Vielen Dank, Herr Brangs. Nun für die CDU-Fraktion, meine sehr verehrten Damen und Herren, der schon oft genannte Herr Pohle. Herr Abg. Pohle, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In wenigen Monaten jährt sich bekanntlich zum 200. Mal die Völkerschlacht bei Leipzig. In diesem Zusammenhang stieß ich auf ein Zitat Napoleon Bonapartes: „Es gibt Diebe, die nicht bestraft werden und dem Menschen doch das Kostbarste stehlen – die Zeit.“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Vor gut zwei Monaten, als wir in diesem Hause das neue Sächsische Vergabegesetz beschlossen, versprachen Sie, das Vergaberecht zum Wahlkampfthema zu machen.
Das geht in Ordnung und ich freue mich schon sehr darauf. Nur, jetzt ist meines Wissens kein Wahlkampf in Sachsen und der Plenarsaal ist nicht der geeignete Ort für Demonstrationen.
Mit dem erneuten Einbringen Ihrer Gesetzentwürfe zwingen Sie uns lediglich, längst Gesagtes zu wiederholen. Durch ständige Wiederholungen werden unbrauchbare Gesetzentwürfe nicht brauchbarer. Auf die technischen Fehler Ihrer Gesetzentwürfe möchte ich mit Blick auf die Uhr nicht weiter eingehen. Sie wurden in der Anhörung am 9. Oktober letzten Jahres weitgehend thematisiert. Erinnert sei nur an die Benennung der Nachunternehmer im Entwurf der GRÜNEN, in § 5 im Entwurf der LINKEN und der SPD in § 11. Hier hat der Bundesgerichtshof ein eindeutig gegenläufiges Urteil gesprochen, das bei Ihnen leider keine Berücksichtigung fand. Um solche handwerklichen Details geht es Ihnen bekanntlich auch nicht, Sie streben nach dem Großen, dem Ganzen. Sie versuchen mit Ihren Gesetzentwürfen Ihren jeweils unterschiedlichen allgemeinen politischen Zielen Gehör zu verschaffen. Die Vergabe öffentlicher Aufträge dient dabei lediglich als Vehikel.
Das zeigt schon die Gliederung Ihrer Gesetzentwürfe. Im Entwurf der LINKEN und der SPD folgt der etwas umständlichen Einführung und Definition des Anwendungsbereiches schon in § 5, bevor man sich überhaupt der Mühe unterzieht, sich mit dem Kern der Auftragsvergabe zu beschäftigen, die Forderung nach Mindestlöhnen. Meine Damen und Herren, Sie zwingen mich auch da leider zu Wiederholungen. Die faire Bezahlung der Beschäftigten ist ein durchaus relevantes gesellschaftliches Thema. Es ist vielschichtig und einer verantwortungsvollen Diskussion und Lösung wert. Das falsche Mittel dafür ist und bleibt die Hintertür eines Landesvergabegesetzes.
Erstens würden dadurch in Deutschland schlimmstenfalls 16 verschiedene Standards zur fairen Bezahlung gelten, frei nach der jeweiligen Farblehre in den Landtagen, und zweitens – was ich für viel schwerwiegender halte – ist zu fragen, wo die Beschäftigten all jener Branchen und Unternehmen bleiben, die nicht auf Aufträge der Kommunen und Länder bieten. Dass gerade im Bauhauptgewerbe und sehr vielen Branchen des Handwerks heute längst höhere Tariflöhne gelten als die von Ihnen eingeforderten Mindestlöhne, wurde oft genug erwähnt. Dass die schlecht bezahlten Friseure, Verkäuferinnen oder Schneiderinnen, der Auslieferungsfahrer oder der Kellner davon absolut nichts hätten, ist Ihnen bekannt, aber es interessiert Sie offensichtlich nicht. Ebenso wenig wie Sie die Kosten interessieren, die Ihre überbordende Regelungswut den Unternehmen, vor allem den bei uns in Sachsen vorherrschenden kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch den kommunalen und den staatlichen Auftraggebern verursacht. Aber was soll‘s, über Geld
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN und der SPD! In dieser Hinsicht bleiben Sie weit hinter den Vorstellungen der Lichtgestalten der GRÜNENFraktion. Ich möchte auch ein wenig auf deren Entwurf eingehen. Ich bezweifle, dass die Autoren dieses Entwurfes verstanden haben, was sie an Prüfungen hinsichtlich der Ökologie, der Sozialstandards und des fairen Handels alles fordern, um einen öffentlichen Auftrag zu erlangen – was ich persönlich in Zweifel ziehe, denn weder ein Handwerksmeister noch ein durchschnittlich qualifizierter Mitarbeiter einer sächsischen Vergabestelle sind in der Lage, dieses zu verstehen, geschweige denn, die daraus resultierenden Kontrollpflichten zu erfüllen. Das würde auch prophetische Gaben erfordern.
