Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

Bitte, Herr Bartl.

Herr Bartl, bitte.

Auch wenn Sie das belastet, aber, Herr Kollege, –

Nein, das nicht, Herr Bartl.

– glauben Sie nicht, dass es für den Freistaat Sachsen nachteilig ist, wenn zum Beispiel unser Datenschutzbeauftragter als einer von vieren nicht in der Lage ist, an einer solchen Konferenz teilzunehmen und sich damit für das größte Flächenland in den neuen Bundesländern einzubringen und auch etwas für uns zu holen?

Schade, dass Herr Schurig nicht da ist. Das würde mich jetzt mal interessieren, denn ich war in dem Ausschuss anwesend und habe die Diskussion so aber nicht verfolgt, dass er nicht in der Lage war. War er physisch oder psychisch nicht in der Lage? Ich weiß es nicht, warum Herr Schurig zu dieser Veranstaltung nicht anwesend war.

Weil er nicht eingeladen war! Er ist nicht eingeladen worden! Er ist kein Informationsfreiheitsbeauftragter!

– Okay, weil er kein Freiheits- und Informationsbeauftragter ist. Er ist unser Datenschutzbeauftragter und als solcher aktiv. Wenn er dazu eingeladen werden sollte, kann er doch teilnehmen. Entschuldigung, aber wir sprechen über Äpfel und Birnen.

Nein, weil er keine Aufgabenzuweisung hat!

( Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

– Danke, Frau Jähnigen, dass ich Sie gut verstehe. – Wir fahren fort.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Das war ironisch!)

Ich habe es gemerkt, Frau Jähnigen.

Es ist also nicht so, wie Sie in dem Vorblatt Ihres Gesetzentwurfes behaupten, das ich aufmerksam studiert habe: dass sich „das Verwaltungshandeln in Sachsen in aller Regel jenseits aller Öffentlichkeit und bar jeglicher allgemeiner Zugangsmöglichkeiten zu Informationen vollzieht“. Dazu habe ich eben gesagt, im Freistaat Sachsen sei genau das Gegenteil der Fall.

„Jeder interessierte Bürger hat ausreichend Möglichkeiten, sich Informationen über die Arbeit der Verwaltung einzuholen. Dies gilt natürlich erst recht in den Fällen, in denen er unmittelbar Beteiligter im Verwaltungsverfahren ist und damit entsprechende subjektiver Rechte hat.“ Der von Ihnen gewollte umfassende Auskunfts- und Informationsanspruch wird sich eher dahin gehend auswirken, dass versucht wird, Informationen zu erlangen, die ausschließlich zu eigenen Zwecken genutzt werden sollen, zum Beispiel auch in laufenden rechtlichen Verfahren. Konkret sehen wir nämlich damit die Gefahr, dass allein wirtschaftliche Anliegen oder private Interessen das Motiv für die Nachfragen bilden; und dagegen sind wir.

Auch sehen wir aufgrund der praktischen Erfahrung mit Informationsfreiheitsgesetzen in anderen Ländern keinen Bedarf. Die Sachverständigen haben uns in der Anhörung bestätigt, dass die Nachfrage eher gering ist, Herr Bartl. Das ist auch Konsens gewesen.

Weiter haben wir die Befürchtung, dass Ihr geplantes Gesetzesvorhaben zu einer erheblichen – das war auch allgemeine Meinung – Mehrbelastung der Verwaltung führen wird. Das haben in der Anhörung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses sowohl der Vertreter des Landkreistages wie auch ein Vertreter der Stadt Freiberg sehr anschaulich dargelegt. So sollen beispielsweise Informationsregister angelegt werden – hierbei handelt es sich um ein öffentlich zugängliches Register –, das den Bestand der verfügbaren Informationen einer der Informationspflichtigen abbilden soll. So soll es sein. Jeder Vorgang soll hier archiviert werden, und zwar mit Aktenzeichen und Inhaltsangabe.

Allein der Aufbau erfordert einen erheblichen Aufwand, der neben der täglichen Arbeit geleistet werden müsste. Zusatzmittel gäbe es dazu nicht; solche Register führt sie nicht. Dieses Informationsregister müsste aber immer wieder auch aktualisiert werden, und zwar in diesem Umfang, Frau Friedel. Jede neue Information müsste aufgenommen werden.

