Protokoll der Sitzung vom 18.09.2013

ersatz! Denn eines ist klar: Wenn es jetzt zu Mehrbelastungen kommt, können sie das, was sie in den letzten Jahren aufgebaut haben – – Durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz konnten sie in eine moderne Einrichtung, in besondere Angebote im Bereich Wellness und Spa investieren. Sie haben sich damit gegenüber anderen Regionen konkurrenzfähig gemacht,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

weil sie etwas aufzuholen hatten. Dieses Angebot und ihre Strukturen müssen sie jetzt wieder aufbauen. Jetzt Vermögen zu entziehen, Gewinnmöglichkeiten für weitere notwendige Investitionen abzuschöpfen, ist der Todesstoß für viele Hotels im ländlichen Raum. Ihre Regulierungsvorschläge – Abschaffung der Mini-Jobs, Verschlechterung für befristet Beschäftigte – sind gerade für den Bereich Hotellerie/Gastronomie, ein witterungsabhängiges Gewerbe mit Saisontätigkeit, der Todesstoß.

Wenn Sie das wollen, sagen Sie das und sagen Sie das in unserer Region, die zum größten Teil vom Tourismus abhängig ist. Wenn das Ihre Aussage ist, machen Sie das! Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass die SPD in unserem Landkreis immer schlechtere Ergebnisse hat als die FDP, dass sie für diese Region nichts übrig hat.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Aber sagen Sie, dass Sie für diese Tourismusregion nichts übrig haben!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Scheel, Sie möchten gern eine Kurzintervention tätigen?

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich kann ja verstehen, dass Sie für Ihre Klientel eine solche Steuerermäßigung gemacht haben. Seit es diese Frage Mehrwertsteuer und ermäßigte Mehrwertsteuer gibt, gibt es einen ewigen Streit darum, was unter die ermäßigte Mehrwertsteuer fallen soll und was nicht. Ich frage mich nur: Warum hatten Sie nur ein Herz für die Hoteliers in dieser Frage, warum nicht für Kinder, warum nicht bei arbeitsintensiven Handwerksleistungen, warum nicht bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln, warum nicht im öffentlichen Personennahverkehr, warum nur für Hoteliers? – Das müssen Sie sich als FDP schon fragen lassen.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Herr Bläsner, Sie wollen auf die Kurzintervention antworten? – Bitte.

Was Sie sich fragen lassen müssen, Herr Scheel, ist, warum Sie

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

ich kann antworten, was ich will – im Gegensatz zu 2009 jetzt von dieser Forderung, die die SPD damals auch erhoben hat,

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Das war aber ein Gesamtkonzept!)

warum Sie jetzt davon Abstand nehmen, obwohl es Erfolge gezeitigt hat, gerade in unserer Region. Das wundert mich sehr. Sie müssen beantworten, warum Sie jetzt plötzlich umgefallen sind, nur weil es vielleicht in der Öffentlichkeit nicht so populär war.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Weil Sie Ihre Klientel einseitig bedient haben!)

Vielleicht deshalb.

(Unruhe im Saal)

Das war die zweite Runde der allgemeinen Aussprache. Wortmeldungen für eine dritte Runde liegen mir nicht vor. Ich frage die Staatsregierung: Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Herr Staatsminister Unland, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was hier vorgelegt worden ist, ist das steuerpolitische Programm der LINKEN zur Bundestagswahl am nächsten Wochenende.

(Zurufe von der LINKEN: Stimmt! – Das kann nicht sein!)

Dieses Programm soll nun offenbar nicht nur den Wählern vorgestellt, sondern auch dem Sächsischen Landtag zur Abstimmung gestellt werden. Ich möchte kurz begründen, warum ich empfehle, den Antrag abzulehnen.

Erstens: Der hier vorgestellte Antrag beinhaltet ein massives Steuererhöhungsprogramm. Wir haben gerade gehört: Auf Seite 3 hat man einmal gerechnet, was dieses Programm bringen wird: 180 Milliarden Euro.

