Kommen wir zum Bericht des Datenschutzbeauftragten. Ausgangspunkt war die Kontrolle der Vernichtung von Unterlagen im Bereich Rechtsextremismus vom
4. November 2011 bis zum 19. Juli 2012. Nach dem 19. Juli 2012 wurden im Landesamt für Verfassungsschutz aufgrund eines Moratoriums keine Unterlagen mehr vernichtet.
Um einen Überblick über die Praxis der Löschung von Unterlagen sowie der Aktenführung des LfV zu Vergleichszwecken zu erhalten, bezog der Datenschutzbeauftragte im Bereich Rechtsextremismus die Zeit zwischen dem 1. Februar 2011 und dem 3. November 2011 zu Vergleichszwecken in seine Kontrollen ein. Nach seinen akribischen Recherchen stellt der Datenschutzbeauftragte fest – ich zitiere –: „Um den 4. Mai 2011, insbesondere kurz danach, waren bei den vom LfV vorgelegten Vernichtungszahlen keine auffälligen Veränderungen, insbesondere Häufungen erkennbar. Ein Unterschied in der Löschungspraxis im Referat Rechtsextremismus nach dem 4. November 2011 im Vergleich zu denjenigen in einem ähnlich langen Zeitraum vor dem
Mit der Vernichtung von Aktenteilen hat das Landesamt für Verfassungsschutz nicht gegen § 7 Abs. 4 Satz 4 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes verstoßen. Das LfV ist nicht verpflichtet, Aktenteile so lange aufzubewahren, bis die gesamte Akte zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt wird. Die Vorschrift kann vielmehr dahin
Um zukünftig Unklarheiten bei der Auslegung des Verfassungsschutzgesetzes § 7 im Hinblick auf die Zulässigkeit der Vernichtung von Aktenteilen zu beseitigen, schlägt der Datenschutzbeauftragte eine Änderung desselben vor. Außerdem sollten die anzufertigenden Löschungsprotokolle aussagekräftiger gestaltet werden. Geprüft werden sollten die vollständige digitale Aktenführung im LfV und die Durchführung häufigerer behördeninterner Datenschutzkontrollen.
Seitens des Innenministers wurde die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, die Vorschläge des Datenschutzbeauftragten zur Verbesserung der Aktenführung im Landesamt für Verfassungsschutz zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.
Namens meiner Fraktion danke ich dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Herrn Andreas Schurig, für seinen fundierten Bericht, mit dem er dazu beigetragen hat, eine neue Legendenbildung über den sächsischen Verfassungsschutz ad absurdum zu führen.
Angesichts der von interessierter Seite immer wieder vorgetragenen Angriffe gegen den Verfassungsschutz und seine Arbeitsweise erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass Vorkommnisse wie der grausame Anschlag auf den Marathonlauf in Boston am vergangenen Montag sich auch bei uns ereignen können und wahrscheinlich nur durch verdeckte Aufklärung zu verhindern sind, wie die Festnahme der sogenannten „Sauerland-Bomber“ gezeigt hat.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung und darum, den Bericht des Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis zu nehmen.
Danke, Herr Präsident! Ich würde gern vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen, um auf den Beitrag von Herrn Schowtka zu antworten.
Mich erschreckt, dass ein Mann wie Herr Schowtka, der eine so unkritische Haltung zum Verfassungsschutz hat, in der PKK sitzt und diesen Geheimdienst dort kontrollieren soll. Wenn Sie gerade wieder als Argument für verdeckte Ermittler ausgerechnet die „Sauerland-Gruppe“ erwähnt haben, dann müsste Ihnen durchaus bekannt sein, dass derjenige, der der
„Sauerland-Gruppe“ die Bombenzünder geliefert hat, nämlich Mevlüt K., ein Geheimdienstagent war. Er hat diese Gruppe beliefert! Es ist kein Einzelfall in der Geschichte deutscher Geheimdienste, dass diese den Terror, den sie nach außen hin angeblich bekämpfen, gefördert haben – bis hin zu Waffenlieferungen; das Beispiel der „Sauerland-Gruppe“ ist schon genannt worden.
Es macht einen schon betroffen, wenn man weiß, dass Sie, Herr Schowtka, an einer sensiblen Stelle die Geheimdienste kontrollieren sollen, aber mit der ganz naiven Grundannahme der Güte und grundsätzlichen Fehlerfreiheit der Geheimdienste an diese Aufgabe herangehen. Ich glaube, von echter Kontrolle kann dann leider keine Rede mehr sein.
