Dem Ziel, den Zugang zum Recht für alle Bürger unabhängig von Vermögen und Einkommen zu ermöglichen, dient das Projekt der anwaltlichen Beratungsstellen. Wir haben dieses Projekt seit dem Jahr 2009 gemeinsam mit der Rechtsanwaltskammer Sachsen aufgebaut. Ende des Jahres 2011 hat sich gezeigt, dass sich die anwaltlichen Beratungsstellen sowohl in kleinen Städten als auch in
einer größeren Stadt bewähren, weshalb wir mit der Rechtsanwaltskammer vereinbart haben, diese anwaltlichen Beratungsstellen als dauerhafte Institutionen in Sachsen fortzuführen.
In den Rechtsberatungsstellen steht einmal wöchentlich ein Rechtsanwalt finanzschwachen Bürgern unbürokratisch und kostenfrei mit Rat zur Seite. Die Rechtsberatungsstellen sind im Jahr 2012 von mehr als 1 900 Rechtsuchenden aufgesucht worden.
Meine Damen und Herren! Mit den tragischen Ereignissen um die ermordete Zeugin Marwa El-Sherbini ist eine andere Diskussion in den Fokus gerückt, die Diskussion um die Sicherheit in Justizgebäuden. Aus dem genannten Anlass haben wir seit dem Jahr 2009 die Sicherheitskonzeption für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Freistaats überarbeitet. Mit der neuen Sicherheitskonzeption haben wir im Jahr 2010 ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden dabei maßvoll erhöht, ohne aus den Justizgebäuden Festungen zu machen. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Justiz ist mir besonders wichtig.
Zu den wichtigsten Maßnahmen in der Sicherheitskonzeption zählen die Durchführung von Zugangskontrollen und die Ausstattung der Wachtmeister mit Detektoren und anderen Hilfsmitteln, um das Einbringen von gefährlichen Gegenständen zu verhindern. Außerdem wurden Empfehlungen für den Ausbau von Notrufsystemen und für bauliche Maßnahmen in den Eingangsbereichen erarbeitet. Nicht zuletzt haben wir die Mitarbeiter für bedrohliche Situationen durch Schulungen und Fortbildungen sensibilisiert.
An vielen größeren Gerichten erfolgen inzwischen permanent Zugangskontrollen. An kleineren Standorten erfolgt dies sporadisch durch mobile Einsatzgruppen der Landgerichte.
Nachdem der Landtag im Haushaltsplan 2013/2014 zusätzliche Mittel bereitgestellt hat, werden wir 26 private Sicherheitskräfte mit dem Ziel einsetzen, die Wachtmeister zu unterstützen. Durch diese Beschäftigung von privaten Sicherheitskräften bei Einlasskontrollen als Verwaltungshelfer neben den Justizwachtmeistern wird weder der Justizwachtmeisterdienst privatisiert, noch gibt der Staat damit irgendwelche Hoheitsrechte aus der Hand. Was wir damit tun, ist, die Sicherheit an unseren Gerichten zu erhöhen, meine Damen und Herren.
Um noch eines hinzuzufügen: Eine lückenlose, vollständige Kontrolle sämtlicher Besucher in Justizgebäuden kann nicht jederzeit gewährleistet werden.
Meine Damen und Herren! Sie werden sicherlich noch drei besonders wichtige Gesetzesvorhaben für den sächsischen Justizvollzug vor Augen haben, über die wir hier beraten haben. Schon Anfang des Jahres 2011 wurde das Sächsische Untersuchungshaftvollzugsgesetz verabschie
det. Damit wurden die spärlichen Regelungen der Strafprozessordnung zur Untersuchungshaft durch ein eigenes sächsisches Gesetz ersetzt.
Im Anschluss daran haben sich meine Mitarbeiter die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, das seit dem Jahr 1977 bestehende Strafvollzugsgesetz des Bundes grundlegend zu überarbeiten. Das neue, moderne Sächsische Strafvollzugsgesetz gewährleistet vor allen Dingen durch ein strukturiertes Diagnoseverfahren und durch eine daran anknüpfende Vollzugs- und Eingliederungsplanung eine Resozialisierung. Es gewährleistet gleichzeitig die Sicherheit der Bevölkerung.
