Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

Herr Pellmann, Sie können mir gern eine Zwischenfrage stellen. Da meine Redezeit gleich zu Ende ist; wäre ich Ihnen dafür sogar dankbar.

Aber ich komme zum Schluss. Was die politische Dimension im Fall der Sachsen LB angeht, verweise ich nur darauf, dass sich in der vergangenen Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss und ein Sonderausschuss mit dem Thema beschäftigten.

Ich möchte an dieser Stelle auch Staatsminister Prof. Unland danken. Wer Mitglied des HFA ist, weiß, dass eigentlich keine Sitzung vergeht, ohne dass wir die Sachsen LB auf der Tagesordnung haben. Es wird detailliert Bericht erstattet über die Zahlungen und über den Bestand, den wir noch im Portfolio haben. Jeder Abgeordnete hat dort die Möglichkeit, Nachfragen an die Vertreter des Finanzministeriums oder die anwesenden Herren der Gesellschaft zu richten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bin gespannt auf die Wortbeiträge in der zweiten Runde.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Hermenau von der Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Na ja, Herr Patt, wenn wir das gleich bezahlen wollten, das könnten wir ja machen. Aber da müssten Sie einen Kredit aufnehmen, das ist natürlich am heutigen Tage eine Botschaft, die ich nicht senden würde. Das würde ich lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben zwar die Kreditermächtigung im Garantiefondsgesetz als Stichtagsregelung, die von unserer Schuldengrenze ausgenommen wurde. Ich hätte das Thema an Ihrer Stelle heute nicht angeschnitten.

Unabhängig davon wird es vielleicht 2014 zu ähnlich hohen Ausfällen kommen. Natürlich ist noch eine ganze Menge im Fonds enthalten; um die 800 Millionen Euro dürften es noch sein. Es wird auch wieder zugeführt. Das ist alles richtig. Wenn es sich aber noch einmal dramatisch verstärkt – und wir haben, wie ich finde, jetzt die Situation, dass von Quartal zu Quartal die Millionenhäppchen in Richtung Milliardenbeträge hochklettern –, dann kann es auch sein, dass Sie ein bisschen Schwierigkeiten im nächsten Jahr bekommen, um das mit den 800 Millionen Euro abzudecken. Das werden wir sehen.

Es ist und bleibt die Erblast der CDU-Alleinregierungszeit. Vielleicht ist ein bisschen Koalition gar nicht so schlecht. Kontrolle schadet nicht.

Es war unverantwortliches und fahrlässiges Verhalten. Das ist auch so. Das ist inzwischen allen klar. Sie sagen, der politische Preis ist bezahlt, Herr Schmalfuß. Ja, das Etikett der Finanzpolitik hat eine gewisse Fleckigkeit erhalten. Aber es fehlen 1 Milliarde Euro. Das wäre zum Beispiel der gesamte Reformstau bei Schulhausbau und Kitas. Ich rede nicht von Personalkosten, sondern von Investitionen. Das wären Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, kommunale Energieparkinvestitionen. Das ist alles nicht da, sondern wir bezahlen. Dass das ein Ärgernis ist, das nicht nur die Opposition im Sächsischen Landtag beschäftigt, sondern hin und wieder auch mal den einzelnen Bürger, der nicht fassen kann, dass wir derartige Beträge abgeben müssen, ist doch selbstverständlich und klar.

Wir hatten ja mehrmals Debatten darüber geführt, dass es das Gerechtigkeitsempfinden der Leute massiv stört, wenn eben nur die kriminellen Vorstände vor Gericht stehen und versucht wird, sie zu belangen, und die politisch Verantwortlichen nicht. Das ist und bleibt ein moralisches Problem nach meiner Meinung. Ich erinnere mich, als ich 2005 vorgeschlagen habe, dass wir einen kleinen Unterausschuss im Haushaltsausschuss bilden, in dem wir versuchen sollten, einmal das Geschäftsmodell der Landesbank unter die Lupe zu nehmen, und dann Anleihen genommen haben, wie es in Bayern gemacht wurde. Die sind auch reingefallen. Das wurde nicht ernst genommen. Darüber wollte sich keiner unterhalten. Die Vorstände haben uns belogen. Das war eine Situation des kollektiven Nichtwahrnehmenwollens. Woran erinnert mich das? An die Finanzkrise und dass nicht umsonst fast alle Landesbanken in den Strudel geraten sind, auch die Landesbank Baden-Württemberg, und das nicht nur, weil sie die Sachsen LB aufgekauft hat. Sie hatte vorher schon strukturelle Probleme, allerdings etwas anders gelagert als bei uns.

