Wir werden die Debatte weiterführen, damit es Ihnen nicht gelingt, die Sorgen der Menschen zu missbrauchen und am Ende als Wolf im Schafspelz umherzulaufen. Es wird uns gelingen, Sie zu entlarven und den Menschen zu zeigen, dass das, was Sie tun, wirklich menschenverachtend ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gut ist, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird. Ob ein runder Tisch oder welche Form auch immer notwendig ist, werden wir in aller Ruhe miteinander besprechen. Welche Reaktion notwendig ist, um mit diesem Thema umzugehen, werden wir miteinander besprechen müssen.
Auch der Koalitionsvertrag, der heute in Berlin verabschiedet worden ist, bietet eine gute Grundlage dafür, dieses Thema vernünftig anzupacken. Unter anderem ist es dort gelungen – das steht jetzt darin –, dafür zu sorgen, dass Asylverfahren nicht länger als drei Monate dauern sollen. Das ist einerseits eine wichtige Geschichte in Richtung der Menschen, die Antrag stellen, dass nämlich Klarheit besteht, ob ein Anspruch besteht oder nicht. Es ist auch wichtig für diejenigen, die für die Unterbringung verantwortlich sind, damit sozusagen Unterbringungsmöglichkeiten nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will jetzt nur eine Sache noch einmal deutlich machen, weil es mir wichtig ist, dass Klarheit besteht, wenn wir über das Thema reden: Wenn wir über zentrale und dezentrale Unterbringung reden, müssen wir unterscheiden, ob wir über eine Erstaufnahmeeinrichtung sprechen oder nicht. Zur Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung für mindestens sechs Wochen, längstens drei Monate sind wir verpflichtet. Das steht im Gesetz.
Deshalb haben wir gesagt, die Asylverfahren sollen nicht länger als drei Monate dauern. Dann haben die Menschen, wenn sie aus der Erstaufnahmeeinrichtung kommen,
Klarheit in dieser Sache. Danach können wir darüber sprechen, was das Thema zentrale oder dezentrale Unterkunft im weiteren Verfahren anbelangt. Dazu haben wir uns als Innenministerium aus meiner Sicht klar und deutlich positioniert. Wir haben gesagt, dass natürlich der Grundsatz von zentraler Unterkunft gilt, aber aufgrund der derzeitigen Situation können die Kommunen auch in großem Stil von der dezentralen Unterkunft Gebrauch machen.
Ich kann Ihnen sagen: Natürlich gibt es auch an der einen oder anderen Stelle Kommunikationsdefizite, keine Frage. Aber das, was die Kommunen, die Landkreise derzeit leisten, ist aus meiner Sicht bemerkenswert. Man muss auch einmal deutlich sagen, dass wir sie da nicht alleinlassen und nicht auf ihren Schultern herumhacken, sondern zum Beispiel einmal nach Hoyerswerda schauen. Es ist ein tolles Beispiel, dass dort vorher eine Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern gelaufen ist und am Ende wahrscheinlich die Akzeptanz für ein solches Heim gerade in Hoyerswerda vorhanden sein wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle für heute schließen. Wir werden uns zu dem Thema noch weiter sprechen. Vor diesem Hintergrund bin ich für die Verweisung des Antrags dankbar. Das Thema darf nicht einfach in der Schublade verschwinden und diesen Typen überlassen bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ja, das ist ein Geschäftsordnungsantrag. Ich beantrage formal nach § 89 der Geschäftsordnung die Überweisung an den Innenausschuss und begründe dies wie folgt: Die demokratischen Fraktionen haben hier, denke ich, sehr überzeugend dargelegt, dass wir ein gemeinsames Interesse daran haben, dieses Thema breit zu diskutieren, –
um die Menschen in diesem Land mitzunehmen, um sie zu informieren und damit den Nährboden für menschenfeindliche Einstellungen so schwer wie möglich zu machen. Deshalb möchten wir den Vorschlag der Koalitionsfraktionen gern annehmen, diesen Antrag im Innenausschuss weiter zu bearbeiten, zu schauen, wie wir einen gemeinsamen Weg finden können, und freuen uns auf die spannenden und offenbar für den Freistaat wichtigen Diskussionen in den nächsten Wochen und Monaten.
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag gehört. Ich lasse jetzt über diesen Antrag zur Überweisung an den Innenausschuss abstimmen. Wer die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung mehrheitlich beschlossen und dieser Tagesordnung beendet.