Der Entwurf ist hier im Landtag an einigen Stellen noch weiter verbessert worden. Ich denke beispielsweise an die verbesserten Auskunftsrechte für die Opfer von Straftaten oder an die Abschaffung von überholten Disziplinarmaßnahmen wie dem Arrest. Meine Damen und Herren! Mit diesem Sächsischen Strafvollzugsgesetz hat Sachsen eines der modernsten und wegweisenden Gesetzeswerke auf diesem Gebiet innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Das dritte Gesetzesvorhaben war der Erlass eines sächsischen Gesetzentwurfs zum Vollzug der Sicherungsverwahrung. Bund und Länder hatten zur Sicherungsverwahrung vom Bundesverfassungsgericht die Vorgabe erhalten, bis 01.06.2013 ein neues Gesamtkonzept zu entwickeln. Das war keine leichte Hausaufgabe, aber wir haben sie bewältigt, und ich bin durchaus stolz darauf, dass es im Ergebnis gelungen ist, alle Vorgaben aus Karlsruhe konsequent umzusetzen, und für die konzentrierte und zielgerichtete Diskussion auch in diesem Haus und seinen damit befassten Ausschüssen möchte ich mich für die Staatsregierung ausdrücklich bedanken.
Neben der Berücksichtigung der berechtigten Belange von Sicherheit sind den Untergebrachten die zur Verminderung ihrer Gefährlichkeit erforderlichen Therapiemaßnahmen anzubieten. Das Gesetz setzt in vollem Umfang die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach der Einhaltung des sogenannten Abstandsgebotes um, wonach sich der Vollzug der Sicherungsverwahrung deutlich vom Vollzug in der Strafhaft zu unterscheiden hat.
Meine Damen und Herren! Auch im Justizvollzug ist es gelungen, eine sachgerechte Standortstruktur zu entwickeln. Dabei haben wir zwei Leitgedanken in besonderer Weise in den Vordergrund gestellt. Auf der einen Seite werden Gefangene mit Behandlungsbedürfnissen – etwa solche im Erstvollzug, weibliche oder ältere Gefangene – zentral in Einrichtungen untergebracht, die eine Behandlung ermöglichen. Gefangene ohne besondere Behandlungsbedürfnisse werden zur besseren Wiedereingliederung nach ihrer Entlassung heimatnah untergebracht.
Meine Damen und Herren! Um dies zu ermöglichen, ist es Kernbestandteil der Standortkonzeption, dass die hoch sanierungsbedürftigen Justizvollzugsanstalten in Zeithain und Zwickau geschlossen werden. Im Gegenzug wird eine neue Vollzugsanstalt in Zwickau in Betrieb genommen werden, die gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen errichtet werden soll. Diese Zusammenarbeit mit Thüringen wird kostenreduzierende Synergieeffekte gegenüber der separaten Einrichtung etwa von zwei Anstalten in Sachsen und Thüringen mit sich bringen. Die Größe der neuen Anstalt wird es auch ermöglichen, noch differenzierter an den jeweiligen Ursachen von Kriminalität der dort untergebrachten Gefangenen zu arbeiten. Die Anstalt ist übrigens mit Blick auf vergleichbare Neubauten der letzten Jahre im Bundesgebiet nicht überdimensioniert.
Die Entwürfe eines Staatsvertrages und einer Verwaltungsvereinbarung der Freistaaten Sachsen und Thüringen befinden sich gegenwärtig in der Abstimmung zwischen den zuständigen Ministerien. Die Kabinette beider Freistaaten haben sich das sehr ehrgeizige Ziel gesteckt, die gemeinsame JVA noch 2017 in Betrieb zu nehmen. Sachsen hat die erforderlichen Grundstücke in ZwickauPöhlau inzwischen gesichert.
Meine Damen und Herren! Nach der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung zur Unterbringung der Sicherungsverwahrten aus Sachsen in der JVA Burg durch Sachsen-Anhalt ist es uns gelungen, bis 01.06.2013 in wenigen Monaten einen vom Strafvollzug getrennten Unterbringungsbereich für die Vollziehung der Sicherungsverwahrung in Bautzen zu schaffen. Ich freue mich übrigens außerordentlich, dass sich die Mitglieder des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses des Landtages nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens auch für die praktische Umsetzung interessieren und die Einladung unseres Hauses zu einer Besichtigung am 30. September dieses Jahres angenommen haben.