Eines steht fest – und der Landesrechnungshof hat das ziemlich gut dargestellt und gesagt –: Der öffentliche Auftrag und damit der Heimatmarkt standen nicht im Vordergrund bei der Änderung des Geschäftsmodells der SLB. Das wurde auch im Untersuchungsausschuss hinlänglich beleuchtet und aufgebaut. Der Verwaltungsrat hat in seiner Aufgabe versagt – auch ein Befund aus dem

Bericht des Landesrechnungshofes, wie ich finde, ein gewichtiger.

Aber wenn ich mich jetzt bundesweit umschaue: Was geschieht denn jetzt so in der Landesbankenlandschaft? Ein Getümmel. Im Norden suchen sie verzweifelt einen Fusionspartner. Sie finden keinen. Die West LB hat jetzt eine Bad Bank beim Bund und versucht sich dort anzulagern. Sie heißt zwar nicht mehr so, aber Sie wissen, was ich meine. Sie haben sich irgendwie zu retten versucht. Die Baden-Württemberger kämpfen tapfer und hoffen, dass alles abgenickt wird. Die Bayern haben es im Prinzip den Kommunen aufgedrückt, sodass sie einen Sparkurs fahren mussten und sogar noch einmal Schulden von über 800 Millionen Euro für ihre Bayern LB aufnehmen mussten.

Insgesamt war es eben vielleicht keine so schlaue Idee, der Meinung zu sein, dass Landesbanken in der Lage sind, jenseits eines regionalen strukturellen Auftrages weltweit Geschäfte zu machen. Das wäre ja auch keine gute Idee für die Sparkassen gewesen. Aber es war offensichtlich nicht einmal eine gute Idee für private Banken bis hin zu Global Players. Also ist insgesamt in der Gesellschaft etwas falsch.

Wir haben hier unser Ding mit der Sachsen LB, andere haben ein anderes Ding, aber das Grundprinzip ist überall dasselbe. Es gibt eigentlich kein richtiges Maß mehr. Das gierige Geld wird immer mehr aufgrund dessen, dass es von Schulden lebt. Das ist nach meiner Meinung grundsätzlich falsch. Natürlich muss eine Bank ihr Geschäft machen, aber nicht in sich selbst und mit sich selbst.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die NPD Herr Abg. Schimmer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gründung der Sealink Funding Limited, der sächsischen Bad Bank, erfolgte nach meiner Information schon am 28. Februar 2008. Ich beziehe mich hier auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Schmalfuß; sie liegt nun schon fünfeinhalb und nicht nur fünf Jahre zurück. Dennoch ist es der Linksfraktion zu danken, dass sie heute im Plenum an das sicherlich unerfreuliche, aber auch sicherlich nicht unwichtige Datum in der Geschichte des Freistaates Sachsen erinnert und nach der Zwischenbilanz, den Konsequenzen und dem Ausblick fragt.

Zuerst zur Zwischenbilanz: Der Existenzzweck der Sealink Funding Limited hat sich von ihrer Gründung bis heute niemals geändert. Es geht schlicht und einfach darum, faule Kredite und kaum verkäufliche und kaum werthaltige Papiere etwas gestreckt so zu veräußern, dass ein möglichst geringer Verlust entsteht. Gerade Letzteres ist gründlich misslungen und konnte eigentlich auch niemals erfolgreich sein. Es war von vornherein eine unlösbare Aufgabe.

