Ich möchte gern fortfahren, denn ich bin gleich am Schluss. – Glaubwürdige und verantwortungsvolle Politik muss die Interessen gegeneinander abwägen. Vor allem aber zeichnet sich glaubwürdige Politik dadurch aus, dass den Worten auch Taten folgen. Es nützt also nichts, den Fluglärm in Sonntagsreden anzuprangern, aber keine wirkungsvollen Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Diese Doppelzüngigkeit muss beendet werden. Sonst, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wird es Ihnen bald so ergehen wie den Anwohnern der sächsischen Flughäfen und Sie werden keinen ruhigen Schlaf mehr finden.
Wir möchten gern über den Antrag punktweise abstimmen lassen, damit wir die Möglichkeit haben, differenziert darauf zu reagieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keinen Zweifel, dass Lärm störend ist und die Lebensqualität beeinträchtigt. Nur wundert es mich etwas, dass es bei Frau Kallenbach zwei unterschiedliche Kategorien von Lärm gibt. Es gibt den guten Lärm: Er entsteht auf der Schiene. Und es gibt den bösen Lärm: Er kommt aus der Luft.
Das finde ich schon etwas eigenartig. Ich denke, wenn man sich Lärm und dessen störende Wirkung anschaut, dann muss man schon alle Lärmarten betrachten, und dazu gehört auch der ÖPNV mit einer ratternden Straßenbahn vor der Haustür. Frau Kallenbach, so viel Ehrlichkeit gehört dazu.
Wenn wir Mobilität wollen, dann wird es nicht ganz ohne Lärm gehen. Anders, als es die GRÜNEN behaupten, haben sowohl Flughafenbetreiber als auch Luftfahrtunternehmen Interesse daran, Lärm zu mindern; denn wir haben an allen deutschen Verkehrsflughäfen Diskussionen über die Lärmentwicklung. Ich denke, jeder Flughafen erspart sich gern Gerichtsprozesse.
Es gibt eine ganze Menge Ansätze, wie man Lärm verringern kann. Das Beste ist sicher, dass man versucht, möglichst attraktiv zu sein für neue Maschinen. Sie sind in der Regel leiser als alte Maschinen. Man kann die
Aber ich sage Ihnen auch, dass das alles nicht zum Nulltarif kommt. Denn wenn Sie wollen, dass die Fluggesellschaften immer mit den leisesten und neuesten Flugzeugtypen fliegen, dann müssen Sie ihnen erlauben, auch einmal Geld zu verdienen. Dazu sage ich ganz klar: Da ist weder die Luftverkehrsteuer eine Hilfe, noch sind weitere Flugeinschränkungen hilfreich. Im Gegenteil: Sie unterlaufen noch, dass die Fluggesellschaften Geld verdienen, um in neue Maschinen zu investieren. Das ist ein Fakt.
Ihre Rede hier hat offenbart, dass Sie eigentlich von der Lage der Luftverkehrswirtschaft null Ahnung haben. Sie können Flugzeuge nur rentabel einsetzen, wenn Sie eine gewisse Anzahl von Umläufen in einer bestimmten Zeitspanne hinbekommen. Wenn Sie Nachtflugverbote ausweiten und das Flugzeug am Boden bleiben muss, verdienen sie kein Geld. Das ist das Problem. Dann wird die Flugverbindung unter Umständen unrentabel.
Ihr Antrag unterstellt, der Betrieb der sächsischen Flughäfen nachts sei quasi rechtswidrig. Das stimmt überhaupt nicht, denn sowohl Dresden als auch Leipzig/Halle haben eine gültige Betriebserlaubnis als internationale Verkehrsflughäfen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Voraussetzung für diese Betriebserlaubnis ist, dass die gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz und auch die Gerichtsurteile eingehalten werden.
Dresden hat ein Nachtflugverbot von 23:30 bis 05:30 Uhr. Gleiches gilt für den Passagierverkehr in Leipzig, für den Frachtverkehr nicht. Aber wenn wir das machen, was die GRÜNEN wollen – nämlich nachts gar keinen Frachtflugverkehr mehr –, dann unterlaufen Sie die Existenzberechtigung von Leipzig als Luftfrachtdrehkreuz.
Das Frachtgeschäft und insbesondere Expressfracht ist darauf angewiesen, dass sie entsprechende Ketten haben, wie sie ihre Fracht zeitlich umschlagen. Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Expressfrachtgeschäft für den Flughafen Leipzig von existenzieller Bedeutung ist. Wenn Sie dort die Frachtflüge nachts einstellen, können Sie vergessen, dass das DHL-Drehkreuz bleiben würde, und Sie können auch vergessen, dass Unternehmen wie zum Beispiel Aerologic die Maschinen, die sie im Moment fliegen, dort stationieren.
Leipzig ist momentan die Nummer zwei unter den deutschen Frachtflughäfen. 2012 stieg der Güterumsatz gegenüber dem Vorjahr um 14 %. Schauen Sie zur deutschen Nummer eins unter den deutschen Frachtflughäfen nach Frankfurt: Dort schrumpfte das Frachtvolumen um 7 %. Ein Grund waren unter anderem Einschränkungen des nächtlichen Betriebes.
Ja, dann findet der Frachtumsatz im europäischen Ausland statt, wenn Sie die Arbeitsplätze aus Sachsen nach Tschechien, Polen, Belgien oder Holland verlagern wollen, Frau Runge.
Dies mag die Politik Ihrer Fraktion sein, aber wir wollen, dass die Arbeitsplätze in Sachsen bleiben, meine Damen und Herren.
