Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

2 Milliarden Euro sind Grund genug, heute über dieses Thema zu sprechen.

Ich danke Ihnen vorerst für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Patt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine ganz unrühmliche Seite und eine Last, die es nicht zu beschönigen gilt. 2,75 Milliarden Euro hätten wir alle gern für etwas anderes ausgegeben. 2,75 Milliarden Euro sind aber nicht auf einem falschen Geschäftsmodell entstanden, lieber Herr Kollege Scheel, sondern dieses wurde auch in Ihrem eigenen Bericht, den Sie auf Ihren FraktionsInternetseiten stehen haben, gutgeheißen. Es war damals der erklärte Wille aller Fraktionen, die Sachsen LB einzurichten. Es war eine öffentlich-rechtliche Bank, die die Wirtschaftsleistungen und Wirtschaftsbetriebe in unserem Freistaat besonders befördern und entsprechende Finanzierung darstellen sollte. Dafür haben wir sie gebraucht, und das hat sie auch viele Jahre und sehr gut gemacht.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Hätten Sie auch beibehalten sollen!)

Die Situation, die dann im Jahr 2000 eingetreten ist, als sich die wirtschaftliche Entwicklung dieser Bank nicht so darstellte, wie es alle gehofft haben, wurde dann vom Vorstand auch mit Teilen des Verwaltungsrates mit einer neuen Geschäftsphilosophie gewandelt, beraten von vielen guten Leuten, die sagten: Ihr müsst international etwas machen. Jeder, der sich die Geschäftsberichte der Sachsen LB jetzt anschaut, muss sagen: Schuster, wärst du besser bei deinen Leisten geblieben! Das hatte nicht sein sollen. Der Wandel ist aber gemacht worden.

Es sind aber auch politische Kreise damit integriert worden, das ist richtig. Erst mal ist es nach dem Bankengesetz eine Aufgabe des Vorstandes, seine Bank auszurichten und solche Geschäfte zu betreiben oder nicht zu betreiben. Wir haben hier keinen guten Vorstand gehabt. Die Vorstände sind angeklagt. Es gibt Untreuevorwürfe, dass falsche Informationen gegeben wurden und vieles andere – das ist Ihnen alles bekannt. Jetzt versuchen Sie natürlich – dafür habe ich Verständnis –, das immer wieder wach zu kitzeln, damit es am Kochen bleibt, damit wir hier politisch noch etwas davon abbekommen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Wir müssen einfach festhalten: 2,75 Milliarden Euro werden wir im Zweifel bezahlen müssen. All die Hoffnungen, die Sie haben: Na, wer weiß, ob da vielleicht doch noch und hin und her … Am liebsten hätte ich, wir würden jetzt alles abfinanzieren und entledigten uns dieser Schuld, wie wir uns auch anderer Schulden entledigen. Sachsen könnte und kann das auch tun. Wir werden also diese Last, auch wenn es eine unrühmliche ist, genauso zu Ende bringen, wie wir andere Schulden haben, die wir produktiv eingesetzt haben und die wir auch zu Ende bringen.

Ich bin froh, dass Sachsen das kann. Die meisten Bundesländer können das sicherlich nicht. Jeder sächsische

Bürger ist mit 666 Euro ungefähr dabei. So viel wird es für jeden ausmachen. In Bayern hat heute schon jeder 1 300 Euro bezahlt, bei uns sind 666 Euro die Maximalhöhe. In Hamburg sind es schon 1 800 Euro, die jeder bezahlt hat. Heute sind es aber viel größere Risiken. Diese Staatsbanken und Landesbanken, die ja auch von den Sparkassen getragen wurden, wo ausreichend Fachleute, Wirtschaftsprüfer, Vertreter der Aufsichtsorgane, des Bankenwesens drin waren und letztlich alle diese Gier trieb, hier Geschäfte machen zu können, haben heute insgesamt 25 Milliarden Euro Eigenkapitalhilfen notwendig gemacht. 275 Milliarden Euro ist dazu noch die Garantiesumme, allein schon 240 Milliarden Euro für Nordrhein-Westfalen für die Westdeutsche Landesbank.