Seit Anfang dieses Monats ist nun auch klar, dass der sächsische Steuerzahler mittlerweile rund eine Milliarde Euro durch Spekulationsverluste der Landesbank Sachsen aufbringen musste. Wir alle wissen ja, dass der Maximalverlust, der auf den sächsischen Steuerzahler zukommt, eben bei 2,75 Milliarden Euro liegt. Wenn man sich diese niederschmetternde Zwischenbilanz betrachtet, dann ist doch ganz klar festzustellen, dass dieses Debakel dem unverantwortlichen politischen Handeln der CDUgeführten Staatsregierung zu verdanken ist, die in den vergangenen Legislaturperioden die Landesbank Sachsen zu internationalen Finanzmarktgeschäften regelrecht gezwungen hat, und zwar gegen den Sinn und Zweck von Regionalbanken

(Beifall bei der NPD)

und wahrscheinlich auch gegen den Geist und vielleicht auch gegen die Buchstaben des sächsischen Gesetzes zu öffentlich-rechtlichen Banken.

Nun zum Ausblick: Dieser ist negativ. Genau für Sachsen wurden keine Konsequenzen aus dem Debakel der Landesbank gezogen. Nur ein Beispiel:

Noch am 27. Dezember 2007 – –

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Sie machen es sich leicht, Herr Patt!

Noch am 27. Dezember 2007 tönte der damalige und heutige Generalsekretär der CDU Michael Kretschmer in einem Interview mit der „Freien Presse Chemnitz“ mit Blick auf die 2,75 Milliarden Euro-Bürgschaft: „Der Haushalt wird nicht in Mitleidenschaft gezogen. Das kolportiert die Opposition gern, wird damit aber nicht richtiger. Sachsen begrenzt das Risiko und niemand weiß, ob die Bürgschaft je gezogen wird.“

Genau dieses gleichermaßen bagatellisierende wie grundfalsche Argumentationsmuster nach dem Motto: Es handelt sich nur um Garantien und es wird niemals echtes Geld fließen, wir werden niemals erleben, dass nur 1 Cent an echtem Geld fließt, das hören Sie doch heute genauso und in jeder Debatte um die Euro-Krise. Das zeigt uns doch ganz klar, dass aus dem Sachsen-LB-Debakel nichts gelernt wurde.

Auch heute wird dem Bürger im Land suggeriert, dass sozusagen die Sanierung der südeuropäischen Staatshaushalte kostenlos zu haben sein wird. Dementsprechend stimmen die Vertreter des Freistaates im Bundesrat jeder Erhöhung der deutschen Wirtschaftslast und jedem neuen Euro-Rettungspaket zu.

Diese Durchhalteparolen von den niemals haushaltswirksam werdenden Garantien – das hat ja auch das Beispiel der Sachsen LB gezeigt – sind kein purer Zweckoptimismus, sondern ein bewusstes und gewolltes Belügen der Bürger im Lande, womit man die Kosten der sogenannten Bankenrettung oder Euro-Rettung verschleiern will. Das ist einfach nur Kalkül. Deswegen muss man ganz klar sagen, es hat sich nichts an den grundlegenden Verhal

tensweisen geändert, die die Sächsische Landesbank direkt in die Katastrophe geführt haben.

Nach Auffassung der NPD-Fraktion genügt es halt nicht, sich mit Steuergeldern etwas Zeit zu kaufen, um die große Katastrophe nur ein paar Jahre hinauszuschieben, so wie das jetzt gerade hinsichtlich der Eurorettung der Fall ist.

Die NPD fordert deshalb einen grundlegenden Richtungswechsel, weg von einer krisenanfälligen Globalisierung, hin zu einer an Region und Menschen orientierten nationalen Volkswirtschaft mit nationalen Geld- und Kapitalkreisläufen und nationalen Währungen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wir gehen in die nächste Runde. Für die Linksfraktion Herr Abg. Bartl, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Prof. Schmalfuß, es ist richtig, die Abgeordneten sind keine Strafvollzugsbehörden. Das ist auch gut so. Wer weiß, was sonst herauskäme!

