Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

Natürlich kann man, wenn man regiert, die Schuldenbremse brechen. Das ist auf Bundesebene mit Artikel 115 Grundgesetz – einer anderen Variante – passiert. Alle paar Jahre fand der Gang nach Karlsruhe statt. Es hat jedoch nichts genützt. Deswegen wird kein Politiker verhaftet oder ins Gefängnis gesperrt. Das ist eine politische Selbstverpflichtung. Natürlich ist es das. Je stärker wir sie postulieren und je mehr zustimmen, umso breiter wird die moralische Verantwortung sein, sich daran auch zu halten.

Wir hätten deswegen gern den Konjunkturmechanismus auf automatisch gestellt. Das war nicht mehrheitsfähig. Das ist in Ordnung. Warum wollten wir einen konjunkturellen Faktor? Was macht ihn so wichtig? Wir wollten ihn, weil wir als Bundesland keine nennenswerten makroökonomischen Steuerungsmöglichkeiten haben. In schwierigen konjunkturellen Situationen hätten wir diesen Konjunkturmechanismus, wenn wir ihn mit einer koalitionären Mehrheit im Haushaltsgesetz beschließen, in Sachsen als einen automatischen Stabilisator zur Verfügung. Die makroökonomischen automatischen Stabilisatoren liegen ansonsten in den Händen des Bundes und der EU.

Es zeigt sich aber auch die Grenze. Die Schuldenbremse stellt Stabilität innerhalb eines strukturell ausgeglichenen Haushalts her. Sie kann einen Haushalt nicht strukturell stabilisieren, wenn dieser bereits aus den Fugen geraten ist. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sie einzuführen und zum 1. Januar 2014 zur Geltung zu bringen. Im Jahr 2020 brauchen wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt. Diesen haben wir zurzeit noch nicht. Wir profitieren immer noch erheblich von den Aufbau-OstFörderungen, die quasi unsere Investitionsquote herstellen. Wir stehen also klar vor dem nächsten Schritt.

Dazu kann man sich auch bei den Schweizern erkundigen. Sie stehen gerade aktuell vor einer ähnlichen Situation. Es geht um strukturelle Entlastungspakete. Wir müssen dauerhafte Ausgabenbegrenzung und Ausgabenverzichte diskutieren. Wenn ich mir ansehe, wie Herr Draghi beim Niedrighalten der Zinsen und auf die Auslegung der Dauer argumentiert hat, ist die Krise innerhalb der Eurozone in keiner Weise abgeschwächt oder gar vorbei. Die logische Antwort, die wir auf eine doch irgendwann kommende Zinswende bei der EZB haben müssen und auf dieses Zinsverhalten jetzt schon haben, ist die Schuldenbremse. Das ist unsere Art, damit umzugehen. Es wird unseren Haushalt stabilisieren.

Einige Bundesländer haben bereits verfassungsrechtliche Regelungen in dieser Art aufgenommen: Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, RheinlandPfalz und Schleswig-Holstein. Alle haben sich im Verfassungstext außerordentlich vage ausgedrückt – feige könnte man auch sagen, vorsichtig würden sie sagen. Wir haben uns getraut, es zu entscheiden. Das ist ein qualitativer und bemerkenswerter Unterschied. Er führt zu Berechenbarkeit und Vertrauen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)

Diejenigen, die es nur vage hineinschreiben, werden dieses Vertrauen nicht genießen – weder von der Bevölkerung noch von den Finanzmärkten.

Ein überschuldeter Staat ist der Spielball der Märkte. Das haben einige immer wieder beobachten können – in Sachsen nicht so sehr, aber in anderen Ländern innerhalb der Eurozone besonders dramatisch. Ein überschuldeter Staat kann nicht für seine Bürger da sein. Um sich als Staat, eben auch als Freistaat Sachsen, von den Finanzmärkten so weit wie möglich unabhängig zu machen, muss man die Demokratie und das Zukunftsvertrauen der Gesellschaft stärken. Das ist eine Stütze für die gesellschaftliche Stabilität. Darauf kommt es in diesen Zeiten an.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der Staatsregierung)

Deshalb ist es wichtig, wenn man die Schuldenbremse einführt, dass man weiß, dass die Verteilungskämpfe in der Gesellschaft für die vielen politischen Wünsche, die in der Gesellschaft existieren, härter werden. Diesen

Prozess zivilisiert zu gestalten ist die Aufgabe einer reifen Demokratie. Diese Aufgabe hat das sächsische Parlament heute Nachmittag hoffentlich bestanden.