Wenn man sich vor Augen führt, wie viele Informationen – ob nun per Post oder per E-Mail – jeden Tag zum Beispiel in einem Landratsamt oder einer Landesbehörde eingehen, wird klar, dass eine entsprechende Bearbeitung nur mit erheblichem Personal- und Sachaufwand betrieben werden könnte. Auf die Gefahr, dass hier eine Verwaltung – gerade in kleineren Gemeinden – mit Personal

überfordert werden könnte, weise ich mal nur am Rande hin.

In diesem Zusammenhang ist auch die von Ihnen gesetzte Zweiwochenfrist zu sehen. Innerhalb von zwei Wochen – maximal sechs Wochen – soll die Information zugänglich gemacht werden. Die Verwaltung soll verpflichtet werden, gegebenenfalls auch Informationen zu verschaffen, die sich vorübergehend bei einer anderen Stelle befinden. Dies dürfte in vielen Fällen schwer, ich würde eher sagen, gar nicht einzuhalten sein.

Die von Ihnen im Vorblatt des Gesetzentwurfes vorgenommene Einschätzung, dass dies alles ohne großen personellen oder sachlichen Mehraufwand zu leisten wäre, ist deshalb nicht nachvollziehbar.

Auf dieser Linie liegt auch das von Ihnen gewollte allgemeine Veröffentlichungsgebot. Hiernach sollen die informationspflichtigen Stellen alle Informationen veröffentlichen, soweit Rechtsgründen kein – wieder der juristische Begriff – unverhältnismäßiger Aufwand entgegensteht. Die Frage ist: Wie soll das in der Praxis aussehen? Unverhältnismäßiger Aufwand – wer entscheidet und prüft das? Wie wird im Streitfall entschieden? In jedem Fall wird auch hier ein erheblicher Verwaltungsaufwand ohne erkennbaren Nutzen erforderlich werden.

Wir sehen aber auch noch die rechtlichen Probleme. So wird es immer wieder Abgrenzungsprobleme geben zwischen dem begehrten Auskunftsanspruch und dem Geheimhaltungsinteresse Dritter. Entsprechende Streitigkeiten sind logischerweise vorprogrammiert. Hier wird auch die Situation für die Mitarbeiter der Verwaltung schwierig, da möglicherweise Haftungsansprüche von Dritten bei entsprechender Auskunftserteilung geltend gemacht werden könnten. Entsprechend werden wieder umfangreiche Prüfungen vor der Auskunftserteilung erforderlich werden.

Ebenfalls sehen wir als CDU-Fraktion Bedenken gegen die von Ihnen definierten Kreise der Informationspflichtigen. Neben Behörden sollen hierzu auch juristische Personen des Privatrechts, die sich überwiegend in öffentlicher Hand befinden, gehören. So verstehen wir das. Hierdurch kann und wird es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen; logisch. Wir wollen ja auch Informationen von Unternehmen, die im Wettbewerb stehen. Hierdurch würden dann möglicherweise Konkurrenten Informationen erhalten, die sie selbst nicht veröffentlichen müssen. Das ist eine klassische Wettbewerbsverzerrung.

Auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen halten wir für nicht ausreichend. So stellen Angaben zu Bietern und Höhe der Gebote etc. – das ist bei Ihnen § 13 Abs. 6 Nrn. 6 und 7 – einen Verstoß gegen die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar. Hierdurch könnte beispielsweise auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Bieter geschlossen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf ist so überflüssig, bürokratisch – sehr bürokratisch sogar – und bindet die anderen Stellen, dringend benötigte Personal-

und auch Sachressourcen bei den Behörden des Landes und der Kommunen. Nach unserer Auffassung sind bestehende Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger ausreichend, auch was die Kontrolle der Verwaltung betrifft – sei es durch die Öffentlichkeit und insbesondere auch durch die Justiz –, gewährleistet.

