Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Aber der Punkt für mich ist, dass wir auch in Sachsen schauen müssen: Wie gehen wir mit den Akteuren um? Wenn man denen natürlich erst einmal einen Katalog mit fünf Punkten zuschickt und dann alle sagen, das sei ihnen viel zu weich, viel zu oberflächlich und wenig inhaltsschwer, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass dieses Papier gar nicht erst beschlossen wurde. Was ich aber aus der Konferenz gehört habe – und das sehe ich durchaus als positiv an –: Wenn sich verschiedene Akteure aus Wissenschaft, Forschung, Politik und Gewerkschaften zusammenfinden und gemeinsam diskutieren, gibt es sehr unterschiedliche Betroffenheiten.

Ich muss Sie auf die Redezeit hinweisen, Herr Kollege.

– Ich bin gerade von der Redezeit betroffen. Danke, Herr Präsident! Aber diese Betroffenheiten einmal zu diskutieren und daraus abzuleiten, wie die Problemlage ist und mit welchen Ideen und Chancen wir aus der Debatte gehen, finde ich sehr lohnend. Ich hoffe sehr, dass es in Zukunft gelingt, in Sachsen die vielen Akteure, die wir im Lande haben, zusammenzubringen, um ihre guten Ideen und Vorstellungen – auch eingedenk der Problemlage – zu diskutieren und am Ende mit ihnen Handlungsfelder abzustecken.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Das war wiederum Kollege Jurk für die einbringende Fraktion. – Für die CDU-Fraktion erwidert ihm nun Herr Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jurk, Sie haben ja nun in Ihrem zweiten Redebeitrag doch etwas die Kurve bekommen. Aber die Überschrift stark zu verschachteln macht es nicht besser. Was hat die Flut mit nachhaltiger Energiepolitik zu tun? Herr Jurk, ich habe, als ich das zum ersten Mal gelesen habe, eher gedacht, Sie wollen von dem ablenken, was Ihr Fraktionsvorsitzender Martin Dulig den Flutbetroffenen unmittelbar mitgeteilt hat: dass er Zwangsaussiedlungen, Zwangsräumungen vorgeschlagen hat. Das war Ihr Konzept, nachdem die Flutmassen überhaupt noch nicht ganz weg waren, da sind Sie in die Öffentlichkeit gegangen. Das halten wir für nicht sachgerecht, das muss ich einmal deutlich sagen. Das wollen Sie heute in dieser Diskussion vielleicht auch wieder verschachteln und wollen wahrscheinlich auch wieder ablenken.

Nein, die Staatsregierung – natürlich mit Unterstützung der CDU-Fraktion – hat sachgerecht entschieden und eine Soforthilfe auf den Weg gebracht sowie Dinge kommuniziert, was den Menschen, die von der Flut betroffen

waren, wirklich geholfen hat. Wir sollten nicht das eine mit dem anderen verschachteln, das halten wir nicht für sachgerecht – wobei ich mich gern mit Ihnen sowohl zu dem einen als auch zu dem anderen Thema auseinandersetzen will.

Ich möchte aber auf den zweiten Teil eingehen: nachhaltige Energiepolitik. Wir haben als Fraktion – mein Kollege von Breitenbuch hat es bereits erwähnt – im Jahr 2010 die Ziele nachhaltiger Energiepolitik formuliert. Dieser Dreiklang von Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit muss immer wieder von uns hergestellt werden. Dazu gehören auch bezahlbare Energiepreise. Das müssen Sie den Menschen draußen auch sagen. Wir sind als Koalition angetreten, den Menschen zu sagen: Jawohl, wir wollen bezahlbare Energiepreise. Das ist wichtig für die Wirtschaft und für den Privatverbraucher.

Letztendlich ist die Frage zu stellen: Wie viel Klimaschutz und wie viel Versorgungssicherheit brauchen wir? Diese Aspekte müssen abgewogen und letztlich auch politisch entschieden werden. Wir haben ja nicht gesagt, dass wir gegen Windkraft sind, sondern wir wollen einen zeitverzögerten Ausbau. Diesen Strategiemix zwischen Zeit und Maß müssen wir finden. Das ist unsere Antwort auf vernünftige und nachhaltige Energiepolitik.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist übersichtlich!)

