Das nun vorgelegte 8-Punkte-Maßnahmenpaket der LINKEN richtet den Fokus auf die verursachten sozialen Probleme; denn bisher, meine Damen und Herren, sind es vor allem die privaten Haushalte, die die undurchdachten Konzepte der bundesdeutschen Energiepolitik ausbaden müssen. Die Folge ist ein ständig wachsender Akzeptanzverlust bei den Deutschen, der nicht die Modernisierung der Energiepolitik infrage stellt, sondern deren politische Umsetzung – ein Problem, das selbst die Staatsregierung nun erkannt haben möchte. Die Staatsregierung kann zwar auf einige Vorhaben und abgelieferte Parlamentsanträge verweisen, doch was Sie nicht vorweisen können, sind
handfeste Ergebnisse. Ganz nüchtern muss festgestellt werden, dass Sie bisher nichts erreicht haben, und sich die Sachsen, insbesondere die Einkommensschwachen,
Der Antrag der LINKEN bietet ungewöhnlich viele Gestaltungsmöglichkeiten für die Staatsregierung und für die Verantwortlichen auf Bundesebene, um die aufgeführten Probleme anzugehen. Während die Anträge der LINKEN ansonsten einen Hauch von Planwirtschaft und Regulierungswut umwehen, werden hier Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, die nicht nur in diesem Hause diskutiert werden sollten. Auch wir als NPD-Fraktion sehen die Möglichkeit, dass eine Strompreisaufsicht in der beschriebenen Zusammensetzung dafür sorgen könnte, die enormen staatlichen Abgaben beim Strompreis zu senken.
Auch der Ausbau der Beratungsmöglichkeiten zu Tarifen und zum Energiesparen im eigenen Haushalt hätte einen unserer Ansicht nach positiven Effekt auf die Marktentwicklung. Über die notwendigen Anpassungen der Regelsätze für sozial Schwache dürfte es eigentlich keine Diskussion mehr geben. Hier hinkt die bisherige Praxis der Realität immer hinterher und treibt Bedürftige in die Schuldenfalle.
Auch das Verbot von Abschaltungen bei bestimmten Personengruppen wie Senioren, Familien mit Kindern, Schwerkranken und Behinderten ist mehr als unterstützenswert, da gerade diese Betroffenen mit übertriebenen Kosten für Mahnungen, Sperrungen und Entsperrungen belegt werden. Dieser Vorgang kostet beispielsweise in unserer Landeshauptstadt zusätzliche 110 Euro pro Sperrung. Bei diesem Punkt hätten wir uns von der LINKEN gewünscht, dass sie den eigenen Antrag etwas nachbessert und einen Vorschlag ihrer Bundesvorsitzenden Kipping aufgreift. Frau Kipping ist bereits im August dieses Jahres auf das sogenannte Riesaer Modell der örtlichen Stadtwerke aufmerksam geworden, das zum Ziel hat, den Kreislauf aus Zahlungsunfähigkeit, Mahnung, Sperrung, Entsperrung, Zusatzkosten und erneuter Zahlungsunfähigkeit zu durchbrechen.
Mit einem Prepaid-Stromzähler, der kostenfrei vom Versorger zur Verfügung gestellt wird, können die Kunden ihr Guthaben selbst regulieren und ihren Stromverbrauch bewusster steuern und entsprechend beeinflussen. An den durch staatliche Abgaben und insbesondere die EEG-Umlage unnötig hohen Strompreisen können aber auch die speziellen Zähler in Riesa nichts ändern. Das müsste unter anderem über die im Antrag geforderte Einschränkung der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen bei der EEG-Umlage erfolgen oder mit der Abschaffung von weiteren Vergünstigungen für Unternehmen – Vergünstigungen, die deshalb eingerichtet werden mussten, weil die deutsche Wirtschaft beim ständigen ZickZack-Kurs in Sachen Energiepolitik ebenso überfordert ist wie die privaten Haushalte.
Fassen wir zusammen: Opposition und Staatsregierung haben das Problem erkannt und mit diesem Maßnahmenkatalog Möglichkeiten erhalten, auf Bundesebene mitzugestalten. Wir werden diesem Antrag zustimmen, da die bisherigen Initiativen der Regierung Tillich nichts erreicht haben und da auch wir als NPD es nicht mehr einsehen, dass die Bürger für eine planlose Energiepolitik der Bundesregierung immer mehr die Zeche bezahlen sollen.
