Man kann ja trefflich darüber spekulieren, was den französischen Wettbewerbskommissar Michel Barnier bewogen hat, auch die öffentliche Wasserversorgung dem Wettbewerbsrecht unterwerfen zu wollen. Eine kleine juristische Nachhilfe für Brüssel sei schon erlaubt. Ich möchte auf Artikel 5 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union hinweisen. Dort heißt es ganz klar: „Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur dann tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedsstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“ – So weit der Artikel 5.
Die Wasserversorgung hat sich in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sehr unterschiedlich organisiert.
Diese Besonderheiten gilt es zu berücksichtigen und auch von der Europäischen Kommission zu respektieren. Deshalb ist im Falle der Organisationsform der Wasserversorgung die Kommission sicher die falsche Zuständige.
Über viele Jahrzehnte haben die kommunalen Versorger für einen europaweit führenden Standort hinsichtlich der Qualität, der Versorgungssicherheit und auch der sozialverträglichen Preise bei der Versorgung mit dem Lebensmittel Nummer eins gesorgt. Unsere Kommunen stehen für die Qualität des Produktes Trinkwasser. Sie kennen die Anforderungen und Strukturen vor Ort. Und: Wasser ist auch ein Stück regionaler Wertschöpfung. Das soll so bleiben – in Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger Sachsens.
Nun noch einmal zurück zu dem Antrag: Sie begehren, dass sich die Sächsische Staatsregierung gegenüber der Bundesregierung gegen die geplante Konzessionsrichtlinie aussprechen möge. Auch hier stelle ich wieder eine Frage: Hat die NPD überhaupt noch einen Internetanschluss? Oder hat sie die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage zu dieser Problematik in der Drucksache 5/11406 von Frau Kollegin Kallenbach nicht einmal gelesen? Diese ist am 02.04.2013 hier im Hohen Haus verteilt worden.
Bereits am 1. März 2013 hat die Sächsische Staatsregierung genau das getan, was die NPD heute beschließen lassen will, nämlich im Bundesrat den entsprechenden Beschluss unterstützt und mitgefasst. Ich zitiere noch einmal, damit auch Ihnen von der NPD das klar wird und Sie im Lande nicht weiter den Quatsch verbreiten, dass es auf Sie ankomme, wenn es darum geht, die Wasserversorgung zu retten.
„Der Bundesrat [fordert], in der Konzessionsvergaberichtlinie ein eindeutiges Signal zu setzen und die Trinkwasserversorgung aus deren Anwendungsbereich auszunehmen. Der Bundesrat“ – so weiter – „misst der Erhaltung der bisherigen Strukturen der Trinkwasserversorgung in kommunaler Verantwortung erhebliche Bedeutung bei. Die notwendige Gewährleistung einer sicheren, qualitativ hochwertigen und gesundheitlich unbedenklichen Wasserversorgung verbietet es, dass Wasser zur freien Handelsware wird.“
(Beifall bei der CDU, der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE, und der Staatsministerin Brunhild Kurth)
Den nächsten Satz zitiere ich auch noch, weil er für den Zusammenhang wichtig ist: „Die Kommunen stellen im Rahmen der Daseinsvorsorge eine ortsnahe und nachhaltige Versorgung zu moderaten Preisen und in einem europaweit führenden Qualitätsstandard sicher.“
Weiter im Bundesratsbeschluss: „Bei einem grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr wäre dies nicht
möglich. Der Bundesrat sieht im Vorschlag der Kommission zu einer Konzessionsvergaberichtlinie die Gefahr einer schleichenden Öffnung der Wasserversorgung für einen reinen Wettbewerbsmarkt.“
Ich sage aber auch: Die Bundesregierung – damit meine ich auch das Bundeswirtschaftsministerium – ist gut beraten, den Willen der Länderkammer in den laufenden Trilog-Beratungen zwischen dem Europäischen Parlament, der Kommission und den Mitgliedsstaaten umzusetzen.
Sie können ja nicht anders als europafeindliche Emotionen zu bedienen und zu nähren. Es geht jetzt darum, dass in diesen Trilog-Verhandlungen der neueste Vorschlag des Wettbewerbskommissars, der gegenüber dem ersten Aufschlag schon wesentlich in die richtige Richtung verbessert worden ist, aufgegriffen und weiter so verändert wird, dass die Wasserversorgung unbefristet generell herausgenommen wird.
Ja, für die Erhaltung der bewährten Strukturen der Wasserversorgung lohnt es sich zu streiten. Das tun wir gern von Sachsen aus, von der Bundesregierung aus und mit unseren Leuten im Europäischen Parlament. Zum Glück brauchen wir dazu die NPD und diesen ohnehin viel zu späten Antrag nicht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wasser ist eine gemeinsame Ressource der Menschheit und ein öffentliches Gut. Zugang zu Wasser ist ein universelles Grundrecht und muss in kommunaler Hand bleiben. – Das sind Sätze, die außer Philipp Rösler und manchen FDPExperten wohl alle unterschreiben werden – inzwischen auch Kanzlerin Merkel, die auf dem Deutschen Städtetag im April dieses Jahres verkündete, sie wolle in Brüssel intensiv für das Wasser kämpfen. Das überraschte; denn bisher tat sie das nicht.
