Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Sie beantragen also die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

Meine Damen und Herren! Ich stelle diesen Antrag jetzt zur Abstimmung. Wer den Ihnen in Drucksache 5/11683 vorliegenden Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke.

Meine Damen und Herren! Damit ist dieser Antrag mit einer Mehrheit der Stimmen in den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

Gerechtigkeit herstellen – Vermögensunterschiede im

Euro-Raum berücksichtigen – Lasten neu verteilen!

Drucksache 5/11889, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Zunächst erteile ich der einbringenden Fraktion der NPD das Wort. Das Wort erhält Herr Gansel. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 6. Mai dieses Jahres gab die EU-Kommission die erste Rate von 3 Milliarden Euro aus dem Rettungspaket für Zypern frei. Im Gegenzug – so berichteten es Nachrichtenagenturen – reduziere Zypern seine Wohnungsförderung und begrenze die dort übliche Auszahlung des Ostergeldes für Rentner.

(Unruhe bei den Fraktionen)

Frau Hermenau, auch jetzt geht es hier um deutsches Geld. Vielleicht könnten Sie einmal Ihre Ohren aufsperren.

Herr Präsident! Vielleicht könnten Sie diese Kindergartenunterhaltung da unterbinden.

(Beifall bei der NPD – Andreas Storr, NPD: Genau!)

Herr Gansel, fahren Sie in Ihrer Rede fort, bitte.

Ich wiederhole noch einmal den letzten Satz, damit er auch bei allen Anwesenden ankommt: Im Gegenzug reduziere Zypern seine Wohnungsförderung und begrenze die dort übliche Auszahlung des Ostergeldes für Rentner.

Man reibt sich hierzulande verwundert die Augen und die Ohren. Es gibt in Zypern extra ein Ostergeld für Rentner? Für die NPD ist es ein Skandal, dass mit deutschem Steuergeld ein Inselstaat gerettet wird, der es sich in bislang einmaliger Weise leisten konnte, ein Ostergeld an seine Rentner auszuzahlen. Es ist eine weitere der zahlreichen politischen Sauereien im Rahmen der sogenannten Euro-Rettung, dass deutsche Rentner, die häufig genug selbst von einer Armutsrente leben müssen, mit ihren Steuergeldern nun auch noch ein immerhin gekürztes Ostergeld für zyprische Rentner mitfinanzieren müssen.

Über solche Fragen haben sich aber die Bundestagsabgeordneten, die am 18. April dem Rettungspaket für Zypern im Bundestag zustimmten, nicht die geringsten Gedanken gemacht. Es interessierte sich auch niemand für die verfassungsrechtlichen Bedenken und Einwände des Abg. Peter Gauweiler, der die Zypernhilfen als glatten Rechtsbruch bezeichnete.

Ein glatter Rechtsbruch sind die Zypernhilfen allemal, weil sie eben nicht für die Wahrung der Finanzstabilität des gesamten Euroraumes nötig sind und weil für die deutschen Zahlungsverpflichtungen an den ESM in dreistelliger Milliardenhöhe bis heute keinerlei Rückstellungen gebildet wurden.

Einer der bekanntesten deutschen Verfassungsrechtler, Dietrich Murswiek, brachte es in der „Süddeutschen Zeitung“ am 18. April dieses Jahres auf den Punkt: „Die Rettungspolitiker gerieren sich wie absolutistische Potentaten, die ohne jede Rechtsbindung handeln können und

für die die Bestimmungen des ESM-Vertrages nichts als bedrucktes Papier sind. Sie vertrauen offenbar darauf, dass der Bundestag sich als Abnickparlament erweist, das alles schluckt, was ihm zur sogenannten Euro-Rettung vorgelegt wird. Der Bundestag kann seiner vom Bundesverfassungsgericht geforderten Haushaltsverantwortung aber nur gerecht werden, wenn er nicht blindlings jeder Behauptung folgt. Eine eigenverantwortliche Risikoabschätzung ist aber nur auf Basis nachvollziehbaren Zahlenmaterials möglich.“

Dieses Zahlenmaterial, meine Damen und Herren, liegt seit der Bekanntgabe einer Vermögensstudie der Europäischen Zentralbank endlich vor und lässt die ZypernRettung in einem noch weit skandalöseren Licht erscheinen, als bislang angenommen. Im April dieses Jahres veröffentlichte die Europäische Zentralbank eine Studie zur Vermögensverteilung zwischen den Völkern der Eurozone, die wegen ihrer politischen Brisanz lange unter Verschluss gehalten wurde, und zwar so lange, bis die Zypern-Rettung unter Dach und Fach war.

Diese Studie liefert anhand von 62 000 Stichproben in 15 Ländern der Eurozone hochgradig aussagekräftiges Zahlenmaterial zum mittleren Einkommen der privaten Haushalte und dessen Verteilung. Dabei kommt regelrecht Ungeheuerliches ans Tageslicht. Aus Sicht der NPDFraktion stellt diese Studie die bisherige Sicht auf die Euro-Rettung komplett auf den Kopf.