Herr Delle sprach für die NPD-Fraktion. Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. Begehrt die einbringende Fraktion eine zweite Runde? – Das ist der Fall. Frau Dr. Runge, Sie haben das Wort für die einbringende Fraktion DIE LINKE.
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns als Linksfraktion ist selbstverständlich bewusst, dass das Energiesystem und vor allem die treibenden Kosten in diesem Energiesystem mit der Energiewende verschiedenste Ursachen haben und ein sehr komplexes Thema sind. Deshalb haben wir uns mit unserem Antrag, Frau Herrmann, zunächst bewusst auf das Strompreisthema und auch speziell auf eine Personengruppe fokussiert, die in besonderer Weise schutzbedürftig ist. Ich gehe so weit, dass diese Schutzbedürftigkeit sogar in einer europäischen Richtlinie festgehalten wurde, der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie. Und zwar wird im Artikel 3 Abs. 7 und 8 ausdrücklich auf diese schutzbedürftigen Personengruppen Bezug genommen und Folgendes als Norm festgestellt: „Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, schutzbedürftige Kunden nicht von der Energieversorgung auszuschließen und mit Leistungen der sozialen Sicherungssysteme die notwendige Stromversorgung für diese Kunden zu gewährleisten.“
Nun zieht sich Herr Wirtschaftsminister Morlok in der Stellungnahme zu unserem Antrag genau darauf zurück und sagt, dass wir ja nach den Sozialgesetzbüchern Instrumente haben, die bestimmte Regelleistungsanpassungen immer wieder nach sich ziehen. Weiß Gott, dann muss man sich schon fragen, wenn das alles so wunderbar funktioniert, warum wir es in den letzten Jahren mit einer stetig steigenden Zahl von Stromabschaltungen zu tun haben, und zwar nicht nur in Sachsen, sondern bundesweit. Die Instrumente reichen offenbar nicht aus, um dieses Problem zu lösen.
Schauen wir auf das Saarland. Nach einer Brandkatastrophe mit vier toten Kindern hat die saarländische Regierung Konsequenzen gezogen. Es wurde eine Vereinbarung zwischen Energieversorgern und Sozialverbänden unterzeichnet, um Stromabschaltungen bei einkommensschwachen Familien zu vermeiden. Die Regierung wirbt für Abtretungserklärungen von Kunden an Sozialbehörden, damit die Stromkosten direkt von den Sozialleistungen abgezogen werden können. Sie setzt auf Prepaidzähler.
Ja, das Verbot von Stromabschaltungen würde nicht zum sparsamen Umgang mit Strom anreizen. Der Prepaidzähler würde den Verbrauch stärker regulieren. Aber das wäre nur eine mildere Variante der Stromabschaltungen. Wenn das Guthaben für den Strombezug nicht ausreicht, dann ist eben auch Schluss.
Nordrhein-Westfalen hat ein Modellprojekt gestartet, das sich ganz besonders mit der Bekämpfung von Energiearmut befasst. Dort werden in Zusammenarbeit mit den Verbraucherschutzzentralen kostenfreie Beratungsleistungen angeboten und bestimmte bürokratische Aktivitäten unternommen, um die Zahlungsrückstände von Betroffenen auf andere Art und Weise abzubauen. Das ist natürlich mit einem unglaublichen Verwaltungsaufwand verbunden.
Wir müssen zu einer Lösung für diese einkommensschwachen Personengruppen kommen. Sozialverbände schätzen, dass es sich in Deutschland insgesamt um rund 12 Millionen Personen handelt. Das ist keine kleine Gruppe mehr. Wir müssen uns Instrumente überlegen, mit denen wir dieser stillen sozialen Katastrophe begegnen können.