Das, was Sie gesagt haben, sind Spekulationen und Dinge, die Sie aus irgendwelchen Gazetten bezogen haben, wer wen wie beschattet hat und wer nicht.
Tatsache ist, dass die furchtbaren Ereignisse in Boston und die Anschläge auf die U-Bahnen in London und in Madrid Hunderte Menschen in den Tod gerissen haben. Es geht nicht darum, dass man bei solchen Ereignissen erst nach deren Eintreten ermittelt, sondern dass man ihnen vorbeugt. Dazu braucht man auch unkonventionelle Methoden der Ermittlung.
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Aussprache fort. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Köditz, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion DIE LINKE möchte ich mich gleich zu Beginn meiner Ausführungen für diesen Bericht und die damit verbundene Arbeit des Datenschutzbeauftragten bei Herrn Schurig, aber auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern recht herzlich bedanken. Herr Bannasch, ich bitte Sie, diesen Dank zu übermitteln.
Für einen Aspekt des Berichts gilt dieser Dank ganz besonders: die bereits von Herrn Schowtka angesprochene Neuformulierung des § Abs. 4 des Sächsischen Verfas
sungsschutzgesetzes. Diese Neuformulierung ist dringend notwendig; denn die derzeitige Formulierung ist nicht eineindeutig. Gesetze sollen bekanntlich eineindeutig sein.
Nach dem derzeitigen Wortlaut des Gesetzes kann es auch so verstanden werden, dass ein endgültiges Vernichten
Gesundheit! – von Akten nur als Ganzes möglich und die Vernichtung von einzelnen Aktenteilen nicht zulässig sei. Eine gesetzliche Klarstellung ist mit Sicherheit für alle Beteiligten sehr hilfreich.
Meine Damen und Herren! Ich fand es übrigens sehr interessant, wie in der Debatte in den letzten Monaten genau zu dieser Frage der Datenschutz rauf und runter bemüht wurde als Begründung für die endgültige Vernichtung von Dokumenten. Um die Rechte von Personen zu schützen, sieht das Gesetz allerdings noch andere Mittel vor – auch diese sind bereits angesprochen worden: Löschen von Dateien bzw. Sperren von Daten in Dateien bzw. Dokumenten –; aber die endgültige Aktenvernichtung ist wirklich erst der allerletzte Schritt.
Der Datenschutzbeauftragte übt in seinem Bericht vielfältige Kritik an der Aktenführung insgesamt im Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz. Er ist damit leider nicht der Erste gewesen. Nach ihm übte ja auch die Expertenkommission genau diese Kritik. Es ist endlich an der Zeit, dass sich hier etwas ändert.
Nun zum Schluss noch einmal zur Hauptaussage des Berichts – hören Sie bitte genau zu! –: Der Bericht konnte nicht feststellen, dass NSU-relevante Unterlagen vernichtet wurden, da die Unterlagen ja bereits vernichtet waren.
Das heißt aber auch – und damit werden wir leben müssen –, dass es sehr wohl möglich sein kann, dass es in Sachsen beim Landesamt für Verfassungsschutz zur Vernichtung von NSU-relevanten Dokumenten gekommen ist.
(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der NPD: Wir freuen uns nicht! Das ist ein Zeichen für die Arbeit des Verfassungsschutzes!)
Unabhängig davon besteht die Möglichkeit, dass NSUrelevantes Material vernichtet worden ist, sowieso, da es regelmäßig neue Namen, neue Personen gibt, die infrage kommen, den NSU direkt oder indirekt unterstützt zu haben.
Wir als Fraktion DIE LINKE sind froh, dass es seit Juli letzten Jahres das Moratorium zur Verhinderung von
weiteren endgültigen Aktenvernichtungen gibt – übrigens nicht nur im Bereich Rechtsextremismus, sondern auch darüber hinaus, wenn es um NSU-Bezüge geht. Wir sind es den Opfern des NSU, ihren Familien und Hinterbliebenen ganz einfach schuldig, dass alles getan wird, um diese Verbrechen aufzuklären, ihre Hintergründe und weitere Verstrickungen aufzudecken,
(Beifall bei den LINKEN – Andreas Storr, NPD: Gilt das auch für die türkische Mafia, die Morde begangen hat?)