Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Tierärzten zu bedanken, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Garantie des Tierwohls und der Tiergesundheit in sächsischen Viehbeständen. Wie meine Kollegin von der FDP schon ausführte, sind die Tätigkeitsgebiete von Apothekern und Humanmedizinern getrennt – mit gutem Grund. Ich möchte noch ergänzend darauf hinweisen, dass das alles schon im Edikt von Salerno im Jahr 1231 niedergelegt wurde und keine neue Einrichtung ist.
Wir vertrauen den sächsischen Tiermedizinern. Wir haben Vertrauen in ihre Fachkompetenz und in ihre Aktivität. Wir lehnen daher die Abschaffung des Dispensierrechts ab. Im Übrigen unterstützt auch die Sächsische Landestierärztekammer diese, unsere gemeinsame Position.
Ich möchte aber mit meinem Redebeitrag auf einen zweiten Schwerpunkt eingehen, nämlich den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Mit der Änderung des Arzneimittelgesetzes kann die Menge der eingesetzten Antibiotika in der Tierhaltung innerhalb weniger Jahre deutlich reduziert werden. Ich halte das für den richtigen
Weg, zumal der Kernbestandteil dieses Arzneimittelgesetzes das Antibiotikaminimierungskonzept ist, das auch Frau Bundesministerin Aigner klar unterstützt.
Ich begrüße die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder, die mehr Kontrollbefugnisse bekommen. Der Austausch zwischen den Behörden wird verbessert. Die Länder können sich künftig in einer bundesweiten Datenbank bedienen. Wir erhoffen uns damit eine Erhöhung der Transparenz des Einsatzes von Antibiotika in Tierhaltungsbetrieben.
Wir werden uns also auch weiterhin dafür einsetzen, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung nur im therapeutisch notwendigen Umfang praktiziert wird. Das ist gelebte Praxis. Die Züchter haben selbst ein Interesse daran, weil auch so Vertrauen des Verbrauchers generiert wird. Wenn Sie sich mit den Züchtern, den Tierhaltern unterhalten, werden Sie erfahren, dass Antibiotika sehr teure Medikamente sind, dass der Einsatz von Antibiotika ein Vermarktungsverbot von Produkten nach sich zieht. Das geht natürlich mit einem Verdienstausfall einher.
Deshalb haben wir alle die Verantwortung für einen sachlichen und fairen Umgang in der Diskussion über diesen sensiblen Lebensmittelbereich, der unsere heimische Landwirtschaft betrifft.
Da Otto von Bismarck gestern so gut angekommen ist, sei es mir gestattet, ihn heute erneut zu zitieren: „Die Scheu vor Verantwortung ist die Krankheit unserer Zeit.“
Das galt damals, das gilt heute und das gilt ganz besonders auch in der Diskussion um die Landwirtschaft. Der Einsatz von Antibiotika ist unbedingt notwendig, um die weitere Ausbreitung von Zoonosen zu verhindern. Zoonosen sind Krankheiten, die auf Tierbestände übergreifen können. Antibiotika werden sowohl im konventionellen als auch im Biobereich eingesetzt. Beim Bio-Bereich ist der einzige Unterschied nur, dass sich die Betriebe unverbindlich verpflichten, Antibiotika nur in Ausnahmefällen einzusetzen. So dürfen in einem Biobetrieb maximal zweimal im Jahr Antibiotika zum Einsatz kommen, wobei dies ja in der Praxis kaum zu überprüfen ist; denn man kann eine einmal begonnene Gabe durchaus als Fortsetzungsbehandlung deklarieren und weiterführen und damit die Beschränkung, die es gibt, umgehen.
Antibiotika dürfen demnach nur noch bei Erkrankung der Tiere und nach Verschreibung durch einen Tierarzt eingesetzt werden. Das dient der Sicherheit der Verbraucher.
Wie oft begegnet uns dieses Bild: Bio ist immer besser! Beides hat seine Berechtigung, denn es ist nicht so, dass Tiere in Ökohaltung seltener erkranken als ihre konventionell großgezogenen Artgenossen. Aufgrund der in der Biolandwirtschaft üblichen Haltungsform auf Stroh oder im Freiland kommt es sogar häufiger zum Befall von Parasiten und Krankheitserregern, die zumeist durch Wildtiere verbreitet werden. Unter anderem aus diesem
Grund ist die Sterblichkeit in Biobetrieben oftmals höher als in der konventionellen Landwirtschaft. Zwar können Ökolandwirte diese Verluste aufgrund von Bezuschussungen und allgemein höheren Preisen ihrer Produkte besser ausgleichen als ihre konventionell agierenden Kollegen, allerdings werden bakterielle Infektionen hier genauso behandelt wie in herkömmlichen Betrieben, nämlich mit der Gabe von Antibiotika.