Der 24-Stunden-Betrieb für den Frachtbereich in Leipzig ist der entscheidende Wettbewerbsvorteil, den wir hier in Sachsen haben; denn es gibt mittlerweile in Deutschland noch einen einzigen Flughafen, der diesen 24-StundenBetrieb ermöglicht und gleichzeitig Erweiterungsflächen im Flughafenbereich hat.
Der Flughafen Leipzig/Halle ist gewissermaßen die strategische Reserve für die Luftfracht in Deutschland, Frau Runge. Wie wichtig Luftfracht für den internationalen Handel ist, sehen Sie, wenn Sie sich mit den Zahlen beschäftigen: Allein rund 13 % des deutschen Außenhandels erfolgen auf dem Luftweg. Es sind übrigens besonders wertvolle Güter, Hightech-Güter, die wir auch in Deutschland fertigen. Betrachten wir Waren, die außerhalb Europas gehandelt werden, ist es ein Drittel, das über den Luftweg abgewickelt wird.
Das komplette Nachtflugverbot ist wieder ein typischer Beißreflex von GRÜNEN und LINKEN, aber Sie schaden damit einer ganzen Region.
Interessant ist, wenn man sich zum Beispiel die Lärmkarte der Stadt Leipzig anschaut. Dort sehen Sie, dass nachts gar nicht in erster Linie der Fluglärm für die meisten Bürger in Leipzig eine Belastung ist, sondern der Straßenlärm. Frau Kallenbach, ich habe noch nicht gehört, dass Sie fordern, den Straßenbahnverkehr in Leipzig nachts einzustellen.
Nun kann man sich aus grüner Sicht generös zeigen und sagen: Nun ja, man kann ja ganzjährig die Bioäpfel aus dem eigenen Garten essen. Internationalen Handel muss man natürlich nicht haben. Flugreisen – das haben Sie, Frau Kallenbach, auch gesagt – muss man vielleicht auch nicht machen.
Das ist grüne Politik. Damit wird man natürlich weniger Mobilität und weniger Luftverkehr haben, aber ich sage Ihnen ganz klar: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir nicht der Meinung, dass Flugreisen nur etwas für Reiche sind, meine Damen und Herren.
Wir wollen die internationale Verflechtung der sächsischen Wirtschaft weiter vorantreiben, und da ist eine gute
Logistik auch im Luftbereich unerlässlich. Wir wollen Flugreisen für möglichst viele Menschen hier in Sachsen ermöglichen. Dafür brauchen wir leistungsfähige Flughäfen. Das, was Sie wollen, Frau Kallenbach, würde unsere Wettbewerbsposition verschlechtern, das würde Flugverbindungen kosten und Arbeitsplätze gefährden. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand wird die Belästigung und die Belastung, die der Fluglärm – insbesondere, aber eben nicht nur nachts – für betroffene Anwohner ausmacht, abstreiten oder kleinreden. Wir wissen auch, dass in extremen Einzelfällen Personen, die permanenten Lärmbelästigungen ausgesetzt sind und dadurch nicht einschlafen können, unter Herzrhythmusstörungen und anderen Krankheiten leiden können.
Wir wissen aber auch – und das ist nicht zynisch gemeint –, dass man sich dort, wo Fluglärm nicht in einer drastischen Form auftritt, sogar an ihn gewöhnt und ihn dann überhört. Aber unter Abwägung der von Ihnen genannten aktiven oder passiven Lärmschutzvorkehrungen – also der Einstellung des Luftverkehrs zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens einerseits oder der Lärmschutznachrüstung von Fenstern, Türen oder anderen schallschutzdämmenden Gebäudebereichen andererseits – kann eine vernünftige Entscheidung nur zugunsten Letzterer ausfallen. Da allerdings sollten Flugbetreiber rigide in die Pflicht genommen werden.
Wir alle wissen, welche Anstrengungen in den letzten beiden Jahrzehnten unternommen werden mussten, um den Dresdner wie auch den Leipziger Flughafen auf gesamtdeutscher und europäischer Ebene zu etablieren. Würde Ihr Antrag umgesetzt werden, würde dies in Leipzig das Logistikzentrum DHL, das durch Expressfracht zwingend auf Nachtflüge angewiesen ist, und damit 3 500 Arbeitsplätze infrage stellen. Auch andere große Logistikfirmen wie Amazon usw. wären dadurch stark betroffen.
Die Staatsregierung hat Ihnen aus Sicht der NPD überzeugend geschildert, dass freiwillig bereits große Fortschritte beim Austausch von lauteren Kerosinschluckern durch Flugzeuge der sogenannten Bonusliste, also Maschinen mit erheblich weniger Verbrauch an Kerosin und deutlich geringeren Dezibelwerten, erzielt worden sind und dass in Dresden bereits ausschließlich diese Maschinen eingesetzt werden.
Auch in Leipzig sind die sowjetischen Flugdinosaurier Antonow An-12 schon aus dem Verkehr gezogen worden. Da aber die NATO nicht in der Lage zu sein scheint, eine
Ich betone noch einmal ausdrücklich, dass wir das Argument, hier im Rahmen von NATO-Projekten wie SALIS von Leipzig aus Einsätze in Afghanistan und anderen Krisengebiete fliegen zu lassen, ablehnen – dies aber generell und nicht im Rahmen einer Fluglärmdebatte.
Wir wissen, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, dass Sie eine gewisse Anfälligkeit für Sonderbeauftragte haben; das haben Sie scheinbar mit den Verantwortlichen im Dritten Reich gemeinsam,
Parallelwelt zu den Regierungsinstanzen bildete. Das wollen wir hier in Sachsen und bundesweit verhindern – Gott bewahre! – und deshalb müssen wir Ihnen auch diese(n) Sonderbeauftrage(n) leider ablehnen.