Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

Herr Staatsminister, ich frage Sie noch einmal höflich: Wollen Sie noch eine weitere Nachfrage zulassen?

Ja, gern.

Ist davon auszugehen, dass bei weiteren Anträgen aus unterschiedlichen Branchen – unabhängig von der Frage, von welcher Branche sie kommen – eine ähnliche Antwort der Staatsregierung zu erwarten ist?

Sehr geehrter Herr Brangs! Wir werden die

entsprechenden Anträge im Einzelfall abwägen und prüfen und dann aufgrund der besonderen sächsischen Situation eine Entscheidung treffen. Momentan war ein Verfahren anhängig, das gestern entschieden worden ist. Es ging um den Mindestlohn im Bauhauptgewerbe. Es war beantragt, einen Mindestlohn im Tarifgebiet West in Höhe von 14,70 Euro für allgemeinverbindlich zu erklären. Wir haben auf Bitten der entsprechenden Arbeitgeberverbände, die in der Tarifeinheit des Bauhauptgewerbes aus Ostdeutschland diesen Tarifvertrag nicht mitgetragen haben, aber im Rahmen des Gesamtverbandes überstimmt worden sind – – Diese sind auf uns zugegangen und haben uns gebeten, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen und in Richtung Bundesregierung diese Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu verhindern, weil sie der Auffassung sind, dass hier eine Marktabschottung betrieben wird: Westdeutschland gegenüber den Bauunternehmen in Ostdeutschland, den Bauunternehmen in Sachsen.

Wir teilen ausdrücklich diese Einschätzung der ostdeutschen Bauunternehmen, dass hier Westdeutschland eine Marktabschottung zulasten Ostdeutschlands betreibt. Deshalb haben wir dieser Allgemeinverbindlichkeitserklärung in diesem Fall widersprochen und unseren Einspruch eingelegt. Wir werden, wenn weitere Fälle kommen, dies sachgerecht prüfen und im Einzelfall Einspruch einlegen oder – wenn es nicht geboten scheint – eben nicht.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Herr Staatsminister, bleiben Sie bitte noch. Frau Abg. Friedel möchte zu diesem Sachverhalt noch eine Nachfrage an Sie richten. Wollen Sie diese zulassen?

Gern.

Herzlichen Dank, Herr Staatsminister. – Sie haben in Ihrer ersten Antwort erklärt, dass das öffentliche Interesse an einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht bestand, weil der infrage stehende Lohn oberhalb des von SPD und GRÜNEN geforderten Mindestlohns von 8,50 Euro liegt. Würde das öffentliche Interesse bestehen, wenn der Lohn darunter liegt?

Das öffentliche Interesse ergibt sich daraus, ob letztendlich durch eine solche Allgemeinverbindlichkeitserklärung negative Effekte – für wen auch immer – im Zusammenhang mit der Festsetzung eines solchen Mindestlohns vermieden werden sollen oder ob solche Effekte hinreichend gravierend sind, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass man einen solchen Lohn für allgemeinverbindlich erklärt. Wenn aber jemand bereits 8,85 Euro verdient und eine Lohnerhöhung um 25 Cent auf 9,10 Euro erfolgen soll, wo ist dann das öffentliche Interesse, denen genau diesen Lohn vorzuschreiben, die sich bewusst entschieden haben – sowohl als Arbeitgeber als auch als Arbeitnehmer –, nicht Mitglied einer Tarifpartei zu sein. 50 % im Tarifgebiet sind Mitglied einer Tarifpartei, und für sie gilt die entsprechende Vereinbarung. Man kann sicherlich nicht davon

ausgehen, dass zum Beispiel ein Lohn von 8,85 Euro sittenwidrig wäre, dass der Staat als solcher eingreifen müsse, um eine solche Lohnfestsetzung zu verhindern.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Wollen Sie noch eine Nachfrage gestatten?

Gern.

Frau Friedel, bitte.

Vielleicht habe ich Sie falsch verstanden. Sie haben die Antwort auf die erste Frage mit dem Satz geschlossen: Auch angesichts der Tatsache, dass SPD und GRÜNE einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro fordern und der Lohn, um den es geht, darüber lag, besteht kein öffentliches Interesse. Ich wollte gern wissen: Hätten wir mehr fordern müssen, und besteht dann ein öffentliches Interesse? Oder warum haben Sie sich nicht –

Nein, Frau Kollegin, es ist doch – –

Lassen Sie mich kurz zu Ende sprechen.

an der Forderung der LINKEN orientiert? Oder inwiefern ist es von Relevanz, was SPD und GRÜNE da fordern? Das freut mich natürlich.

