Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Für die SPD ist klar, Wohnen ist ein soziales Gut. Der Umgang mit Wohnen und Mieten ist daher eine politische Frage, die wir nicht alleine dem Markt überlassen dürfen. Deswegen werden wir dem Antrag der GRÜNEN und auch dem Änderungsantrag der LINKEN natürlich zustimmen. Allerdings greift der Antrag der GRÜNEN nur einzelne Aspekte heraus, und zwar den, der gemäß dem novellierten Mietrechtsänderungsgesetzes von den Län

dern entschieden werden kann. Problem dabei ist, dass das Mietrechtsänderungsgesetz generell fragwürdig und kritisch zu beurteilen ist. Der Mieterbund beurteilt das Gesetz als inakzeptabel. Außerdem sollten die Kappungsgrenzen bundesweit generell einheitlich geregelt werden. Hinzu kommt, die Regelung gilt nur für Bestandsmieten. Bei Neuvermietung gibt es keine Beschränkung beim Anheben der Mieten.

Generell muss es uns darum gehen, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten bzw. neu zu schaffen und die Mieterrechte zu stärken. Dazu gehören unter anderem Preisobergrenzen für Neuvermietungen höchstens 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Auch zum Bestellerprinzip beim Maklerrecht hat die SPD-Fraktion einen Antrag gestellt. Trotz des Versprechens von Staatsminister Ulbig wird bezahlbarer Wohnraum in Sachsen knapp. Auf die Situation in Dresden ist bereits mehrfach eingegangen worden: maklerrelevanter Leerstand bei unter 5 %. In Dresden herrscht bereits Wohnraummangel. Natürlich ist das immer quartiersmäßig zu betrachten. Ziel der Stadt sind 10 % maklerrelevanter Leerstand. Erst dann kann der Wohnungsmarkt davon sprechen, dass Angebot und Nachfrage mit preismindernden Effekten eintreten kann.

Auch die Situation in Leipzig ist angesprochen worden. Die Leerstandsquote nimmt dort rapide ab. Leipzig ist immer als das Beispiel hervorgehoben worden, wo es noch den meisten Wohnungsleerstand gibt. Pro Zuzüge nach Leipzig und im Jahr 2012 waren das rund 10 000 Einwohner; im Jahr 2000 gab es noch einen Leerstand von 69 000 Einwohnern. Dann setzte der Trend ein, dass die Menschen aufs Land gezogen sind, sodass wir 2012 34 000 leere Wohnungen hatten. Im Jahr 2013 sinkt das bereits auf 20 000 leere Wohnungen. Folge ist, dass die Mieten steigen – auch das hat meine Kollegin Kallenbach bereits ausgeführt –, in den letzten zehn Jahren um 10 %.

Wir reden hier immer von der Kappungsgrenze von 15 %. Auch das wurde bereits erwähnt. Es geht immer um durchschnittliche Werte, 11 % Steigerungsrate in Dresden. Hier geht es aber um die Spitzen, wo wir sagen, diese müssen gekappt werden. Es geht nicht um die generelle Frage. Der Wohnungsmangel in Leipzig ist also nur noch eine Frage der Zeit. Man kann das ausrechnen. In zwei Jahren, wenn also der Zuzug nach Leipzig jeweils um 10 000 Einwohner steigt, haben wir bereits akuten Wohnungsmangel in Leipzig. Das müssen wir bekämpfen. Das wird ein Problem. Wir dürfen nicht zusehen, bis es so weit ist. Deswegen hat der Oberbürgermeister von Leipzig bereits gesagt, dass es einen sozialen Wohnungsbau geben muss.

Bundesweit gibt es infolge der Föderalismusreform jährlich 518 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung. Dieses Geld wird an die Bundesländer ausgereicht und von diesen verteilt. Soviel ich weiß, gibt es in Sachsen ein solches Programm nicht. Dies ist aber sicher notwendig, um bezahlbaren Wohnraum auch in Zukunft zu sichern. Deswegen, Herr Minister Ulbig, müssen wir

jetzt handeln, wenn Sie wirklich zu Ihrem Versprechen stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Auf Frau Köpping von der SPD-Fraktion folgt jetzt für die FDP-Fraktion Herr Kollege Hauschild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kallenbach, Sie sagten in Ihrem Redebeitrag, dass Sie Anzeichen sehen, dass in bestimmten Stadtteilen die Mieten dramatisch ansteigen – von 5,50 Euro auf sogar 6 Euro. Sind das die Anzeichen für entfesselte Märkte? Ist das schon unbezahlbar? Ich denke, wir sollten ein bisschen mehr Realität und Sachlichkeit an den Tag legen.