Wir reden hier von einer Schuld in Höhe von 2,75 Milliarden Euro und gehen als vorsichtige Kaufleute davon aus, dass wir sie vollständig bezahlen müssen; alles andere wäre unredlich. Dazu stehen wir. Sachsen wird das können. Jedes Jahr werden wir 100 Millionen Euro – das sind Beträge aus unserem Haushalt – zurückzahlen. 900 Millionen Euro fehlen uns noch; der Rest ist bereits „abgedichtet“. So werden wir das auch zu Ende bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die SPD Herr Abg. Pecher, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Scheel und Herr Patt, planlos ist nicht gehandelt worden.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ohne Verstand!)

Auch nicht ohne Verstand.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Doch, mit Sicherheit!)

Es gab einen Plan. Dieser sah vor, eine Landesbank zu installieren – ich würde sogar sagen: mit einem halbwegs positiven Ansatz –, die für die hiesige Wirtschaft Geldgeber sein sollte, soweit die Sparkassen es nicht leisten können.

Es gab parallel dazu einen zweiten Plan, nämlich die Sparkassen in Sachsen zusammenzuführen. Das führte zum Volksentscheid, dessen Ergebnis mit der Schaffung der Sachsen-Finanzgruppe und des Beteiligungsverbandes umgangen worden ist.

Ab circa 1999 bemerkte man, dass man hier nicht eine solche Wirtschaftsstruktur hat, dass so große Kredite benötigt werden. Man wollte aber entsprechende Erlöse erzielen und damit Druck aufbauen, damit die Sparkassen zusammengeführt – man kann auch sagen: zerschlagen – werden können. Das war der Köder, Gewinne zu generieren. Schließlich stellte man fest, dass das nicht richtig klappt. Deswegen wurde 2004 die Gewährträgerhaftung über viele Jahre hinweg konserviert; es ging um einen dreistelligen Millionenbetrag. Horst Metz stand an dieser

Stelle und sagte laut, die irische Tochter sei die Cash Cow unserer Landesbank und erwirtschafte die Gewinne, die dann an unsere Sparkassen ausgeschüttet werden könnten und letztlich unserer Wirtschaft zugutekämen.

Man muss es deutlich sagen: Der Konstrukteur war Milbradt als Finanzminister – aber unter Biedenkopf, der damit auch nicht schuldfrei ist – und zum Schluss als Ministerpräsident. Seine Gehilfen – ich nenne sie bewusst so – waren Metz, Thode, teilweise Voß und wie sie alle heißen.

Dann kam das, was kommen musste: Im Zuge der Finanzkrise ist dieses System zusammengebrochen – mit den bekannten Folgen.

Was wir jetzt machen – die Abfinanzierung –, halte ich für Wahnsinn. Ich möchte Herrn Patt ausdrücklich widersprechen, wenn er meint, wir sollten jetzt das Geld auf den Tisch legen. Wir pumpen jedes Jahr 100 Millionen Euro Liquidität in einen Fonds, der sich innerhalb von sechs Jahren fast halbiert hat. Wir werden sehen, ob es sich in dem Bereich von round about 100 Millionen Euro pro Quartal stabilisiert. Die Abdeckung ist über eine Kreditermächtigung erfolgt, die von der Schuldenbremse, die wir heute beschlossen haben, nicht erfasst wird. Wir hätten also keine Not.

Die Abfinanzierung der Flutkosten erfolgt übrigens über 20 Jahre. Jetzt erkläre mir mal jemand, warum die Abfinanzierung der Landesbankkosten in vier, fünf Jahren – mit 100 Millionen Euro pro Jahr – erfolgen muss. Diese Mittel benötigen wir dringend an anderer Stelle. Ich erinnere an die Herausforderungen im Bildungsbereich, auf dem Arbeitsmarkt und im ÖPNV. Dort fehlt uns das Geld. Stattdessen pumpen wir es auf Konten, wo die Inflation und die Zahlungen es auffressen, obwohl wir genug haben.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das ist doch Unfug mit der Inflation! Die Summe ist doch festgeschrieben!)

Herr Patt, ich bitte Sie: Wenn Sie sich finanzpolitisch mit mir auf Augenhöhe unterhalten wollen,

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Dann müssen Sie mal hochkommen!)

dann kaufen Sie sich bitte einen Hublift. Das, was Sie hier von sich geben, ist einfach nur bedauerlich und krank. Wir sollen das Geld jetzt auf den Tisch legen. Aber Sie zeigen auf Nordrhein-Westfalen – ein Land, das uns in der Flut hilft – und betonen, dass das ein Schuldenland ist. Dann behaupten Sie hier, dass wir eigentlich genug Geld hätten. Sind Sie denn verrückt geworden, Herr Patt?

