Die körperliche Antwort lautet: Ich war im Raum. Inhaltlich haben wir schon einen Unterschied zu den Debatten,
die wir bei den Haushaltsberatungen hatten, und was jetzt der Titel der heutigen Aktuellen Debatte – Forderungen der Lehrerinnen und Lehrer erfüllen – ist. Was ist das? Mehr Alters- oder Stundenabminderung, Freistunden? Ich hätte mir schon gewünscht, dass das einfach konkretisiert wird. Nur das habe ich gesagt.
Herr Michel, ist Ihnen bewusst, dass Tarifverhandlungen zwischen Tarifpartnern durchgeführt werden, sprich, den Gewerkschaften, die tariffähig sind, und der Staatsregierung und nicht den Landtagsabgeordneten?
Ich will hier gar keine Forderungen formulieren. Das sind Forderungen, die Gewerkschaften formuliert haben, und Sie, ganz persönlich, wissen doch ganz genau, wie die Forderungen der Gewerkschaften sind.
Ich weiß das sehr wohl, wundere mich nur immer über manche Debatte und manchen Titel von Debatten. Nummer eins.
Nummer zwei. Wenn Sie sich aber hier hinstellen und fordern, dass wir die Forderungen der Lehrerinnen und Lehrer erfüllen sollen, dann muss ich jetzt entnehmen, sind das alle? Ist das das Weihnachts-wünsch-dir-was oder haben Sie auch Grenzen? Wo würde die LINKE eine Grenze ziehen zu den gewerkschaftlichen Forderungen? Das hätte ich gern mal gehört. Ich hätte gern ein staatspolitisches Bekenntnis gehört, wie es funktioniert, wo es geht und wo nicht. Das wäre von Ihnen eine Ansage gewesen. Aber so sind das nur politische Forderungen.
Gut. Was Sie hier machen, ist keine Unterscheidung, keine oppositionseigene Meinung und eine Trennung zu den Gewerkschaften. So ziehen Sie dieses Tarifgesprächsthema hier in den Landtag hinein. Jetzt bin ich mit der Beantwortung fertig.
Danke, Herr Präsident! – Was ich noch meine zu glauben, ist, dass es einen Unterschied in den Stimmungen bei den sächsischen Lehrerinnen und Lehrern und bei manchen Gewerkschaftsfunktionären gibt, die in dem Forderungshamsterrad sind und sich vielleicht von bundespolitischen Ansätzen missbrauchen lassen. Es gibt auch Lehrer, die verbeamtet sind, denen es schwerer fällt zu streiken. Da bietet sich dann Sachsen an. Wir wissen auch, wie die Tarifrunden 2011 und 2013 waren und warum es nicht zu einer Einigung gekommen ist.
Jetzt kommen wir einmal zur Ausgangssituation zurück. Der Haushaltsplan wurde schon angesprochen. Unser Haushaltsplan ist mit rund 300 Millionen Euro nicht gedeckelt. Diese nehmen wir aus der Rücklage. Wir haben sinkenden Solidarpakt, EU-Mittel sinken, die demografische Entwicklung ist negativ, der Länderfinanzausgleich muss neu geordnet werden. Wenn wir vor diesem Hintergrund darauf achten und nicht sofort auf jede Forderung eingehen, dann ist es kein böser Wille, sondern das ist einfach eine solide Politik, auf allen Gebieten einen Gleichklang hinzubekommen.
Wenn wir als zweitgrößtes Nehmerland mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von zwei Dritteln nicht von Anbeginn eine Höchstbezahlung nehmen, dann ist das auch noch nachvollziehbar.
Schauen wir uns einmal den Musterlehrer an: Mittelschullehrer, Arbeitnehmerverhältnis, in E 11, 10 Jahre im Dienst, Endstufe 5 erreicht, zwei Kinder. Dieser hat unter Beachtung der Jahressonderzahlung nach dem jüngsten Tarifergebnis etwas mehr als 4 600 Euro brutto. Das ist nach meiner Meinung schon kein Grund zum Streiken.
Jetzt kommen wir aber weiter. Wenn man ein Gerechtigkeitsempfinden hat und sagt, die Eingruppierung ist anders in den anderen Bundesländern, ich fühle mich schlecht behandelt, dann schauen wir uns doch einmal das Angebot an, das an Beamtenbund, Tarifunion und GEW für den landesbezirklichen Tarifvertrag zur Altersteilzeit gemacht wurde. Da wurde als Erstes ein Modell gewählt, das Unterrichtsabsicherung zur Folge hat. Das ist doch ganz normal. Ich bin schon der Meinung, dass die Unterrichtsabsicherung Priorität hat.
Als Nächstes: Wenn die Stellenhebung von 35 auf 66 % erfolgt, dann sind wir schon in Deutschland im Schnitt im oberen Bereich. Wenn wir die Lehrer in Förderschulen auf E 13 eingruppieren, dann bedeutet das für unseren Musterlehrer 5 080 Euro im Monat. Dann muss man nicht streiken.
