Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

(Beifall bei der SPD – Verwunderung bei der FDP)

Sie fragen, warum wir das jetzt bringen. Das ist ja die größte Frechheit! Ja, was denn?

(Widerspruch des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Es ist wohl nicht mehr gestattet, auf Fehler in diesem Haus hinzuweisen, die ideologisch begründet gemacht wurden, weil es Ihnen nicht passt, dass wir uns um

Menschen kümmern, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben, weil Sie die am liebsten draußen lassen würden?! Der Markt richtet’s. Wir haben in der Finanzkrise gesehen, was das letztlich anrichtet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Vielen Dank, Herr Pecher. – Ich frage die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, ob noch Redebedarf besteht. – Das ist nicht der Fall. Ich frage die CDU-Fraktion. – Herr Heidan, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte die Anwesenden um etwas mehr Sachlichkeit im Umgang mit den Dingen. Ich darf gerade die Antragsteller daran erinnern, dass sie einen Antrag zu einem Programm gestellt haben, das es nicht mehr gibt.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das ist schon sehr komisch. Sie hätten Ihr Begehr wenigstens schon im Dezember stellen können, aber Sie bringen es dann, wenn das Programm bereits ausgelaufen ist.

(Zuruf der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

Abgesehen von der Fülle der Fragen würde ich Ihnen empfehlen, das Mittel der Kleinen Anfrage zu benutzen. Im Hinblick auf den GRÜNEN-Antrag hatten Sie den Termin 31.05. gesetzt. Mit dem Mittel der Kleinen Anfrage hätten Sie innerhalb von vier Wochen durchaus eine Antwort bekommen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Heidan, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Heidan, hatte ich vorhin richtig den Eindruck, dass Teile der CDU-Fraktion bei der Kritik an der Einstellung des Kombi-Lohns Beifall gespendet haben? Ich möchte gleich noch eine zweite Frage anschließen: Warum hat denn die CDU-Fraktion nicht sofort reagiert, als bekannt wurde, dass der Kommunal-Kombi eingestellt wird; denn Sie sind doch, soweit ich weiß, in der Koalition?

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es hat jeder gewusst, dass das Kommunal-Kombi-Programm zum 31.12.2009 endet. Das war bekannt. Es war nur auf drei Jahre ausgerichtet.

Ich bin auch nicht bereit, dieses Programm schlechtzureden. Der Freistaat hat 46 Millionen Euro in den zweiten Arbeitsmarkt gebracht. Die Kommunen haben mit 11 Millionen Euro letztlich ihren Anteil dazugelegt. Man kann sich ausrechnen, dass das knapp 60 Millionen Euro waren, die von Landes- und Kommunalseite aufgebracht

wurden. Was hätten diese Millionen gebracht, wenn wir sie zum Beispiel in die GA-Förderung und in die Investitionsförderung in den ersten Arbeitsmarkt gegeben hätten und hätten dort sichere Arbeitsplätze gebracht, die über drei Jahre hinausgingen oder vielleicht noch eine längere Lebensdauer hätten?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Heidan, Sie gestatten noch eine Nachfrage?

Es war vielleicht zu viel, zwei Fragen auf einmal. Deshalb wiederhole ich meine letzte Frage. Warum hat die CDU-Fraktion nicht Herrn Morlok als Wirtschaftsminister aufgefordert, von seiner Entscheidung im Dezember Abstand zu nehmen, wenn man das als falsch erkannt hat?

Das hat man nicht als falsch erkannt. Das war nicht so. Das Programm ist ausgelaufen. Am 26. November ist von der Staatsregierung in Verantwortung des Wirtschaftsministers auch im Hinblick auf die geringeren Steuereinnahmen gesagt worden, dass wir unser Hauptaugenmerk in andere Richtungen lenken müssen. Das ist jetzt das Problem.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich kann schon Alexander Krauß als Sozialpolitiker verstehen. Er hat ja letztlich die Probleme, die sich mit der Langzeitarbeitslosigkeit beschäftigen, hautnah immer wieder auf seinem Schreibtisch liegen. Aber in dieses Programm weiter Geld hineinzugeben; dazu würde ich mir gern den Evaluationsbericht des Bundesverwaltungsamtes anschauen, was damit dauerhaft möglich ist.

In Ihren Anträgen, meine Damen und Herren, stelle ich nämlich keine Erkundungen zu der Frage, wo denn eigentlich die Ursachen der Langzeitarbeitslosigkeit zu suchen sind, fest. Was sind denn eigentlich die tatsächlichen Barrieren der Langzeitarbeitslosigkeit? Diese Fragen hätten Sie in Ihren Anträgen vielleicht stellen sollen und nicht die Frage der weiteren Finanzierung oder des weiteren Auflegens dieses Kommunal-Kombi-Programms.

