Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Draußen vor der Tür stehen immer noch über 3 000 Menschen, die darauf warten, dass wir über einen ganz anderen Antrag debattieren und dass der Landtag Farbe bekennt, ob er weiterhin in die Zukunft des Landes investiert oder nicht. Deshalb mache ich meinen Redebeitrag etwas kurz.
Ich danke der GRÜNE-Fraktion für den Gesetzentwurf. Das ist ein wichtiges Thema, und es ist wichtig, dass wir darüber diskutieren. Ich teile den Eindruck von Herrn Schiemann, dass im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss grundsätzlich über alle demokratischen Fraktionen hinweg der Konsens bestand, dass man handeln müsse. Darin sind wir uns einig. Man liest das auch in der Beschlussempfehlung. Der Sprecher der FDP-Fraktion sah den Handlungsbedarf. Der Sprecher der CDUFraktion ging davon aus, dass dieses Thema Regelungsmöglichkeiten mit der Behandlung des Beamtengesetzes habe. Es gibt also keinen Zweifel für mich, dass die Koalition oder die Staatsregierung – wer auch immer – auf diesem Feld sehr schnell regelnd tätig wird.
Herr Kollege Bartl, ich habe das Thema Dienstrechtsreform so verstanden, dass man mit dem vorzeitigen Herauslösen und Beschließen der Frage der Pensionsaltersgrenze möglicherweise schon vor 2013 zu einer Regelung kommen will. Mein Anliegen ist, dass die Staatsregierung selbst dazu Stellung nimmt und diese beiden Fragen beantwortet, die beantwortet werden müssen:
Erstens. Wann wird es eine solche Regelung geben? Wann wird sie dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt werden?
Zweitens. Wie wird bis dahin für einen wirksamen Schutz für die Landesbediensteten gesorgt und wie wird dieser gewährleistet?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 1. Februar 2010 ist der Hauptteil des Bundesgendiagnostikgesetzes in Kraft
getreten. Ziel des Gesetzes ist es, keine Untersuchungen bei Menschen vornehmen zu lassen, um sie vor einer genetischen Diskriminierung zu schützen.
Der Schutzzweck des Bundesgendiagnostikgesetzes ist wichtig. Man darf jedoch beim Gendiagnostikgesetz nicht vergessen, dass die Gendiagnostik eine Menge Chancen bietet. Diese Chancen sollen mit dem Gesetz genutzt werden.
Bereits jetzt ist es so, dass genetische Untersuchungen nur dann durchgeführt werden können, wenn entsprechende Einwilligungen von den Personen vorliegen. Momentan brauchen wir keine neue gesetzliche Regelung, um das festzuschreiben. Das heißt, gegen den Willen der Betroffenen dürfen keine genetischen Untersuchungen durchgeführt oder verwendet werden. Die Regelungslücke, die mein Vorredner aufgeworfen hat, sodass jetzt ein sofortiges, zwingendes Tätigwerden des Gesetzgebers erforderlich wäre, sehe ich für nicht so dringend an.
Vielen Dank. Ich kann noch einmal den Fall, den ich vorhin in meinem Redebeitrag aufgeführt habe, rekapitulieren. Inwiefern wäre denn diese Bewerberin um ein Lehramt, die sich geweigert hat, einen Gentest an sich vornehmen zu lassen, und aufgrund dieser Weigerung vom Land Hessen nicht eingestellt worden ist, geschützt gewesen? Das ist genau diese Regelungslücke, die durch die bisherige Rechtsprechung nicht abgedeckt ist. Stimmen Sie mir darin zu oder nicht?
Ich kenne diesen Einzelfall nicht und weiß auch nicht, ob er gerichtlich überprüft und höchstrichterlich entschieden wurde.
Ja, ich bin auch noch nicht fertig, Frau Kollegin. – Wir haben dieses Gesetz mehrfach angesprochen. Meine Vorredner haben erläutert, dass das Gendiagnostikgesetz für die Landesbeamten und öffentlich Bediensteten in Sachsen nicht anwendbar ist. Wir haben also eine Regelungslücke – auch das habe ich im Rechtsausschuss deutlich gesagt –, die wir schließen müssen. Jedoch möchten wir das systematisch machen.
Wir haben uns dazu verständigt, dass wir eine Regelung im Beamtengesetz vornehmen; denn das ist meines Erachtens der richtige Ort, diese Frage zu regeln. Das Datenschutzgesetz hat ganz andere Regelungszwecke. Der Datenschutzbeauftragte hat darauf hingewiesen. Wir möchten es gern im Beamtenrecht verankern. Im Koalitionsvertrag haben wir uns dazu verpflichtet, das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht in Sachsen zu verändern, indem wir ein flexibleres, transparentes, leistungsorientiertes und einfacheres Recht und weitere Anreize
schaffen, damit auch qualifizierte Bewerber zukünftig im öffentlichen Dienst in Sachsen tätig werden.
