Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Ich rate Ihnen, Herr Unland, und Ihnen, Frau Kurth, auf diese Forderungen einzugehen.

Lassen Sie mich ein letztes Wort sagen, auch wenn der Ministerpräsident nicht im Saal ist.

Als ich 1997 die Grundschulvereinbarung abgeschlossen habe, war es auch ein Ministerpräsident, nämlich Herr Biedenkopf, der noch etwas von Tarifverhandlungen verstanden hat, der sich ganz offiziell eingeschaltet und ganz offiziell eine klare Linie bezogen hat, diese Verhandlungen zum Erfolg zu bringen. Daran haben sich die Minister zu halten gehabt. Das vermisse ich heute.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die FDP-Fraktion Herr Abg. Bläsner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe viel Verständnis dafür, dass es bei dem Thema und überhaupt im politischen Bereich immer viele Emotionen gibt. Aber ich glaube, dass die Leute draußen und die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen nicht hören wollen, dass wir über persönliche Befindlichkeiten oder das eine oder andere falsche Wort streiten. Ich glaube, viel wichtiger ist, dass wir auf das Ergebnis schauen. Ich glaube, das kann sich trotz der Kommunikationsprobleme, über die hier diskutiert wurde und die ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, sehen lassen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Welches Ergebnis denn?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, niemand streitet ab, dass wir als CDU/FDP-Koalition motivierte Lehrer haben wollen, dass wir für ein attraktives Berufsbild in Sachsen kämpfen und dass es unser Anliegen ist, Gerechtigkeitslücken zu schließen.

Wir sind, was das betrifft, schon ein ganzes Stück vorangekommen. Wir haben im letzten Haushalt die Gerechtigkeitslücke bei den Grundschullehrern geschlossen, und ich bin ganz froh, dass jetzt die Regierung ein Angebot vorgelegt hat, das auch die Forderung aus der Koalition aufgreift und im Bereich Mittelschul- und Förderschullehrer eine Anhebung der Stellen vorsieht. Fast doppelt so viele Mittelschullehrer werden zukünftig in die Entgeltgruppe 13 eingruppiert werden können. Unsere Aufgabe ist es dann, 2015 dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Stellen im Haushalt ausgebracht werden. Auch im Bereich Förderschule werden mehr als die Hälfte der Lehrer zukünftig in die E 13 eingruppiert werden können.

Nun frage ich, wenn wir all den „Kriegsnebel“ mal verrauchen lassen: Was ist an diesem Angebot unannehmbar?

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das sage ich Ihnen gleich!)

Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich entsetzt darüber, wie man diese starre und ablehnende Haltung haben kann. Die Staatsregierung geht auf die Lehrer zu. Wir schließen eine Gerechtigkeitslücke, und Sie fühlen sich brüskiert! Wenn wir einmal schauen, wie viel ein Mittelschullehrer mehr verdient aufgrund der Tarifanpassung und der Höhergruppierung zwischen Ende Dezember 2012 und vielleicht dem 01.08.2014, dann sind das 550 Euro brutto mehr. Ich frage mich: Ist das unannehmbar? Ich glaube nicht.

Im Übrigen, Frau Dr. Stange: Wenn eine Koalition etwas für die Lehrer getan hat – wenn man einmal bei Licht draufschaut, dann eigentlich nur diese. Wir haben das Ende der Teilzeit begleitet. Wir werden Tausende Lehrer höhergruppieren. Etwas Derartiges hat keine Regierung vorher zustande gebracht, noch nicht einmal die Regierung, bei der eine ehemalige Bundesvorsitzende der GEW im Kabinett saß. Ich glaube, was die SPD hier macht, ist vor allem Budenzauber und Wahlkampf. Sie holt sich dabei noch, wie die gesamte Opposition, Unterstützung aus der GEW dazu. Ich denke, wir sollten aufpassen, dass wir Streiks nicht zum Mittel des Wahlkampfs werden lassen. Ich finde es schon bedenklich, wenn vonseiten der LINKEN und der SPD Streiks von politischer Seite ins Spiel gebracht werden. Wir sind hier im Landtag. Wir haben nicht über Streiks zu entscheiden, wir haben die bildungs- und die finanzpolitische Diskussion zu führen.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Sie wollen sie verhindern!)

Die Frage des Streiks – ich persönlich werde mich heraushalten und werde sie auch nie bewerten – ist eine Frage der Gewerkschaften, und Sie haben zu begründen, wenn Sie streiken wollen. Ich wünsche viel Erfolg dabei – bei dem Angebot, das vorliegt.

