Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Schriftliche Beantwortung weiterer Fragen

Eva Jähnigen, GRÜNEN: Konsequenzen aus der Bedrohung von zwei Personen in Hoyerswerda durch Neonazis am 17.10.2012 und deren Wegzug (Frage Nr. 3)

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche konkreten Konsequenzen zieht die Staatsregierung nach der Auswertung der Vorfälle in Hoyerswerda am 17.10.2012 und danach?

2. Wurden neben der Anklageerhebung gegen acht mutmaßliche Täter weitere straf- oder disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet und wenn ja: gegen wen und mit welchem Ergebnis?

Antwort zu Frage 1: Ich glaube, zum Sachverhalt und den konkret veranlassten Maßnahmen zu den Geschehnissen wurde bereits in der Vergangenheit ausführlich unter anderem im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage, Drucksache 5/10555, in der 43. Sitzung des Innenausschusses des Sächsischen Landtages am 22. November 2012 sowie in der 68. Sitzung des Sächsischen Landtages am 14. Dezember 2012 umfangreich berichtet. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Die Strafverfolgungsbehörden des Freistaates Sachsen sind einem effizienten, schwerpunktorientierten und wirkungsvollen Vorgehen verpflichtet. Dies gilt selbstverständlich, wie in anderen Phänomenbereichen, auch für den gesamten Bereich der politisch motivierten Kriminalität.

Auch zukünftig wird der Polizeivollzugsdienst seiner Verantwortung gegenüber der Bevölkerung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch wirksame Maßnahmen bei der Bekämpfung extremistischer Bestrebungen, insbesondere rechtsextremer Gewalttätigkeiten, gerecht werden.

Ein wesentlicher Schritt dabei ist die Neuausrichtung des polizeilichen Staatsschutzes, insbesondere durch die Einrichtung eines Operativen Abwehrzentrums, welches im Schwerpunkt der Bekämpfung des Rechtsextremismus dient.

Genauso wichtig wie die polizeilichen Maßnahmen ist die Haltung der Zivilbevölkerung. Polizei wird immer erst dann auf den Plan gerufen, wenn die Sache schiefgegangen ist. Mir ist wichtig, dass alle in der Gesellschaft gegen Extremismus und eben auch Rechtsextremismus gemeinsam an einem Strang ziehen. Dazu dient das Programm „Weltoffenes Sachsen“, mit dem wir vonseiten des Freistaates Initiativen und Vereine bei ihrer Arbeit vor Ort unterstützen. In Hoyerswerda haben wir ein Aktionsforum

durchgeführt mit Polizei, Verfassungsschutz, der Stadt, der Kirche und vielen zivilen Initiativen. Es geht um Aufklärung: Wie sieht die Szene in Hoyerswerda aus? Es geht um Austausch: Wer macht was? Es geht aber auch darum, die Menschen für das gemeinsame Ziel zu gewinnen – für mehr Demokratie und mehr Toleranz.

Wir werden weitere dieser Aktionsforen in Sachsen initiieren, an Punkten, an denen die Szene aktiv ist.

Antwort zu Frage 2: Zur Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen bestand kein Anlass.

Landeserziehungsgeld (Frage Nr. 5)

Die massiven Kürzungen beim Landeserziehungsgeld wurden bisher nur von der NPD-Fraktion kritisiert. Die Staatsregierung hofft auf Einsparungen durch die Einführung des Bundesbetreuungsgeldes, das durch eine Verfassungsklage Hamburgs und eine mögliche neue Bundesregierung nach der Bundestagswahl auf der Kippe steht. Der Freistaat Sachsen lässt die Jugendämter und betroffenen Familien derzeit im Unklaren.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wann wurden welche Informationen zur weiteren Verfahrensweise/Antragstellung/Neuberechnung des Landeserziehungsgeldes und zur Einführung des Bundesbetreuungsgeldes an die Jugendämter der Landkreise und Kreisfreien Städten übermittelt?

2. Nach derzeitigem Kenntnisstand würde es zu parallelen Zahlungen von Bundesbetreuungsgeld und Landeserziehungsgeld kommen. Welche zukünftige Verfahrensweise ist hier geplant und wie soll sie umgesetzt werden?

Die NPD spricht von massiven Kürzungen beim Landeserziehungsgeld. Dazu stelle ich klar: Es gibt keinerlei aktuelle oder neue Kürzungen am Leistungsumfang für die Berechtigten. Im Dezember 2010 gab es mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 die letzte Änderung. Seither ist am Landeserziehungsgeldgesetz nichts mehr geändert worden. Der Haushaltsansatz für 2013 hat sich aus den Einsparungen gemäß unserem Beschluss vom Dezember 2010, aus einer sinkenden Inanspruchnahme der Leistung und aus anderen Überlegungen ergeben. Es zeichnet sich aber ab, dass die vorgenommene Reduzierung des Haushaltsansatzes zu groß war und dass überplanmäßige Mittel benötigt werden.

Die Aussage der NPD, die Staatsregierung hoffe auf Einsparungen durch das Bundesbetreuungsgeld, ist falsch;

denn es besteht keine Grundlage für eine Anrechnung von Bundesbetreuungsgeld auf das Landeserziehungsgeld. Daher kann es beim Landeserziehungsgeld keine Einsparungen durch das Bundesbetreuungsgeld geben. Und es gibt auch keinen Anlass für Planungen eines anderen Verfahrens.