Der Staat – jetzt rede ich einmal von Deutschland – konnte die Bankenkrise nur einmal auffangen. Ein zweites Mal wäre er überfordert. Deshalb – das wird die nächste Diskussion werden – ist das Scheitern systemrelevanter Banken und staatlicher Haushalte voneinander zu entkoppeln. Diese Frage steht jetzt auch. Die andere Seite der Medaille bei der Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte ist es, eine Art Schuldenbremse für die Finanzindustrie zu diskutieren. Dabei reden wir nicht über einstellige Eigenkapitalquoten. Das müsste jedem klar sein.

Die Finanzindustrie ist auf Fremdkapital aufgebaut. Sie verdankt ihren Wohlstand nur jeder Menge Schulden. Das ist schon verrückt! Der Staat legt sich an die Leine, und die Banken werden nicht an die Leine gelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD)

Das ist nicht vernünftig. Ich sehe, dass die immer so verdächtigen angelsächsischen Politiker sehr streng über die Frage nachdenken, wie sie mit den Banken umgehen. In den USA gibt es viele Banken, die pleite gegangen lassen worden sind, müsste man fast sagen. In Großbritannien wird gerade über strenge Regeln nachgedacht. Ich halte das für korrekt. Ich halte das für richtig. Es ist immer ein Wechselspiel zwischen der Finanzindustrie und dem Staat. Das war es bei dem süßen Gift der Verschuldung, und das ist es auch bei der bitteren Medizin der Entschuldung.

Ich erinnere mich, dass wir im Bundestag 2001 eine Debatte zum Thema „Bundeshaushalt“ hatten, in der der Kollege Gerhardt von der FDP eine Haushaltsrede hielt. Ich weiß noch – ich habe es herausgesucht und noch einmal nachgelesen –, dass ich die Frage aufgeworfen habe: Was nützt es mir, wenn ich als junger Mensch meine Zukunft nicht gestalten kann, weil Sie mir das hinterlassen, was Sie aufgebaut haben, was Sie für Ihre Generation für richtig halten?

Diesen Punkt müssen wir heute auch aufmachen: den Handlungsspielraum für die nachfolgenden Generationen zu lassen. Wir wissen nicht, wie die ticken und was genau sie für ihre Prioritäten halten. Das können ganz andere sein als unsere.

Es ist ein Teil des Generationenvertrages – so, wie die deutsche Rentenversicherung ein Teil des Generationenvertrages ist –, dass wir uns bescheiden und mit einer gewissen Demut in dieser Frage vorangehen. Dazu gehört es auch – siehe Generationenfonds –, dass wir die Pensionen der Beamten, die heute die Staatsleistung erbringen, als unsere Zuständigkeit betrachten, wie es hier auch Praxis ist. Es ist unsere Zuständigkeit. Es ist nicht die Zuständigkeit der nachfolgenden Generationen, sondern wir haben jetzt davon profitiert, und wir müssen auch jetzt dafür bezahlen.

Ich höre hier immer Aussagen wie: Wir sind Vorreiter in Deutschland, wir haben eine besondere Position. Das klingt immer ein wenig nach dicker Lippe. Ich wäre da außerordentlich vorsichtig. Das kann sehr schnell in Angeberei ausarten. Wir haben mit der Regelung, die wir vorgeschlagen haben, sicherlich eine verbesserte moralische Position oder Basis für eine Verhandlungsoption, wenn es um den Länderfinanzausgleich geht, der nach der Bundestagswahl das nächste große Thema im Finanzbereich in Deutschland sein wird.

Aber das ist ein wenig eine moralische Verhandlungsposition, die zu dem Recht hinzukommt, das uns nach Grundgesetz Artikel 107 zusteht. Wir müssen das auch selber ernst nehmen. Ich finde, dann kann man das nicht – auch wenn man über die erbrachte Leistung mit Stolz erfüllt ist – wie eine Monstranz vor sich hertragen. Ich glaube nicht, dass das auf Dauer funktioniert; denn wir haben eine etwas herausgehobene einzelne Position, und zwar nicht nur im positiven Sinne.

