Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

zur Diskussion der Operationellen Programme mit dem SMWA eingeladen.

Das, sehr geehrte Damen und Herren, unterscheidet sich deutlich von dem, was unter Führung der SPD im Wirtschaftsministerium in der vergangenen Legislaturperiode gemacht worden ist. Das eine oder andere Mitglied des Wirtschaftsausschusses der vergangenen Legislaturperiode kann sich noch an eine sehr denkwürdige Ausschusssitzung erinnern, eine Ausschusssitzung nämlich, in der Minister Jurk für alle erkennbar die Entwürfe der Staatsregierung in der Aktentasche bei sich trug, sich aber geweigert hat, sie der Öffentlichkeit im Ausschuss zur Verfügung zu stellen, was zu einer Auszeit der damaligen Regierungsfraktionen im Ausschuss geführt hat. Das unterscheidet sich doch sehr deutlich von der Transparenz und der Öffentlichkeitsarbeit, die wir hier an den Tag legen. Auch darüber, sehr geehrte Damen und Herren, sollte sich die SPD vielleicht einmal Gedanken machen.

Ich hatte namens der Staatsregierung im entsprechenden Ausschuss deutlich gemacht – der Kollege Martens hat das auch getan –, dass wir als Staatsregierung die Operationellen Programme dem Sächsischen Landtag nach Beschlussfassung im Kabinett so rechtzeitig zuleiten werden, dass er die Gelegenheit hat, sich mit diesen Programmen zu befassen und zu ihnen Stellung zu nehmen. Ich wiederhole das, was in den Ausschüssen gesagt wurde, gerne namens der Staatsregierung auch hier heute im Plenum.

Wenn man sich der Frage zuwendet, ob man an einer Schwerpunktsetzung, einer Ausrichtung im Rahmen einer Förderung etwas ändern sollte, ist es wichtig, dass man sich die Erfolge – gegebenenfalls auch Misserfolge – bestehender Förderprogramme und die allgemeine Entwicklung anschaut und diese bewertet. Schauen wir uns an, wie sich der Freistaat Sachsen in den letzten sieben Jahren entwickelt hat: Die Arbeitslosenquote sank im ostdeutschen Vergleich überdurchschnittlich. Die Zahl der Erwerbstätigen ist gestiegen. Der Freistaat Sachsen war im Jahr 2012 das einzige ostdeutsche Bundesland, in dem die Zahl der Erwerbstätigen gestiegen ist. Als Freistaat Sachsen verbuchen wir Wanderungsgewinne mit allen ostdeutschen Bundesländern, aber auch insgesamt einen positiven Wanderungssaldo. Dann kommt die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass dies Indikatoren dafür sind, dass die grundsätzliche Ausrichtung der Förderpolitik richtig war und deshalb auch keiner grundsätzlichen Änderung bedarf.

Wir werden wie in der vergangenen Förderperiode im Bereich des EFRE auf Innovation und wertschöpfungsintensives Wachstum setzen. Mit 2,9 % FuE am Bruttoinlandsprodukt hat Sachsen den europäischen Zielwert von 3 % fast erreicht. Auch hier liegen wir mit an der Spitze der deutschen Bundesländer. Wir werden allerdings Wert darauf legen, den Anteil der privaten Wirtschaft an diesen FuE-Aktivitäten zu erhöhen.

Wir hätten uns gewünscht, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir die Mittel aus den Strukturfonds, insbe

sondere aus dem EFRE, auch zur Kofinanzierung anderer europäischer Projekte einsetzen können, insbesondere im Rahmen der sogenannten ECSEL-Initiative. Dies war leider in den Gesprächen mit der Europäischen Union nicht zu erreichen. Die Staatsregierung hat aber entsprechende Konsequenzen gezogen.

Nachdem dies nicht möglich war, habe ich die Initiative ergriffen und der Staatsregierung vorgeschlagen, mit einem eigenen Programm die entsprechenden Kofinanzierungsmittel bereitzustellen. Das Kabinett hat beschlossen, in diesem Zusammenhang in den nächsten sieben Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag bereitzustellen. Das heißt, wir haben auf die Probleme im Rahmen dieser Förderung reagiert und haben nun die Möglichkeit, beim Bund, aber auch bei der Europäischen Union um die entsprechenden Finanzmittel im Bereich ECSEL zu werben.

