Protokoll der Sitzung vom 17.12.2013

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Jetzt sehe ich am Mikrofon 2 eine erneute Kurzintervention von Herrn Kollegen Fischer, der nur auf den Redebeitrag von Herrn Jennerjahn reagieren kann und nicht auf seine Reaktion.

Das habe ich vor, Herr Präsident. – Schauen Sie sich doch einmal unseren grenznahen Raum an – Oberlausitz, Erzgebirge, Vogtland –, da sind Ihre Studien überhaupt nicht greifbar.

Ein anderer Punkt, den ich noch unbedingt in die Diskussion einführen muss, ist folgender: Was wird denn passieren, wenn die Löhne steigen? Da müssen auch die Preise steigen. Das heißt, es ist linke Tasche – rechte Tasche. Das ist ein völlig falsches Instrument, um ein zugegebenermaßen in Randbereichen bestehendes Problem lösen zu wollen.

(Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Ich würde dringend darum bitten, meine Damen und Herren der Opposition: Schauen Sie sich einmal die Realität vor Ort an – in der Gastronomie, in verschiedenen anderen Tourismusbranchen –, bevor Sie hier aus Studien vorlesen, die der normale Handwerksmeister gar nicht die Zeit hat durchzuarbeiten.

Nur das eine Argument, das von Ihnen kommt – 85 % der Deutschen wollen es angeblich –, genügt nicht. Gute Politik sieht anders aus!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Norbert Bläsner, FDP)

Das war eine Kurzintervention; damit sind die Kurzinterventionen der CDUFraktion verbraucht. – Kollege Jennerjahn reagiert erneut.

Man gibt die Hoffnung halt nicht auf. – Herr Fischer, der Handwerker hat vielleicht keine Zeit, die Studien selbst zu lesen; aber deswegen haben wir auch eine repräsentative Demokratie, und Sie haben die Zeit und werden dafür auch bezahlt. Insofern kann ich mir nur wünschen, dass Sie so etwas zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Was passiert, wenn die Löhne steigen? Ja, dann steigt zunächst einmal die Kaufkraft. Das ist schon einmal ein positiver Effekt, den ich unterstellen muss.

Außerdem gibt es Berechnungen des Prognos-Institutes, was passiert, wenn der Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt wird. Es gibt Steuermehreinnahmen, Entlastungen der Kommunen und dergleichen mehr – das summiert sich auf 7,1 Milliarden Euro, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe.

(Zurufe von der CDU)

Des Weiteren gibt es sogenannte Zweitrundeneffekte durch Mehreinnahmen durch die Mehrwertsteuer – dadurch kommen noch einmal 700 Millionen Euro zusammen – und durch die gestiegene Kaufkraft werden bei Prognos sogar positive Arbeitsmarktentwicklungen in ungefähr einer Höhe von 80 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen unterstellt.

Nun können wir uns natürlich noch einmal darüber unterhalten, was tatsächlich stimmt – ein Plus von 80 000 Arbeitsplätzen oder die Horrorszenarien, dass möglicherweise zwei Millionen Arbeitsplätze verloren gehen? Das ist das Problem, das ich in meiner ersten Reaktion, der Kurzintervention angedeutet habe: Wir brauchen eine verlässliche Datenbasis, um zu einer Aussage zu kommen, und meines Erachtens ist die Empirie klar.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das waren zwei Kurzinterventionen und die Reaktionen darauf. Wir fahren in der Rednerreihe fort und jetzt hat die NPD-Fraktion das Wort. Das Wort ergreift Herr Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal blamiert sich der letzte noch nicht abgewählte Wirtschaftsminister der FDP mit fachlicher Unkenntnis und mit Lügen gegenüber dem Parlament. Wir haben es bereits mehrfach gehört: Herr Minister Morlok macht Stimmung gegen den Mindestlohn und missbraucht dabei die Handwerkskammern als Kronzeugen. Das ist peinlich und bezeichnend für das gestörte Verhältnis der FDP zur politischen Realität.