Ich erlaube mir, Sie in diesem Zusammenhang an den Prüfbericht des Sächsischen Landesrechnungshofes vom vergangenen Jahr zu erinnern. Die Rechnungsprüfer mussten konstatieren, dass zahlreiche Vergabestellen in kleineren und mittleren Gemeinden schon mit dem geltenden, vergleichsweise einfachen Vergaberecht heillos überfordert waren.
Liebe Kollegen der Opposition, nutzen Sie Ihre Zeit und Ihren politischen Einfluss lieber dazu, die Kommunen zu ermuntern, ihre Mitarbeiter in diesem Bereich ausreichend qualifizieren zu lassen, um ein einfaches und klares Vergaberecht wie das unsere zum Wohle aller im Lande mit Leben zu erfüllen. Sehr geehrte Damen und Herren, der größte Feind des Guten ist bekanntlich das gut Gemeinte. Die Kollegen der Opposition übertreffen sich darin, auf die vermeintlich so genialen Vergabegesetze anderer Bundesländer zu verweisen. Was sie dabei vergessen, ist, näher auf die Erfahrungen mit diesen Gesetzen und deren Auswirkungen einzugehen. Das gefeierte Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalens aus dem Jahre 2012 wird gegenwärtig in Gerichtsverfahren regelrecht zerfetzt, genauso wie es Experten vor der Verabschiedung prognostizierten.
Ich arbeite zwar in einem anderen Bundesland, aber auch hier gibt es ein Tariftreuegesetz. Was mich dabei bedenklich stimmt, ist die praxisfremde Denkweise dieser Verordnungen. Fordern Sie mal eine Tariftreueerklärung bei den großen IT-Firmen IBM oder Oracle an. Sie werden keine bekommen. Denn es ist einfach zu sagen, es wird kein Auftrag vergeben. In vielen Verwaltungen sind die großen Verfahren, wie zum Beispiel beim Finanzwesen, fest installiert und es bestehen Abhängigkeiten über den Support und die Pflege der eingesetzten Produkte. Von der Wirtschaftlichkeit eines angedachten Wechsels, der dann die ganze Verwaltung betrifft, mal ganz abgesehen, haben Sie keine Chance, die Leistung wegen einer nicht abgegebenen Tariftreueerklärung nicht abzunehmen. Unterstützung auf Bundes- und Landesebene bekommen Sie für diesen Sachverhalt auch nicht.
Sie können es nicht darauf ankommen lassen, eine notwendige Leistung nicht abzunehmen, und tappen damit in die Falle, das Tariftreuegesetz nicht anzuwenden. Das schreibt ein offensichtlich ratloser Mitarbeiter einer Vergabestelle in Rheinland-Pfalz. Unter der Überschrift „Beschaffer überfordert“ seien nach der Auffassung des Fair-trade-Bündnisses Beschaffer ohne gezielte Schulungen mit den neuen Kriterien regelmäßig überfordert, zumal die Vergabestellen personell kaum in der Lage seien, zusätzliche Aufgaben zu bewältigen.