Nochmals möchte ich darauf hinweisen: Wir wurden zu Recht – das sage ich persönlich – kritisiert. Was wir im letzten Haushalt nicht geschafft haben, ist, etwas im Bereich der Mittel- und Förderschullehrer zu tun. Aber wenn wir etwas gemacht hätten, dann hätten wir es genauso gemacht wie jetzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meine Damen und Herren, Frau Abg. Giegengack. Bitte, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es herrscht ein neuer alter Stil im SMK seit dem Einzug von Frau Kurth im März 2012. Dieser wird seitdem immer wieder deutlich – auch bei dem Thema, um das es heute geht. Abgesehen von dem Inhalt des Angebotes, der jetzt schon mehrmals angesprochen wurde, ist für mich auch das „Wie?“ ein Knackpunkt des Vorstoßes der Staatsregierung.

Die Rhetorik der Staatsregierung lässt meiner Meinung nach tief blicken und offenbart ein doch recht zerrüttetes Verhältnis zwischen ihr und der größten Angestelltengruppe des Freistaates. Man muss sich das einmal vergegenwärtigen: Hier war von Lehrer- und Schulfront die Rede und von einem ultimativen Angebot. Da fragt man sich: Ist die Ministerin im Krieg mit den Lehrern?

(Zuruf des Abg. Jens Michel, CDU)

Nach den konstruktiven Gesprächen – das wurde von allen Seiten so bestätigt – glaube ich, dass die Lehrer hier durchaus brüskiert worden sind. Diese Art der Formulierung finden wir auch in einem anderen Zusammenhang mit Verhandlungen. Wir hatten schon einmal diese Kriegsrhetorik in Bezug auf die Verhandlungen mit den freien Schulen, als es um die Sachkosten ging. Da sprach die Staatsministerin davon, den „Kalten Krieg mit den freien Schulen zu beenden“. Anscheinend hat die Staatsministerin ein Problem, wenn es um Verhandlungen auf Augenhöhe geht, und mit einem fairen Interessenausgleich und Diskussionen.

Wir können aber auch weitergehen. Wie glaubwürdig ist eine Staatsministerin, die vorgibt, eine einvernehmliche Lösung zum Generationenwechsel in den Lehrerzimmern zu suchen, die, kaum im Amt, mit Unverständnis auf die Streiks für mehr Lehrerstellen, für eine bessere Bezahlung und eine Altersteilzeitregelung reagiert und die streikbereiten Lehrer hart ins Gericht nimmt? Die Lehrergewerkschaften würden den Bogen überspannen und sich auf Kosten der Schüler profilieren – so dpa.

Anscheinend hat unsere Staatsministerin auch ein Problem damit, wenn jemand eine andere Meinung hat und diese auch noch lautstark zum Ausdruck bringt.

Dieser eigenwillige Umgang der Ministerin mit den Lehrern setzt sich aber auch hier im Hause fort. Die Qualität der Antworten auf die Kleinen Anfragen, die wir stellen – dabei spreche ich nicht nur von mir, sondern auch von Frau Dr. Stange, Frau Falken und Frau Klepsch –, geht gen null. Immer häufiger wird einfach weisgemacht, dass der Arbeitsaufwand, die Anfragen zu beantworten, zu groß sei oder die Frage ganz unzulässig. So wurden zum Beispiel mehrere Fragen bezüglich des Losverfahrens bei Fremdsprachen unter Staatsminister Prof. Wöller noch beantwortet. Seit Frau Kurth im Amt ist,

(Cornelia Falken, DIE LINKE:... gibt es keine!)

bekommen wir keine Antwort mehr.

Das letzte Mal im Plenum. Zu einer Anfrage zu den Ordnungsmaßnahmen in den Schulen, die unter Herrn Prof. Wöller sogar für zwei Schuljahre beantwortet wurde, machte Frau Kurth keine Angaben mehr.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Gar nichts!)

Ganz „besonders freue ich mich“, wenn unter Anfragen von mir steht – ich zitiere –: „Diese Nachfrage betrifft eine Planung innerhalb der Staatsregierung, die der

Vorbereitung von Regierungsentscheidungen im Rahmen exekutiver Eigenverantwortung dient; deshalb werden dazu keine Angaben gemacht.“

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Und darauf wartet man vier Wochen lang! Anscheinend hat die Staatsministerin auch ein Problem, wenn jemand kritisch nachfragt, etwas genauer wissen will und sich nicht mit „vorgestanzten“ Antworten zufriedengibt.

