Herr Morlok, Sie sind wirklich der letzte Kämpfer gegen den Mindestlohn in ganz Deutschland. Herr Tillich hat mit über den Koalitionsvertrag verhandelt und ihm auf dem kleinen Parteitag zugestimmt. Ihre FDP hier in Sachsen, die noch ein Dreivierteljahr in politischer Verantwortung sein wird, ist der letzte Kämpfer gegen den Mindestlohn in ganz Deutschland. Da stehen Sie auf verlorenem Posten, aber das ist Ihr Problem.
Das will ich hoffen, dass Sie das wissen. Das sollen Sie auch wissen. Das ist völlig korrekt, Herr Piwarz.
Herr Morlok, bei Ihrem Argument, wenn der Mindestlohn für die Auszubildenden nicht gilt, wird niemand mehr eine Ausbildung machen, frage ich mich, warum sich mehr und mehr junge Leute für fünf oder sechs Jahre auf die Studierbank setzen und dort keine Stundenlöhne verdienen können, sondern ihre Zeit investieren, um danach einen vernünftigen Beruf ausüben zu können; warum sie nicht alle Kraftfahrer werden oder in die Kneipe gehen und dort zu irgendeinem Lohn arbeiten, um irgendein Auskommen zu haben. Auf der Studierbank bekommt man nicht einmal 1 Euro pro Stunde!
Deshalb haben wir es heute zum Thema gemacht, über den stellvertretenden Ministerpräsidenten zu reden. Die Vereinbarungen, die im Koalitionsvertrag stehen, finden
nicht die Unterstützung der LINKEN. Wir haben unsere Forderungen über zehn Jahre mit langem Atem in die Gesellschaft transportiert. Die Ersten, die uns unterstützt haben, kamen von der Gewerkschaft NGG. Später kamen ver.di und danach andere DGB-Gewerkschaften hinzu. Seit wenigen Jahren ist das auch bei der SPD und den GRÜNEN angekommen. Schließlich hat sich die CDU im Koalitionsvertrag auch in Richtung Mindestlohn bewegt.
Das muss an dieser Stelle einfach noch einmal gesagt werden. Herr Dulig, möchten Sie noch das Zitat von Herrn Müntefering oder das von Herrn Schröder hören, wie schädlich der Mindestlohn für Deutschland wäre?
Vielen Dank, Herr Kind. Die CDU und die FDP haben noch Redezeit. Ich frage die Fraktionen, ob sie noch das Wort wünschen. – Das kann ich nicht erkennen. Damit ist die vierte Runde geschlossen. Ich übergebe noch einmal der Staatsregierung, Herrn Morlok, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weil Kollege Dulig erneut zum Pult gegangen ist, gestatten Sie mir, dass ich noch einmal deutlich mache, was die Handwerkskammer in Dresden beschlossen hat. Sie hat beschlossen, dass sie sich für einen Mindestlohn ausspricht, sofern er regional und branchen
mäßig unterschiedlich ist. Ich habe erklärt, dass das sächsische Handwerk gegen einen branchenübergreifenden flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro ist. Diese Aussage bleibt nach wie vor richtig.
Lieber Martin Dulig, was die Arbeitnehmer im sächsischen Handwerk von dem Mindestlohn halten und was er bei ihnen auslöst, können wir heute in der „Freien Presse“ nachlesen. Da gibt es unter der Überschrift „Großes Zittern im Blumenladen“ die Aussage einer Floristin zu der Frage, was der Mindestlohn für sie bedeuten würde: „Es überwiegt die Angst, dass ich künftig für zwei arbeiten muss oder dass ich sogar meinen Arbeitsplatz verliere.“ Genau das löst Ihr Mindestlohn bei den Arbeitnehmern aus, nämlich Angst.
Meine Damen und Herren, eine fünfte Runde wird von den Fraktionen, die noch Redezeit haben, nicht gewünscht. Damit ist auch die zweite Aktuelle Debatte geschlossen.
Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Bienst.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn der Diskussion zur 2. Lesung des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen, kurz Berufsanerkennungsgesetz, mit einer These beginnen: Deutschland braucht Fachkräfte, und der Freistaat Sachsen als ein prosperierendes Wirtschaftsland wird in der Werbung und in der Gewinnung dieser Fachkräfte einen vorderen Platz im Länderranking einnehmen. Dazu brauchen wir gut ausgebildete deutsche Fachkräfte, werden aber ohne qualifiziertes Fachpersonal aus anderen Ländern den momentanen, aber
Mit dem vorliegenden Entwurf, in dem gerade positive Veränderungen, ja Verbesserungen für Berufsanerkennungsregelungen für Bürger aus Drittstaaten enthalten sind, schaffen wir eine notwendige Grundlage für zukünftige Bedarfe. Dass dieser Weg erfolgversprechend ist, möchte ich mit Auszügen aus der Statistik zum Bundesgesetz begründen. Da kann man nach einer 19-monatigen statistischen Erfassung und Auswertung Folgendes nachlesen:
„Auslandsabschlüsse sind überwiegend gleichwertig. Mit Stand 30.10.2013 lagen insgesamt 10 989 Anträge, davon 79,8 % für reglementierte Berufe und 20,2 % für nichtreglementierte Berufe, vor. Mit Stand 30.10.2013 wurden bereits 7 980 Bescheide erstellt. Davon bescheinigten 82 % die volle Gleichwertigkeit und nur 6,5 % wurden negativ beschieden. Die häufigsten Referenzberufe sind
Arzt/Ärztin mit Approbation, Gesundheits- und Krankenpfleger/Krankenpflegerin sowie Zahnarzt/Zahnärztin,
ebenfalls mit Approbation. Die häufigsten Ausbildungsstaaten sind Rumänien, die Russische Föderation, Polen und Österreich.“
Weiter kann man lesen, dass fast die Hälfte der Personen, die einen Antrag stellen, ihre Berufsqualifikationen in einem Staat außerhalb der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz erlangt haben. Dies spiegelt sich auch bei den Staatsangehörigkeiten dieser Personen wider. Fast 41 % sind keine Staatsangehörigen von EU- bzw. EWR-Ländern oder der Schweiz. Interessant ist sicherlich, dass 16 % deutsche Staatsangehörige sind. Seit dem 1. April 2012 sind die Möglichkeiten zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen erheblich besser geworden. Das Anerkennungsgesetz des Bundes schafft erstmals einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Überprüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Berufsabschlusses in deutschen Referenzberufen. Die Erfahrungen nach über einem Jahr zeigen, dass das Gesetz ein Erfolg ist.
Ja, meine Damen und Herren, viele Unternehmen, Handwerksbetriebe, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sind schon heute auf ausländische Fachkräfte angewiesen und werden dies in Zukunft verstärkt sein. Dieser Gesetzentwurf stößt auf eine breite Anerkennung und Akzeptanz und ist der richtige Schritt zur zukünftigen Fachkräftesicherung.
Sowohl die Experten der dazu stattgefundenen Anhörung als auch unser Ausländerbeauftragter, Prof. Dr. Martin Gillo, werteten diesen Entwurf positiv. Ebenso möchte ich die positiven Voten der mitberatenden Ausschüsse zum Gesetzentwurf anführen, wie Innenausschuss, Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Ziel des vorliegenden Gesetzes ist es, das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes in Landesrecht umzusetzen, dabei zum einen die wirtschaftliche Einbindung von Fachkräften mit ausländischen Berufsqualifikationen zu verbessern und insbesondere die Integration von in Sachsen lebenden Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt zu fördern, aber auch die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen deutscher Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.
Auf Länderebene einheitliche Bewertungsmaßstäbe für landesrechtlich geregelte Berufe werden mit gleichwertigen inländischen Referenzberufen in Beziehung gesetzt und bewertet. Ein wesentlicher positiver Aspekt dieses Gesetzentwurfes ist, dass die bereits für EU-Bürger geltenden Berufsanerkennungsregelungen auch auf
Fachkräfte von Drittstaaten ausgeweitet werden. Erfolgsgeschichten kann man im Internet nachlesen, so die Kommentare der Ärztin aus Kamerun, Frau Monteu, oder der Augenoptikerin, Frau Kenetti aus Finnland.