Es ist ebenso falsch, dass die Staatsregierung die Jugendämter und die betroffenen Familien derzeit im Unklaren ließe. Die Landkreise und kreisfreien Städte wurden im März informiert, dass den Elterngeld- und Erziehungsgeldstellen auch die Auszahlung des Bundesbetreuungsgeldes übertragen wird. Unter Regie des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen, der über diese Stellen die Fachaufsicht führt, werden die entsprechenden Vorbereitungen getroffen. Mit der Einführung des Bundesbetreuungsgeldes ergeben sich weder geänderte Verfahrensweisen noch erneute Antragstellungen oder Neuberechnungen beim Landeserziehungsgeld. Daher waren dazu auch an niemanden gesonderte Informationen erforderlich.

Handygate: Folgen der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung einer nicht individuellen Funkzellenabfrage zum 19.02.2011 (Frage Nr. 6)

1. Mit Beschluss vom 17.04.2013 erklärte das Landgericht Dresden eine Entscheidung des Amtsgerichts Dresden vom 25. Februar 2011, mit der eine nicht individualisierte Funkzellenabfrage (FZA) des Landeskriminalamts (LKA) zum 19. Februar 2011 in Dresden angeordnet wurde, für rechtswidrig (Az.: 15 Qs 34/12).

2. Am 23. Februar 2011 wurde durch das Amtsgericht Dresden eine nicht individualisierte Funkzellenabfrage zum 19. Februar 2011 in Dresden der SoKo 19/2 der Polizeidirektion Dresden angeordnet.

Fragen an die Staatsregierung:

1. In welchem Umfang wurden seit Erlass des unter Ziffer 1 genannten Beschlusses jeweils durch das LKA und durch die SoKo 19/2 a) die Erhebung von Bestandsdaten zu den aufgrund der rechtswidrigen Anordnung der FZA erhobenen Verkehrsdaten gestoppt, b) erhobene Verkehrs- und Bestandsdaten gelöscht bzw. gesperrt und c) wie viele Betroffene benachrichtigt?

2. Wie viele der jeweiligen Beschwerden und sofortigen Beschwerden, die gegen die die FZA anordnenden Beschlüsse des AG Dresden am 23.02.2011 und 25.02.2011 anordnenden Beschlüsse eingelegt wurden, sind zwischenzeitlich wie entschieden bzw. nicht entschieden?

Die an die Staatsregierung gestellten Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1. Eine weitere Erhebung von Bestandsdaten in der konkreten, vom Landgericht Dresden mit Beschluss vom 17. April 2013 als formal rechtswidrig erklärten Funkzellenabfrage erfolgt nicht. Nach der im Laufe der Ermittlungen vorgenommenen Datenreduzierung befanden sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landge

richts Dresden noch 3 455 Verkehrsdaten und 200 Bestandsdaten aus dieser Funkzellenabfrage in den Arbeitsdateien des Operativen Abwehrzentrums der Polizei, das die Ermittlungen vom LKA übernommen hat. Diese wurden gelöscht.

Beim Landeskriminalamt Sachsen befinden sich derzeit noch in besonderer Aufbewahrung die von den Telekommunikationsunternehmen übermittelten Rohdateien sowie drei CD-ROMs, die den Prozess der fortlaufenden Datenreduzierung in den Arbeitsdateien der Polizei dokumentieren. Weitere Benachrichtigungen von Betroffenen sind nicht erfolgt.

Der Beschluss des Landgericht Dresden vom 17. April 2013 bezieht sich nicht auf die Beschlüsse des Amtsgerichts Dresden vom 22./23. Februar 2011 in dem Verfahren gegen unbekannt wegen mehrerer am 19. Februar 2011 begangener Landfriedensbrüche („SoKo 19/2“).

Zu Frage 2. In dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Dresden gegen bekannte Beschuldigte wegen des Verdachtes der Bildung einer kriminellen Vereinigung wurden 97 Anträge zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme gemäß § 101 Abs. 7 StPO gestellt. Dazu ergingen bislang 27 amtsgerichtliche Entscheidungen.

In allen Entscheidungen des Amtsgerichts Dresden wurde festgestellt, dass die mit den Beschlüssen vom 25. Februar 2011 angeordneten Funkzellenabfragen rechtmäßig

waren. 22 dieser Entscheidungen wurden mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angegriffen. Das Landgericht Dresden hat bisher über drei Beschwerden entschieden. In allen landgerichtlichen Beschlüssen wurde die Funkzellenabfrage aus dem Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 25. Februar 2011, Az. 270 Gs 711/11, aus formalen Gründen für rechtswidrig erklärt und die Löschung der erhobenen Daten angeordnet sowie die sofortige Beschwerde hinsichtlich der Funkzellenabfrage aus dem Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 25. Februar 2011, Az. 270 Gs 729/11, als unbegründet verworfen.

In dem Verfahrenskomplex „SoKo 19/2“ gegen unbekannt wegen diverser am 19. Februar 2011 begangener Landfriedensbrüche wurden 73 Oberprüfungsanträge gestellt. In 33 Fällen wurde durch das Amtsgericht Dresden festgestellt, dass die mit Beschluss vom 22./23. Februar 2011 angeordnete Funkzellenanordnung rechtmäßig war. In 16 Fällen wurde gegen diese Beschlüsse sofortige Beschwerde erhoben. Drei der Beschwerden wurden zwischenzeitlich wieder zurückgenommen. In den übrigen 13 Fällen liegt noch keine Entscheidung des Landgerichts Dresden – Beschwerdekammer – vor.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung der 77. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages ist abgearbeitet. Das Präsidium hat den Termin für die 78. Sitzung auf Mittwoch, den 10. Juni 2013, 10:00 Uhr festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung gehen Ihnen rechtzeitig zu.

Ich danke Ihnen allen. Ich danke den Mitarbeitern der Verwaltung wieder für ihre gute Begleitung der beiden Landtagssitzungen.

Jetzt wünsche ich Ihnen erholsame, erlebnisreiche, sonnige Pfingstfeiertage und einen guten Nachhauseweg.

Die 77. Sitzung ist geschlossen.