Nach Durchsicht des ausgehandelten Koalitionsvertrages lese ich zu dieser Thematik lediglich, dass unsere Forderung nach kostenloser Beratung von einkommensschwachen Familien und bestimmten Investitionszuschüssen zur Anschaffung energiesparender Haushaltsgeräte aufgenommen wurde. Im Text der Koalitionsvereinbarung steht aber, dass wir es in den nächsten Jahren weiter mit Preis- und Kostensteigerungen zu tun haben werden. Auch wenn Sie im Koalitionsvertrag versprechen, dass die Dynamik der Preissteigerung abgebremst werden soll, wird es aber langfristig weitere Steigerungen geben. Im Koalitionsvertragstext ist auch schon eine neue Umlage enthalten,
und zwar die Umlage, die Versicherungsprämie, die für die Vorhaltung von Reservekraftwerken gezahlt werden muss.
Natürlich geht es um eine gerechte Verteilung der Gesamtkosten. Ich gebe zu: Wenn man unseren Antragstext liest, dann ist er nicht ganz genau formuliert. Stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen nach meiner Auffassung natürlich von der EEG-Umlage befreit werden. Aber unter dem FDPWirtschaftsminister Rösler wurde die Befreiung von Unternehmen exorbitant ausgedehnt. Mittlerweile sind über 2 000 Unternehmen von der Zahlung der EEGUmlage befreit. Ich glaube, das kann nicht der Weg sein.
Zum Schluss möchte ich noch erklären, warum wir unbedingt die staatliche Preisgenehmigungspflicht wieder eingeführt wissen wollen.
Gerade ist ein Musterprozess der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu Ende gegangen. In diesem Prozess ging es um die Vertragsklauseln, die bei Sondervertragskunden, aber eben auch in Grundversorgungsverträgen enthalten sind. Sowohl der Europäische Gerichts
hof als auch der BGH haben diese Verträge für nicht rechtens erklärt. Das gilt nicht nur für die zukünftigen Verträge, sondern eben auch für Altverträge. Rund 60 % aller Kunden haben Sonderverträge mit diesen Klauseln. Diese Klauseln sind zum Teil auch in den Grundversorgungstarifen enthalten.
Wenn seit Jahren sinkende Börsenpreise nicht bei den Kunden ankommen, ist davon auszugehen, dass die Gewinnmargen vor allem in der Grundversorgung die höchsten in der Branche sind. Da aber insbesondere schutzbedürftige Haushalte in der Grundversorgung gefangen sind, ist die Wiedereinführung der Ex-antePreisgenehmigungspflicht für Grundversorgungsangebote unverzichtbar. Wir brauchen nicht nur eine effiziente Preishöhenkontrolle durch die Landeskartellbehörden, sondern wie bis 2007 auch die staatliche Preisgenehmigungspflicht für Energie bei privaten Kunden. Wir brauchen eine einheitliche Tarifstruktur und lineare Tarife.
Das sind einige Vorschläge, wie man Strompreissteigerungen erstens sozial auffangen und zweitens in der Zukunft stärker begrenzen kann. Ohne diese Maßnahmen werden wir die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Energiewende verlieren. Bei einem so reichen Land wie der Bundesrepublik mit solchen Überkapazitäten an Strom und Energie ist es ein Anachronismus, dass immer mehr Menschen davon ausgeschlossen bleiben.
Für die einbringende Fraktion DIE LINKE war das Frau Dr. Runge. – Für die CDU-Fraktion ergreift nun Herr Kollege Krauß das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen doch einmal ein paar Zahlen nennen, damit wir, wenn wir über den Strompreis reden, auch wissen, wovon wir reden.
An der Börse kostet derzeit eine Kilowattstunde Strom ungefähr 3,7 Cent. Die EEG-Umlage wird nächstes Jahr 6,24 Cent betragen, also deutlich mehr als der Strompreis. Somit geben wir schon jetzt mehr für die EEG-Umlage aus. Das liegt unter anderem daran: Sie von den LINKEN fordern ja ständig, dass es mehr Windkraft, mehr Solarstrom usw. geben muss. Für die Einspeisung von Solarstrom bekommt derjenige im Durchschnitt pro Kilowettstunde 36 Cent. Das ist das Zehnfache des Börsenpreises. Das bezahlen wir als Verbraucher für Solarstrom.
Wenn Sie sich von den LINKEN ständig hinstellen und fordern, dass man noch mehr Ökostrom machen müsse, der deutlich teurer als konventioneller Strom ist, dann führt das zu steigenden Energiepreisen. Das ist doch nachvollziehbar. Aber bitte stellen Sie sich dann hier nicht hin und beschweren sich darüber, dass die Strompreise steigen, denn das ist unredlich, und das werfen wir Ihnen vor.