Meine Damen und Herren! Im gesamten Justizvollzug werden wir unserer Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen, gerecht. Die sächsischen Gefängnisse sind mit modernster Technik ausgestattet, und wir können sagen: Sie sind sicher. Die Qualität des Vollzugs misst sich an den Erfolgen im behandlerischen Vollzug. So spricht es für sich, dass wir unter anderem mit einer sehr geringen Versagensquote bei Vollzugslockerungen im bundesweiten Vergleich sehr gut dastehen. Sicherlich – ein erfolgreicher Vollzug kostet viel Geld. Umso mehr möchte ich aber hier betonen, dass trotz der hohen Qualität des Justizvollzugs in Sachsen der Haftkostensatz im sächsischen Justizvollzug mit täglich 85,12 Euro schon seit Jahren zu den niedrigsten Haftkostensätzen bundesweit gehört.
Meine Damen und Herren! Ein niedriger Haftkostensatz ist an und für sich noch kein Wert, aber viel Geld auszugeben und nichts zu erreichen ist auch kein Wert.
Meine Damen und Herren! Das Geld, das andere Länder in Personal nur zur Bewachung von Inhaftierten einsetzen, versuchen wir einzusetzen, um damit Behandlungspersonal, Suchttherapeuten und Sozialarbeiter einzustellen. Das erscheint mir wesentlich zielführender als die dargestellte erste Variante.
Die vom Landtag zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel im Haushalt 2011/2012 konnten wir für die Suchtberatung einstellen. Wir haben davon 14,6 Stellen externer Suchtberatung für die Justizvollzugsanstalten mobilisiert. Sehr dankbar bin ich dem Landtag auch dafür, dass er im Haushalt 2013/2014 Mittel für eine Absicherung der Schuldnerberatung im Justizvollzug durch freie anerkannte Träger eingestellt hat. Das ist wichtig für die Resozialisierung, meine Damen und Herren. Auch dafür gebührt dem Landtag Dank, dass er uns diese Mittel im Haushalt zur Verfügung stellt.
Daneben sind wir auch in Bezug auf die Unterbringung und den Vollzug in den letzten vier Jahren deutlich weitergekommen. Im Jahr 2012 haben wir das Hafthaus der JVA Waldheim mit 96 Haftplätzen fertiggestellt. In der Frauenjustizvollzugsanstalt Chemnitz haben wir das sanierte Haus III mit 66 Haftplätzen übergeben und im September 2012 haben wir den Neubau des Amtsgerichtes Dresden feierlich einweihen können – ein, wer es gesehen hat, zweifelsfrei sehr ansehnlicher und zweckentsprechender Justizneubau.
Besonders gelungen ist die Sanierung des – zugegeben etwas kleineren – Justizzentrums im Schloss Grimma, das wir im März dieses Jahres einweihen konnten – ein architektonisches Kleinod, das einer neuen Nutzung zugeführt wurde. Umso erschütternder waren dann die Bilder, wenn man in Gummistiefeln im Juni dieses Jahres vor Ort war und etwa die unter Wasser stehende Bibliothek, die drei Monate zuvor mit völlig neu gebauten Regalmöbeln ausgestattet wurde, sehen musste. Das war ein schwieriger Moment auch für die vor Ort Beschäftigten. Da muss ich sagen: Noch am selben Tag haben auch Beschäftigte anderer Gerichte aus der Region vor Ort mit angefasst, um zu helfen, um Gegenstände zu bergen, Möbel nach draußen zu tragen und die Schäden nach Möglichkeit klein zu halten. Wenn die baulichen Maßnahmen dann abgeschlossen sind, wird auch das Amtsgericht in Grimma wieder in seinen inzwischen zum zweiten Mal frisch renovierten Räumen arbeiten können.
Meine Damen und Herren! Eine moderne Justiz und ein moderner Justizvollzug sind von vielen Faktoren abhängig. Die sächsische Justiz ist auf manchem Gebiet dabei sogar Vorreiter, und das unbestritten, beispielsweise bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs. Zwischen Januar 2012 und Januar 2013 hat sich der Eingang von Mitteilungen und Nachrichten im elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach, kurz EGVP, mehr als verdoppelt. Seit Ende 2012 können Sie bei allen sächsischen Gerichten Klagen, Anträge und andere Schriftstücke sicher und rechtsverbindlich auf elektronischem Wege einreichen.