Sie hätten auch klatschen können, Frau Hermenau; so ist es ja nun nicht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein, bei dem Thema sind wir nicht einer Meinung! – Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich betone nochmals: Einheimische Braunkohle ist wichtig für unser Land letzthin; denn importiertes Gas wird uns noch weiter in die Importabhängigkeit bringen, und das kann nicht Ziel unseres politischen Willens sein. Es kann auch nicht Ziel sein, die Versorgungssicherheit derart infrage zu stellen.

Ich möchte nochmals auf den Beitrag der Kollegin Dr. Pinka eingehen. Sie sagten vorhin – wenn ich Sie richtig verstanden habe –, wir müssten das Wetter ändern, oder wir müssten Einfluss auf das Wetter nehmen.

(Heiterkeit bei den LINKEN, der SPD und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Dazu fällt mir der viel genannte Spruch ein, den Ihre Vorgänger – Sie sind ja die Nachfolgepartei – in den Sechzigerjahren gebracht haben: „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.“ Das haben Sie in dieser Zeit auch formuliert. Wenn Sie meinen, Sie haben so viel Einfluss auf die Wettersituation, dann haben Sie sich aber mächtig getäuscht, meine Damen und Herren.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Was wird das für eine Nummer hier?)

Ich meine, bei 4 % CO2-Ausstoß in der Bundesrepublik Deutschland – Herr Herbst sagte, Sachsen liegt bei 0,144 % – haben wir sicher die Verantwortung, diesen noch weiter zu reduzieren. Aber wir werden dadurch die Welt nicht verbessern, und wir werden auch nicht für den CO2-Ausstoß verantwortlich gemacht und dafür, dass es Flutereignisse gibt. Trennen wir die Diskussion und helfen auf der einen Seite den Menschen bei der Flut und machen auf der anderen Seite vernünftige Energiepolitik, meine Damen und Herren!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Markus Ulbig)

Kollege Heidan machte gerade seine Ausführungen für die CDU-Fraktion. – Nun sehe ich am Mikrofon 2 eine Kurzintervention zu dem gerade Vorgetragenen. Bitte, Herr Kollege Jurk.

Herr Präsident! Als Erstes will ich feststellen, dass die Extremwetterlagen durchaus etwas mit dem Klimawandel zu tun haben. Das ist wissenschaftlich bewiesen. Ich schließe auch nicht aus, dass diese Erde irgendwann in 10 000 Jahren wieder eine Eiszeit erleben wird. Ich stelle also fest: Die Erde wird den Klimawandel verkraften, der Mensch langfristig nicht. Das muss uns zu denken geben.

Der zweite Punkt, der mir bei Herrn Heidan sehr übel aufgestoßen ist, war eine Unterstellung: Wir hätten als SPD-Fraktion Zwangsräumungen von Flutgeschädigten verlangt. Das war mitnichten der Fall. Wir haben darauf hingewiesen – Beispiel 2002 Röderau-Süd –, dass durchaus zu überlegen ist, ob Wohngebiete oder Häuser, die langfristig immer wieder von solchen Flutereignissen betroffen sein werden, dann nicht auch umgesiedelt werden müssten; ich möchte gar nicht den Begriff „abgesiedelt“ in den Raum stellen. Wie ich jetzt hörte, machte beispielsweise Herr Dr. Jaeckel als Wiederaufbaubeauftragter deutlich: Es gibt Varianten, bei denen sich die Menschen freiwillig entscheiden können, ihren angestammten Wohnsitz zu verlassen und das Geld zu nehmen, um sich an anderer Stelle eine neue Existenz aufzubauen.

Der dritte wichtige Punkt ist für mich immer das Thema Energiepreise. Dazu kann ich nur sagen: Sowohl Schwarz-Gelb im Bund wie auch im Land haben völlig versagt. Sie haben die EEG-Umlage so gelassen, wie sie ist. Herr von Breitenbuch hat ehrlicherweise darauf hingewiesen. Sie hat die Preise selbstverständlich getrieben. Sie haben keine steuerlichen Veränderungen vorgenommen, die durchaus damit zu begründen wären, dass die EEG-Umlage auch die Einnahmen des Staates erhöht.

Ein wichtiger Punkt ist: Gerade heute werden wir in Sachsen über das Wassergesetz sprechen. Wir wissen, dass insbesondere die Wasserkraft verteuert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird, und das deshalb, weil die

Wasserentnahmeabgabe wiederum im Gesetz stehen wird – dank dieser Koalition.