Zum Zweiten geht es um eine Entstehung und Verbreitung von multiresistenten Erregern. Vielfach wird dargestellt, dass durch den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung multiresistente Erreger entstehen und sich verbreiten können in der Konsequenz, dass diese für den menschlichen Organismus gefährlich werden können. Das hat ja auch gestern meine Kollegin Karin Strempel noch erwähnt. Es liegen jedoch diverse Studien vor, die multiresistente Erreger sowohl in Biobetrieben als auch in konventionellen Mastbetrieben nachweisen. Sie kommen dort und dort vor.
Einer der Hauptgründe für den höheren Verbreitungsgrad von MRSA-Keimen in konventioneller Tierhaltung ist, dass die Erreger durch den Zukauf von Tieren in die Betriebe gelangen und sich dort ausbreiten. Die ökologische Haltung ist im Gegensatz dazu immer noch ein weitgehend geschlossenes System.
Die antibiotikaresistenten Erreger in der Tierhaltung und deren Auswirkung auf den Menschen spielen eine untergeordnete Rolle, was allein daraus ersichtlich ist, dass, wenn multiresistente Erreger im Übermaß aus den Ställen kämen, dann ja vor allem die Mitarbeiter der Tiermast, die Tierärzte und die Mäster erkranken müssten. Das ist aber nicht der Fall. Es ist eher zu sagen, dass eine Infektion von Menschen durch den Umgang mit Lebensmitteln und ihrem Verzehr bei Beachtung der notwendigen Küchenhygiene sehr unwahrscheinlich ist. Weil man sich die tödlichen Keime nicht in der Küche, sondern im Krankenhaus holt, nennt man sie nicht umsonst Krankenhauskeime.
Meine Damen und Herren! Wer vor diesem Hintergrund so tut, als sei mit der Einschränkung des Dispensierrechtes der Tierärzte eine Lösung der Resistenzprobleme erreichbar, der verkennt die Zusammenhänge. Die Landwirtschaft ist und bleibt ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor in unserer ländlichen Heimat. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Herr Dr. Pellmann, bitte, von der Fraktion DIE LINKE. Herr Pellmann, Sie können gerne hierbleiben, es gibt wohl noch eine Kurzintervention. Ich bitte um Entschuldigung.
Ich möchte eine Sache nicht stehen lassen, die Herr Fischer eben genannt hat und Unsinn ist. 20 % der Bevölkerung sind mit dem MRSA-Keim befallen oder tragen ihn auf der Haut. Wenn
man gesund ist, ist das kein Problem. Sollte man ins Krankenhaus kommen und hat einen Eingriff, kommen diese Erreger ins Blut, und das verursacht dann große Wirkungen. Das kann auch im ambulanten Bereich passieren. Deswegen hat ja auch richtigerweise das Ministerium die Kontrolle auf den ambulanten Bereich ausgeweitet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung aus der bisherigen Debatte. Ich wundere mich manchmal – und es erfreut mich irgendwie sogar – über die Fachkompetenz, die aus manchen Redebeiträgen hervorscheint. Einige müssten richtige Ärzte sein, andere Tierärzte oder was weiß ich. Wenn ich in den Überblick schaue, den ich über alle Abgeordneten erhalte, ist kaum eine solche Berufsgruppe zu finden. Ich denke – da schließt die Vorbemerkung dann –, wir sollten gelegentlich denen vertrauen, die dafür wirklich qualifiziert sind, und manchmal nicht so tun, als ob wir uns in medizinische Fachdebatten hineinbegeben könnten, von denen wir vielleicht doch nicht ganz so viel verstehen. Deswegen werde ich das auch hier nicht tun.
Zum Antrag selbst. Ich bleibe bei dem Antrag, wie er heute gestellt worden ist. Zunächst muss ich feststellen, dass es in meiner Fraktion keinen Beschluss gibt, auch keinen geheimen Beschluss, dass wir Anträge der Koalition prinzipiell ablehnen müssten, nur weil sie von der Koalition kommen. Wir prüfen sehr wohl, ob hinter einem Antrag Substanz steckt und ob ein Antrag weiterführt. Deswegen wende ich mich jetzt überhaupt nicht in irgendeiner ideologischen Form diesem Antrag zu, sondern ich bin ganz sachlich.