(Enrico Stange, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wenn die Kaltmieten von 4,50 Euro tatsächlich um 10 % steigen, weil man zum Beispiel etwas gemacht hat, renoviert oder saniert hat, wenn man vielleicht moderne Heizungssysteme eingebaut hat, wenn man andere Dinge gemacht hat, die nicht durch die direkte Sanierungskostenumlegung in dem normalen Bereich abgebildet sind, dann hat man sogar noch bei den Nebenkosten Einsparungen, die sich bei der Kaltmiete nicht ignorieren lassen. Dann hat auch der Mieter etwas davon. Das ist in diesen statistischen Werten alles mit drin.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Stange.

Danke, Kollege Hauschild. Würden Sie mir recht geben in der Aussage, dass die Höhe der Nettokaltmiete je Quadratmeter in der Bewertung, ob es zu viel ist, in Abhängigkeit vom Einkommen betrachtet werden muss?

Wenn man etwas relativ sehen möchte, muss man natürlich eine Abhängigkeit haben. Es wurde das Beispiel gebracht, dass in Dresden 5,50 bzw. 6 Euro schon dramatisch hoch sind, wo wir doch in Dresden Durchschnittseinkommen haben, die diese 6 Euro durchaus als tragbaren Mietpreis sehen. Insofern haben Sie völlig recht, dass das Einkommen eine Relation zum Mietpreis hat. Gerade deswegen sind 5,50 Euro und 6 Euro für eine ordentliche Wohnung keinesfalls zu viel.

(Beifall bei der FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN hat mal wieder einen Blick nach Berlin geworfen und versucht einmal mehr, bundespolitische Themen auf die Ebene des Freistaates zu übertragen.

(Gisela Kallenbach, GRÜNE: Was?)

Ein beliebtes Feld dafür – da brauchen Sie gar nicht so verwundert sein, Frau Kallenbach, das ist üblich bei Ihnen – ist in letzter Zeit der Bereich des Mietrechts. Die vereinigte links-grüne Opposition versucht sich bei der Frage gegenseitig zu überbieten, wer die vermeintlich mieterfreundlichsten Vorschläge hat und damit das vermeintlich sozialste Profil. Leider haben Sie aber bei dem Thementransfer in den Sächsischen Landtag bei der Materie Kappungsgrenze mal wieder übersehen, dass die Gegebenheiten in Sachsen ganz andere sind als in manchem westdeutschen Ballungsraum. Von Zuständen wie in Hamburg, Frankfurt oder München sind wir hier ganz weit entfernt.

(Beifall bei der FDP – Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Wollen wir es dazu kommen lassen?)

Ja, es wäre schön, wenn wir so viel Arbeitsplätze und so viel Wertschöpfung hätten wie in Hamburg, Frankfurt und München – wenn das Ihre Frage wäre. Ansonsten können Sie gern eine Zwischenfrage stellen.

In der Stellungnahme des Innenministeriums können Sie nachlesen, dass sogar in der besonders nachgefragten Landeshauptstadt Dresden der Mietenanstieg in den Jahren 2006 bis 2010 durchschnittlich nur 11,2 % betrug, also sogar hier unter der möglichen Kappungsgrenze von 15 % liegt. Der Bundesgesetzgeber fordert aber als Voraussetzung für die von Ihnen geforderte Landesregelung, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen – da kommen wir wieder dazu – in einer Gemeinde oder einem Gemeindeteil besonders gefährdet ist. Genau das liegt nicht vor und ist auch nicht zu erwarten. Diese Voraussetzungen, die Sie zwar angesprochen haben, ignorieren Sie in Ihrem Antrag aber komplett.

