Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

680 Millionen Euro Eigenkapital hatte. Ich darf daran erinnern, dass wir keine zwei Jahre vorher noch 300 Millionen Euro in die Bank hineingeschoben haben. Insofern ist das eine Spekulation, und am Ende betrifft das auch die Ableitung aus eventuellen Zinszahlungen von Krediten, die man hätte aufnehmen müssen. Das ist mehr als abenteuerlich und eigentlich nicht Ihre Art. Deswegen wundere ich mich gerade sehr, Herr Staatsminister der Finanzen.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Ich nehme den Dank dafür gern an, dass wir damals den Antrag gestellt haben, hier im Landtag darüber noch einmal zu entscheiden, was wir mit den Verwaltungsräten machen, auch wenn die Mehrheit von CDU und FDP gegen diesen Antrag und damit für die Entlastung der Verwaltungsräte votiert hat. Da dürfen Sie dankbar sein, dass Ihr Handeln im Nachhinein negativ sanktioniert wurde, wenn man das so sagen will.

Alles, was Sie jetzt in puncto Eigenkapitalaufstockung in Höhe von 2,75 Milliarden Euro gesagt haben, ist wirklich mehr als nur Spekulation. Das entbehrte zum damaligen Zeitpunkt jeder Grundlage.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Gibt es jetzt noch weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann können wir die 2. Aktuelle Debatte und damit den Tagesordnungspunkt abschließen.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung und die

Freiheit des Informationszugangs im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Verwaltungstransparenzgesetz)

Drucksache 5/9012, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/12311, Beschlussempfehlung des

Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses

Die Fraktionen können das Wort in folgender Reihenfolge erteilt bekommen: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt Herrn Abg. Bartl das Wort.

Vielen Dank. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Es ist nun schon ein reichliches Jahr her, dass wir den heute zur abschließenden Lesung stehenden Gesetzentwurf in diesem Hohen Haus in den Geschäftsgang eingebracht haben. Im Kern zielt der Gesetzentwurf darauf ab,

für mehr Augenhöhe zwischen Bürgerinnen und Bürgern zum einen und der Verwaltung zum anderen zu sorgen, wenn es um die Frage geht, Verwaltungstätigkeit im Freistaat Sachsen transparent zu machen. Es geht um die weitere Demokratisierung des Verhältnisses zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern.

Der vorstehende Gesetzentwurf hat in der Expertenanhörung im federführenden Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss am 26. November 2012, an der durchaus prominente Sachverständige teilgenommen haben, viel

Zustimmung erfahren. Unstreitig war zwischen allen Sachverständigen – eingangs hat es zum Beispiel Prof. Dr. Christoph Degenhardt, bekanntermaßen neben seiner Tätigkeit als Inhaber des Lehrstuhls für Staats-, Verwaltungs- und Medienrecht an der Universität Leipzig eines der berufsrichterlichen Mitglieder des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes, erklärt –, dass die Transparenz der Verwaltung – ich zitiere ihn hier kurz – „zweifellos verfassungsrechtlich legitim ist, da transparente Entscheidungsprozesse ein wesentlicher Aspekt der rechtsstaatlichen Verwaltung, der rechtsstaatlichen Demokratie sind, darin sind wir uns einig“.

Der Regelungsgehalt des Entwurfs im Einzelnen fand auch durch die übergroße Mehrheit der Sachverständigen volle Unterstützung, darunter auch durch den Vertreter des Netzwerkes Recherche e. V., Dr. Manfred Redelfs aus Hamburg, der für die Journalistenorganisation ausdrücklich begrüßte, dass nunmehr auch in Sachsen ein allgemeines Verwaltungstransparenzgesetz mit dem Ziel der größtmöglichen Öffentlichkeit der Verwaltung und ihres Handelns geschaffen werden soll. Herr Dr. Redelfs verband das im Übrigen mit dem nahezu beschämenden Hinweis, dass Sachsen neben Bayern, Baden

Württemberg, Niedersachsen und Hessen noch das einzige verbliebene Bundesland ist, das über kein Informationsfreiheitsgesetz verfügt, da wir lediglich die nach dem EU-Recht gesteuerte Umweltinformationsgesetzlichkeit haben.