Dazu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion GRÜNE, danach DIE LINKE, SPD, CDU, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile Herrn Jennerjahn das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 4. November 2013 hat die Staatsregierung gegenüber den Medien endlich angekündigt, die Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus wie bisher – das sollte dann wohl heißen, auf dem Niveau von 2013 – weiter zu fördern. Also alles gut? Thema erledigt? – Nein, ist es nicht, denn dieser Fall hat seine ganz eigene Perfidie.
Die Staatsregierung hat ein Dreivierteljahr lang nicht nur die Beratungsnetzwerke im Regen stehen lassen, sondern auch die Opfer rechter Gewalt; und sie hat diejenigen im Regen stehen lassen, die sich gegen Neonazis engagieren wollen und dafür auf die Expertise der mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus angewiesen sind.
Dabei war die lange Zeit unklare Finanzierungssituation der Beratungsnetzwerke ein Trauerspiel mit Ansage. Das Sozialministerium hatte bei der Aufstellung des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2013/2014 darauf verzichtet, für das Jahr 2014 eine Kofinanzierung für die Beratung für Opfer rechter Gewalt und für die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus bereitzustelkkkkkkkkmmlen. Das
Die Begründung damals lautete: Das Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ läuft Ende 2013 aus. Das, meine Damen und Herren, ist nur formal richtig; denn jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, konnte auch schon damals die öffentlich geführten Diskussionen wahrnehmen, in denen es um die Weiterführung des Bundesprogramms ging. Es wäre überhaupt kein Schaden für den Freistaat Sachsen entstanden, die notwendige sächsische Kofinanzierung präventiv in den Haushalt 2014 einzustellen und die Beratungsnetzwerke nicht über ihre Perspektive im Unklaren zu lassen. Das ist der Geburtsfehler der jetzigen Situation.
Eigentlich fatal ist jedoch, dass der Freistaat Sachsen bereits seit Langem von der Fortführung des Programms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ im Jahr 2014 wusste. In der Antwort auf eine Anfrage meiner Bundestagskollegin Monika Lazar teilte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit Schreiben vom 4. November 2013 mit: „Die Fortführung der Programme des Bundes zur Stärkung von Toleranz und Demokratie im Jahr 2014 ist den Ländern schon im Januar 2013 bekannt gegeben worden.“
Was hat die Staatsregierung also in der Zeit von Januar 2013 bis November 2013 getan, um die Kofinanzierung sicherzustellen? – Nichts. Die Staatsregierung hat ein Dreivierteljahr lang nichts getan. Meine mündliche Anfrage hier im Sächsischen Landtag am 19. September 2013 hat das deutlich gezeigt. Außer einer allgemeinen Aussage, die Staatsregierung plane eine Fortführung der Kofinanzierung, könne aber über die Höhe noch keine Angaben machen, war nichts zu vernehmen. Meine Nachfragen dazu wurden am 18. Oktober schriftlich beantwortet. Inhalt: Das SMS beantragt eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung im IV. Quartal 2013. Eine Förderzusage könne frühestens im Januar 2014 erfolgen.
Anders ausgedrückt: Auch vier Wochen nach meiner mündlichen Anfrage hatte das SMS noch immer keinerlei konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet.
Es war dann erst der öffentliche Druck und eine für den 4. November 2013 geplante gemeinsame Pressekonferenz von RAA Sachsen und Kulturbüro Sachsen mit Vertretern aus Gewerkschaft, Kirche, LINKEN, SPD und GRÜNEN, die zu Bewegung geführt hat. Siehe da: Gegenüber den Medien kündigte das SMS an diesem Tag an, es gebe im Jahr 2014 für die Beratungsnetzwerke eine Weiterfinanzierung wie bisher. Offenkundig in dem peinlichen Versuch, die Pressekonferenz zu verhindern, wurde dies den beiden Trägervereinen am 1. November 2013 telefonisch mitgeteilt.
Meine Damen und Herren, der Umgang mit den sächsischen Beratungsnetzwerken gegen Rechtsextremismus ist ein gutes Beispiel für den simulierten Kampf gegen Rechtsextremismus durch die Staatsregierung. In Sonntagsreden wird lauthals zu mehr Engagement gegen neonazistische Umtriebe aufgerufen. In der Realität ist die Staatsregierung seit vier Jahren damit beschäftigt, den
Engagierten Steine in den Weg zu legen, sei es durch einen verfassungswidrigen Gesinnungs-TÜV oder auch durch versteckte Kürzungen im Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“.