Zu den Stromsperren. Dazu sind in der Debatte Anregungen gekommen, über die man in der Tat weiter nachdenken sollte, insbesondere diejenigen, die kommunalpolitisch oder bei den Stadtwerken Verantwortung tragen. Ob man das mit einer Meldepflicht macht oder wie auch immer: Ein Datenaustausch ist aus meiner Sicht sinnvoll. Man sollte diesbezüglich den Datenschutz einmal hintanstellen und versuchen, diesen Austausch vorzunehmen, sodass die kommunalen Stadtwerke ihre kommunalen Verwaltungen darauf hinweisen können, wo es Problemfälle gibt. Dann wird man feststellen, dass es den einen oder anderen sozialen Problemfall gibt, bei dem eine Beratung sehr sinnvoll ist und man helfen kann.
Ich sage aber dazu: Wir werden sicherlich auch feststellen, dass es Pseudo-Wohnungen gibt, in denen kein Mensch mehr wohnt, weil er irgendwo anders lebt, und trotzdem noch in der Wohnung gemeldet ist und diese Wohnung dann über Harz IV finanziert bekommt. Also auch das wäre nur hilfreich, wenn man somit erfährt, wo Missbrauch stattfindet.
Die Prepaid-Stromzähler sind angesprochen worden. Auch ich halte sie für eine sinnvolle Sache. Besonders bei den Stadtwerken, die wissen, wo sie spezielle Kunden haben, ist die Frage, warum man es dort nicht macht. Die Möglichkeiten sind gegeben, das müssen wir nicht beschließen. Es liegt einfach in der Weisheit der Stadtwerke – also derjenigen, die Strom verkaufen –, dass sie solche Möglichkeiten letzten Endes nutzen.
Klar ist aber auch, wenn man seinen Strom nicht bezahlt, dass das Konsequenzen haben muss. Ich glaube, man muss nicht lange darüber nachdenken, was passieren würde, wenn man den Vorschlag der LINKEN aufgreifen würde. Wenn man seinen Strom nicht bezahlt und keine Sanktionen zu befürchten hat, dann ist doch klar, was jeder machen würde: Dann bezahlt kein Mensch mehr Strom, weil er sich sagt: Ich werde doch ohnehin nicht dafür zur Rechenschaft gezogen, dass ich den Strom nicht bezahle.
Das ist also eine völlig aberwitzige Forderung, und es zeigt natürlich, dass DIE LINKE nichts, aber auch wirklich nichts von Zahlen, Rechnen und einer gesunden Haushaltspolitik versteht.
Zu den Strompreisen bei den Hartz-IV-Sätzen. Nochmals zur Erklärung: Wie kommen die Hartz-IV-Sätze zustande?
Deswegen muss man es immer wieder erklären. Es gibt eine Einkommens- und Verbraucherstichprobe, bei der man schaut: Was geben die unteren 10 bis 20 % der Einkommensbezieher für Strom, für Lebensmittel usw.
aus. Dann sagt man: Das, was die unteren Einkommensbezieher für Strom ausgeben, bekommt auch jemand, der Hartz-IV-Empfänger ist: Erstere gehen eben arbeiten; das muss man dazusagen.
Ich finde diese Berechnungsgrundlage vollkommen richtig. Es kann ja wohl nicht sein, dass jemand, der früh aufsteht und 40 Stunden in der Woche arbeitet, am Ende weniger hat als derjenige, der – aus welchen Gründen auch immer – nicht arbeitet. Ich glaube, Leistung muss sich lohnen. Auch bei allen anderen Fragen deklinieren wir das immer wieder durch: Leistung muss sich lohnen, und deswegen ist eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze mit uns mit Sicherheit nicht zu machen.
Vielen Dank! Herr Kollege, da haben Sie sicherlich etwas missverstanden. Es geht nicht darum, den Warenkorb zu verändern. Das wissen Sie selbst. Vielleicht sagen Sie mir es noch einmal, aller wie viel Jahre der Hartz-IV-Satz angehoben und in welchem Maße an die steigenden Kosten angepasst wird? – Das ist das Problem.