Wir befinden uns gerade bei Fragen von akzeptablen Löhnen in Deutschland, bei Fragen der Sittenwidrigkeit, der unangemessenen Löhne und auch bei den Fragen, ab wann ein Lohn unter Umständen einen Ausbeutungstatbestand erfüllen könnte, in einer intensiven öffentlichen Diskussion. Deshalb ist die Staatsregierung aufgefordert, möglichst viele Indizien heranzuziehen, wenn ein öffentliches Interesse besteht. Wenn wir aber feststellen können, dass bis auf wenige Ausnahmen ein großer gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, dass 8,50 Euro ganz offensichtlich nicht den Tatbestand des Sozialdumpings erfüllen – ich lasse jetzt die Forderung der LINKEN außen vor –, dann ist das mit ein Indiz dafür, das wir in unsere Bewertung einbeziehen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren! Frau Abg. Jähnigen stellt jetzt die Frage Nr. 5 aus der Drucksache 5/12682. Frau Abg. Jähnigen, bitte; Frage 5.

Es geht um die Sanierung des Knappensees (Gemeinde Lohsa) unter Einbeziehung der vorhandenen Nutzungen und Bürgerbeteiligung. Der Presse und Informationen von Bürgern zufolge wird derzeit die Sanierung des Knappensees in der Gemeinde Lohsa heftig diskutiert. Grund hierfür ist, dass die Bürgerinnen und Bürger angesichts der vorhandenen öffentlichen, touristischen und privaten Nutzungen am Ufer bzw. auf dem See eine abschnittsweise Sanierung anstelle einer

Komplettsanierung des Sees befürworten und eine Vollsperrung des Sees ablehnen. Zur Nachnutzung des Sees soll ein Bebauungsplan in Angriff genommen werden. Hier ist unter anderem erneut die touristische Nutzung das Ziel. Nach meiner Kenntnis ist Eigentümerin des Knappensees die Landestalsperrenverwaltung; für die Sanierungsmaßnahmen soll das Oberbergamt federführend sein.

1. Welche konkreten Maßnahmen (Vollsperrung, Sanie- rung, Errichtung von Sicherungsmaßnahmen bzw. Anla- gen) wurden bisher für jeweils welche Zeitdauer im Rahmen der Sanierung des Knappensees als Einrichtungen der Gefahrenabwehr oder Beseitigung von Störungen auf Grundlage des Polizeirechts der Sächsischen Hohlraumverordnung durch wen auf Grundlage welcher Verfahrenseinschätzung angeordnet bzw. umgesetzt?

2. Wann (Zeitpunkt und Verfahrensstand) erfolgt durch jeweils welche Behörde auf welcher Rechtsgrundlage die Einbeziehung der Öffentlichkeit, der Bürgerinnen und Bürger sowie der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer des Knappensees und seines Ufers?

Vielen Dank, Frau Jähnigen. Auf die Frage antwortet erneut Herr Staatsminister Morlok.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Jähnigen! Jetzt wird es wieder deutlich länger. Das liegt aber nicht an der Staatsregierung, sondern an der äußerst detaillierten Frage. Ich möchte versuchen, diese auch vollständig zu beantworten.

Das Sächsische Oberbergamt hat auf Grundlage seiner polizeirechtlichen Zuständigkeit im Rahmen der sächsischen Hohlraumverordnung im Zeitraum von 2007 bis 2012 eine ganze Reihe von Maßnahmen angeordnet, die Sie abgefragt haben und die ich Ihnen jetzt darstellen möchte.

Es gab in den Jahren 2007/2008 die Sicherung des Zugangs der setzungsfließgefährdeten Inselbereiche durch eine Schutzgrabenbaggerung, im Jahre 2008 die Schaffung einer zentralen Einsetzstelle für die Technik auf der Groß Särchener Seite des Knappensees, im Jahre 2010 Maßnahmen zur Herstellung der Trittsicherheit in einem ausgewählten Bereich auf der Groß Särchener Seite des Knappensees, in den Jahren 2009 und 2010 eine Tieflagenerhöhung grundschutzgefährdeter Bereiche im Südostbereich einschließlich Abriss des Hotels am Knappensee mit den Nebenanlagen. Dann gab es weitere fortlaufende Verhaltensanforderungen für einzelne Bereiche: Drainagebeschränkung für Kraftfahrzeuge, Betretungsverbote für die Inseln – das sind die Maßnahmen, die angeordnet wurden.

Ich möchte noch ergänzen, dass die gegenwärtige Nutzung des Knappensees nur aufgrund der dauerhaften Absenkung des Wasserspiegels durch die Grundwasserabsenkung im Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau

möglich ist. Wir haben deutlich gemacht, dass diese Grundwasserabsenkung keine dauerhafte Lösung im Zusammenhang mit dieser Sanierung ist. Es ist auch deutlich geworden, dass wir und das Oberbergamt im Mai/Juni im Zusammenhang mit dem Hochwasser und dem entsprechenden Anstieg des Wasserspiegels eine Komplettsperrung anordnen mussten.