Zu Recht wurden Sie, Herr Morlok, von der Presse in diversen Stellungnahmen von Verbänden als herzlos, als morallos, als verantwortungslos, als verstandslos bezeichnet. Man nennt Sie einen Lügner. Man bezeichnet Sie als ahnungslos und inkompetent; nicht nur Gewerkschaften fordern Ihren Rücktritt.

Dass Sie beim Thema Mindestlohn vollkommen überfordert sind und zu keiner objektiven Meinung kommen, zeigt schon die Antwort auf eine NPD-Anfrage am 25.11., also drei Tage, bevor Sie das Parlament belogen haben. Mit der Drucksache 5/12997 wollten wir wissen, auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen Ihre falsche These beruht, dass der Mindestlohn Betroffenen und Unternehmen in Sachsen eher schaden würde. In Ihrer Antwort räumen Sie ein, dass Sie sich auf Material von 2006 stützen und keine Studie zur Kenntnis nehmen wollen, die sich mit den positiven Effekten des Mindestlohns auf die Wirtschaft beschäftigt.

(Beifall bei der NPD)

Wenn man sich als Wirtschaftsminister von jeder objektiven Position verabschiedet und andere inhaltliche Standpunkte überhaupt nicht wahrnehmen will, dann entstehen so peinliche Momente wie am 28. November dieses Jahres. Dann ist ein Rücktritt nach einer solchen fachlichen Überforderung längst überfällig.

Aus Ihrem Ministerium sind wir bei den Themen Arbeit und Lohn bereits viele Tiefpunkte gewohnt. Im Juli mussten Sie sich rechtfertigen, weil Ihr Sprecher im Wirtschaftsministerium Florian Schäfer in der „Freien Presse“ meinte, dass 31 600 Minijobber im Alter von über 65 Jahren in Sachsen diese oft schlecht bezahlten Jobs nur aus dem Wunsch nach „Spaß und Zeitvertreib“ ausüben. Das ist nachzulesen in der Anfrage 5/12169 der NPDFraktion. Mit der gerade auch von der FDP verursachten Altersarmut hat das Phänomen Arbeiten im Rentenalter natürlich nichts zu tun.

Auch dieser peinliche Vorfall zeigt, wie weit sich das Wirtschaftsministerium in Sachsen mit seiner Führung von der Realität entfernt hat. Das zeigt, die FDP ist ein Auslaufmodell und gehört auf Bundesebene wie auch in Sachsen abgewickelt.

(Beifall bei der NPD)

Da es aber bis zum 31. August noch etwas dauert, noch einmal die wichtigsten Infos unsererseits. Der Mindestlohn schafft faire Arbeitsbedingungen, da Lohndumping bei der Preisgestaltung mit einer sozialen Marktwirtschaft unvereinbar ist. Ein Mindestlohn sorgt dafür, dass sächsische Arbeitnehmer nicht länger gegen Billigarbeiter aus Osteuropa ausgespielt werden. Das erhält hier im Freistaat Arbeitsplätze.

(Beifall bei der NPD)

Ein Mindestlohn, meine Damen und Herren, sorgt dafür, dass ehrliche Menschen, die täglich für ihre Familien arbeiten gehen, mehr in der Tasche haben als linke Faulpelze, die uns allen auf der Tasche liegen.

(Beifall bei der NPD)