Ich frage mich, was wir jetzt im Freistaat tun. Bei mir im Wahlkreis kratzt der Elbpegel an der 11-Meter-Marke, wir haben Milliarden Schäden im Land, wir sind das zweitgrößte Nehmerland, und trotzdem gibt es dieses Angebot. Das ist kein Almosen an die Lehrer. Das ist aber auch – das muss man würdigen – ein Schritt in die richtige Richtung. Da ist mir manches egal. Wenn man Gewerkschaftsversammlungen besucht hat, ist der Ton auch nicht immer fein. Da wundert man sich manchmal, dass dort Lehrer stehen, und jetzt gibt es hier Befindlichkeiten?
Die Offerte wurde nicht mit einem Lächeln überreicht. Worum geht es denn hier? Ich möchte, dass die Funktionäre sich wieder am Tisch zusammenfinden, dass am Ende Ruhe ist, dass nicht das Land auf dem Rücken der Kinder aufgeputscht wird, dass wir wieder Verhandlungen und Gespräche führen und dass so schließlich der Bildungsstandort Sachsen weiter das bekommt, was er verdient.
Lieber Jens Michel, Sie kennen sich bestimmt mit der Finanzsituation des Freistaates gut aus. Darüber haben wir uns jetzt nicht ausgelassen. Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass das nicht ein angemessener Stil der Staatsregierung und der Minister ist, wenn man hier von einer Lehrerfront spricht und einem ultimativen Angebot und dass das schon etwas von Kriegsrhetorik hat, bei der man nicht damit rechnen kann, dass das auf großes Verständnis stößt?
Dann brauchen wir nur das Protokoll der heutigen Sitzung anzusehen, wer hier alles Kriegsrhetorik gebraucht hat.
Nein, das waren keine Zitate, das war selbstverwandt. Da haben sicherlich beide Seiten Grund zum Abrüsten. Fakt ist doch eines: Wir reden viel mehr um irgendwelche Befindlichkeiten – wer hat mich mit Dreck beworfen, wer hat mich beschimpft? Das ist teilweise nicht mehr auf ordentlichem Niveau, sondern da geht es nur noch um Befindlichkeiten.
Meine Forderung ist, zum Verhandlungstisch zurückzukehren, dieses Angebot, das ich für gut halte, zu besprechen und dann im Freistaat zum Wohle der Kinder Unterricht durchzuführen, und nicht auf deren Rücken.
Sehr geehrter Herr Michel, wir können das so im Raum nicht stehen lassen, was Sie bezüglich der Forderungen gesagt haben. Deswegen habe ich, zugegeben, scherzhaft auf Ihre Anwesenheit rekrutiert, was die Haushaltsverhandlungen anbelangt.
Sie müssten wissen, dass während der Haushaltsberatungen mit zahlreichen Änderungsanträgen genau das beantragt worden ist, nämlich die Höhergruppierungen der Lehrer. Ich will jetzt nicht alles aufzählen. Das war die Stunde des Parlamentes gewesen, in der wir zu handeln hatten, wo wir unsere Forderungen aufgestellt haben.
Sie können mir schon zutrauen, dass ich weiß, wer hier Verhandlungen zu führen hat und was die Politik dort zu suchen hat. Die Politik hat hierbei gar nichts zu suchen, gar nichts, übrigens auch nichts vor der Presse mit Herrn Zastrow und mit Herrn Flath,
sondern das ist eine Angelegenheit der Tarifvertragsparteien, und in diesen Verhandlungen befinden sie sich. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt, dass ich froh bin, dass offenbar ein Angebot der Landesregierung wieder besteht, diese Verhandlungen zu führen und man wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Unsere Aufgabe – auch Ihre, Herr Michel – als Parlament ist es, die Rahmenbedingungen für vernünftigen Unterricht zu schaffen und damit Sorge zu tragen, dass diejenigen, die vonseiten der Landesregierung beauftragt sind, Tarifverhandlungen zu führen, diese so führen, dass wir zu einem positiven Ergebnis kommen, also wieder zu normalem Unterricht.
Offenbar scheint man immer noch nicht in diesem Land verstanden zu haben, dass die Gewerkschaften ein Recht haben, ihre Tarifverhandlungen einzufordern. Und wenn es hart auf hart kommt, dann werden Sie erleben, was in den Schulen passiert. Da brauchen wir überhaupt nicht die Kollegen zu Streiks aufzurufen. Gehen Sie mal in die Kollegien hinein; die Mittelschul-, die Grundschullehrer, die jetzt nicht höhergruppiert werden, was dort los ist.
Von daher kann ich nur noch einmal appellieren – deswegen haben wir uns auf diese Debatte eingelassen –: Nehmen Sie das Tarifvertragsgesetz ernst, nehmen Sie die Verhandlungen ernst und nehmen Sie auch ernst, dass in diesem Fall die Gewerkschaften und die Kolleginnen und Kollegen am längeren Hebel sitzen. Wir haben die Rahmenbedingungen zu schaffen.