Die Berliner Senatsverwaltung leistet auch nur unzureichende Hilfe. In einem Rundschreiben zu den ILOKernarbeitsnormen seien vereinzelte Rechercheempfehlungen bereits veraltet gewesen. Das ist die Nachrichtenlage aus Berlin. Dort mussten selbst die heißesten Befürworter die Unausführbarkeit des dortigen Gesetzes einräumen.
Das niedersächsische Vergabegesetz hatte der Europäische Gerichtshof bereits im Jahr 2008 mit dem sogenannten Rüffert-Urteil gekippt. Die Reihe von Pleiten, Pech und Pannen ließe sich endlos fortsetzen. Ich möchte Ihnen und mir das ersparen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Gesetze haben nur dann einen Sinn, wenn sie verständlich, ausführbar und kontrollierbar sind. Ich bin sehr froh darüber, dass im Sächsischen Vergabegesetz komplett auf die Berücksichtigung vergabefremder Aspekte verzichtet werden soll. Die Diskussionen zu diesem Themenkomplex sind allgegenwärtig. Ich vertrete die Auffassung, dass sie im Vergaberecht nichts zu suchen haben.
Sachsen hat es bei dieser Gelegenheit übrigens geschafft, das sächsische Vergaberecht tatsächlich zu verschlanken: weniger Paragrafen und Regelungen. Mir gefällt es. Es ist endlich ein Vergabegesetz, das diesen Namen verdient.
Einer Rückbesinnung auf vergaberechtliche Kategorien wie Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Transparenz ist vollumfänglich zuzustimmen. Politische Ziele, so richtig und wichtig diese auch sein mögen, sind letztendlich vergabefremd und gehören nicht in das Vergaberecht.
Ein besonderes Lob gilt dem Gesetzgeber für die Regelungen zur Transparenz und Nachprüfbarkeit von Vergaben im Unterschwellenbereich. Fraglich ist nur, ob ausreichend qualifiziertes Personal zur Nachprüfung zur Verfügung steht.
Sachsen ist zu beneiden. In Nordrhein-Westfalen haben die Vergabestellen und die Bieter mit dem Weltverbesserungsbürokratiemonster TVGG NRW zu kämpfen, auf das durch eine RVO TVGG noch mehr Unsinn darauf gesattelt werden soll. Das sind keine Elogen der Pressestelle der sächsischen CDU-Landtagsfraktion. Das sind Beiträge von Vergabepraktikerinnen und Vergabepraktiker im Vergabeblog, dem Fachforum der Vergabeexperten und -praktikern im Internet. Der letzte Beitrag stammte übrigens von einem Mitarbeiter der Vergabestelle Essen
im viel gepriesenen Nordrhein-Westfalen. Ihm schließe ich mich aus vollem Herzen an. Felix Saxoniae: Glückliches Sachsen!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ein sehr gutes Vergabegesetz. Ich bitte Sie, die vorliegenden Entwürfe abzulehnen. Noch einmal möchte ich Folgendes sagen: Ich freue mich auf den Wahlkampf. Wenn Sie unser Vergaberecht nicht zum Thema machen, machen wir es vielleicht. Mit Erfolgen lassen sich Wahlen gewinnen. Erfolg macht sexy.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich wundert Folgendes: Warum kommen Sie erst jetzt mit Ihren Entwürfen? Wir saßen im letzten Jahr in der Anhörung gemeinsam beisammen. Alle Entwürfe wurden gleichzeitig angehört. Daraufhin folgte von Ihnen ein langes Schweigen. Im Dezember haben wir unseren Entwurf noch einmal in der geänderten Fassung vorgestellt. Erst im Januar wurde er verabschiedet. Von Ihnen war zu diesem Zeitpunkt immer noch nichts zu hören.