Ein weiterer Schwerpunkt, sehr geehrte Damen und Herren, wird die Förderung der umweltfreundlichen Verkehrsträger im Freistaat Sachsen sein. Aber es geht auch um den Straßenbau, sehr geehrte Damen und Herren. Sie, Herr Mann, haben zu Beginn Ihrer Ausführungen erfolgreiche, nachhaltige Projekte aus der laufenden Strukturfondsperiode genannt. Straßenbauprojekte waren leider nicht dabei.

Ich war Anfang des Jahres in Mügeln bei der Verkehrsfreigabe für die S 31, Ortsumgehung Mügeln. Ich hatte dort ein sehr anregendes Gespräch mit Volkmar Winkler, dem Bürgermeister, der mit großer Wahrscheinlichkeit dem nächsten Sächsischen Landtag angehören wird, wenn Sie bei der nächsten Landtagswahl nicht noch einmal Prozentpunkte verlieren. Die Frage ist, ob der Kollege Winkler im Gegensatz zu Ihnen diese Ortsumgehung Mügeln als Straßenbauprojekt für nachhaltig hält. Ich bin mir sicher, dass er dies für nachhaltig hält, weil die Menschen in Mügeln vom Durchgangsverkehr, vom Lärm und vom Schmutz entlastet werden. Also auch Staatsstraßenprojekte sind nachhaltige Infrastrukturprojekte, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Deshalb werden wir uns bei der EU weiterhin dafür einsetzen, dass wir auch zukünftig Schlüsselprojekte im Bereich des Staatsstraßenbaus mit EFRE-Mitteln finanzieren können.

Im Rahmen des ESF wird unser Schwerpunkt darauf liegen, das entsprechende Fachkräftepotenzial zu ertüchtigen und den Fachkräftebedarf im Freistaat Sachsen zu decken. Das Thema berufliche Weiterbildung wurde bereits angesprochen. Die erfolgreichen Projekte in dem Zusammenhang – Weiterbildungscheck, aber auch das einzelbetriebliche Förderverfahren – wollen wir fortsetzen. Gleiches gilt für die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen. Nach wie vor ist der erste Arbeitsmarkt im Freistaat Sachsen aufnahmefähig. Deshalb halten wir es für richtig, Geld in die Hand zu nehmen, auch viel Geld in die Hand zu nehmen, um dem einzelnen Arbeits

losen die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wir wollen die Schulabbrecherquote im Freistaat Sachsen reduzieren. Wir wollen aber auch ESFMittel in der Sekundar- und Hochschulbildung einsetzen, die Innovationsfähigkeit von Unternehmen stärken und Existenzgründungen, insbesondere im innovativen Bereich, weiter unterstützen.

Die Frist zur Stellungnahme zu den Operationellen Programmen ist abgelaufen. Wir haben eine ganze Reihe von Stellungnahmen erhalten. Das wurde heute auch schon angesprochen. Wir sind gerade dabei, diese Stellungnahmen auszuwerten, und werden dann zu einer Entscheidungsfindung, zu einer Beschlussfassung im Kabinett kommen und Ihnen – wie ich es schon gesagt habe – als Parlament den Entwurf so rechtzeitig vor dem Versand nach Brüssel zusenden, dass Sie in der Lage sind, sich mit diesem Entwurf zu befassen und – sofern Sie es wünschen – dazu auch Stellung zu nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort für die einreichende Fraktion hält Herr Mann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Schlusswort nutze ich in Anbetracht unserer begrenzten Redezeit noch einmal zur Antwort auf ein paar Fragen oder auch Thesen. Ich habe beim Punkt 1, dem Berichtswesen, gelernt, dass das einzelnen Fraktionen zu viel Information ist. Anderen ist es noch zu wenig. Ich glaube, damit kann ich umgehen.

Hier wurde referiert, dass im Vergleich zur letzten Ausschussinformation eine wundersame Geldvermehrung stattgefunden hat. Es freut uns, dass in Sachsen auch in Zukunft mehr möglich ist, wenngleich uns doch verwundert, dass damit die Verhältnisse zwischen EFRE und ESF offensichtlich wieder auf das Verhältnis der bisherigen Förderperiode zurückfallen.

