Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Neubert hat feinsinnig auf das Originalzitat verwiesen und auf das, was es dort gab. Anstelle meines Eingefügten hat er ein ähnliches Schicksal genommen.

Ich möchte an dieser Stelle nur noch darauf hinweisen, bevor hier irgendwelche Geschichtsklitterung betrieben wird: Die Staatsregierung in Nordrhein-Westfalen hatte keine Mehrheiten im Landtag, es war eine Minderheitsregierung, die dazu geführt hat, dass der Vertrag nicht ratifiziert wurde.

Wir sind in der Diskussion. Sie haben, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, zwei Anliegen. Das eine ist die Frage der Form, das haben wir schon des Öfteren besprochen, weil man sich beim Staatsvertrag einmischt. Es gibt einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, den wir einhalten werden. Sobald es dort etwas gibt, das wir besprechen sollten, können und werden wir in der bewährten Form, wie es beim 14. JugendmedienschutzStaatsvertrag auch war, miteinander reden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Panter.

Vielen Dank, Herr Staatsminister! Sie haben gesagt, dass die Regierung in Nordrhein-Westfalen keine Mehrheit hatte.

Im Parlament.

– Richtig, im Parlament. Ja, es war eine Minderheitenregierung. Mich interessiert, warum die CDU/FDP, die zu Zeiten der Regierung, als sie noch in NRW an der Macht war und die damals den Rundfunkstaatsvertrag auf den Weg gebracht hat, auch dagegen gestimmt hat. Das hat mich schon lange interessiert.

Herr Abg. Panter, das ist immer mein Traum, dass ich in diesem Hause von Ihnen und dem Rest der Opposition unterstützt werde. Sobald ich das erfahren darf, können wir gemeinsam nach Nordrhein-Westfalen fahren, in das Land, in dem Konrad Adenauer schon gesagt hat: „Was hindert mich daran, jeden Tag klüger zu werden?“

Wir haben Ihnen ja auch bei diversen Dingen schon zugestimmt, zum Beispiel bei dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag.

Das werden wir künftig auch machen.

Zweitens sind es die Inhalte, die wir beim letzten Mal diskutiert haben und auch wieder diskutieren werden. Ich fand den letzten Medienschutzstaatsvertrag nicht schlecht. Sie erlauben mir angesichts Ihres Auftaktes, Herr Abgeordneter, noch die Anmerkung, dass bei den GRÜNEN seit Anfang der Woche eine Entwicklung, was Kinder- und Jugendschutz in anderen Bereichen der letzten Jahre betrifft, ersichtlich ist und dies möglicherweise auch im Internet eintritt und wir dann zusammenkommen.

Ich erlaube mir, Frau Präsidentin, den Rest meiner Rede ebenfalls zu Protokoll zu geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Schlusswort hat Herr Jennerjahn von den GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal, Herr Neubert: Für Verwegenheit sind wir bekannt. Herr Gemkow, Herr Panter, Herr Herbst, letztendlich auch Herr Dr. Beermann, ich werde natürlich mit sehr großem Interesse lesen, was Sie gesagt hätten, wenn Sie denn hier im Plenum geredet hätten. Es fällt natürlich schwer, in so einer Situation jetzt noch ein Schlusswort zu halten. Anders als andere Kolleginnen und Kollegen habe ich nämlich nichts Schriftliches vorbereitet. Das ist hier so ein Versuch, um auf den Verlauf der Debatte zu reagieren. Da die Debatte nicht stattgefunden hat, kann ich auch wenig reagieren. Ich finde es auch, ehrlich gesagt, irritierend, wenn es noch nicht einmal 20:30 Uhr ist und dann mit Blick auf die Uhrzeit Reden zu Protokoll gegeben werden. Ich halte es durchaus für einen Tiefpunkt der Parlamentskultur.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Drucksache die Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dafür ist dennoch der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärungen zu Protokoll

Zuletzt haben wir in diesem Plenum über den 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag am 19. Mai 2010 diskutiert. Damals sollten die bestehenden Regelungen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages

geändert werden. Geplant war, den Schutz von Kindern

und Jugendlichen im Internet zu verbessern. Das sollte durch die Einführung einer freiwilligen Alterskennzeichnung von Internetangeboten gewährleistet werden. Man wollte auch, entsprechend dem bereits geltenden Jugendschutzgesetz, Einstufungen für Internetangebote vorneh

men, die dann von Jugendschutzprogrammen erkannt werden sollten. Wohlgemerkt: nur dann, wenn auch der Nutzer ein solches Programm auf seinem Computer installieren und nutzen wollte.

Eltern, die ihre Kinder auf diese Weise vor bestimmten schädlichen Inhalten schützen wollen, hätten dann ein wirksames Mittel zur Unterstützung ihres Erziehungsauftrages nutzen können. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der Ablehnung des Staatsvertragsentwurfs durch den Landtag in Nordrhein-Westfalen.