Das wichtigste Ergebnis ist, dass die Deutschen in Sachen Höhe des durchschnittlichen Volkseinkommens auf dem 15. und damit letzten Platz aller in der Studie beachteten Euroländer liegen, und das, obwohl Deutschland im Zuge der sogenannten Euro-Rettung nicht nur den Großteil der Bürgschaftslasten übernehmen musste, sondern bekanntermaßen auch schon seit Jahrzehnten der mit Abstand größte Nettozahler in der Europäischen Union ist.

Es ist grotesk: Die von etablierten Parteien verratenen und verkauften Deutschen unterstützen mit ihren Steuermilliarden reihenweise Euro-Staaten, deren Bürger ein wesentlich höheres Durchschnittseinkommen haben als sie selbst. Das mittlere Vermögen eines Deutschen liegt nach dieser Studie bei 51 000 Euro, während selbst das mittlere Vermögen eines Slowaken bei 61 000 Euro liegt. An der Spitze der Vermögensstudie liegen drei Euro-Länder, die einen zweifelhaften Ruf als Steueroasen und Finanzplätze genießen: Luxemburg, Zypern und Malta. Das mittlere Einkommen eines Zyprioten liegt bei unfassbaren 261 000 Euro und ist damit mehr als fünfmal so hoch wie das mittlere Einkommen eines Deutschen. Trotzdem stimmten die Volksverräter im Bundestag mit übergroßer Mehrheit dem 10 Milliarden Euro schweren Rettungspaket für Zypern zu. Angesichts der sozialen Nöte und Verwerfungen im eigenen Land fragt sich nicht nur die NPD: Sind die tonangebenden Politiker eigentlich noch ganz dicht?

Selbst in Griechenland, das seit dem Beginn der Krise fast 400 Milliarden Euro an vor allem von Deutschland abgesicherten Hilfsgeldern erhalten hat, liegt das mittlere

Vermögen doppelt so hoch wie in Deutschland. Im Klartext heißt das: Obwohl die deutsche Volkswirtschaft die stärkste und produktivste in Europa ist, gibt es in Deutschland einen großen Niedriglohnsektor und die niedrigsten mittleren Einkommen in der Euro-Zone. Das ist doch Wahnsinn, aber ein Wahnsinn mit Methode! Die Deutschen nehmen selbst immer neue Schulden auf, um den fünfmal so reichen Zyprioten und den doppelt so reichen Griechen Hilfsgelder zukommen zu lassen. Soll das etwa die viel beschworene europäische Solidarität sein, von der Politiker in Sonntagsreden immer wieder schwafeln?

(Andreas Storr, NPD: Da wird Solidarität auf den Kopf gestellt!)

Besteht diese Solidarität am Ende etwa nur darin, dass zypriotische Mafiosi, die sich verspekuliert haben, ihre Spekulationsverluste durch den deutschen Steuerzahler zurückerstattet bekommen? Selbst diese Formulierung ist aber noch zu mild. Ausnahmsweise brachte es SPD-Chef Sigmar Gabriel auf den Punkt, indem er sagte: „Russische Oligarchen, serbische Mafia und Steuerhinterzieher sind das bisherige Geschäftsmodell auf Zypern. Dieses System muss untergehen und darf nicht gerettet werden.“

Ein System, das mittlerweile institutionell darauf ausgelegt ist, ausgerechnet das statistisch gesehen vermögensschwächste Volk der Euro-Zone auszuplündern, um die erpressten Transfermilliarden dann direkt an die Vermögensstärksten weiterzuleiten, kann aus Sicht der NPD nur als volksfeindlich und regelrecht politkriminell bezeichnet werden.

(Beifall bei der NPD)

Als ersten Schritt zur Korrektur dieser skandalösen Umstände fordert die NPD, dass die Europäische Union fortan regelmäßig Statistiken über das Pro-Kopf-Nettovermögen veröffentlicht und dass diese Daten – und nicht etwa das Bruttoinlandsprodukt – für die Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union maßgeblich werden.

Mittelfristig kann nach Auffassung der NPD aber nur eine Auflösung der EU und die Schaffung neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Nationen einen Neuanfang ermöglichen, der nicht von schweren demokratiepolitischen Defiziten und der systematischen Diskriminierung der Zahlerländer geprägt ist. Der Rettungswahnsinn wird jetzt sogar noch durch die Errichtung eines sogenannten Schatten-ESM gesteigert, der weitergehende finanzielle Unterstützungszusagen sogar auch für Nicht-EU-Länder bereithält. Dazu wird Ihnen mein Fraktionskollege Arne Schimmer noch einige für Sie sicher sehr unangenehme Fakten präsentieren.