Dieser bedauerliche Zustand, dass es an einem Informationsfreiheitsgesetz fehlt, das wir deshalb heute gern im Landtag beschlossen hätten, hat auch ganz praktische Konsequenzen. Als nämlich am 27. Juni dieses Jahres in Erfurt die 26. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder unter Vorsitz des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Dr. Lutz Hasse, stattfand, war

Sachsen nicht am Tisch. Dies geschah nicht, weil unser eigener Sächsischer Datenschutzbeauftragter, Andreas Schurig, an diesem Tag irgendetwas anderes Wichtiges vorhatte, sondern weil ihm bis zum heutigen Tag jede Kompetenz auf dem Gebiet der Informationsfreiheit fehlt. Er hat keine Kompetenzzuweisung. Deshalb wird er dort nicht eingeladen und kann nicht teilhaben. Er kann sich nicht gleichberechtigt und auf gleicher Augenhöhe einbringen. Andreas Schurig konnte deshalb auch nicht an der Beratung der vier Entschließungen dieser Konferenz teilnehmen, die der Bundesbeauftragte und die ihm in der Kompetenzzuweisung inhaltsgleichgestellten elf Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit im Ergebnis dieser Konferenz verabschiedeten.

Man kann der Pressemitteilung über diese Konferenz im Übrigen entnehmen, dass die teilnehmenden Landesbeauftragten unter anderem angesichts der Enthüllungen über umfassende und anlasslose Überwachungsmaßnahmen des US-amerikanischen und britischen Geheimdienstes die Verantwortlichen in Deutschland, in Europa und in den Ländern ausdrücklich aufforderten, für Transparenz auf nationaler und internationaler Ebene zu sorgen.

Als einen bewährten Weg erklären die Informationsfreiheitsbeauftragten in einem inzwischen öffentlich zugänglichen Positionspapier dieser 26. Konferenz, dass die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder sowie des Bundes – bezeichnet als Informationsfreiheitsgesetze – inzwischen eine große Akzeptanz erfahren haben und intensiv genutzt werden müssen.

Noch ein kurzes Zitat aus diesem Positionspapier, das die Gewichtung des Gesetzesvorschlages und des Ansatzes, den wir gewählt haben, deutlich macht: „Wer Informationen von öffentlichen Stellen begehrt,“ – so die Informationsfreiheitsbeauftragten – „muss einen Antrag stellen, ein Verwaltungsverfahren durchlaufen und dafür unter Umständen auch Gebühren entrichten. Die gesellschaftlichen Erwartungen an einen transparenten Staat gehen jedoch inzwischen darüber hinaus. Den in seiner Durchsetzung oft aufwendigen Antragsrechten der Bürgerinnen und Bürger sollte deshalb die Pflicht öffentlicher Stellen stärker als bisher zur Seite gestellt werden, Informationen von sich aus zu veröffentlichen. Open Data, also die aktive Bereitstellung öffentlicher Informationen im Internet, wird auf den ersten Portalen bereits praktiziert. Zahlreiche Projekte befinden sich im Aufbau.“

Genau diese Problematik hat unser Gesetzentwurf – neben dem Komplex zum öffentlichen Zugang von durch Verwaltungen erhobenen und gespeicherten Daten – als zweite Seite der Informationsfreiheit im Sinne eines Kerngeschäftes im Auge.