Gekämpft aber haben die Initiatoren der europäischen Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht!“ und europaweit 1,5 Millionen Unterschriften gesammelt.
Bis zum Oktober sollen es zwei Millionen werden. Damit ist die EU-Kommission gezwungen, sich mit den Zielen dieser Bürgerinitiative auseinanderzusetzen. Das dürfte durchaus interessant werden.
Im Rundbrief „Brüssel aktuell“ vom 3. Mai wird zu diesem Thema berichtet, die EU-Institutionen seien sich darüber einig, dass im Rahmen der Trilog-Verhandlungen zur Konzessionsrichtlinie eine – Zitat – „zufriedenstellende Lösung für den Wassersektor im Allgemeinen und die Mehrsparten-Stadtwerke im Besonderen“ gefunden
Nun springt die NPD mit dem vorliegenden Antrag auf einen lange abgefahrenen Zug auf. Leider hat sie den Fahrplan zu spät gelesen und sitzt in dem Wagen, der auf dem nächsten Bahnhof abgehängt wird.
Ich muss nun leider etwas wiederholen. Frau Windisch, Sie haben schon auf meine Kleine Anfrage – die Antwort liegt seit dem 25. März dieses Jahres vor – zu genau diesem Thema hingewiesen. Ich will wenigstens einen Satz aus der Antwort zitieren. Herr Staatsminister Ulbig antwortet im Namen der Staatsregierung, dass diese zu dem Vorschlag der EU-Kommission stets die Auffassung vertreten habe, „dass die Trinkwasserversorgung als wesentlicher Teil der kommunalen Daseinsvorsorge nicht dem Vergaberecht unterliegen soll. Demzufolge lehnt sie auch die Einbeziehung der Trinkwasserversorgung in den Anwendungsbereich der hier in Rede stehenden Konzessionsrichtlinie ab.“
Ich bediene mich abschließend einer von mir ansonsten nicht so geschätzten Floskel der Staatsregierung: Dieser Antrag ist entbehrlich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Windisch, Sie mögen uns zwar für nicht ausgeschlafen halten; dafür sind wir aber mit allen Wassern gewaschen.
Es war zu erwarten, dass der Antrag der NPD-Fraktion zu dem Thema „Wasserversorgung vor der Privatisierung schützen“ auf wenig Gegenliebe bei den anderen Fraktionen stoßen würde. Vermutlich werden sich manche Abgeordnete geärgert haben, nicht selbst einen derartigen
Antrag in den Geschäftsgang eingebracht zu haben – dies nicht zuletzt deshalb, weil in mehreren Bundesländern ähnliche Initiativen von praktisch allen hier im Landtag vertretenen Parteien ausgegangen sind. Gerade der Umstand, dass – von wenigen FDP-Vertretern einmal abgesehen – praktisch aus allen Parteien bundesweit Kritik an den Absichten der EU-Kommission geäußert wurde, hätte Anlass zu einer sachlichen Debatte geben können, ja auch müssen.
Das Thema kann mit dem Erfolg des Bürgerbegehrens längst nicht als abgehakt betrachtet werden. Es ist weiterhin notwendig, die Bundesregierung zum Handeln aufzufordern. Ich glaube nicht, dass die Bestrebungen der EUKommission in Sachen Wasserhandel ein jähes Ende gefunden haben. Eher ist damit zu rechnen, dass Mittel und Wege über gezielte Lobbyarbeit und konkrete Formulierungen gesucht und gefunden werden, die es möglich machen, die ursprünglichen Privatisierungspläne doch noch umzusetzen.
Diesen Bestrebungen ist weiterhin mit aller Konsequenz entgegenzutreten. Für die NPD-Fraktion ist es Grundauffassung, dass die Trinkwasserversorgung Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge bleiben muss.
Sie darf als öffentliches Gut im Interesse der Verbraucher und der Wirtschaft nicht den Regeln des Binnenmarktes ausgesetzt werden. Laut Präambel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist Wasser „keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss“. Der Sächsische Landtag muss sich deshalb nachdrücklich für den Fortbestand der kommunalen Verantwortung für die Trinkwasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge aussprechen.
Diese Strukturen der Daseinsvorsorge haben sich über viele Jahrzehnte bewährt und garantieren die zuverlässige Belieferung der Bürger mit hochwertigem Trinkwasser zu bezahlbaren Preisen. Eine Liberalisierung des Wassersektors, die die Wasserversorgung allein den Regeln des Marktes unterwirft und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entzieht, ist nicht im Interesse des Allgemeinwohls. Der hohe Qualitätsstandard des Trinkwassers in Deutschland ist nicht zuletzt auf die von den Kommunen verantwortete Wasserversorgung zurückzuführen.
Daher fordert die NPD-Fraktion mit Nachdruck, dass sich auch die Sächsische Staatsregierung für einen klaren Kurs gegen die EU-Konzessionsrichtlinie gegenüber der