Das Problem ist allerdings folgendes: Wir haben trotzdem in diesem Hohen Haus aus zwei Gründen eine herausgehobene Verantwortung, auch ein ganz klein wenig zu schauen, was in der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Aufarbeitung dessen geschieht, was hier an Schadenssummen zusammengekommen ist, wie mein Kollege Scheel dargelegt hat.

Erstens hatten wir ein Gesetz über das öffentlichrechtliche Kreditwesen, das dem Landtag aufgab, die dort festgelegten gesetzlichen Regelungen, unter anderem mit der zentralen Aufgabenstellung, entsprechend Wirtschaftsförderung zu betreiben, im Auge zu behalten und auch dafür zu sorgen, dass unsere eigenen Aufsichtsgremien, die dort eingesetzt waren, auch gegenüber dem Landtag entsprechend Rechenschaft ablegen.

Das zweite Thema ist: Natürlich unterliegen diejenigen, die von Gesetzes wegen für die Strafverfolgung zuständig sind, soweit es die Staatsanwaltschaften sind, der Rechts- und Dienstaufsicht der Staatsregierung. Da haben wir eine seltsame Konstellation. Die Costa Concordia ist vor einem Jahr untergegangen. Das ist viel tragischer als das, worüber wir hier reden, weil Menschenleben daran hingen. Gestern – nach einem Jahr – hätte der Prozess beginnen sollen, was aber daran gescheitert ist, dass in Italien die Rechtsanwälte streiken.

Wir haben inzwischen in Sachen Crash Sachsen LB sechs Jahre Ermittlungen. Sie sind 2007 durch das Bundeskriminalamt unter Leitung der Staatsanwaltschaft Leipzig eingeleitet worden mit der Konsequenz, dass wir, nachdem 2011 die ersten drei Vorstände angeklagt worden sind, bis zum heutigen Tag nicht einmal wissen, wann der erste Verhandlungstermin im Strafverfahren sein wird. Ich weiß nicht und kann auch nicht fragen – ich nahm an, der

Herr Staatsminister der Justiz nimmt hier teil –, ob überhaupt die Anklage zugelassen ist, ob das Verfahren bereits eröffnet ist.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das haben die Staatsanwälte zu entscheiden!)

Dass das die Anwälte entscheiden, ist die nächste Unwissenheit. Aber das ziert Sie, Herr Patt. Es ist Ihr gutes Recht, einmal mehr unwissend zu bleiben.

(Beifall des Abg. Dr. Volker Külow, DIE LINKE)

Das Problem auch in der Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger, der Steuerzahler und wie immer man das bezeichnen will, ohne die ganze Sache jetzt zu popularisieren, ist letztlich, dass auch diese moralische Wirkung, dass es keine greifende erkennbare rechtliche Aufarbeitung gibt, im Raum steht und jetzt auch zu der Bilanz gehört.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass, nachdem am 27. Februar gegen vier weitere ehemalige Vorstände vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Leipzig Anklage nach §§ 331 und 340 des Handelsgesetzbuches und wegen Untreue nach § 266 des Strafgesetzbuches erhoben worden ist, die Anwälte der betreffenden Vorstände, so allgemein medial verlautbart, mit ausgesprochener Gelassenheit reagieren. Das haben sie direkt verkündet, und zwar mit der Begründung, dass die in der 600-seitigen Anklage – gemeint ist die von 2013 – erhobenen Tatvorwürfe auf umfangreichen Vorarbeiten der Anwaltsgroßkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer gestützt seien. Dann wird zitiert, „die Staatsanwaltschaft habe“ – so die Anwälte – in einer durch den „Spiegel“ in der Ausgabe 13/2013 wiedergegebenen wörtlichen Stellungnahme „ihre Arbeit in einem Umfang auf eine Rechtsanwaltskanzlei delegiert, der sich“ – so weiter wörtlich – „als singulär in der deutschen Rechtsgeschichte darstelle.“