Wenn wir verhandeln werden, werden wir keine Gruppe mit anderen Ländern bilden, denen es so geht wie uns, jedenfalls nicht wirklich. Wir stehen allein, weil wir in Sachsen eine Sondersituation geschaffen haben. Diese besteht darin, dass wir eine niedrige Verschuldung haben, aber auch das einnahmeschwächste Bundesland pro Kopf sind. Das ist ein Problem. Dann kann man, finde ich, nicht die dicke Lippe riskieren. Das ist schwierig. Wir werden uns Partner mit verschiedenen strukturellen Problemen in anderen Bundesländern suchen müssen. Jeder wird seine eigenen Wünsche und Ziele haben. Das ist eine Frage, über die wir noch viel nachdenken müssen.

Zurück zu unserer Schuldenbremse: Was man aus dem Desaster der Bundesebene aus den Jahren bis 2008 lernen konnte, ist Folgendes: Es gab jede Menge Schattenhaushalte. Das haben wir hier in Sachsen zum Beispiel angepackt. Die Nebenhaushalte wurden angepackt. Es wird nicht leicht, dass man sich die Verschuldung doch gönnt, indem man es klammheimlich, zum Beispiel bei Staatsbetrieben, macht. Es gibt keine öffentliche Verschuldung am Kernhaushalt vorbei. Das ist das erklärte Ziel. Wir haben es geschafft, dass implizite Verschuldung thematisiert und in der Verfassung offenbar wird, auch wenn es nur an einem Beispiel, dem Pensionsfonds, ist. Das ist ein deutlicher Fortschritt zu all dem, was ich von der Bundesebene kenne.

Aber eines ist auch deutlich: Wenn wir heute das Gefühl haben, es wäre ein Paradigmenwechsel, dann ist das in Deutschland insgesamt in der Debatte. Die Länder reagieren im Moment sehr unterschiedlich darauf. Es gibt aber auch viele – dabei muss man nicht erst nach Frankreich schauen, das ist auch innerdeutsch so –, die das politisch nicht für einen Paradigmenwechsel zu halten scheinen, sondern für eine vorübergehende finanzpolitische Laune. Ich denke, dass diese Politiker irren und die Märkte längst die Parameter wie Klimawandel und Ressourcenverknappung auf dem Schirm haben. Wir erwarten keine Wachs

tumssprünge mehr – die auch nicht; die halten das für eine Illusion.

Ich hatte manchmal den Eindruck, Herr Finanzminister, dass Sie die Verhandlungen streckenweise nicht ganz so ernst genommen haben wie wir selbst. Aber rege Diskussionen innerhalb der Regierung, nachdem fünf Fraktionen unterschrieben haben, kamen definitiv zu spät. Das muss ich hier deutlich sagen. Wir stärken das Parlament, wir stärken sein Budgetrecht, das vornehmste und wichtigste seiner Rechte. Der Ausweg in die Schulden wird versperrt – der scheinbare Ausweg. Wie gesagt: Die Ausgabenkürzer müssen sich ihre politischen Mehrheiten ebenso suchen wie die Einnahmenerhöher. Die „Versprecheritis“ im Wahlkampf wird sehr wahrscheinlich eingeschränkt werden. Das ist ein ästhetischer Gewinn. Das ist ein substanzieller, inhaltlicher Gewinn. Ich halte sehr viel davon.

Wir haben viel geregelt, aber entscheidend, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist der politische Wille, auch so zu verfahren. Regeln können gebrochen werden. Gerade beim Geld ist das innerhalb der Europäischen Union, aber auch in Deutschland permanent passiert. Wir können hier nur in unserer eigenen Verfassung moralisch eine hoch angesetzte Richtschnur formulieren. Einhalten müssen wir sie alle aus eigener Kraft. Denn wie gesagt: Von uns kommt keiner ins Gefängnis, wenn er die Regeln bricht. Er wird maximal abgewählt und muss sich dann in der Produktion bewähren.

Ich habe gelesen, dass jemand sagte, die Schweizer hätten das Glück gehabt, die Schuldenbremse vor der Finanzkrise einzuführen. Nun, wir führen sie vor dem Auslaufen der speziellen Aufbau-Ost-Förderung ein. Es möge Segen darauf liegen!