Beschreitet Sachsen mit der Annahme unseres Gesetzentwurfes diesen Weg, die aktive Bereitstellung öffentlicher Informationen im Internet zur Rechtspflicht für Verwaltungen zu machen – die im Übrigen mit der Regelung korrespondieren muss, dass öffentlich bereitgestellte Daten durch Verwendungsbeschränkungen nicht blockiert werden dürfen –, wird genau dies zudem zu einer Reduzierung der Kosten der Verwaltung im Rahmen der Gewährleistung von Informationsfreiheit und Transparenz führen. Die Frage entstehender Kosten war ja für die in der Expertenanhörung mitwirkenden Vertreter der kommunalen Spitzenverbände ein Grund, sich distanziert zu dem Gesetzentwurf zu verhalten. In dem Maße aber, wie ich das von vornherein im Bereich des Open Data anlege, würde über diesen Öffentlichkeitsgrundsatz im freien Informationszugang zweifellos auch eine Kostensenkung möglich sein. Regelungen dazu haben wir im § 4 Abs. 2 getroffen. Ich möchte aus Zeitgründen nicht auf Details eingehen.

Ich erwähne noch den von uns vorgesehenen § 23, der ein allgemeines Veröffentlichungsgebot enthält, eine Bestimmung, die wir – ich sage das noch kurz zur Begründung der Änderungsanträge – unter Hinweis auf die entsprechenden Expertenauffassungen noch einmal überarbeitet haben. Ich darf darauf verweisen, dass unser Gesetzentwurf den von den Informationsfreiheitsbeauftragten Ende Juni in Erfurt wieder geforderten subjektiv durchsetzbaren Anspruch des Zugangs zu Verwaltungsdaten und des Anspruchs auf deren Veröffentlichung vorsieht. Wir haben

hierzu einen geregelten Verwaltungsrechtsweg vorgesehen, dem in diesem Fall kein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist. Wir haben in dem Gesetzentwurf angelegt, dass der Zugang zu Informationen mit aktiver Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am öffentlichen Leben gekoppelt sein soll, und wir haben den Weg gewählt – was von Sachverständigen in der Expertenanhörung ausdrücklich begrüßt worden ist –, kein Parallelgesetz zum bestehenden Umweltinformationsgesetz zu etablieren, sondern ein sogenanntes integriertes Gesetz, in das die Problematik der Umweltinformation, die im Artikel 34 der Verfassung bereits als verfassungsrechtlicher Anspruch normiert ist, aufgenommen wird.

Damit ein letztes Wort, das auch noch einmal den Bogen zu heute Morgen schlägt. Wir müssen logischerweise, wenn wir die Frage der Informationsfreiheit in Zukunft über den Anspruch auf Umweltinformationsdaten hinaus erstrecken wollen, in die Verfassung eingreifen. Wir greifen also in den Artikel 34 der Verfassung ein und gestalten ihn mit unserem Gesetzesvorschlag zwangsläufig neu aus. Dass dieses notwendig ist, dass es herangereift ist, ist ein Argument, das auch heute Morgen ohne Weiteres hätte platziert werden können, weshalb sich die demokratischen Oppositionsfraktionen – – Denn ich denke, auf diesem Gebiet sind nicht nur wir unterwegs. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat inzwischen im ersten Verfassungsmodernisierungsgesetz die Regelung vorgesehen, Artikel 34 mit der Maßgabe umfassenderer Ansprüche zu novellieren.

(Zustimmung der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Die SPD hat im Bundestag – meines Wissens im Mai – einen umfassenden Gesetzentwurf zu Informationsfreiheit und Verwaltungstransparenz eingebracht. Es sind also herangereifte Entscheidungen grundsätzlicher Art, und wir bitten das Parlament, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, was im Übrigen noch einen wesentlichen Effekt für unseren Datenschutzbeauftragten hätte, der dann nach dem Willen des Gesetzes „Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit“ heißen würde, und ihm folgende Möglichkeit geben würde: Er könnte im September an der in Deutschland, konkret in Berlin stattfindenden Konferenz der Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit teilnehmen und säße nicht bestenfalls am Katzentisch.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Bartl. – Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Modschiedler. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten die Anhörung im selben Ausschuss, und es ist interessant, Herr Bartl, es war wohl für jeden etwas dabei – auch für uns –, und hinsichtlich der Kosten stimme ich Ihnen

insoweit sogar zu; denn da waren wirklich alle zurückhaltend.