Auch der Umgangs- und Diskussionsstil der Staatsministerin hier im Hause schließt sich nahtlos daran an. Ich erinnere an das letzte Plenum, bei dem die Ministerin ihre Rede begann – ich zitiere –: „Meine Damen und Herren von der LINKEN! Dieser Antrag ist kalter Kaffee.“ Frau Dr. Stange hat Sie damals zurechtgewiesen, dass das einer Ministerin nicht zusteht.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

„Beschämen“ nennt man so etwas in der Sprache der Pädagogen, und die Kollegen Bildungspolitiker kennen das aus dem Ausschuss und aus dem Plenum: Die Staatsministerin verteilt gerne Noten auf unsere Redebeiträge, lässt Nachfragen nicht zu, bricht Diskussionen ab und hat auch keine großen Hemmungen, jemanden abzuqualifizieren und zu brüskieren. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich kenne diesen Stil. Ich bin zwölf Jahre in der DDR zur Schule gegangen, und es ist für mich durchaus ein Déjàvu.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Ich fühle mich zurückversetzt in meine Schulzeit, aber ich bin kein Schüler mehr und auch die Lehrer in unserem Schulsystem sind keine kleinen Schüler, denen man irgendetwas vorgeben muss. Wenn man junge Lehrer für dieses Bildungssystem haben möchte – als Staatsministerin, die selbst einmal Lehrerin war –, dann muss man auch ein gutes Beispiel abgeben, und Ihr Verhalten den Lehrern gegenüber und in diesem politischen Haus erinnert an alte Zeiten. Es ist kein Aushängeschild für ein modernes Bildungssystem und wenig motivierend für junge Lehrer.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun die NPD-Fraktion; Herr Abg. Löffler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich kaum zu glauben: Während Zehntausende Bürgerinnen und Bürger in Sachsen gegen die Flut und deren Folgen ankämpfen, fällt den Schulpolitikern nichts Besseres ein, als bildungspolitische Scharmützel vom Zaun zu brechen.

(Zuruf von den LINKEN: Ja, ja!)

Dabei hätte es wirklich anders kommen können. Das Gesamtpaket des Freistaates Sachsen zur Gestaltung des

Generationenwechsels an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Sachsen, wie es am 11. Juni auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde, hatte die Staatsregierung in einem Positionspapier erarbeitet, das wesentliche Forderungen erfüllte, die seit längerer Zeit von der GEW und den Arbeitnehmervertretungen gestellt worden sind. Ich erinnere an dieser Stelle an den glücklosen Staatsminister Wöller, der schon fast verzweifelt um mehr Personal gekämpft hatte und letztlich gescheitert war. Das Gesamtpaket gibt wesentlich mehr – finanziell wie substanziell – her, als noch vor einem Jahr vom Finanzminister zu erwarten gewesen wäre, und trotzdem stößt es bei den Arbeitnehmervertretungen auf schroffe Ablehnung. Warum nur?

Es ist die Art und Weise, wie es ins Gespräch gebracht wurde. Statt die eigene Position zuerst dem Verhandlungspartner vorzulegen, stellte die Staatsregierung ihre Vorschläge der Presse vor, frei nach dem Motto: „Friss oder stirb!“ So etwas gehört sich für seriöse Verhandlungspartner nicht. Aber es ist auch ausgesprochen dumm. So hat man den Vertretern der GEW, die personell eng verflochten sind mit den Parteien DIE LINKE und SPD, die Steilvorlage geboten, nun das gesamte Paket abzulehnen und in diesem Zusammenhang ein riesiges Geschrei zu erheben.

Wir Mitglieder der NPD-Landtagsfraktion haben das hier und heute mit Interesse und absolutem Unverständnis zur Kenntnis nehmen müssen. Der Vorwahlkampf in Sachsen für die Landtagswahl 2014 hat ganz offensichtlich begonnen und es ist bedauerlich, um nicht zu sagen kriminell, dass dieser auf dem Rücken unserer Schüler und Lehrer ausgetragen werden soll.

(Beifall bei der NPD)

Wäre es den Vertretern der Staatsregierung nicht möglich gewesen, das Angebot der Arbeitnehmervertretung anzunehmen, die geplanten Verhandlungen um einige Wochen zu verschieben? Oder treibt beide Verhandlungspartner die Sorge nach möglichen Streiks um? Die Terminverschiebung könnte schließlich auch andere Gründe gehabt haben. Immerhin sind Lehrerstreiks zu Schuljahresbeginn wesentlich effektiver einsetzbar als etwa während der Ferien.