Im Oktober 2012 haben die Regierungschefs der Länder die Rundfunkkommission gebeten, einen Entwurf für einen Staatsvertrag vorzulegen, der dieses Anliegen des Jugendmedienschutzes wieder aufnimmt. Die Länder haben in diesem Prozess einen richtigen Schritt unternommen und über die Internetplattform „jugendschutzgestalten.de" die Möglichkeit einer öffentlichen Beteiligung an diesem Diskussionsprozess teilzunehmen, eröffnet.

Soweit mir bekannt ist, liegen bis zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine inhaltlichen Ergebnisse der erneuten Befassung vor. Und natürlich muss die Staatsregierung zunächst selbst die Gelegenheit haben, ihren Standpunkt zu erarbeiten.

Nun stehe ich nicht hier, um den Rechten der Exekutive das Wort zu reden, und natürlich würde ich gern schon jetzt auf die Gestaltung auch formell mit Einfluss zu nehmen, aber klar ist auch, dass die Staatsregierung einen Raum und Zeitrahmen haben muss sich eine inhaltliche Position zur neuen Novelle erarbeiten zu können. Wenn Sie dies allerdings getan hat, dann muss sie so schnell wie möglich auch dem Landtag die Möglichkeit der Auseinandersetzung hiermit geben. Dass sie dies tun wird, davon bin ich überzeugt.

Abseits der inhaltlichen Fragestellung zur Medienkompetenz halte ich im Übrigen das Thema Medienkompetenz prinzipiell für auf der Landesebene sinnvoll angesiedelt. Denn die vielfältigen Angebote, die es in diesem Bereich in Sachsen gibt, gilt es stetig zu ergänzen und anzupassen. Diese Flexibilität gibt ein Staatsvertrag nicht her. Darum halte ich eine Einbeziehung dieses Verhandlungsgegenstandes für nicht richtig.

Wichtig ist, dass am Ende unserer Befassung ein Jugendmedienschutz-Staatsvertrag steht, der es ermöglicht, Kinder und Jugendliche vor gewaltverherrlichenden, pornografischen und anderen entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten zu schützen und den Eltern zur Unterstützung ihres Erziehungsauftrages ein hierfür hilfreiches Instrument an die Hand gibt –. dies selbstverständlich weiterhin auf freiwilliger Basis.

Ich vertraue darauf, dass die Staatsregierung im Rahmen des Kernbereiches ihres exekutiven Handelns eine geeignete und erforderliche Lösung aushandeln wird. Eine Diskussion sollten wir zu gegebener Zeit über konkrete inhaltliche Aspekte anhand der dann vorliegenden Entwür

fe führen. Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Wir haben im Jahr 2010 im Plenum sehr intensiv über den 14. Rundfunkstaatsvertrag zum Jugendmedienschutz diskutiert. Damals kochten die Emotionen der Netzwelt hoch, in einigen Punkten zu Recht.

Der Bericht der Kommission für Jugendmedienschutz aus der Periode 2009/2011 legt offen, dass Jugendmedienschutz wichtig ist. So haben sich nicht nur die Beschwerden über Rundfunksendungen verfünffacht, sondern auch die Zahl der Beschwerden im Telemedienbereich hat deutlich zugenommen und damit auch die Anzahl der Prüffälle.

Lassen Sie mich einige Punkte zum vorliegenden Antrag anmerken: Im Punkt II 1. wird noch einmal die Hauptkritik der Debatte aus dem Jahr 2010 aufgeführt – nämlich dass ein Jugendmedienschutz im Internet nicht zu einer sogenannten „Zensur-Infrastruktur" führen darf. Diese Kritik teilen wir – und das habe ich in der damaligen Debatte 2010 auch deutlich gemacht.

Der Entwurf des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages aus dem Jahr 2010 enthielt eigentlich im Vergleich zum Gesetz aus dem Jahr 2002 keine wesentlichen Änderungen. Aber: Während 2002 der Jugendmedienschutz noch auf relativ genau adressierte Akteure im Netz trat, haben wir heute eine Vielzahl von Content-Produzenten im Mitmach-Internet, dem Web 2.0, das sich rapide zum Web 3.0 weiterentwickelt. Und hier laufen rein technische Schutzmaßnahmen ins Leere, denn sie entsprechen nicht der heutigen Praxis.

Es steht also nach wie vor des Frage des Wie im Raum. Wie können freie Kommunikation im Netz und Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der Nutzung des Internet zusammengebracht werden? Das ist und bleibt die Gretchenfrage.