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf soll ein nahezu umfassender und schrankenloser Informationsanspruch des Bürgers gegenüber sogenannten informationspflichtigen Stellen geschaffen werden. Zu diesem Zweck wollen Sie – das ist wichtig – die Verfassung des Freistaates Sachsen ändern und ein entsprechendes sächsisches Informationsfreiheitsgesetz verabschieden. Diesem

Gesetzentwurf werden wir aus mehreren Gründen nicht zustimmen, und das ist auch nicht bedauerlich – was Sie versuchen, aus dem herauszudeuten, was die Damen und Herren in der Anhörung gesagt haben; denn Gesetzgebungszweck soll die Kontrolle der Verwaltung und die Teilhabe der Bürger an Informationen sein. Selbstverständlich befürworten wir die Transparenz und die Nachprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen. Dies sind wesentliche Merkmale des Rechtsstaates und der Demokratie.

Allerdings reichen die bestehenden Informations- und Kontrollmöglichkeiten unserer Ansicht nach aus. Es gibt eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen, die den Bürgern Akteneinsichts-, Auskunfts- und Beteiligungsrechte

geben. Jetzt wird es wieder schön juristisch. Hierbei kann nämlich beispielhaft auf das Verwaltungsverfahrensgesetz verwiesen werden, § 29 Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 1 Sächsisches VwVfG, das Sächsische Informationsgesetz, § 4 Abs. 1, oder – das kennen wir auch und haben es diskutiert – die Möglichkeiten der Beteiligung im Baurecht. Im kommunalen Bereich – nun gehen wir ganz hinunter – sind die Kommunen gemäß § 11 Abs. 1 und 2 der Sächsischen Gemeindeordnung verpflichtet, die Bürger laufend über allgemein bedeutsame Angelegenheiten, Planungen oder Vorhaben im Wirkungskreis der Gemeinde zu unterrichten und zu beraten. Dies geschieht bereits jetzt auf vielfältige Weise unter Nutzung aller Medien. Unterlagen wie Haushalts- oder Bebauungspläne werden zur öffentlichen Einsichtnahme ausgelegt.

Herr Modschiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Bartl, wer sonst? Natürlich.

Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich bedanke mich, dass Sie mir eine Frage gestatten, Herr Kollege. Können Sie mir einmal erklären, wenn das alles auch ohne Informationsfreiheitsgesetz so selbstverständlich funktioniert, warum elf Länder der Bundesrepublik Deutschland solche geschaffen haben und der Bund eine Zuweisung der Aufgabenstellung, auch für Informationsfreiheit, an den Datenschutzbeauftragten vorgenommen hat?

Erstens beteiligen wir den Datenschutzbeauftragten, das wissen Sie und das kennen wir auch aus unserem Ausschuss. Sie selbst tun das hier. Aber was hat der Kollege Scheel gerade in der letzten Aktuellen Debatte gesagt? Sind wir jetzt die Lemminge, die allem hinterherschwimmen, weil sie es für richtig halten? Wir halten es nicht für richtig. Wir sagen, diese Sachen sind vorhanden, und sie sollen auch nur – das haben wir die ganze Zeit gesagt – aktiv genutzt werden. Ich kenne diese Diskussion, man müsse alles noch besser machen. Es wäre erst einmal sinnvoll, wenn wir alle Gesetze so umsetzen, wie wir sie zur Verfügung haben, und sie auch alle so nutzen. Dann brauchen wir nicht noch ein zusätzliches Gesetz, das – das hat die Anhörung ergeben – wesentliche Kosten verursachen würde. Das sehen wir nicht als notwendig an.

Gestatten Sie eine Nachfrage, Herr Modschiedler?

Bitte, Herr Bartl.