Im Gegenteil, in Ihrer Antragsbegründung sprechen Sie sogar von einem Problem in den sächsischen Mittelstädten. Soso. Leider nennen Sie uns in Ihrem Antrag keine betroffene Kommune. Die Realität vor Ort sieht doch immer noch ganz anders aus. Viele Vermieter in den kleineren Kommunen und den Mittelstädten wären heilfroh, wenn sie ihre Wohnungen für 4,50 Euro bis 5 Euro vermieten könnten. Sie verkennen die Realität in Sachsen. Schön und gut. Das ist nicht überraschend. Viel schlimmer ist, dass Ihr Antrag in eine völlig falsche Richtung geht. Was erreichen Sie denn mit dieser niedrigen Kappungsgrenze? Ich sage es Ihnen: Sie treffen hauptsächlich die privaten Vermieter, diejenigen, die nach Zwangsversteigerung und anderen Wohnungskäufen

Verantwortung übernommen haben und der Mietpreis vorher schon günstig angesetzt war. Da kommen wir nämlich dazu, wenn von 4 Euro bis 4,50 Euro 10 % erhöht werden, weil man etwas reinsteckt, renoviert, saniert, dann sind das zwar prozentual hohe Summen, aber es ist in der Summe nicht wirklich viel.

(Enrico Stange, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Diese Vermieter bestrafen Sie mit Ihrer Politik noch dafür, dass sie diese Wohnungen übernommen haben und etwas dran machen. Die großen Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften vermieten sowieso bereits zu reellen Marktpreisen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Ja, gern.

Herr Kollege Hauschild, Sie sprachen von zehnprozentiger Mietsteigerung. Würden Sie mir zumindest recht geben, dass 10 % weniger als 15 % sind?

Mathematisch sind wir da sogar auf einer Linie.

Vielen Dank.

Allerdings rede ich von der einmaligen Steigerung von 10 % und nicht von drei Jahren. Aber so weit wollen wir uns jetzt nicht darauf einlassen.

Gerade privaten Vermietern nehmen Sie bei Ihren Plänen jeglichen Anreiz, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen oder zu übernehmen.

(Beifall des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU)

So erreichen Sie genau das Gegenteil von Ihrem angeblichen Ziel. Sie rufen ein Wohnungsproblem erst mit hervor. Das ist alles, aber eines gewiss nicht – soziale Politik. Deswegen können wir Ihren Antrag nur ablehnen.

(Beifall bei der FDP – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Das war Kollege Hauschild für die FDP-Fraktion. Die NPD-Fraktion? – Oh, Entschuldigung, bevor wir zum nächsten Redner kommen, sehe ich jetzt am Mikrofon 2 Herrn Gerstenberg mit einer Kurzintervention.

Danke. Herr Kollege Hauschild, und es betrifft ebenso Kollegen Otto und die Antwort des Staatsministers. Ich glaube, wenn wir hier im Sächsischen Landtag mit einer solch wichtigen sozialpolitischen Diskussion ernst genommen werden wollen, dann müssen wir differenzieren und dürfen nicht mit Durchschnitten und Unkenntnis glänzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Sie haben zum Teil die Modernisierungsumlage hier mit hineingebracht. Das ist eine ganz andere Diskussion, wenn eine Wohnung modernisiert wird. Uns geht es darum zu differenzieren, weil die Lage im Freistaat Sachsen zutiefst differenziert ist.

Sie kennen die Situation in Dresden vielleicht etwas schlechter als ich. Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Bereits

im Jahr 2010 gab es einen Mangel an Wohnungen, beginnend mit Dreiraumwohnungen. Noch stärker war der Mangel bei größeren Wohnungen. Der Grund dafür ist, dass in dieser Landeshauptstadt glücklicherweise ein starker Zuzug von jungen Leuten und ein starker Geburtenüberschuss zu verzeichnen sind. Diese jungen Familien suchten bereits im Jahr 2010 und danach immer stärker nach Wohnraum. Sie sind auf eine extreme Wohnsituation gestoßen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Infolgedessen sind die Mieten angestiegen. Herr Staatsminister, deswegen hilft uns ihr Wert nicht weiter. Ich habe Sie einst als Oberbürgermeister in Pirna geachtet. Ein Wert aus den Jahren 2006 bis 2010 hilft uns aber keinen Schritt weiter, um die Situation des Jahres 2013 zu beschreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nehmen Sie dieses Instrument. Schauen Sie in die Gemeinde Dresden und in die Gemeindeteile. Sie werden die Anforderungen, die der Bundesgesetzgeber aufgestellt hat, als erfüllt ansehen. Nutzen Sie dieses Instrument! Lassen Sie es nicht dazu kommen, dass in Dresden eine Situation wie in München oder Berlin eintritt!