Wir werden deshalb – das gilt auch für den Änderungsantrag, den Sie eingebracht haben; so deute ich es – dem Votum des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses folgen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Nun spricht Frau Abg. Friedel für die SPD-Fraktion; bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Modschiedler hat uns gerade auseinandergesetzt, warum die Welt untergeht, wenn dieses Gesetz beschlossen würde.

Ich will noch einmal, damit wir wissen, worüber wir sprechen, erstens sagen, worum es in dem Gesetz geht, und zweitens, wo es das überall schon gibt. Dann können wir zusammen überlegen, ob dort die Welt schon untergegangen ist oder nicht.

Worum geht es in dem Gesetz? Herr Kollege Bartl hat den entscheidenden Satz genannt: Es geht darum, Augenhöhe zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und der Verwaltung auf der anderen Seite herzustellen. Augenhöhe, indem man sagt: Die Verwaltung ist eine öffentliche Stelle, die von uns allen bezahlt wird; wir alle sind Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Sie agieren im öffentlichen Auftrag und kümmern sich um öffentliche Angelegenheiten, und deswegen sollen auch die Informationen, die es dort gibt, öffentlich sein.

Sie haben eben nicht recht, Herr Kollege Modschiedler, wenn Sie sagen, wir haben doch schon jetzt bestehende Gesetze und jeder Bürger kann alles wissen. Nein, Sie haben das ja selbst eingeschränkt. Momentan hat man nur dann Anspruch auf Information in bestimmten Verfahren, wenn man verfahrensbeteiligt oder betroffen ist. Aber als Unbetroffener, als an einer Sache nicht persönlich betroffener, aber trotzdem interessierter Mensch habe ich keinen Anspruch auf Information. Da bin ich vom guten Willen der Verwaltung abhängig. Ich gehe zu der Stelle hin. Die eine Stelle sagt: Ja, kein Problem, das dürfen Sie wissen; und die andere Stelle sagt: Nein, das geht Sie gar nichts an.

Diese ungleiche Handhabung durch bürgerfreundlichere oder etwas bürgerunfreundlichere Verwaltungen will dieses Gesetz beenden, indem es klarmacht: Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf Information.

Nun können wir einmal schauen, wo es solche Gesetze schon gibt: Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Ham

burg, Bremen, Saarland, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz – nicht alle von den Linken regiert, wie wir wissen. In Brandenburg feiert das Gesetz dieses Jahr 15-jähriges Jubiläum, in Berlin gibt es das seit 1999 und in Schleswig-Holstein seit 2000. Nun haben wir noch drei, vier Bundesländer – man kann sich wundern, woran es liegen könnte, wenn man zum Beispiel Bayern und Sachsen in einem Atemzug erwähnt –, in denen es solche Gesetze noch nicht gibt; in denen sich die Verwaltungen, die Politik, der Landtag – oder deutlicher: die schwarzen Mehrheiten im Landtag – dagegen wehren, dass eine solche Augenhöhe zwischen Bürgern und Verwaltung eingeführt wird.

Selbst in den Ländern Bayern und Sachsen schauen Sie einmal dorthin, wo die Bürgerinnen und Bürger etwas mehr Einfluss haben. Es ist ja logisch, dass in der Anhörung hier die Vertreter der kommunalen Ebene ein solches Gesetz ablehnen – Sächsischer Städte- und Gemeindetag und Landkreistag. Man muss auch einmal ehrlich sein: Wer sitzt da drin? Das sind ja nicht die Vertreter der Kommunen, sondern die Vertreter der Verwaltungsspitzen der Kommunen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Da sitzt die Exekutive – und für die ist es natürlich Arbeit, logisch. Für manche ist es auch eine Störung, wenn die Bürger auf einmal alles wissen wollen. Wenn man da aber mal in den Städten in die Gremien schaut, wo die Bürgerinnen und Bürger mehr zu sagen haben – in die direkt gewählten kommunalen Parlamente –, dann sieht es anders aus; dann werden wir feststellen, dass wir in Dresden eine Informationsfreiheitssatzung haben – auf Antrag der GRÜNEN, das sei dazugesagt –, dass wir in Leipzig eine Informationsfreiheitssatzung haben, dass wir, was Bayern angeht, in München eine haben genauso wie in Nürnberg, Würzburg oder Regensburg. Also selbst in den Bundesländern, in denen sich die CDU aus ideologischen Gründen weigert, den bürgerlichen Anspruch auf Information herzustellen, agieren die Stadtparlamente und geben diesen Anspruch trotzdem frei.

