Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

(Lebhafte Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Davor schützt ihn weder seine Gesinnung noch sein Beruf. In der öffentlichen Debatte vermisse ich dieses Statement viel zu häufig.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD – Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ehrlich gesagt, es widert mich an, wie Lothar König teilweise als Ikone links-grüner Politik dargestellt wird.

Ich war am 19. Februar 2011 in der Dresdner Südvorstadt mit dabei. Dort herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Dort wurden Polizisten mit Steinen beworfen. Dort brannten Barrikaden. Dort wurde in einer aggressiven Stimmung demonstriert. Lothar König war mittendrin.

(Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Da muss es in diesem Rechtsstaat auch noch erlaubt sein, ein Verfahren durchzuführen, um zu klären, ob er dabei die Strafbarkeitsgrenzen überschritten hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie Zwischenfragen, Herr Biesok?

(Lebhafte Unruhe)

Meine Damen und Herren, bitte etwas mehr Ruhe einziehen lassen! Jetzt kommt Frau Jähnigen mit der Zwischenfrage.

Herr Kollege, ich habe den Prozess an einem Tag im Mai beobachtet. Dort sind Berliner Polizeibedienstete vernommen worden, die bei dem Geschehen dabei waren. Die Aussagen des einen Polizisten standen in krassem Widerspruch zur Aussage des Polizisten, der den Pfarrer belastet hat. Vor dem Hintergrund dieser Beobachtung, die mir als sächsische Landtagsabgeordnete peinlich war, möchte ich Sie fragen: Welche Grenzen des Rechtsstaates hat Pfarrer König Ihrer Meinung nach überschritten, und wofür muss er, wenn Sie ihn nicht vorverurteilen wollen, verurteilt werden?

Frau Kollegin Jähnigen, wenn Sie mir zugehört haben, wissen Sie, dass ich nicht gesagt habe, dass Pfarrer König die Grenzen überschritten hat,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Doch!)

sondern dass in einem ordentlichen Rechtsstaatsverfahren herausgefunden werden muss, ob er sie überschritten hat. Darum geht es. Ich habe nicht gesagt, dass er sie überschritten hat. Ich habe nur die Gesamtsituation geschildert, von der ich eine eigene Wahrnehmung habe.

Sie sind selbst Anwältin gewesen und wissen daher, dass das Gericht, wenn es unterschiedliche Aussagen von Zeugen gibt, diese unterschiedlichen Zeugenaussagen danach bewerten muss, welche Aussage glaubhaft ist und welcher Zeuge glaubwürdig ist. Das ist die Aufgabe eines unabhängigen Richters und nicht von uns als Parlamentariern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Bartl?

Herr Bartl, bitte.

Herr Kollege Biesok, geben Sie mir darin recht, dass die Voraussetzung dafür, dass das Gericht Zeugen, Dokumentenbeweise und dergleichen bewerten kann, eben die ist, dass das dem Gericht auch vorliegt und dass genau der Vorwurf im Raum steht, dass das Gericht keine unabhängige Entscheidungsfindung treffen konnte, weil das nicht vorgelegt worden ist?

Herr Kollege Bartl, ich gebe Ihnen selbstverständlich recht, dass eine Entscheidung des Gerichts eine vollständige Darlegung des vorliegenden Beweismaterials, also sowohl der belastenden als auch der entlastenden Umstände, bedeutet. Deshalb ist es meiner Meinung nach eine zwangsläufige Folge, dass das Gericht das Verfahren aussetzt, wenn offensichtlich Teile – so ist die öffentliche Wahrnehmung – nicht vorgelegen haben. Das ist aber Teil eines Gerichtsverfahrens. Wer der Meinung ist, dass da etwas unterschlagen wird, der hat dagegen Rechtsmittel. Dafür gibt es Verteidiger.

Aber das ist nicht Gegenstand einer politischen Debatte. Hier wird doch ein vermeintlicher Fehler in einem rechtsstaatlichen Verfahren dazu benutzt, um erneut über Pfarrer König politisch zu diskutieren und ihn als Opfer der sächsischen Justiz in seinem Kampf gegen Rechtsradikale darzustellen. Dagegen wende ich mich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Bartl?

Sehr gern.

Herr Bartl, bitte.

Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen. – Herr Kollege Biesok, Sie waren am 19. Februar in Dresden, und es herrschten, wie Sie formulierten, bürgerkriegsähnliche Zustände etc. Darf das für die Frage des Prozesses gegen Lothar König gewissermaßen als genereller Hintergrund aus Ihrer Sicht entscheidend sein, und halten Sie es für vertretbar, dass sich das Parlament mit dieser Sache befasst, wenn zum Beispiel Sie selbst als Abgeordneter dieses Hohen Hauses zu diesem Verfahren einen Pressebeitrag geschrieben haben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie selbst haben in der „SZ“ als Gastkommentator einen Beitrag zu diesem Prozess veröffentlicht, Herr Kollege!

Ich halte es erstens für legitim, dass man Beiträge schreibt. Ich halte es auch für legitim, dass wir hier darüber diskutieren. Wir haben über den 19. Februar 2011 sehr häufig diskutiert. Ich habe dort eigene Wahrnehmungen gemacht, die mich zumindest so weit bringen, dass ich sage, es ist nicht völlig außerhalb der Welt, dass sich dort jemand strafbar gemacht hat. Alles andere ist Aufgabe der Justiz.

Dass ich diesen Beitrag geschrieben habe, hat folgenden Grund: Wir haben gar nicht mehr diskutiert, ob die Möglichkeit besteht, dass sich Lothar König strafbar gemacht hat, sondern es wurde in der Öffentlichkeit so getan, als ob klar sei, dass er sich nicht strafbar gemacht hat. Selbst wenn er die Grenzen überschritten hätte, dürfte man ihn nicht bestrafen, weil er sich gegen rechts gerichtet hat.

(Zurufe von den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Dagegen habe ich mich gewehrt!

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD)

Noch etwas, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir uns hier über Lothar König unterhalten, dann sollten wir uns vielleicht auch noch über eine andere Situation unterhalten. Ich meine den 13. Februar 2012 auf dem Heidefriedhof. Dort hat ein Pfarrer, ein Geistlicher einer Kirche hier in Deutschland, bar jeder Priorität mit einer Fankutte vom FC St. Pauli gestanden und über den Gräbern geschimpft, dass er um diese Menschen nicht trauert. Wo war da eine öffentliche Debatte? Wo war da der Aufstand? Wo hat man da gesagt, dass das in unserer Gesellschaft nicht geht? Wo waren da die Kirchen, die gesagt haben, mit diesem Mann wollen wir nichts mehr zu tun haben, weil er kein Geistlicher mehr, sondern einfach nur ein Autonomer ist?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nichts dergleichen ist dort geschehen. Es war Schweigen im Walde. Die Kirche schaute da zu, und auch wir haben zugeschaut.

Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, dass das, was teilweise in Thüringen abgeht, auch nicht mehr ganz feierlich ist. Dort haben wir einen Pfarrer, der unter dem Vorwurf steht, einen schweren Landfriedensbruch begangen zu haben. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung, aber es gibt zumindest einen hinreichenden Anfangsverdacht.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wodurch?)

In dieser Situation verleiht ihm die Thüringer Sozialministerin einen Demokratiepreis, während er noch im Gerichtssaal die Tüte „Heute schon aufgewiegelt?“ trägt. Ist das genau der richtige Umgang? Ist das eine Förderung des demokratischen Prozesses?

(Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ist das das, was wir in der Diskussion und im Umgang mit Rechtsradikalen wollen? Meines Erachtens nicht. Das war eine krasse Fehlentscheidung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD)

Ich halte die ganze Diskussion um Pfarrer König für extrem gefährlich. Die Diskussion, die wir hier führen, läuft im Kern darauf hinaus, dass wir eine politische Justiz wollen, die eine zweistufige Prüfung vornimmt. Das ist das Anliegen von Links-Grün. In einer ersten

Stufe soll geprüft werden, ob sich diese strafbare Handlung gegen rechts gerichtet hat. Wenn sich diese möglicherweise strafbare Handlung, um es vorsichtig zu formulieren, gegen rechts gerichtet hat, soll weggeschaut werden. Es soll nicht weiter ermittelt werden. Jedes Mittel ist recht.

(Sabine Friedel, SPD: Wer sagt das denn?! – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Handelt es sich aber um eine Straftat, die politisch neutral und im linken Spektrum passiert ist, muss man das Strafrecht konsequent anwenden. Gegen ein solches Politikverständnis wehre ich mich, weil ich es für sehr gefährlich für unsere Demokratie halte.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD)