SPD –, und es war deshalb wichtig, dass wir uns darüber verständigen mussten, wie wir die Handlungsfähigkeit auch im Freistaat Sachsen aufrechterhalten. Durch die Grundgesetzänderung mussten wir handeln. Es ging also auch darum, dass wir pragmatisch mit der Frage umgehen, die uns durch den Gesetzgeber auf Bundesebene beschert wurde. 2020 gilt eine Schuldenbremse ausnahmslos. Es gilt die Ausnahmslosigkeit für die Länder. Im Übrigen wurde genau das durch die Länder hineinverhandelt; das muss man auch wissen. Für die Bundesebene gelten Ausnahmen, aber nicht für die Länder.
Also war es unsere Aufgabe, die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Wir haben noch die Flut in Erinnerung und wissen, dass es Notsituationen gibt, bei denen man Ausnahmen braucht. Das ist Handlungsfähigkeit. Diese Ausnahmen haben wir geregelt – ob nun bei Naturkatastrophen, wirtschaftlichen Krisen oder anderen Notsituationen.
Wir haben uns dafür auch die Rückendeckung in der SPD geholt; der Mitgliederentscheid in meiner Partei hat viele Mitglieder mobilisiert. Darauf bin ich sehr stolz. Über die Hälfte meiner Mitglieder haben sich dadurch auch mit dem Thema beschäftigt und sich intensiv damit auseinandergesetzt. 77 % Ja heißt eine klare Rückendeckung für den Kurs, den wir als SPD-Fraktion gefahren sind.
Ich möchte das Lob von Ihnen, Herr Flath, gern annehmen, der Retter der Kommunen zu sein – auch wenn ich den kleinen süffisanten Unterton verstanden habe –; wir verstehen uns schon als Anwalt der Kommunen.
Wir als SPD verstehen uns als eine Städtepartei, die auch diese Interessen vertreten will. Wir hatten durchaus die Sorge – und diese haben wir in den Verhandlungen mit vielen geteilt –, dass es in Notsituationen schnell passieren kann, dass man dann Aufgaben weiter auf die Kommunen abwälzt; denn die grundsolide Haushaltspolitik des Freistaates Sachsen, die wir grundsätzlich anerkennen, wurde durchaus oft mit auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen. Uns war es deshalb wichtig, dass wir uns über einen Schutzschirm in dieser Frage verständigen können.
Uns als SPD war es in den Verhandlungen wichtig, dass ein aus finanzieller Sicht bestehendes verfassungsrechtliches Problem eben nicht auf Kosten und auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen wird. Das haben wir von Anfang an bei den Verhandlungen deutlich gemacht. Gerade bei kommunalen Aufgaben – insbesondere in den Fällen, in denen sich der Freistaat eigener Aufgaben entledigt – darf er sich auch bei später gesteigerten Kosten nicht wegducken.
Momentan ist es nun im Artikel 85 so geregelt, dass die Kommune die Kosten für die Aufgaben erstattet bekommt, wenn der Freistaat Sachsen ihr die Aufgaben
überträgt. Das gilt aber nur für den Zeitpunkt der Übertragung. Das heißt, die Kosten werden nur für den Zeitpunkt der Übertragung der Aufgabe berechnet. Auf Kostensteigerungen, die den Kommunen später in diesem Zusammenhang entstanden sind, blieben sie bisher aber meist sitzen. Das galt auch dann, wenn der Freistaat selbst für die höheren Kosten verantwortlich war, weil er zum Beispiel Standards verändert hat.
Der besondere Erfolg für die Kommunen ist deswegen, dass jetzt das finanzkraftunabhängige Erstattungsprinzip ausgeweitet wird. Eine Erstattung wird somit zukünftig zur Pflicht, wenn der Freistaat in eigener Verantwortung Kosten bei kommunalen Aufgaben verändert. Die Kommunen können das im Ernstfall auch einklagen.
Diese Regelung gilt natürlich nicht nur für die bereits übertragenen Aufgaben, sondern – wie im Verfassungswortlaut klargestellt – auch für bestehende Aufgaben. Die Einigung der Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Fraktionen vom 1. Februar hat also Bestand. Demnach wird sich dies auch auf vom Freistaat veranlasste Veränderungen für den Bereich der Freiwilligenaufgaben auswirken, was im Begründungstext zu Artikel 85 auch klargestellt wird. Der Schutzschirm für die Kommunen wird insoweit auch verhindern, dass die Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben durch vom Freistaat bewirkte Kostensteigerungen bereits ansatzweise ausgehöhlt oder gar verhindert werden soll.
Das ist ein guter Kompromiss. Das ist eine gute Grundlage, die wir jetzt in das parlamentarische Verfahren geben. Trotzdem haben wir auch viel Kritik dafür geerntet. Eine Kritik war: Seid ihr nicht Schwarz-Gelb auf den Leim gegangen? Nein, sind wir nicht. Denn es gibt einen großen Unterschied. Wenn wir über Haushalt und Finanzpolitik reden, dann wollen wir eben nicht nur einseitig auf die Ausgabensituation schauen. Wer einen handlungsfähigen Staat will, muss beides tun: auf Ausgaben und Einnahmen achten.
Denn wir haben in Europa eine äußerst kritische Entwicklung. Die Sparpolitik in Europa, die durch Angela Merkel auch favorisiert wird,
führt dazu, dass es Arbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland in Größenordnungen gibt, dass Demokratiefeindlichkeit und der Hass auf Deutschland zunehmen. Und das bei dem Friedensprojekt Europa! Die einseitige Fokussierung nur auf Sparen, ohne die notwendigen Wachstumsimpulse zu setzen, führt in die Sackgasse.