Zu erwähnen ist schließlich der Einsatz auf Bundesebene im rechtspolitischen Bereich. Wir haben also nicht nur im Land etwas bewegt, sondern uns auch auf der Bundesebene eingebracht. Im Februar 2011 wurden – das ist bekannt – im Rahmen von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in Dresden mehrere 100 000 Mobilfunkdaten erhoben. Gegenstand der folgenden heftigen Diskussionen war dabei auch die gesetzliche Grundlage im § 100g Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung, der die Eingriffsvoraussetzungen hierfür nach meiner Auffassung nicht präzise genug definiert und damit die Belange unbeteiligter Dritter nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Staatsregierung hat unter anderem am 6. September 2011 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der nicht individualisierten Verkehrsdatenerhebung in den Bundesrat eingebracht. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Rechte unbeteiligter Dritter besser zu schützen und die Datenabfrage auf ein unabdingbares Maß zu beschränken, um damit dem Datenschutz zu dienen. Und hier muss ich sagen: An dieser Stelle gibt es dann doch einigen Grund zur Verwunderung. Gerade die Kollegen der Fraktionen von SPD und GRÜNE haben hier in diesem Haus ständig und wiederholt vehement die Begrenzungen nicht individualisierter Funkzellenabfragen an und für sich gefordert.
Ihre Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene verhindern aber genau dies, indem sie den Gesetzentwurf im Bundesrat blockieren.
An anderer Stelle konnte der Freistaat allerdings bundesweit erfolgreich sein. Es war dem Justizministerium immer ein rechtspolitisch wichtiges Anliegen, bei Forderungsausfällen dem Handwerk, den kleinen Handwerkern, zu helfen und die Zahlungsmoral zu verbessern. Mit dem Bauforderungssicherungsgesetz gibt es eine gesetzliche Grundlage, welche die Weitergabe des Baugeldes vom Generalunternehmer an Subunternehmer – das sind meist kleine Handwerksbetriebe – regelt. Durch Gesetzesänderungen sollten die Sicherungsregelungen entfallen. Damit wäre einer der Hauptzwecke die Absicherung für kleine Handwerker entfallen.
Dieser Änderung ist der Freistaat entgegengetreten und wir haben erreicht, dass die geplante Gesetzesänderung
zunächst einmal wissenschaftlich untersucht wurde. Dabei hat sich ergeben, dass die Kritik der Bauindustrie am Bauforderungssicherungsgesetz so nicht berechtigt war. Das Bundesbauministerium plant mittlerweile aus diesem Grund auch keine Änderung des Gesetzes mehr, und dies ist maßgeblich auf Initiative des Freistaates Sachsen zurückzuführen.
Ein wirklich gesetzgeberisches Mammutprojekt wurde im Sommer abgeschlossen: die Kostenrechtsreform. Positive Folge wird sein, dass wir den Kostendeckungsgrad in der Justiz in Sachsen von 42 % 2012 auf geschätzte 45 % nach der Neuregelung werden erhöhen können.
Zum Schluss ein Blick auf die zukünftigen Herausforderungen, die der Justiz in Sachsen bevorstehen, strukturelle Herausforderungen, von denen ich eine besonders herausgreifen möchte, die wohl auch die schwierigste Herausforderung ist. Das sind der demografische Wandel und die Altersstruktur in der Justiz. Aufbaubedingt wurden in den Neunzigerjahren im höheren Justizdienst, also bei Richtern und Staatsanwälten, hohe Einstellungszahlen erreicht. Sie waren zum Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz notwendig.
Diese Einstellungen haben im Altersaufbau eine Unwucht hinterlassen, die uns im Zeitraum zwischen 2023 bis 2030 mit voller Wucht treffen wird. Ich sage es immer: 52 % aller Richter im Land gehören zu sieben Geburtsjahrgängen. Die werden irgendwann in Pension gehen. In dem genannten Zeitraum 2023 bis 2030 werden mehr als 600 der 1 500 Richter und Staatsanwälte in den Ruhestand treten, allein 350 zwischen 2027 und 2030.
Bis dahin werden wir nur sehr geringe Altersabgänge haben und entsprechend wenige Ersatzneueinstellungen vornehmen können. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, werden wir zur zielgerichteten Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Justiz verschiedene Handlungsfelder eröffnen. Seit 2010 betreiben wir ein strukturiertes Gesundheitsmanagement für den gesamten Geschäftsbereich, um die personenbezogene Gesundheitsförderung zu stärken, um damit gesundheitliche Ausfälle und altersbedingte Ausfälle zu reduzieren.