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Für die Fraktion GRÜNE war das Kollegin Hermenau. – Ich erteile der Fraktion DIE LINKE das Wort. Das Wort ergreift Herr Kollege Gebhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ob ein Land in guter Verfassung ist, hängt maßgeblich von einer guten Verfassung und einem guten Verfassungsgericht ab. Die damalige PDS hat aus verschiedenen Gründen der Landesverfassung nicht zugestimmt, was uns von konservativer Seite vorgehalten wird, obwohl einst die CSU sogar gegen das Grundgesetz votierte, ohne dass sie sich heute noch dafür rechtfertigen muss.

Jedenfalls haben wir inzwischen mit weit mehr als einem Dutzend erfolgreichen Klagen vor dem Leipziger Verfassungsgerichtshof die Erfahrung gemacht, dass die Sächsische Verfassung ein gutes Instrument ist, die Regierung auf die Einhaltung wichtiger Grundrechte zu verpflichten. Deshalb haben sich auch Abgeordnete der LINKEN aus Überzeugung in Verhandlungen über eine Weiterentwicklung dieser Verfassung begeben.

Das Thema, mit dem wir uns heute hier beschäftigen, bewegt auch die Wissenschaft. Deshalb gestatten Sie mir, dass ich mich eingangs auf eine wirtschaftswissenschaftliche Autorität berufe, die sich mit kapitalismuskritischen Alternativkonzepten einen Namen gemacht hat:

Prof. Rudolf Hickel, bekannt geworden auch als Mitherausgeber der jährlichen Gegengutachten zum Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Prof. Hickel hat am 6. Februar dieses Jahres, also wenige Tage, nachdem ich die Verständigung über eine Verfassungsänderung für Sachsen unterschrieben habe, in der Bremischen Bürgerschaft als Sachverständiger in einer Anhörung zu Fragen der Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung Folgendes geäußert:

Ich zitiere die für mich entscheidende Passage aus seinem Statement: „Sicherlich müsste das Land Bremen auch ohne die Aufnahme der Schuldenbremse in die Bremische Landesverfassung die Vorgaben des Grundgesetzes umsetzen. Die geplanten Regelungen zur Realisierung der Schuldenbremse im Rahmen der Landesverfassung sind dringend erforderlich. Das Land Bremen ist in der Lage, die eigenen Regelungen zu präzisieren.“

Genau darum ist es auch der Verhandlungsgruppe meiner Fraktion mit Blick auf Sachsen gegangen. Die von meiner Fraktion in die Verhandlungskommission entsandten Abgeordneten Klaus Bartl und Sebastian Scheel haben die Möglichkeiten wahrgenommen, an solchen eigenen Regelungen des Landes im Interesse der Bevölkerung in Sachsen aktiv mitzuwirken. Dabei haben sie etwas erreicht, wie uns bei der Sachverständigenanhörung zu den geplanten sächsischen Verfassungsänderungen auch

bescheinigt worden ist. Wie Sie wissen, ist das Soziale das Markenzeichen der LINKEN, und daher haben wir dafür gesorgt, dass künftig bei der Aufstellung des Landeshaushaltes neben Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Maßstab des sozialen Ausgleichs gleichberechtigt berücksichtigt werden muss.

(Beifall der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Prof. Dr. Joachim Wieland, Direktor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, sagte zu dieser Bestimmung, sie sei – ich zitiere – „auch notwendig, weil Sie sagen: ‚Wir wollen praktisch die solide Haushaltspolitik darüber führen, dass wir die Aufgaben beschränken.‘, brauchen Sie auch ein Stück weit ein Gegengewicht.“ Es sei – ich zitiere – „die verfassungsrechtliche Verpflichtung auf den sozialen Ausgleich wichtig, weil so verhindert wird, dass vorrangig oder sogar ausschließlich Sozialleistung gekürzt wird, damit ein strukturell ausgeglichener Haushalt gesichert wird. Das kann auch verfassungsrechtlich überprüft werden.“

Damit hat also unser Verfassungsartikel sein Gütesiegel bekommen. Es ist damit auch aus berufenem Munde festgestellt, dass es sich hier nicht nur um Symbolpolitik handelt. Sachsen nimmt als erstes Bundesland den sozialen Ausgleich als Haushaltsgrundsatz in seine Landesver

fassung auf. Darauf sind wir als LINKE stolz. Im Übrigen: So geht sächsisch tatsächlich.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich will hier nicht alle Details der Behandlung des Gesetzentwurfes seit der 1. Lesung aufzählen. Dazu wird mein Fraktionskollege Klaus Bartl dann noch sprechen.