Wir können uns also hier hinstellen und uns für eine Verfassungsänderung einsetzen, die ein Neuverschuldungsverbot mit Ausnahmen regelt, und auf der anderen Seite auch dafür kämpfen, dass es einen höheren Spitzensteuersatz, eine Vermögensabgabe und eine gerechtere Erbschaftsteuer gibt. Wir wollen einen handlungsfähigen Staat, denn wir wollen, dass ein Staat auch weiterhin seine Verantwortung wahrnimmt, in Bildung, in Infrastruktur, in nachhaltiges Wachstum zu investieren.
Diese Einnahmenseite gehört mit in die Diskussion. Deshalb bin ich auch dafür, dass wir uns bei der SteuerCD finanziell beteiligen.
Deshalb bin ich dafür, dass wir Steuerhinterzieher verfolgen und zur Rechenschaft ziehen. Steuerhinterziehung ist keine Lappalie, sondern eine schwere Straftat. Deutschland entgehen jährlich 150 Milliarden Euro durch Steuerbetrug. Das können wir nicht akzeptieren.
Die Frage ist: Was verstehen wir unter einem handlungsfähigen Staat? Ich glaube, da gibt es durchaus auch Unterschiede unter uns. Sie freuen sich einer hohen Investitionsquote. Was wir aber brauchen, ist vor allem eine hohe Innovationsquote.
Und eine hohe Innovationsquote bekommen Sie eben nur durch eine andere Prioritätensetzung in Ihrem Haushalt. Die Kritik bleibt bei aller grundsätzlichen Unterstützung einer soliden Haushaltspolitik. Ihre Prioritätensetzung bei dem Haushalt ist falsch. Sie müssen in Bildung, Forschung und Entwicklung investieren. Dort gehört der Schwerpunkt hin. Das Mantra der Schuldenfreiheit allein reicht eben nicht aus, um diesen Freistaat nach vorn zu führen.
Wir lassen uns heute hier auf den parlamentarischen Weg ein. Vorher wurden viele Schlachten geschlagen. Aber ich appelliere an alle, dass wir jetzt gemeinsam den Erfolg einfahren. Ich lade an der Stelle auch noch einmal deutlich DIE LINKE ein. Der Kompromiss, der am 1. Februar durch die demokratischen Fraktionsvorsitzenden unterzeichnet wurde, ist auch euer Kompromiss!
Es ist ein guter Kompromiss. Ich lade Euch deshalb ein, jetzt in den parlamentarischen Verhandlungen diesen Geist walten zu lassen und dem Kompromiss am Schluss zuzustimmen.
Ich möchte deutlich machen, dass wir bei all der schwierigen Wegstrecke, die wir hinter uns gebracht haben, ein gutes Ergebnis erreicht haben. Dieser Geist der Konstruktivität sollte jetzt auch der gemeinsame Geist im parlamentarischen Verfahren sein, sodass wir dann im Juli tatsächlich gemeinsam mit einer sehr, sehr großen Mehrheit dieser ersten Verfassungsänderung zustimmen. Das wünsche ich mir.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich zitiere: „Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden. Die Arroganz der Behörden muss gemäßigt und kontrolliert werden und die Zahlungen an ausländische Regierungen müssen reduziert werden, wenn der Staat nicht pleitegehen soll. Die Leute sollen wieder arbeiten, statt auf öffentliche Rechnung zu leben.“ Dieses Zitat
einem römischen Staatsmann und Namensgeber eines deutschen Politmagazins. Im alten Rom sah sich Cicero aus Sorge um den Staatshaushalt, um die öffentlichen Schulden und – schon damals übrigens – um den Missbrauch des römischen Sozialstaates durch einige, natürlich wenige Bürger zu diesem Appell genötigt. Wer hätte gedacht, dass dieser Aufruf 2050 Jahre, nachdem er gemacht wurde, immer noch sehr aktuell ist, meine Damen und Herren?!
Dass ich eine Rede mit diesem Zitat beginne, ist natürlich nicht neu. Wer schon länger als diese Legislatur im Parlament ist, weiß, dass ich das schon einmal getan habe, nämlich ganz exakt am 14. März 2007.
Damals hatte die FDP-Fraktion – übrigens als erste Fraktion überhaupt – im Sächsischen Landtag einen eigenen Gesetzentwurf zur Verankerung eines Neuverschuldungsverbots in der Sächsischen Verfassung vorgelegt.
Liebe Kollegen von den GRÜNEN, wenn Sie mir weiter Ihre Aufmerksamkeit schenken würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Unser Gesetzentwurf war damals nach einer außergewöhnlich langen, aber auch schon sehr guten Beratung im November 2008 vom Sächsischen Landtag abgelehnt worden, obwohl unser Anliegen, bereits damals ein Neuverschuldungsverbot in der Verfassung zu verankern, von vielen in diesem Haus, vor allem von der konservativen Seite, geteilt worden ist. Damals siegten noch die politischen Spielregeln. Damals war der Landtag noch nicht in der Lage, über seinen Schatten zu springen. Umso bemerkenswerter ist, dass es fünf Jahre später – unter der heutigen politischen Konstellation in diesem Sächsischen Landtag – gelungen ist, mit einem so fundamentalen Thema wie der Verankerung eines Neuverschuldungsverbotes in unserer Verfassung erstmals tatsächlich Fraktionsgrenzen zu überwinden, parteipolitische Unterschiede verschwimmen zu lassen und in einer doch großen Einigkeit die erste Veränderung der Sächsischen Verfassung seit ihrer Verabschiedung auf den Weg gebracht zu haben. Dafür gebührt diesem Haus insgesamt ein großer Respekt, meine Damen und Herren.