(Beifall bei der SPD – Frank Heidan, CDU, steht am Mikrofon.)

Auf die Kurzintervention reagiert jetzt Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jurk, es ist wichtig festzustellen, dass wir als Bundesrepublik Deutschland mit der Entscheidung zum Atomausstieg Vorreiter bei der Umsetzung energiepolitischer Ziele sind.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wir dürfen aber eines nicht tun: als Vorreiter Alleinstehender zu sein, sondern wir müssen im europäischen und im weltweiten Duktus denken und handeln. Deshalb ist es wichtig, die Ausbauziele weiterhin mit Augenmaß und Vernunft zu betreiben und dies auch so vorzubringen, wie ich es eben in meinem Redebeitrag dargestellt habe: dass die Energiepolitik bezahlbar bleibt, dass sie sicher bleibt und dass sie umweltverträglich ist. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)

Das war die Reaktion. – Wir fahren in der zweiten Rednerrunde fort. Für die Fraktion DIE LINKE ergreift jetzt Frau Dr. Runge das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach der kabarettistischen Einlage von Herrn Heidan

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Henning Homann, SPD)

möchte ich noch einmal zur Nachhilfe und zum Notieren für Herrn Heidan, Herrn Herbst und Herrn von Breitenbuch zu Protokoll geben:

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Danke! – Frank Heidan, CDU: Wir haben schon einen Block!)

Erstens. Der Klimawandel hat selbstverständlich natürliche Ursachen, und wenn in den letzten zehn Jahren festgestellt wurde, dass diese Klimaerwärmung zumindest stagniert, hat das im Wesentlichen etwas mit der zurückgegangenen Sonnenintensität zu tun.

Zweitens. Das, was die Klimaforscher nun allerdings empirisch festgestellt haben, Herr Herbst, nämlich dass sich die Klimaerwärmung in den letzten 150, 160 Jahren beschleunigt hat – und zwar mit dem Eintritt der Menschheit in das industrielle Zeitalter –, ist eine Grunderkenntnis der Klimaforscher. Das heißt also, die von Menschen geschaffene Industrie hat Einfluss auf den beschleunigten Klimawandel.

Schließlich geht es darum – und es geht in der Klimaschutzpolitik nur noch darum –, etwas aus dieser Dynamik und Beschleunigung der Klimaerwärmung herauszunehmen.

(Frank Heidan, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke. – Das ist schon schwer genug, weil das Nachfolgeprotokoll für Kyoto bis heute gescheitert ist. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, dass es tatsächlich noch zu einem internationalen Klimaschutzabkommen kommen kann, und zwar mit dem Ziel, die Erwärmung in diesem Jahrhundert auf 2 °C zu begrenzen, was aus heutiger Sicht schon nicht mehr zu halten sein wird. Darüber sind sich alle Klimaforscher einig.

Ich habe gesagt, es gibt keinen linearen, monokausalen Zusammenhang zwischen Klima und Wetter. Allerdings gibt es einen vermittelten Zusammenhang. Die Klimaforscher haben selbstverständlich noch weiße Flecken zu beackern, nämlich in diesem Zusammenhang die Rolle der großen Ozeane für das Klima und die Wetterereignisse näher zu ergründen. Die fehlenden Luftströmungen auf der Nordhalbkugel, die für diese langanhaltende Trogwetterlage in Mitteleuropa gesorgt haben, haben etwas damit zu tun, dass die Luftzirkulation auf der Nordhalbkugel faktisch ausgefallen ist.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ja, dass sich das abgeschwächt hat und sich dadurch diese Wetterlage zwei, drei Wochen über Mitteleuropa halten konnte.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: So ist es!)

Das ist der Punkt. CO2 ist für die Forscher das wichtigste, relevanteste Klimagas. Und zwar hängt das damit zusammen, dass sich CO2 in der Atmosphäre am langsamsten abbaut und sich mehr als 100 Jahre, bis 200 Jahre, in der Atmosphäre befinden wird. Das heißt: Das, was wir heute ausstoßen, wird noch in 150 Jahren in der Atmosphäre sein. Was wir zusätzlich ausstoßen, kommt immer wieder obendrauf.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU, steht am Mikrofon.)