(Zuruf von der SPD: Nicht schlecht!)

Eine immense Summe. Mindestens das Zehnfache des sächsischen Haushalts. Aber ich habe mir einmal die Mühe gemacht, das an den heutigen Steuereinnahmen zu spiegeln. Wenn man einmal die gesamten Bundessteuern, Ländersteuern und Gemeindesteuern zusammenrechnet, dann haben wir im Ist im letzten Jahr 573,7 Milliarden Euro Steuern eingenommen. Das heißt: Man verspricht sich hier unvorstellbare, mehr als 30-prozentige, Steuermehreinnahmen auf allen Ebenen – der Bundes-, Länder- und Gemeindeebene. Mal sehen, wie lange es dauert, bis davon nichts mehr übrig bleibt.

Zweitens: Die Steuervorschläge sind ein gigantisches Umverteilungsprogramm von den Bürgern und Unternehmern hin zum Staat. Entsprechend dem Antrag soll der Staat die höheren Steuereinnahmen unter anderem für Investitionen einsetzen. Der Staat soll also Investitionen

aus Mitteln tätigen, die er zuvor den Unternehmen entzogen hat und die den Unternehmen dann fehlen, um eigene Investitionen zu tätigen, die ja bekanntlich oft zu mehr Arbeitsplätzen führen. Eine Investitionsverschiebung von der Wirtschaft zum Staat ist weder logisch noch wirtschaftlich sinnvoll, sondern klingt eher nach angestrebter Planwirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Drittens: Eine solch utopische Mehrbelastung ist nicht geeignet, Leistung zu fördern, sondern sie würgt sie durch den verschärften Steuerzugriff ab und bestraft sie. Schon die psychologischen Wirkungen einer Steuererhöhung wären in diesem Ausmaß verheerend.

Viertens: Der Antrag nimmt auf die Lebenswirklichkeit keine Rücksicht und behindert die Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten von Bürgern und Unternehmen. Unabsehbare Anpassungs- und Ausweichreaktionen sind die Folge.

Fünftens: Die Antragsteller verkennen, dass die Unternehmensbesteuerung in Deutschland schon heute im oberen Drittel weltweit liegt

(Zuruf von der LINKEN: Doch nicht real! Das ist nominal!)

auch real, diesbezüglich können wir nachher einmal die Statistiken austauschen – und eine weitere Erhöhung die internationale Wettbewerbsfähigkeit, vor allem die der mittelständischen Unternehmen, deutlich beeinträchtigen würde. Vor allem die Substanzbesteuerung der Betriebe durch Vermögensteuer, Vermögensabgabe und höhere Erbschaftsteuern würden den Mittelstand schwächen und Verlagerungen ins Ausland begünstigen.

Der Industriestandort Sachsen und ganz Deutschland würden an Attraktivität verlieren. Um es kurz zu machen: Man sollte sich vielleicht doch noch einmal selbstkritisch fragen, was von diesen prognostizierten Steuermehreinnahmen letztendlich – sprich: nach einigen Jahren – übrig bleiben wird.

Herr Prof. Unland, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Frau Dr. Runge, bitte.

Herr Präsident! Herr Minister, folgende Frage: Haben Sie das Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Kenntnis genommen, das eine jährliche Unterfinanzierung der Investitionen für die Infrastruktur in der Bundesrepublik Deutschland mit 15 Milliarden Euro beziffert? Haben Sie die Bewertung der OECD zur Kenntnis genommen, dass das, was Deutschland für Bildung im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt ausgibt, nach wie vor im unteren Feld der OECD-Länder liegt? Sehen Sie hier

nicht Investitionsbedarf, der auch, bitte schön, durch eine höhere Besteuerung der höchsten Einkommen und Vermögen zu finanzieren ist?