Ich sage Ihnen jetzt schon, dass wir diesem Antrag zustimmen werden. Da staunen Sie jetzt, aber so sind wir eben. Wir sind nicht ideologisch vorgeblendet.
Ich sage Ihnen dann auch aus eigener Anschauung, dass ich nicht immer in der Großstadt gewesen bin und ich mich nicht immer mit den Themen, mit denen ich hier zu tun habe, beschäftigen durfte, sondern ich habe auch ein Vorleben gehabt. Wenn man älter ist, kann man darauf gelegentlich zurückgreifen. Ich stamme aus einer Bauernfamilie, und ich weiß zu würdigen, wie Landwirtschaft funktioniert. Deswegen sage ich auch, dass ich mich an einem Streit nie beteiligen werde, ob ökologische Landwirtschaft besser ist als die konventionelle. Ich weiß, dass dieser Streit schwelt. Daran werde ich mich jedoch nicht beteiligen, weil ich genau weiß, wie Landwirtschaft funktioniert. Andere, die darüber reden, wissen es vielleicht doch nicht.
Ich sehe im Augenblick keinen Grund dafür, warum wir das bewährte System der Verschreibung und der Vergabe von Medikamenten durch Tierärzte ändern sollten, oder man muss ihnen das einmal hinreichend verdeutlichen. In der Vorbereitung auf diese Debatte hat man mich nicht überzeugen können. Mehr noch: Ich bin auch nicht bereit, einen Generalverdacht gegenüber Tierärzten zu äußern etwa dahin gehend, dass sie sich, wie man gelegentlich hört, durch die Vergabe von allzu vielen Medikamenten bereichern würden, auch zu relativ hohen Preisen.
Ich zweifle nicht – als Generalverdacht – an der Kompetenz und an der Qualifikation der Tierärzte, ich nicht, ich glaube, auch meine Fraktion nicht. Deswegen, meine ich, sollten wir nach der Sinnhaftigkeit dessen fragen, was hier geändert werden soll. Ich füge allerdings hinzu: Ob wir mit dem heutigen Antrag allzu viel bewirken, daran habe ich meine Zweifel; denn es ist in der Tat kein Nachweis, soweit ich mich informieren konnte, bisher möglich gewesen, dass eine andere Praxis, nämlich die der Trennung von Vergabe und Verschreibung, zu etwas weniger Einsatz von Antibiotika führen würde. Ich kann nicht erkennen, dass es dafür einen hinreichenden Beweis gibt.
Die Regelungen kann man immer prüfen, ob das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln eingehalten wird, insbesondere im § 56, der die Vergabe von Medikamenten durch Tierärzte konkret regelt. Davon verstehe ich zu wenig, um heute juristisch sagen zu können, hier müssten wir vielleicht eine Novellierung vornehmen. Daran kann man sicher denken, aber zunächst einmal kann ich nicht erkennen, wieso wir hier eine Umsteuerung vornehmen müssen. Wenn wir wirklich – und da sind wir uns alle einig – einen sparsameren Einsatz von Medikamenten in der Tierhaltung wollen, insbesondere, was Antibiotika betrifft, und wenn wir generell vorankommen wollen, dann ist es für mich nicht die Frage, ob die Tierärzte verschreiben und auch die Medikamente dann selbst lagern und vergeben, sondern dann gibt es für mich zumindest vier Punkte, die wesentlicher sind, um hier voranzukommen.
Erstens. Die Einhaltung von räumlichen und klimatischen Standards bei der Tierhaltung. Das gilt sowohl für die konventionelle als auch für die ökologische Landwirtschaft. Hier meine ich, muss eins klar sein: Wenn Nahrungsmittel in den Verkehr kommen – ganz gleich, von wem –, müssen sie unbedenklich verzehrbar sein. Das ist für mich eine Grundthese.
Zweitens. Die Futtergrundlagen sollten vielmehr aus dem eigenen Aufkommen der Betriebe und aus dem Territorium im Sinne auch eines ökologischen Kreislaufes kommen. Mir gefällt schon lange nicht, dass wir über Zehntausende Kilometer schiffeweise Futtermittel herantransportieren. Das ist – weil Herr Fischer vorhin in das Mittelalter zurückging – bei Weitem nicht in der Tradition der deutschen Landwirtschaft. Das will ich hier ganz deutlich sagen.