Selbst aus eigener Erfahrung – ich sehe hier vor allem das Fachpersonal in unseren Krankenhäusern in den sächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten, wo unter
anderem polnische, tschechische oder auch russische Ärzte praktizieren – kann ich die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes nur unterstreichen.
Nicht zuletzt halte ich die soziale Komponente dieses Entwurfes für Erfolg versprechend. Mit den Erweiterungen bzw. Verbesserungen in diesem Entwurf sagen wir den ausländischen Fachkräften: Sie sind in Sachsen willkommen. Nutzt die Chance zur beruflichen und sozialen Integration, tragt mit den erworbenen Kompetenzen zur wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens bei. Eine erfolgreiche Integration im Arbeitsalltag bedeutet meistens auch eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft, in das soziale und kulturelle Umfeld.
Der Weg dorthin ist klar aufgezeichnet. Das Verfahren ist transparent und bürgerfreundlich, die Bearbeitungszeit klar beschrieben. Berufserfahrungen werden im Verfahren berücksichtigt. In kurzen Stichpunkten bedeutet dies: Die Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Ausbildungsnachweise im Vergleich zu deutschen Qualifikationen ist festzustellen. Von Gleichwertigkeit spricht man, wenn keine wesentlichen Unterschiede insbesondere bei den für den Beruf ausschlaggebenden Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen bestehen. Wenn im Einzelfall dennoch Unterschiede vorliegen, können diese auch durch andere Befähigungsnachweise oder Berufserfahrung ausgeglichen werden.
Antragsberechtigt sind nur Fachkräfte, also wer einen Ausbildungsnachweis im Ausland erworben und damit eine Ausbildung abgeschlossen hat. Das Verfahren beginnt auf Antrag bei der jeweils zuständigen Stelle. In Sachsen sind das circa 60 Anerkennungsstellen. Eine Erstberatung erfolgt durch die IBAS. Die Dauer des Verfahrens soll maximal drei Monate betragen, natürlich nur dann, wenn alle notwendigen Unterlagen vorliegen. Ausschlaggebend sind allein die Qualifikation und die Qualität der Ausbildungsnachweise.
Natürlich möchte ich auch auf die sächsischen Besonderheiten hinweisen. Zum einen sind dies Regelungen zur Änderung des Sächsischen Architektengesetzes, des Sächsischen Ingenieurgesetzes und des Sächsischen Ingenieurkammergesetzes. So wurde in den Gesetzen für sächsische Architekten und Ingenieure die grundsätzliche Nichtanwendung des Sächsischen BQFG festgelegt. Diese enthalten bereits spezialgesetzliche Anerkennungsregelungen. Diese gelten auch für Nicht-EU-Bürger. Die diesbezüglichen Begründungen wurden seitens der Fachexperten ausreichend erläutert. Zum einen wird kein Fachkräftebedarf für Architekten in Sachsen beschrieben, zum anderen soll die Berufsbezeichnung des Ingenieurs geschützt werden.
Weiterhin ist zu nennen, dass die Tätigkeit im Bereich der Kindheitspädagogik in das Sächsische Sozialanerkennungsgesetz aufgenommen wurde und damit auch eine staatliche Anerkennung vorgesehen ist bzw. eine Systemakkreditierung nach § 1 Abs. 4 erfolgen kann – eine begrüßenswerte Vorgehensweise. Umsetzungsalgorithmen sollten evaluiert und deren Praktikabilität begrüßt werden.
Aber auch die Übergangsregelung in § 7 ist durchaus positiv zu werten. Dort soll die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, die momentan allein für das Berufspraktikum und Kolloquium nach § 2 Abs. 1 zuständig war, nach dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung entlastet werden.
Zuletzt noch zu den von der Opposition geäußerten Einwänden, die sicherlich auch noch genannt werden: Hier muss der landes- und bundesrechtliche Rahmen eingehalten werden. EU-Rahmenrichtlinien müssen
beachtet und eingehalten werden. Eine politische Begleitung bezüglich der Evaluationsergebnisse wird zumindest von der CDU-Fraktion erfolgen.