Fakt ist doch – und das seit Ende der Achtzigerjahre –, dass durch den technologischen Wandel, durch die Zunahme des internationalen Handels und weltweiter wirtschaftlicher Arbeitsteilung ein Anwachsen des sogenannten Niedriglohnbereiches zu verzeichnen ist. Fakt ist auch, dass durch die Tarifabschlüsse gerade die Langzeitarbeitslosen nicht mehr in den ersten Arbeitsmarkt zurückkommen konnten. Fehlende Qualifizierung, ein verhärtetes und nicht auf die aktuellen Belange des Arbeitsmarktes zugeschnittenes und undurchdringliches Arbeitsrecht sind auch die Ursachen für diese Entwicklung. Haben Sie sich denn schon einmal die Frage gestellt, was mit den Empfängern des Kommunal-Kombis

nach drei Jahren passiert? Diese Frage ist doch durchaus berechtigt.

Der Wirtschaftsminister hat in seinem Titel „Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“. Das Letzte lassen wir einmal heraus. Es gilt hier, Wirtschaft zu fördern und Geld in die Hand zu nehmen, um sichere Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt zu kreieren. Der Staat ist kein besserer Arbeitgeber. Herr Herbst hat vorhin deutlich gemacht, was passiert, wenn in Leipzig Arbeitslose Müll zusammenlesen. Es passiert, dass die Kommune ausreißt und in der Form Arbeitsplätze abbaut, weil nämlich die regulären Arbeitsplätze durch so ein Beispiel gefährdet sind. Das, meine Damen und Herren, kann nicht Sinn und Zweck der Übung sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Heidan, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Welche nun zuerst?

Ich gehe in der Reihenfolge vor. Da ist zunächst Frau Dr. Stange.

Herr Heidan, ich muss jetzt sehr an mich halten. Deswegen stelle ich die Frage sehr konzentriert. Drei Jahre Arbeit für Menschen, die lange Zeit arbeitslos gewesen sind, was ist das für Sie wert?

Das ist für mich sehr viel wert, aber wir müssen bei den sinkenden Steuereinnahmen daran denken, dass wir den Euro nur einmal ausgeben können. Wir müssen dort Prämissen setzen, wo wirklich die Arbeitsplätze dauerhaft gesichert sind. Drei Jahre sind für mich eine sehr kurze Zeit. Es mag aus sozialpolitischer Sicht vielleicht durchaus ein Instrument sein, aber wir können es uns einfach nicht mehr leisten, 46 Millionen Euro in die Programme zu investieren. Sie wissen selbst aus der letzten Legislaturperiode, wie lange es gedauert hat, ehe dieses Bundesprogramm, das sich Kommunal-Kombi nennt – da ist vom Land überhaupt keine Rede – zum Laufen gekommen ist. Es hat 46 Millionen Euro bedurft, um diese Finanzierung durchzustellen.

Frau Dr. Stange, Sie wollen nachfragen?

Ich möchte nicht, dass es zum Zwiegespräch kommt.

Ich stelle nur noch eine Frage, dann gebe ich es auf. Sie haben gerade begonnen zu referieren, warum Langzeitarbeitslose langzeitarbeitslos sind. Ist Ihnen bekannt, dass Langzeitarbeitslose auch deshalb langzeitarbeitslos sind, weil es keine Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt?

Das ist sicherlich bekannt. Ich hatte das schon in meinem Redebeitrag angedeutet. Dafür

gibt es Ursachen; die Ursachen sind auch bekannt. Das wäre vielleicht eher ein Ansatz gewesen, Ihre Anträge besser im Plenum darzustellen, wie Sie es meinen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Heidan, es gibt eine weitere Zwischenfrage. Sie erlauben? – Ja.

Sie haben gerade angedeutet, die Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit seien allgemein bekannt. Mich würde aus Ihrer Sicht interessieren, wo Sie die Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit sehen. Das hat sich mir aus Ihren Ausführungen noch nicht erschlossen.

Sie hätten vorhin besser zuhören sollen. Ich hatte einiges gesagt, was die Langzeitarbeitslosigkeit zum Inhalt hat.

Der Freistaat und der Bund sind mit einer Förderpolitik und mit Geld an die Wirtschaft herangetreten und hatten durchaus sehr erfolgreich mit Hilfe der Förderung, wie Investitionszuschlag, GA-Förderung und verschiedene andere Instrumentarien, Unterstützung und Hilfe bei der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen geleistet; ich betone: am ersten Arbeitsmarkt. Das sollte nach meiner Meinung aus wirtschaftspolitischer Sicht auch getan werden. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es die bessere Lösung für ein erfolgreiches Jobprogramm ist.

Die Evaluierung des Bundesprogramms KommunalKombi durch das Bundesverwaltungsamt wird zeigen, in welcher Form Langzeitarbeitslose künftig am besten wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren sind. Vielleicht wird dann auch deutlich, dass ein Bundesprogramm funktionieren sollte, wenn die Mittel des Freistaates nicht mehr in diesen Größenordnungen fließen können, wie es in der letzten Programmphase der Fall war.

Sachsen ist gut beraten, die Förderung in den ersten Arbeitsmarkt fließen zu lassen. Den zweiten sollten wir sicherlich auch unterstützen, aber in einer anderen Form. Ich denke, die 46 Millionen Euro kann man in Investitionsförderung, in Unterstützung der Wirtschaft wesentlich besser integrieren. Aus diesem Grund werden wir Ihre Anträge ablehnen.

Herzlichen Dank.