Mittlerweile ist jedem klar: Die Regularien der Rundfunkregulierung – (Zeitbegrenzung, Altersbegrenzung) lassen sich nicht eins zu eins auf das Internet übertragen. Wir sind uns aber auch darüber einig, dass Kinder und Jugendliche im Netz Gefahren ausgesetzt sind, zum Beispiel Cybermobbing, Betrug, etc. Wir haben hier als Gesetzgeber und als Gesellschaft eine Verantwortung. Diese wahrzunehmen ist die Herausforderung vor der wir stehen, trotz aller technischen Schwierigkeiten. Einen Königsweg gibt es leider nicht.

Die GRÜNEN schlagen unter Punkt I.4 vor, ein neues Kriterium beim Jugendmedienschutz einzuführen. Neben entwicklungsbeeinträchtigend und jugendgefährdenden Inhalten soll sich Jugendmedienschutz auch auf problematische Verhaltensweisen bei der Nutzung sozialer Medien erstrecken. Das ist ein interessanter und überlegenswerter Aspekt.

Medienkompetenz muss im neuen Gesetz zwingend und verbindlich verankert werden. Hier tut insbesondere der

Freistaat Sachsen zu wenig. Alle Versuche der sächsischen SPD – aber auch der anderen Oppositionsfraktionen –, dass der Freistaat hier endlich aktiv wird, wurden abgebügelt. Das geht von Lehreraus- und Fortbildung über eine stringente Förderpolitik, zum Beispiel Kürzung der Mittel für freie Träger und Soziokultur im ländlichen Raum – Kulturraummittel –, bis hin einer umfassenden Koordinierung und Vernetzung der Angebote.

Auf diese Punkte des vorliegenden Antrags wollte ich für die SPD-Fraktion kurz eingehen, wobei der Jugendmedienschutz für uns ein wichtiges Anliegen ist und bleibt.

Unsere Verfassung schützt Meinungsfreiheit als Grundlage der Demokratie. Unsere Verfassung sagt aber auch: Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen. Eine dieser Grenzen ist im Artikel 5 des Grundgesetzes explizit benannt: der Jugendschutz. Dabei handelt es sich um eine Verantwortung derjenigen, die Inhalte zur Verfügung stellen. Darüber hinaus hat der Staat eine Verantwortung, da er die Grenzen der Meinungsfreiheit zum Schutz der Kinder definiert.

Dieses Verantwortungsprinzip war in einer analogen medialen Welt relativ einfach umzusetzen. Und ich glaube weiterhin, dass dieses Prinzip auch in einer digitalen Welt seine Gültigkeit hat.

Deshalb stimmen wir als SPD-Fraktion dem vorliegenden Antrag zu.

Die GRÜNEN habe ein interessantes Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Für den Jugendmedienschutz im Internet gibt es aber keine ganz einfachen Lösungen – weder politisch noch technisch. Ja, es existiert ein Spannungsfeld – zwischen der nahezu grenzenlosen Freiheit zum Veröffentlichen von Inhalten im Internet und dem Wunsch von Eltern, ihre Kinder vor unerwünschten Inhalten zu schützen. Dass über einen neuen Anlauf für einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag frühzeitig auch im Parlament diskutiert werden soll, halte ich für sinnvoll und auch selbstverständlich.

Ich bin mir sicher, dass die Staatskanzlei uns hier im Wissenschaftsausschuss auf dem Laufenden halten wird – allein schon aus Eigeninteresse an einer erfolgreichen späteren parlamentarischen Behandlung. Auf der anderen Seite ist aber auch klar: Bei einem Verhandlungsmarathon, wo auch mal gepokert wird, kann man nicht permanent Zwischenergebnisse nach außen geben. Die GRÜNEN-Vorstellungen gehen hier an der Realität vorbei. Übrigens haben wir mal unsere FDP-Kollegen in Baden-Württemberg gefragt. Was glauben Sie, wie umfangreich die dortige grüne Staatskanzlei bisher das Parlament informiert hat? Überhaupt nicht!

Für uns ist beim Thema Jugendmedienschutz eines klar: Wir stehen für das Prinzip „Freiwilligkeit vor Zwang“. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber es ist ein Raum größtmöglicher Freiheit. Dass dies die GRÜNEN ausnahmsweise mal gegen den staatlichen Zeigefinger sind, wundert mich – wo sie doch sonst alles verbieten wollen: ob Plastiktüte, Zigarettenauto

mat, Motorroller oder Kohlekraftwerk. Die Durchregulierung des Internets per Gesetz wird nicht funktionieren – das ist klar. Für uns sind daher Medienkompetenz, Bewusstsein und Aufmerksamkeit der wirkungsvollere Ansatz für Jugendmedienschutz – bei Kindern wie bei Eltern. Übrigens: Keine technische Lösung wird das Hinschauen und nötige Gespräche ersetzen.