(Beifall bei der NPD)

Für die einbringende NPD-Fraktion sprach der Abg. Gansel. – In der Rednerreihung folgen nun CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Für die CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Rohwer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Da haben wir ja schon wieder einen dieser unsäglichen Anträge, mit denen die NPD in letzter Zeit unsere Zeit im Sächsischen Landtag vergeudet!

Warum? Zum einen betreffen Ihre Forderungen allenfalls Bundeszuständigkeiten, und zum anderen sind diese von vornherein überholt. Hätte sich der „schreiende“ Gansel mal die Mühe gemacht, seinen Antrag zu überprüfen, dann hätte er eigentlich zu dem Ergebnis kommen müssen, dass auf europäischer Ebene bereits regelmäßige Studien zu den von Ihnen geforderten Thematiken durchgeführt werden.

(Jürgen Gansel, NPD: Daraus werden aber keine Konsequenzen gezogen, darum geht es!)

Seit 2005 erstellt die OECD aller zwei Jahre einen statistischen Bericht, unter anderem zum Renteneintrittsalter, der auch die Euro-Länder abdeckt. In Ihrer Begründung beziehen Sie sich ja sogar auf deren letzte Veröffentlichung aus dem Jahr 2011.

(Jürgen Gansel, NPD: Aber es fehlen die Konsequenzen, Herr Rohwer!)

Im Übrigen wird der neue Bericht noch in diesem Jahr veröffentlicht. Auch die von Ihnen aufgegriffene EZBStudie zur Vermögensverteilung, deren erste Ergebnisse Ende März von der Bundesbank veröffentlicht wurden, wird künftig regelmäßig erscheinen. Damit wurde auf europäischer Ebene ein System geschaffen, um detaillierte Daten über Einkommen, Vermögen, Schulden und Konsumausgaben der privaten Haushalte zu erfassen. Somit ist Ihre diesbezügliche Forderung an die Sächsische Staatsregierung bereits obsolet.

Wenn wir weiterlesen und die Begründung Ihres Antrages näher betrachten, nehmen Sie maßgeblich Bezug auf die bereits erwähnte Studie der EZB zur Vermögensverteilung, und wie nicht anders zu erwarten, haben Sie sich nicht hintergründig mit der Studie auseinandergesetzt, sondern nur das gesehen, was Sie sehen wollten, nämlich das Lied von den armen Deutschen singen zu wollen.

Doch betrachten wir die Ergebnisse der EZB-Studie genauer, dann werden die meisten von uns erkennen, dass das relativ schwache Abschneiden Deutschlands auf bestimmte Ursachen zurückzuführen ist, die letztlich zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen.

Erstens sind hier methodische Ursachen zu erwähnen. Das Nettovermögen ist in der Studie pro Haushalt ausgewiesen. Ergänzt werden muss, dass nirgendwo in Europa so wenige Menschen in einem Haushalt leben wie in Deutschland. Hierzulande teilen sich im Schnitt zwei Personen ein Haushaltseinkommen, in Spanien sind es hingegen statistisch gesehen 2,7 oder im von Ihnen zitierten Zypern 2,8 Personen.

(Andreas Storr, NPD: Das erklärt aber trotzdem nicht die Unterschiede!)

Zweitens. Ferner kann der Unterschied zwischen den Ländern damit begründet werden, dass die Immobilieneigentumsquoten zwischen den Ländern sehr, sehr unterschiedlich sind. Wer nach EZB-Angaben keine Immobilien besitzt, ist relativ arm. Hierbei ist festzustellen, dass im Schnitt in den ost- und südeuropäischen Ländern mehr Menschen im Eigenheim oder in einer Eigentumswohnung wohnen. Beispielsweise liegt die Wohneigentumsquote in Polen bei 81 %.

In vielen Staaten Mittel- und Osteuropas wurde nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in erheblichem Maße Wohnungseigentum privatisiert und an die Bewohner übertragen – teilweise zu sehr geringen Preisen und nicht unbedingt in besonders gutem Erhaltungszustand. In Südeuropa haben die eigenen vier Wände – sei es eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus – eine große Tradition. In Deutschland hingegen wurde lange Zeit politisch auf den sozialen Wohnungsbau gesetzt. Darüber hinaus hat sich hierzulande ein gut funktionierender privater Mietwohnungsmarkt entwickelt. Dies alles sind Gründe, warum die Wohneigentumsquote in Deutschland entsprechend geringer ist. Vergleicht man aber das Vermögen der Deutschen ohne Immobilienbesitz mit anderen Mietern in der Euro-Zone, so liegt Deutschland deutlich über dem Schnitt.

Drittens. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Daten für die Studie von 2010 und einige von 2008 stammen. Insbesondere für Spanien ist es kritisch, als Erhebungsjahr 2008 zu wählen, da die Immobilienblase dort erst später geplatzt ist.

(Jürgen Gansel, NPD: Man kann doch den Immobilienbesitz nicht herausrechnen!)