Bei der 1. Lesung am 8. Mai haben Sie, die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Fraktionen, bei meiner Fraktion um Zustimmung zum vorgelegten Gesetzentwurf geworben. Der Beratungsablauf war leider oft nicht von angemessenem Respekt gegenüber der Bedeutung des Themas getragen. Das bedaure ich sehr, weil meine Fraktion ohnehin den größten kulturellen Kraftakt zu stemmen hatte. Es ist immerhin die erste Änderung der Verfassung seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 1992.

Mir geht es um den Gesetzestext selbst, der sinngleich mit dem Dokument der Verständigung ist, unter das ich am 1. Februar meine Unterschrift gesetzt und für das ich dann in Fraktion und Partei geworben habe. Wir haben zusammen mit der SPD für einen umfassenden kommunalen Mehrbelastungsausgleich gestritten. Auch dazu darf ich den Sachverständigen Prof. Wieland zitieren: „Das erklärt auch, warum Sie die Kommunen absichern. Sie können nicht dahin ausweichen, dass Sie sagen, wir sanieren den Landeshaushalt zulasten der Kommunen.“ Zusammenfassend sagte Prof. Wieland – Zitat –: „Ich verstehe den sozialen Rechtsstaat so, dass sozialer Ausgleich auch in Notzeiten gewährleistet werden muss.“

Ich will auch heute bei der Schuldenbremse nicht um den heißen Brei herumreden. Wir sind und bleiben Gegner der Schuldenbremse im Grundgesetz, deren ungeachtet Kanzlerin Merkel gerade mit allerlei Wahlversprechen um sich wirft. Wir sind und bleiben ein Gegner einer neoliberalen Finanz- und Wirtschaftspolitik, die Europa in den letzten Jahren an den Rand des Abgrundes geführt hat. Wir sind und bleiben Gegner einer konservativen Doppelmoral in Sachsen, wo die Staatsregierung erst die Landesbank im Spekulationssumpf versenkt, einen Milliardenschaden verursacht und sich hinterher mit dem Thema Neuverschuldungsverbot als Hüterin solider Finanzpolitik aufspielt.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN, der NPD und vereinzelt bei der SPD)

Deshalb konnten wir Ihnen auch nicht ersparen, sich heute noch in einer Aktuellen Debatte mit den Folgen des Zusammenbruchs der Sachsen Landesbank beschäftigen zu müssen. Immerhin wurde ja für die Abwicklung des Milliardenschadens auf Steuerzahlerkosten die erste Bad Bank Deutschlands gegründet. Ich glaube nicht, dass diese Leistung heute noch irgendjemanden mit Stolz erfüllt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gehört zum Wesen von Verhandlungen, dass jeder anders herausgeht, als er hineingegangen ist. Die Koalition wollte ein hartes Neuverschuldungsverbot. Das wird es nicht geben. Es

wird auch künftig Kredite geben können, und zwar nicht nur im Katastrophenfall, sondern auch, wenn dies aufgrund von erwarteten Steuerausfällen als notwendig erscheint.

Wir sollten allerdings alle gemeinsam weniger über Staatskredite und mehr über Staatseinnahmen sprechen. Ich weiß, dass der kleinere Koalitionspartner auf diesem Ohr taub ist. Aber es hilft nichts. Wenn wir für die Aufstellung öffentlicher Haushalte künftig weitgehend auf Kredite verzichten wollen, dann brauchen wir für die Finanzierung des Gemeinwohls neue Geldgeber. Nun sind wir uns einig darin, dass wir nicht dem Durchschnittsverdiener und auch nicht der Handwerksmeisterin oder dem Handwerksmeister von nebenan ans Portemonnaie gehen wollen. Diese Menschen sind schon genug von Abgaben belastet. Aber die Reichen, die sich bisher gegenüber dem Finanzamt geschickt arm rechnen durften, sind die bessere Einnahmenquelle für den Staat, als es Kredite von Banken sind, die wir möglicherweise am Ende wieder mit Steuergeldern retten sollen.