Herr Morlok, wer in Deutschland arbeiten geht, soll am Ende mehr haben als jemand, der zu Hause bleibt. Da dürften wir uns doch einig sein. Ich hoffe, Sie erinnern sich an diesen Grundsatz, wenn am 31. August 2014 Schluss ist und Sie von den Wählern verdient in die Arbeitslosigkeit geschickt werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Apfel sprach für die NPD-Fraktion. Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angekommen und eröffnen jetzt eine zweite Runde. Das Wort ergreift für die einbringende Fraktion DIE LINKE erneut Herr Kollege Hoffmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte vorhin damit geendet, dass ich Ihnen die Erklärungen der Vizepräsidentin der Handwerkskammer zu Leipzig und des Vizepräsidenten der Handwerkskammer Dresden zur Kenntnis gegeben habe. Ich will noch einmal auf das sächsische Handwerk zu sprechen kommen. Herr Morlok und die Spitzen seines Hauses wären gut beraten, sich mit Beschlüssen der Kammern in Sachsen zu beschäftigen. In einer Resolution vom August 2013 hat die Handwerkskammer Dresden – und was ich hier zitiere, können Sie im Internetauftritt der Kammer nachlesen – beschlossen: „Tarifverträge spielen bei der Schaffung guter Arbeitsbedingungen eine zentrale Rolle. Eine Tarifbindung und Flächentarifverträge ermöglichen einen echten Wettbewerb über Leistung und gute Arbeit anstatt über geringe oder gar sinkende Lohnkosten. Unfaires Lohndumping, beispielsweise über sogenannte OT-Verbände,“ – also Ohne-Tarif-Verbände – „kann das ganze Handwerk in Verruf bringen.“

Nun wissen wir ja, dass Herr Morlok und insbesondere sein Staatssekretär mächtig stolz darauf sind, so eine OTWüste in Sachsen produziert zu haben. Aber auch aufgrund einiger Redebeiträge, meine Damen und Herren, will ich Ihnen etwas zur Kenntnis bringen, was ich kürzlich gefunden habe: „Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängen, ihren Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen,

sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, ihre Geschäfte zu betreiben.“

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich mache es kurz, das stammt nicht von den LINKEN, mit diesem Ausspruch hat Ted Roosevelt 1938 die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in den Vereinigten Staaten erklärt. Mit dem Redner der GRÜNEN könnte ich ganz schnell Einigkeit darüber erzielen, dass das ein wichtiger Bestandteil einer gesamtwirtschaftlich rationalen Politik sein muss. So eine Diskussion kann man sicher mit einigen Debattenrednern der CDU-Fraktion nicht führen.

Wir stehen vor Problemen. Seit 2011 haben wir in keinem Jahr in dieser Republik ein Wachstum von mehr als 1 % gehabt. Es will auch nicht besser werden. Wer diese Stagnation überwinden will, wer ein drohendes Abgleiten in die Deflation verhindern will, der muss ein bisschen mehr gesamtwirtschaftliche Politik und Vernunft an den Tag legen. Dort wird mehr an Horizont verlangt, als eine Ladentheke breit ist.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wenn ich davon ausgehe, was ich eben von Roosevelt zitiert habe, und mir dann das anschaue, was die GroKo – Wort des Jahres – zum Mindestlohn vereinbart hat, dann sage ich, es ist gut so, dass eine normative Regelung ins Gesetzblatt kommt, aber es ist zu fragen, wie deren gesellschaftlicher Gebrauchswert ist. Wenn wir gegen Ende des Jahres 2015 das erste Mal über einen Mindestlohn von 8,50 Euro reden können, dann ist dieser 2015 unter Zugrundelegung der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank noch 8,16 Euro wert und 2018, wo er gnädigerweise dann für alle kommen soll, noch 7,68 Euro.

Meine Damen und Herren! Was steht im Koalitionsvertrag? Die nächste Steigerung legt die übernächste Bundesregierung fest, weil die nächste Bundesregierung noch gar nicht gewählt ist. Das ist gesellschaftlich betrachtet eigentlich unter der Gürtellinie, der gesellschaftliche Nutzen ist lächerlich. Deswegen freut mich dieses Konzept des Mindestlohns nicht, denn die Perspektive heißt weiter für viele: arm trotz Arbeit.

Herr Morlok hat in seiner Rede am 28.11. –

Die Redezeit geht zu Ende.

– noch einen zweiten Punkt genannt, und den hätte uns der Ministerpräsident erklären sollen. Er hat gesagt, die Staatsregierung sei gegen den Mindestlohn, und wir alle konnten beim Fernsehsender Phönix sehen, –

Letzter Satz, bitte.

–, wie freudestrahlend, wie zufrieden der Ministerpräsident auf dem kleinen

Parteitag der CDU die Hand für diese Koalitionsvereinbarung mit dem Mindestlohn gehoben hat.