Sie haben noch einen anderen Punkt genannt, den ich auch nicht verstehe: Sie haben gesagt, dann könnte ja jeder kommen, da könnten auch Unternehmer und Dritte kommen. Natürlich kann das passieren, natürlich muss man dann auch sorgfältig abgrenzen. Aber allein die Frage, aus welchem Motiv jemand Informationen will, kann doch nicht maßgeblich dafür sein, ob man Informationen allen oder niemanden gibt. Das ist ja der Grundgedanke an Freiheit: ob nun ein Bürger eine Information will, weil sie ihm persönlich nutzt oder weil er sich für die Sache interessiert oder weil ihn eine Freundin gefragt hat – das Motiv muss doch egal sein in einer öffentlichen Angelegenheit bei einem Anspruch. Da kann die individuelle Motivation eines Menschen keine Rolle spielen, zumindest nicht, wenn wir uns als freiheitlichen Rechtsstaat verstehen.

Der letzte Punkt. Sie haben etwas Großes aufgemalt mit: Man müsste unbedingt ein Informationsregister aufbauen und allen in der Verwaltung eine Nummer geben und registrieren, welche Informationen da sind, und das würde Tausende an Mitarbeitern beschäftigen und unglaublich viel Zeit kosten. Wenn Sie einmal ehrlich sind: Jede normale Verwaltung funktioniert schon so. Jede normale Verwaltung muss doch für sich intern schon einen Überblick haben, über welche Informationen sie verfügt. Jede normale gut geführte Verwaltung hat doch zu jedem Dokument ein Aktenzeichen. Jede normale gut geführte Verwaltung ist so sortiert. Da ist es überhaupt kein zusätzlicher Aufwand, diese registrierten Informationen dann auch den Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen.

Selbst wenn sich nicht so viele Bürger dafür interessieren wie vielleicht für andere Dinge, selbst wenn die Zahl der Anfragen nur begrenzt ist, ein Recht lebt ja nicht davon, wie viele es wahrnehmen, sonst könnten wir auch so manche Oberbürgermeisterwahl oder Kommunalwahl für nicht rechtens erklären, weil die Wahlbeteiligung nur bei 30 oder 40 % lag – ein Recht lebt von der Tatsache, dass es ein Recht ist und jedem zur Verfügung steht.

Ganz zum Schluss: Wir haben ein, zwei Kritikpunkte an dem Gesetz, die uns nicht so ganz gefallen. Man kann zum Beispiel überlegen: Muss eine solche Information generell kostenfrei sein oder kann man zumindest einer Missbrauchsgefahr mit einer Gebühr vorbeugen? Dazu haben wir aber auch keine einheitliche Meinung in der Fraktion. Wir sind auch nicht ganz schlüssig, ob es wirklich sinnvoll ist, das Widerspruchsverfahren wegzulassen, oder ob man nicht diesen Punkt noch einmal einbaut, dass, wenn eine Verwaltung Informationen verweigert, dann der Betroffene nicht sofort klagen muss, sondern erst einmal in Widerspruch gehen kann. Das würden wir für vernünftiger halten.

Das sind aber Kleinigkeiten. Sie ändern nichts an dem Grundsatz: In öffentlichen Angelegenheiten sollen öffentliche Informationen auch allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sein. Das ist ein Grundbaustein der Demokratie, den wir für selbstverständlich halten und mit uns elf andere Bundesländer. Deswegen sehen wir keinen Grund, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Nun die FDP-Fraktion Herr Abg. Biesok. Bitte, Herr Biesok, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zugang zu Informationen ist für mich eine grundlegende Bedingung für die Beteiligung von Bürgern an Entscheidungsprozessen in einer Demokratie. Deshalb teile ich grundsätzlich das Anliegen, den Bürgern einen Anspruch auf einen Informationszugang gegenüber der Verwaltung einzuräumen.