Drittens. Wir brauchen eine kontinuierliche tierärztliche Prävention und Betreuung, nicht erst dann, wenn im wahrsten Sinne des Wortes das Tier bereits in den Brunnen gefallen ist. Das muss gesichert sein, und insofern danke ich auch hier für die Tätigkeit der Tierärzte in Sachsen. Ich habe davor große Hochachtung. Ich kenne viele, einige sind auch in meiner Verwandtschaft. Nicht, dass Sie jetzt denken, dass ich deshalb befangen wäre.
Viertens. Das richtet sich unmittelbar an die Staatsregierung: Ich erwarte – heute nicht zum ersten Mal, sondern seit längerem – eine flächendeckende Kontrolle durch die örtlichen Veterinär- und Lebensmittelämter. Wir haben die Statistik und wissen, woran es noch fehlt. Deswegen muss das nicht nur eine Empfehlung sein, sondern endlich als fester Bestandteil in das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst eingebracht werden. Das wäre wirklich überlegenswert. Hier könnte die Staatsregierung in der noch verbleibenden Amtszeit einen guten Schritt im Interesse einer gesunden Tierhaltung in Sachsen und der Verbesserung des Verbraucherschutzes vorangehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, werden zu einer immer größeren Bedrohung für die Gesundheit oder gar das Leben der Menschen weltweit. Auch Sachsen ist davon betroffen. Umso wichtiger ist es daher, neben der Erforschung neuer Medikamente auch die Ursachen für Antibiotikaresistenzen zu beseitigen. Zu den Hauptfaktoren gehört hier vor allem der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung.
Im Punkt 1 wird die Staatsregierung gebeten zu berichten. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin besteht ein gewisses Interesse am Thema. Ich hoffe nur, dass die Staatsregierung etwas berichten kann und nicht wieder so blank dasteht wie bei der Beantwortung der Großen Anfrage mit dem Titel „Strukturen der Tierhaltung und Stand des Tierschutzes in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Sachsen“ aus dem Jahr 2011. Vor zwei Jahren wusste die Staatsregierung nämlich noch nichts zu berichten und teilte mit, dass keine Informationen vorliegen, welche Antibiotika in welchen Mengen zum Beispiel in der Rinder- und Milchproduktion eingesetzt werden. Selbiges gilt für die Schweine-, Geflügel- und Schafhaltung, für die der Staatsregierung ebenfalls keine Informationen über den Antibiotikaeinsatz vorlagen.
Wie will die Staatsregierung aber über die Maßnahmen gegen einen zu hohen Antibiotikaeinsatz berichten, wenn ihr gar keine Zahlen dazu bekannt sind? Wie will sie beispielsweise etwas zur Wirksamkeit von Maßnahmen sagen, wenn sie mangels Informationen gar nichts über die Entwicklung des Antibiotikaeinsatzes sagen kann?
Im Punkt 2 wird die Staatsregierung gebeten, sich für eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes einzusetzen. Das ist
auch wieder eine weiche und unaufdringliche Formulierung. Konkrete Ideen, Wünsche und Anregungen haben CDU und FDP offenbar nicht.
Im Punkt 3 kommt der eigentliche Inhalt des Antrages. Das Dispensierrecht soll erhalten bleiben. Tierärzten ist es nämlich nach aktuellem Recht möglich, Medikamente wie zum Beispiel Antibiotika zu verschreiben und zu verkaufen. Das tierärztliche Dispensierrecht ist eine Ausnahmeregelung zum Apothekenmonopol.
Meine Damen und Herren! Die meisten im Antrag der Koalition genannten Argumente sind für die Beibehaltung des Dispensierrechts, überzeugen aber nicht. Ein angeblich längerer Vertriebsweg, ein daraus angeblich resultierender verzögerter Behandlungsbeginn oder die Notwendigkeit, dann in eine Apotheke gehen zu müssen, wo es nur große Packungen gebe, überzeugen nicht wirklich. Außerdem liegt unbestreitbar ein Interessenkonflikt zwischen tierärztlicher Behandlung und möglichst gewinnbringendem Verkauf von Arzneimitteln auf der Hand.
Das Europäische Parlament hat deshalb zu Beginn des Jahres gegenüber der Europäischen Kommission ein Ende des Dispensierrechts der Tierärzte gefordert. Diese befasst sich im Moment mit der Neufassung der Tierarzneimittelrichtlinie.