Zur zweiten Frage: Die Gefahrenabwehrmaßnahmen erfolgen auf der Grundlage der Polizeiverordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, kurz gesagt der Hohlraumverordnung vom 20. Februar 2010. Das Oberbergamt hat die öffentlichen Belange im Rahmen einer Trägerbeteiligung ermittelt. Die privaten Belange wurden nach pflichtgemäßem Ermessen berücksichtigt. Die Behörde, also das Oberbergamt, hat die LMBV beauftragt, mit allen Betroffenen Entschädigungs- und Nutzungsvereinbarungen zu schließen.

Die LMBV hat die Betroffenen ermittelt und im Jahr 2012 angeschrieben, informiert und zu entsprechenden Schadensanmeldungen aufgefordert. Von den 220 ermittelten Betroffenen haben 219 Betroffene dies zwischenzeitlich gegenüber der LMBV getan. Die LMBV ist gegenwärtig damit beschäftigt, allen Betroffenen entsprechende Entschädigungs- und Nutzungsvereinbarungen zuzusenden, in denen die Entschädigung für die Dauer der Vollsperrung geregelt wird.

Unabhängig davon haben die Beteiligten die Möglichkeit, die individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Dafür gibt es ein Bürgerbüro der LMBV in der Ortslage Koblenz in der Gemeinde Lohsa. Das Oberbergamt und die LMBV haben Vereine und Bürgerinitiativen seit der ersten großen Bürgerversammlung zu diesem Thema im Mai 2010 immer wieder auf Besprechungen und Veranstaltungen informiert. Die genannten Informationsangebote bestehen selbstverständlich weiter.

Auf die entsprechenden Informationen hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung und der Bewertung der Maßnahmen, die wir zur Sanierung ergreifen wollen und die im Internet auf der Homepage des SMWA zugänglich sind, hatte ich Sie bereits in der Beantwortung der Frage des Kollegen Kosel hingewiesen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Jähnigen, bitte.

Ist es rechtskonform, dass die Sanierung einer wasserrechtlichen Anlage im Eigentum der Landestalsperrenverwaltung – wie es bei dem Knappensee ist – allein auf der Basis des Polizeirechts erfolgen soll, obwohl nach Ihrer Aussage zur Frage 1 des Kollegen Kosel im Moment noch keine Gefahr besteht?

Herr Staatsminister, bitte.

Das ist eine polizeirechtliche Frage. Da bin

ich im Einzelnen aus dem Stehgreif überfragt. Die Antwort reiche ich Ihnen gerne nach.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Jähnigen, Sie wollen noch eine Frage stellen? – Herr Staatsminister wollen Sie das zulassen?

Gerne.

Bitte.

Ab wann und wie lange sollen welche Bereiche des Seeufers und der Umgebung abgesperrt werden, und ist eine Teilabsperrung dabei erwogen worden?

Herr Staatsminister, bitte.

Dazu muss ich meine andere Akte holen. Einen Moment bitte. – Ich bitte um Verständnis dafür, dass man all diese Daten und Fakten nicht im Einzelnen im Kopf haben kann.

Es ist eine abgestufte Sanierung vorgesehen. Es gibt verschiedene Bauphasen oder Sanierungsphasen. Für diese Sanierung sind insgesamt fünf Phasen vorgesehen, in denen nacheinander in bestimmten Abschnitten mit den Verdichtungsmaßnahmen, die ich beschrieben habe, begonnen wird. Das Problem, das wir haben – deshalb auch diese lange Sperrung –, ist, dass wir Erschütterungen in den Grund eintragen, solange wir in diesem Kippenbereich die Verdichtungsmaßnahmen durchführen.

Solange das geschieht, ist das Risiko vorhanden, dass es zu Hangrutschungen kommt. Insofern muss während der kompletten Sanierungsmaßnahme – auch wenn das in Abschnitten nacheinander erfolgt – die entsprechende Sperrung angeordnet werden. Allerdings ist es so, dass die entsprechenden Sperrgebiete auch wieder eingeschränkt werden können, wenn es entsprechend weit weg ist – je nachdem, wo die Verdichtungsmaßnahme stattfindet. Aber dazu bin ich im Einzelnen überfragt.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Jähnigen, es ist vertan. Vielleicht können Sie noch einen anderen Weg finden, um an die Informationen heranzukommen, die Sie noch wünschen. Ich denke jetzt einmal nur an die Geschäftsordnung, an die ich gebunden bin.

Frau Kollegin Jähnigen, vielleicht können Sie auch –

Herr Staatsminister, vielen herzlichen Dank.

– von dem Angebot Gebrauch machen, das ich dem Kollegen Kosel gemacht habe, –