Ich möchte auf Ihre verschobene Wahrnehmung eingehen. Ist Ihnen klar, dass der Ausschuss eine Anhörung beantragt hat und es von Ihnen noch keinen Titel zu einem möglichen Gesetz gab? Der Gesetzesvorschlag von SPD und LINKE war bereits eingereicht. Ohne Bekanntgabe eines Gesetzestitels – geschweige eines Datums, wann das Gesetz vorliegen soll – wurden die Anhörungstermine beschlossen. Den Fachleuten, die zur Anhörung eingeladen wurden, wurde keine drei Wochen vor der Anhörung der Text vorgelegt. Können wir festhalten, dass unsere Regelungen wesentlich zeitiger als Ihre im Umlauf waren?
Herr Kind, das können wir nicht. Sie haben unrecht. Ihr Entwurf war vorher da und zur Terminierung bekannt. Meine Kollegen, wir waren aber selbstverständlich schon so weit, dass wir eine Reinschrift vorzuliegen hatten.
Das zeigte sich auch daran, dass wir rechtzeitig zur Anhörung unseren Entwurf fertigstellten. Selbstverständ
Meine Frage lautete wie folgt: Warum haben Sie nach der Sachverständigenanhörung so viel Zeit benötigt, um das, was Sie nun zusammengeschrieben und wenig verändert haben, tatsächlich vorzulegen? Was hat Sie die vielen Monate aufgehalten? Ich kann es nur vermuten. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie erkannt haben, dass alle wichtigen Regelungen in unserem Gesetz enthalten sind und es keinen vernünftigen Grund gibt, warum Sie Ihren Antrag noch weiter verfolgen sollten.
Herr Kind, Sie sprachen in Ihrer Rede von Bürokratieabbau, den Sie angehen möchten. Es soll für die kleinen Handwerker unbürokratischer sein. Wenn ich Ihre Paragrafen sowie die Regelungen in der Verordnungsermächtigung richtig durchgezählt habe, komme ich auf ungefähr 50 Paragrafen, die der einfache Handwerker oder Verwaltungsangestellte kennen muss. Bei uns sind es acht Paragrafen. Das kann man sich merken. 50 ist einfach unrealistisch.
Seit dem 14. März ist das neue und richtige Vergabegesetz in Kraft. Es wurde ausführlich debattiert und mit großer Zustimmung der Kammern und Verbände verabschiedet. Ihr Entwurf enthält keine wesentlichen und sachlichen Änderungen. Ich sehe nur populistische und nicht umsetzbare politische Träumereien. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele dafür geben. Sie reiten immer auf dem Mindestlohn herum. Sie wissen selbst – das wurde bereits angesprochen –, dass im Bauhauptgewerbe bereits 10,25 Euro und im Dachdeckergewerbe 11,00 Euro als Mindestlohn Standard sind. Mit 8,50 Euro, die Sie anführen, können Sie keinen hinter dem Ofen vorlocken.
Eine Tariftreueerklärung, bei der wir im Bauhandwerk bei 15,00 Euro lägen, verbindlich in das Gesetz aufzunehmen, obwohl der Tarif eine freiwillige Sache ist, widerspricht der Verfassung. So kleinlich sind Sie aber nicht.
Wie ernst Sie, die drei Antragsteller, den Mindestlohn nehmen, kann ich Ihnen an einem Beispiel festmachen: Stadtrat Bautzen bei einer Sitzung im März. Dort gab es eine Vorlage der Stadtverwaltung für die Bezahlung von Volontären. Es wurde ein Einstiegslohn in Höhe von 7,50 Euro vorgeschlagen. Die Vertreter Ihrer Parteien haben dem selbstverständlich zugestimmt. Es gab keinen Widerspruch. Die einzige Fraktion, die dieser Bezahlung nicht zugestimmt hat, war die FDP. Das geschah aus einem bestimmten Grund: Wir sind der Meinung, dass uns diese Arbeit mehr als 7,50 Euro wert ist. Wir können das bezahlen.