(Staatsminister Sven Morlok: Das Verhältnis von Herrn Jurk!)

Ja, aber damals haben wir in der Koalition genau darüber gestritten. Ein Ministerkollege kann Ihnen, glaube ich, noch einmal darstellen, warum wir es durchaus für sinnvoll hielten, den Bereich ESF stärker auszubauen und stärker in Qualifizierung, Fachkräfte und auch in soziale Innovation zu investieren.

Deshalb auch noch einmal der Verweis: Wenn der Kollege von der CDU von Größenwachstumsstrategie der Unternehmen spricht, dann sind wir gern dabei. Aber gerade deshalb braucht es vielleicht auch die Frage, wie innovative Mitbestimmungsstrukturen in Firmen funktionieren

und stattfinden. Wenn Sie sich Marktführer, die international konkurrenzfähig sind, anschauen, werden Sie sehen, dass es dort eine Belegschaft gibt, die natürlich Tarifverträge und Mitbestimmung hat und die genauso für und mit dem Unternehmen nachdenkt, wie man Innovation und damit auch wirtschaftliche Prosperität des Unternehmens voranbringt. Das ist aus unserer Sicht kein Widerspruch. Deshalb sagen wir: Auch so etwas sollte nicht ausgeschlossen werden. Wir haben nicht gesagt, das ist die Priorität, aber das sollte zumindest nicht ausgeschlossen sein. Das habe ich aber beim bisherigen OP nicht gefunden. Ich denke, hierüber sollte man noch einmal nachdenken.

Zum Schluss unser Beispiel mit den Straßen. Es ist richtig, es werden auch zukünftig Straßen gebaut werden müssen. Ob wir mit europäischen Fördermitteln, die genauso als Prioritätsachse die CO2-Reduzierung und zum Beispiel die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien haben, in durchaus althergebrachte Technologien wie Straßenbau investieren müssen, die dem nicht unbedingt dienen, darüber könnte man schon einmal diskutieren – zumal wir gerade in Sachsen dabei sind, bestimmte Straßen herabzustufen, weil wir es uns selbst nicht mehr leisten können, diese instand zu halten.

Deswegen haben wir hier deutliche Priorität auf umweltfreundliche Verkehrsträger gelegt und denken, dass hierin ein Wachstumspotenzial für die sächsische Wirtschaft liegt.

Zu guter Letzt war noch die Frage: Was ist gute Arbeit? Gute Arbeit ist für uns, wenn man bei einer Vollzeittätigkeit nicht noch mit Steuermitteln Aufstockung zahlen muss. Es gibt auch Indizes, die nicht eine SPD bestimmen will, aber die zum Beispiel der DGB entwickelt hat, den Index „Gute Arbeit“. Ich glaube, gute Arbeit ist vor allen Dingen das, was zum Beispiel über eine betriebliche Mitbestimmung in Betrieben an Arbeitsklima entsteht. Von daher hätten wir keine Sorge, dass man so etwas auch abbilden kann. Grundsätzlich geht es darum, stärker darauf zu sehen, wie viele Arbeitsplätze entstehen und ob sie gerecht bezahlt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/13578 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Danke. Bei zwei Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich die Drucksache 5/13578 nicht beschlossen.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Flächenneuversiegelung in Sachsen reduzieren

Drucksache 5/13157, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Reihenfolge in der ersten Runde: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile Frau Kallenbach für die einreichende Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die fortschreitende Flächeninanspruchnahme mit ihren vielfältigen Auswirkungen auf Natur und Landschaft, auf die Lebensqualität, auf den Boden- und Hochwasserschutz gibt Anlass zur Sorge und ist eines der größten aktuellen Umweltprobleme in Sachsen. Deshalb haben wir Ihnen diesen Antrag vorgelegt.

Die Warnungen vor diesen negativen Auswirkungen haben eine lange Geschichte. Vor nunmehr zehn Jahren hat der Rat für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung den Ländern und Kommunen dringend empfohlen, die tägliche Flächeninanspruchnahme in Deutschland auf 30 Hektar zu reduzieren.