Für meine Fraktion möchte ich erklären: Wenn die ersten Gesetzgebungsvorhaben vorliegen, werden wir eine entsprechende Regelung zum Gendiagnostikschutz von öffentlich-rechtlichen Bewerbern und Bediensteten aufnehmen. Wenn wir die Gelegenheit haben, werden wir das entsprechend umsetzen.
Deshalb möchte ich für uns noch einmal feststellen: Sinn und Zweck dieses Gesetzentwurfes werden von uns mitgetragen. Wir halten es lediglich für die falsche Stelle. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Die NPD-Fraktion hat keinen Redner benannt. Ich frage noch einmal die Fraktionen, ob es weiteren Redebedarf gibt. – Das ist nicht der Fall. Gibt es bei der Staatsregierung Redebedarf? – Für die Staatsregierung spricht Herr Minister Ulbig, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der Einsatz genetischer Untersuchungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes weitgehend ausgeschlossen werden. Dazu möchte ich im Namen der Staatsregierung erklären: Selbstverständlich unterstützen wir dieses Grundanliegen.
Der Schutz der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor einer genetischen Diskriminierung ist sowohl aus datenschutzrechtlicher als auch dienstrechtlicher Sicht notwendig. Angesichts der Entwicklungen der Humangenom-Forschung müssen auch die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen in die Lage versetzt werden, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen zu können. Genetische Untersuchungen dürfen grundsätzlich keine Basis für eine sachgerechte Personalauswahl sein. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass Beschäftigte allein aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften oder Veranlagungen nicht eingestellt oder versetzt und somit sozial ausgegrenzt würden. Auch dagegen wehre ich mich entschieden.
Trotzdem möchte ich deutlich erklären, dass für die Gesetzesinitiative, wie sie momentan vorliegt, aus folgenden drei Gründen zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Anlass besteht:
Erstens – ich denke, dass damit ein Teil der Frage von Ihnen, Frau Friedel, beantwortet wird –, der öffentliche Dienst im Freistaat Sachsen macht keinen Gebrauch von Gendiagnostik.
Zweitens – auch das ist angesprochen worden –, wir wollen das Dienstrecht in dieser Legislaturperiode ändern. Wenn Sie die Zeitachse ansprechen, dann kann ich das,
was Herr Bartl aus der Kabinettsvorlage zitiert hat – die Einbringung im Landtag 09/2012 –, bestätigen. Nur in diesem Zeitkorridor ist das umfangreiche Werk zu bewältigen.
Drittens – das ist von den Vorrednern schon mehrfach genannt worden – ist der richtige Standort der Regelung das Beamtenrecht und nicht das Datenschutzgesetz.
Vor diesem Hintergrund schließen wir uns aus der Perspektive der Staatsregierung der Empfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses an. Herr Lichdi, ich betone an dieser Stelle, dass Herr Schurig als Datenschutzbeauftragter diese Grundposition teilt.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zum Schutz der Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor genetischen Diskriminierungen im Freistaat Sachsen. Mir liegen keine Änderungsanträge vor; deshalb kommen wir sofort zum Gesetzentwurf.
Ich beginne mit der Überschrift. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Es gibt keine Stimmenthaltungen und eine Reihe von Stimmen dafür. Dennoch ist die Überschrift mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe auf § 1 Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten. Der § 1 wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe auf § 2 Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten. Der § 2 wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Damit sind alle Teile abgelehnt worden. Es erfolgt keine Gesamtabstimmung mehr. Der Tagesordnungspunkt ist geschlossen.
2. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz über Versammlungen und Demonstrationen (Versammlungsgesetz – SächsVersG)
Es gibt eine allgemeine Aussprache. Es beginnt die einreichende Fraktion, die NPD-Fraktion. Herr Abg. Apfel, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Der Feigen waren mehr denn der Streitbaren, der Dummen mehr denn der Klugen.“ Mehrheit setzt sich durch. Wie eine Ahnung der politischen BRD-Gegenwart mutet an, was Friedrich Schiller vor fast einem Vierteljahrtausend zu Papier brachte. Wie wahr sind diese Worte in einem Landtag, der aus einer verhängnisvollen Verbindung von Feigheit und Unverstand erst vor wenigen Wochen ein Versammlungsgesetz beschlossen hat, das eben nur von Masse, nicht aber von Klasse getragen ist; ein Versammlungsgesetz oder – treffender – ein Versammlungsverhinderungsgesetz, das die Sprache des Verbots statt der Freiheit, der Tyrannei statt der Demokratie, der Schikane statt der Fürsorge spricht.
Während Sie ein Sondergesetz durchgepeitscht haben, das allein zur Verhinderung eines würdigen Gedenkens an die Opfer von Dresden auf den Weg gebracht und von führenden Rechtswissenschaftlern der Stümperhaftigkeit
überführt wurde, hat die NPD-Fraktion einen Entwurf für ein wirklich freiheitliches Versammlungsgesetz vorgelegt. Ausgehend von Artikel 8 Grundgesetz, dem Recht für alle Deutschen, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, hat die NPD vor allem die aktuelle Rechtsprechung der letzten Jahre auf den Punkt gebracht und so gemäß Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz die notwendige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geschaffen.