen Netzwerke für Kinderschutz und Frühe Hilfe etabliert. Im Landesfachausschuss für präventiven Kinderschutz übernimmt der Freistaat die Verantwortung, die Weiterentwicklung der Netzwerkarbeit zusammen mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten voranzutreiben.

In den Netzwerken arbeiten Krankenhäuser, Krankenkassen, Sozial- und Jugendämter, Schulen und Vereine zusammen. Im Schulterschluss versuchen bürgerschaftli

che und staatliche Institutionen, dem Problem des Missbrauchs zu begegnen. Sie tun es hauptamtlich, ehrenamtlich, verantwortungsbewusst und seit vielen Jahren.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales arbeitet in diesem Zusammenhang an den rechtlichen Rahmenbedingungen zur Prävention und zum Umgang mit sexueller Gewalt in pädagogischen Einrichtungen.

Seit 2009 ergänzen spezielle Konzepte und Fortbildungen den Stundenplan von Ärztegruppen – im Besonderen von Hausärzten und Fachärzten – bei ihrer Fortbildung. Sie dienen der Früherkennung sexuellen Missbrauchs.

Die Öffentlichkeitsarbeit ist eine wichtige Aufgabe der Netzwerke. Mit Pressearbeit, Plakaten und Infobriefen wird versucht, eine Sensibilisierung zu erzielen. Die einzelnen Netzwerke publizieren Ratgeber und unterbreiten im Internet entsprechende Informationsangebote.

Im aktuellen Doppelhaushalt haben wir dieser besonderen Problematik Rechnung getragen. So wurden allein die Mittel für den präventiven Kinderschutz um 400 000 Euro erhöht. 2013 fließen 1,8 Millionen Euro in den Kinderschutz; 2014 werden es knapp 2,2 Millionen Euro sein.