Schauen wir nach Sachsen. Hier steht dem von CDU und FDP verschämt geäußerten 2-Hektar-Fernziel die unverantwortbare Realität entgegen. Die letzten offiziellen Statistiken, die Umweltminister Kupfer veröffentlichte, belegen immer noch laut Landesentwicklungsbericht 2010 reichlich 8 Hektar Flächeninanspruchnahme pro Tag. Auch im jüngsten Umweltbericht 2012 wird nur auf diesen verwiesen. Rechnet man diese Zahl auf die Bundesrepublik hoch, so kommt man auf knapp 160 Hektar pro Tag, also das reichlich Fünffache des als nachhaltig zu benennenden Wertes. Das, meine Damen und Herren, passiert in einem Bundesland, das sich als geborener Nachfolger von Carl von Carlowitz betrachtet. Der Oberberghauptmann würde sich im Grabe umdrehen.

Um sich diesem Dilemma zu entziehen, argumentiert die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme mit nebulösen Statements.

Erstens. Flächeninanspruchnahme bedeutet nicht gleich Flächenversiegelung, weil das durch renaturierte Tagebauflächen wieder ausgeglichen wird und die Statistik die Realität nicht widerspiegelt. Hier sage ich nur: Winston Churchill lässt grüßen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Aussage ist zwar nicht falsch, aber sie ändert nicht die Fakten. Zwischen 2000 und 2010 ging allein die Landwirtschaftsfläche um rund 14 000 Hektar zurück. Im gleichen Zeitraum stieg die Siedlungs- und Verkehrsfläche um 21 000 Hektar. Ziehen wir nun die reichlich 7 000 Hektar der durch Tagebausanierung entstandenen Erholungsfläche ab, so bleiben zirka 14 000 Hektar neu

versiegelte Fläche übrig. Sie brauchen Ihren Taschenrechner nicht zu bemühen. Das sind fast 4 Hektar täglich.

Zweitens. Wir können erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass seit 2009 ein gemeinsames Handlungsprogramm der Staatsministerien des Innern sowie für Umwelt und Landwirtschaft existieren soll, das eine Verringerung der täglichen Neuinanspruchnahme auf unter 2 Hektar bis zum Jahr 2020 vorsieht. Das klingt gut. Damit scheint das Thema erledigt.

Schaut man aber genauer hin, dann findet man außer wolkigen Ankündigungen und allgemeinen Absichtserklärungen nichts. Ich empfehle Ihnen, dieses Handlungsprogramm einmal im Netz zu suchen. Dort finden Sie eine Pressemitteilung aus dem Jahr 2009 und Vorträge im Rahmen von Fachtagungen. Ein ausformuliertes, abrechenbares Handlungsprogramm suchen Sie vergeblich. Auch im Landesentwicklungsplan 2013 und im Landesverkehrsplan 2025 ist nur vage formuliert, dass der Freistaat dieses Ziel grundsätzlich anstrebt. Wie es konkret erreicht werden soll, dazu schweigen beide Pläne. Auch der aktuelle Doppelhaushalt enthält keine Finanzposten, die an die Erreichung dieses Zieles auch nur denken lassen.

Welche Rahmenbedingungen stellen Sie sich selbst, den Kommunen und Kreisen im Land, um ein solches Ziel vorzugeben? Ihr Job, werte Staatsregierung, wäre es gewesen, das 2-Hektar-Ziel zeitlich, räumlich und sachlich zu konkretisieren.

Vermutlich haben sich einige bei CDU und FDP über den Alleingang der Minister Kupfer und Buttolo, im September 2009 überhaupt ein solches Ziel auszurufen, geärgert und hätten es gern stillschweigend kassiert. Das wundert nicht, nur so konnten Sie weiter mehr als 600 Millionen Euro an europäischen Fördergeldern für den Neubau von Straßen verschwenden. Damit sind wir wieder beim Thema.

Ein Ende ist nicht abzusehen. Auch im Landesentwicklungsplan 2013 sind wieder 130 Ortsumgehungsstraßen festgeschrieben. Einige sind ganz sicherlich nötig. Aber denken Sie daran: Den Kommunen fehlt heute schon die Kraft für die Unterhaltung der Straßen, geschweige denn, dass sie den Bürden neuer Straßen gewachsen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)