(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Peter Wilhelm Patt, CDU: Gut, dass wir Ihre Arithmetik nicht brauchen!)

Für die FDPFraktion Herr Prof. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte unter dem Titel: „Fünf Jahre Bad Bank in Sachsen – Zwischenbilanz, Konsequenzen und Ausblick“, beantragt von der Linksfraktion, ist sicherlich nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist, wenn behauptet wird, es sei ein Zufall, dass dieses Thema von der Linksfraktion heute, nachdem wir die Verfassungsänderung beschlossen haben, als Gegenstand der Aktuellen Debatte ausgewählt worden ist.

(Unruhe bei den LINKEN)

Ich weiß gar nicht, warum Sie so aufgeregt sind.

Meine Damen und Herren! Ende dieses Quartals, am 28. Juni 2013, erfolgte erneut eine Garantiezahlung in Höhe von 94 Millionen Euro. Die Höchstbetragsgarantie beträgt 2,75 Milliarden Euro, wovon über das SMF bereits 1 Milliarde Euro ausgezahlt worden sind. Das, was wir jetzt tun, ist – egal, wie man es bewertet – nichts anderes als die Abfinanzierung einer Rechtsverbindlichkeit.

Da wir bei der Vergangenheitsbewältigung sind: Ich kann mich erinnern, dass wir in den letzten Jahren oft über die Sachsen LB gesprochen haben, die über ihre irische Tochter und verschiedene Zweckgesellschaften umfangreiche Verbriefungsgeschäfte getätigt hat. Hinsichtlich Risikobewertung und Ausrichtung der Geschäftsstrategie der Sachsen LB – im Nachhinein kann man das feststellen – wurden zahlreiche Fehler gemacht.

Herr Scheel, der Versuch, jetzt als Konsequenz Schuldige festzumachen, erfordert immer eine subjektive Beurteilung. Die Vielzahl an Einflüssen erschwert die Einschätzung der Zusammenhänge um die Sachsen-LB-Pleite. Dabei können wir aus meiner Sicht vier Dimensionen unterscheiden.

Zum Ersten gibt es eine haushalterische Dimension. Klar ist: Die maximale Garantiezahlung liegt bei 2,75 Milliarden Euro. Wer die Bilanzsumme und insbesondere das außerbilanzielle Volumen der Sachsen LB kennt, weiß, dass man, auch wenn 2,75 Milliarden Euro wehtun, damit noch relativ gut weggekommen ist.

(Beifall des Abg. Carsten Biesok, FDP, und bei der CDU – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Hurra! Hurra! Hurra!)

Zweitens gibt es eine zivilrechtliche Komponente. Ich habe in den letzten Jahren manchmal den Eindruck gewonnen – die Sachsen LB verfolgt mich irgendwie; ich hoffe immer, dass wir das Kapitel irgendwann abschließen können –, dass manche Abgeordnete meinen, sie seien eine Strafverfolgungsbehörde. Aber wir sind hier im Sächsischen Landtag keine Strafverfolgungsbehörde. Die strafrechtliche Überprüfung obliegt der ordentlichen Gerichtsbarkeit, nicht den Abgeordneten des Sächsischen Landtages.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich habe es schon gesagt, Herr Pecher: Bei aller Kritik und aller politischen Auseinandersetzung darüber, wofür man das Geld hätte ausgeben können, hat der Freistaat Sachsen noch Glück gehabt, dass wir damals die Bank an Baden-Württemberg verkaufen konnten.

(Beifall des Abg. Carsten Biesok, FDP)

Hätten wir sie nicht verkaufen können, wäre das für den Freistaat Sachsen wesentlich teurer geworden. Wer Interesse hat: Ich habe bei mir im Büro noch alle Jahresabschlüsse der Sachsen LB, zumindest das, was bilanziert wurde.

Insofern gilt – bei allem Unglück für den Freistaat Sachsen –: Es war ein relativ gutes Verhandlungsergebnis, das damals erreicht werden konnte.

Der dritte Punkt betrifft die moralische Bewertung. Der politische Preis ist längst gezahlt.

(Zurufe von den LINKEN: Von wem denn? – Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Die CDU ist wohl nicht mehr an der Regierung?)

Herr Pellmann, Sie können mir gern eine Zwischenfrage stellen. Da meine Redezeit gleich zu Ende ist; wäre ich Ihnen dafür sogar dankbar.