Auch im Fall der Beratungsnetzwerke gibt es bisher nichts Belastbares, lediglich eine Ankündigung gegenüber der Presse und ein Telefonat. Eine verlässliche Finanzierungszusage fehlt bis heute. Vor allem: Die Kürzungen der letzten zwei Jahre, die RAA und Kulturbüro hinnehmen mussten, werden klammheimlich fortgeführt. Wurden beide Träger zusammen bis 2011 noch mit einem Etat von 750 000 Euro gefördert, so sank dieser Betrag bis 2013 auf 650 000 Euro, mit der Konsequenz, dass die Mitarbeiter der Vereine nicht mehr in Vollzeit, sondern in Teilzeit arbeiten und die Gehälter zum Teil noch auf dem Stand von 2001 verharren.
Meine Damen und Herren, die Arbeit von RAA und Kulturbüro ist zu wichtig, um sie lediglich halbherzig zu finanzieren. Wir fordern Sie daher heute auf, umgehend eine Kofinanzierung für das Jahr 2014 sicherzustellen, die beiden Trägern mindestens die Arbeit auf dem Niveau des Jahres 2011 ermöglicht. Wir fordern Sie des Weiteren auf, eine entsprechende Kofinanzierung bereits jetzt, bei der Erstellung des Entwurfs des Doppelhaushalts 2015/2016 sicherzustellen. Vor allem fordern wir Sie auf, bis Ende Januar 2014 eine tragfähige Handlungsstrategie zu erarbeiten. Diese muss eine nachhaltige Finanzierung der zivilgesellschaftlichen Projekte, Vereine und Initiativen gewährleisten. Sie muss allerdings auch ressortübergreifende Maßnahmen für Polizei, Justiz und Staatsverwaltung zur Sensibilisierung im Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus und zur Unterstützung für davon betroffene Opfer beinhalten. Dass der Freistaat dringend eine solche Handlungsstrategie benötigt, hat die Auseinandersetzung um die Beratungsnetzwerke wieder einmal verdeutlicht.
Ich möchte abschließend noch auf eines hinweisen: Am 23. November 2011 haben wir gemeinsam unter dem Eindruck des Auffliegens des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes Folgendes beschlossen – ich zitiere –: „Wir müssen gerade jetzt alle demokratischen Gruppen stärken, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren. Wir werden prüfen, wo dem Hindernisse entgegenstehen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Atmosphäre, die ermutigt, gegen politischen Extremismus und Gewalt das Wort zu erheben.“
Meine Damen und Herren, nehmen Sie diese Aufforderungen unseres gemeinsamen Entschließungsantrags vom 23. November 2011 ernst und stimmen Sie hier heute unserem Antrag zu!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Handlungsstrategie des Freistaates Sachsen zur Zurückdrängung und Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ist überfällig. Prävention und Repression in ihrer Wechselwirkung sind notwendig. Bildung, Kultur, Forschung, qualifizierte Jugendarbeit sind die eine Seite. Die andere Seite liegt in den Bereichen Polizei, Justiz und Staatsverwaltung.
Neben den notwendigen Ressourcen bedarf es aber auch dringend eine Verbesserung der Sensibilisierung im Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus sowie einer nachhaltigen Unterstützung und Hilfe für die davon betroffenen Opfer.
Bezüglich des Letztgenannten sind gerade die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt – des RAA Sachsen e.V. – unverzichtbar. Sie suchen Opfer in ihrer gewohnten Umgebung auf, beraten, begleiten und unterstützen sie bei Anzeigen, bei Gerichtsverfahren, bei Behördengängen und bei der medizinischen Betreuung. Sie akzeptieren die Wünsche der Betroffenen. So gibt es Opfer, die in keiner Statistik auftauchen können, weil die Opfer Angst haben und keine Anzeige erstatten.
Es gibt aber auch immer wieder Fälle, die zur Anzeige kommen, aber von den Behörden nicht als politisch motivierte Kriminalität Rechts einsortiert werden. Dabei lautet einer der zentralen Sätze der Definition, auf die sich die Innenminister aller Länder verständigt hatten, dass der PMK, also der politisch motivierten Kriminalität, Straftaten zugeordnet würden, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person gerichtet sind wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status.“
Wir thematisieren dies seit Jahren – mit wenig Erfolg. Aber erst nach Bekanntwerden der menschenverachtenden Verbrechen des NSU war die Sächsische Staatsregierung aufgrund eines Antrags unserer Fraktion bereit, die Todesfälle durch rechte Gewalt in Sachsen zu prüfen, mit dem Ergebnis, dass zwei weitere Opfer anerkannt wurden.
Diese Formulierung „Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters“ lässt sich eben nicht nur auf solche Fragen reduzieren, ob der Täter Mitglied einer rechtsextremistischen Partei ist oder ob während der Tat „Ausländer raus!“ gebrüllt wurde. Aber leider passiert es so immer wieder in Sachsen.