Mir sind diese Gutachten alle sehr gut bekannt, jedoch lautet unsere Antwort darauf etwas anders. Man muss ja nicht unbedingt die Steuern erhöhen, sondern man kann sich überlegen, wie man mit den Steuergeldern, die man erhält, umgeht. Wenn ich im Heute ständig mehr Einnahmen generiere, indem ich Schulden mache, dann steigen auch die Zinsbelastungen. Genau das macht ja nicht der Freistaat. Wir sind in der Vergangenheit ordentlich mit dem Geld umgegangen. Das heißt, wir haben heute erheblich mehr Geld in der Kasse und können dies auch ausgeben.

Zweitens: Wenn ich mir die Bildungsstatistiken anschaue, dann muss ich sagen: Die sind vom Grundsatz her falsch. Wir haben in Deutschland die duale Ausbildung. Das haben andere Länder nicht. Das heißt, die Wirtschaft trägt einen immensen Anteil an den Ausgaben für die Bildung, und in vielen Statistiken wird das schlichtweg unterschlagen.

Ich möchte jetzt weiterführen, warum ich Steuererhöhungen schlichtweg für einen Irrweg halte. Sie sind auch die falsche Antwort auf die Lage der öffentlichen Haushalte, denn an höheren Steuereinnahmen mangelt es derzeit wirklich nicht.

Worauf es ankommt, ist, die Ausgabenseite an die Einnahmenseite anzupassen. Dies ist vor allem angesichts der Schuldenbremsen des Europäischen Fiskalpakts, des Grundgesetzes und in Sachsen der Landesverfassung geboten. In Sachsen gehen wir seit 20 Jahren den Weg der ausgabenseitigen Konsolidierung und sind damit sehr gut gefahren. Diesen Weg sollten wir fortsetzen und uns nicht auf unsichere, höhere Steuereinnahmen einstellen.

Mit dieser Perspektive hat der Sächsische Landtag die Schuldenbremse in die Verfassung aufgenommen. Eine Steuererhöhungskampagne erweckt hingegen eher den Eindruck, sich den Zwängen der Ausgabenkontrolle zu entziehen.

In der Steuerpolitik gibt es meines Erachtens jedoch viel wichtigere Themen, denen wir uns zuwenden sollten. Ich denke hier nur an die Steuervereinfachung und die kalte Progression im Einkommensteuertarif. Bei der Steuervereinfachung ist in den letzten Jahren einiges auf den Weg gebracht worden. Ich denke an die Vereinfachung der Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten oder die Anhebung der Werbungskostenpauschale und vieles mehr. Das ist zwar nicht der große Wurf, aber es wurde ein Anfang gemacht.

Mir ist dabei bewusst, dass das Steuerrecht in einer komplexen Gesellschaft, wie wir es sind, kompliziert ist. Wir haben auch erfahren müssen, dass Steuervereinfachung eine Herkulesaufgabe ist, weil häufig gegen Widerstände angekämpft werden muss. Die Steuererklärung auf dem Bierdeckel wird es deshalb – leider – nicht geben.

Wir haben uns aber das Ziel gesetzt, gegenüber dem Bund für ein einfaches und gerechtes Steuersystem einzutreten, denn Vereinfachungen nützen uns allen und nicht nur kleinen Gruppen unserer Gesellschaft.

Auch das zweite genannte Anliegen, der Abbau der kalten Progression, halte ich für richtig und wichtig; denn mit jeder Lohnerhöhung geben die Arbeitnehmer einen größeren Anteil an Lohnsteuer an den Staat ab, als sie es hinsichtlich der Steigerung ihres Lohnes erhalten müssten. Ein Gesetz, das den Steuerzahlern den überproportional gezahlten Steueranteil wieder zurückgegeben hätte, wurde leider im Bundesrat mit der Mehrheit der Opposition zu Fall gebracht. Die Gründe, die Sie, Frau Hermenau, genannt haben, sind leider nicht allumfassend gewesen. Das ist nicht gerecht und bestraft alle, die mit ihrer Leistung dazu beigetragen haben, dass wir doch verhältnismäßig ordentlich durch die Krisen der letzten Jahre gekommen sind.