Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Es ist freilich richtig, dass das Ganze den Eindruck hinterlassen hat: rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Ich möchte aber zum Ausdruck bringen, dass die genannten Parteien – eigentlich sind es fünf: CDU, CSU, FDP, SPD und die GRÜNEN – bei dieser Entwicklung des EEG durchaus eine ganze Menge gemeinsam gemacht hatten. Auch Sachsen hat oftmals im Bundestag oder auch im Bundesrat zugestimmt.

Jetzt geht es aber darum, zu erkennen, dass es große Fehlentwicklungen im Land gibt. Die Fehlentwicklungen werden nicht nur durch den Ärger der Bürgerinnen und Bürger über ihre Stromrechnungen besonders deutlich, sondern zum Beispiel auch über Zinsentwicklungen. Wenn ich sehe, dass mit erneuerbaren Energien Renditen erzielbar sind, die um ein Vielfaches höher als sonst auf dem Markt sind, und nur ein Teil – oftmals sogar nur ein kleiner Teil – dieser Renditen tatsächlich durch Wertschöpfung gedeckt ist – vielmehr durch eine Umverteilung, indem eben Stromkunden, die sich dann nicht wehren können, belastet werden –, dann ist das für mich der Ausdruck einer Fehlentwicklung. – Das als Beispiel.

Damit wollte ich zum Ausdruck bringen, dass wir als Parteien uns jetzt gemeinsam – die Wahlen haben die schwarz-rote Bundesregierung als Ergebnis gebracht und Sigmar Gabriel trägt jetzt die Verantwortung – darum bemühen, ohne das übliche Spiel von Schwarz und Weiß bzw. Rede und Gegenrede.

Herr Flath, die Zeit.

Für die CDU will ich ausdrücklich erklären: Wir sehen die Verantwortung für Sachsen, und wir wissen, dass wir unsere Vorstellungen nicht eins zu eins umsetzen können.

Meine Bitte ist, dass das andere Parteien ebenso pflegen und dass wir im nächsten halben Jahr zu einer guten Lösung in Deutschland kommen, weil ich es für notwendig halte.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zur weiteren Aussprache rufe ich jetzt für die FDP-Fraktion Herrn Abg. Herbst auf. Bitte, Herr Herbst, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht aus Berlin. Die gute Nachricht: Herr Gabriel hat entdeckt, mit der Förderung der erneuerbaren Energien kann es nicht so weitergehen. Er hat zum ersten Mal das Wort Übersubventionierung in den Mund genommen. Das hatte man vorher noch nicht gehört. Die schlechte Nachricht ist: Trotz der Vorschläge und trotz dieser hektischen Notreparaturen werden die Energiekosten weiter steigen, nur langsamer als bisher. Ein Erfolg ist das nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der Staatsregierung)

Das Grundproblem liegt darin, dass das EEG heute eben kein Sprungbrett mehr für eine Technologieeinführung ist. Bei einem Anteil der erneuerbaren Energien von rund einem Viertel am Energiemix ist es völlig klar, dass die Subventionen aus dem Ruder laufen. Ich bleibe dabei: Das EEG beschert einigen wenigen satte Profite, aber allen anderen satte Kosten. Das muss beendet werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU)

Im Übrigen – wir hören ja jetzt viele Nachrichten über die Firma PROKON – bin ich mir nicht sicher, wenn es ein EEG nicht geben würde, ob solche windigen Geschäftsmodelle überhaupt eine Chance hätten und die Anleger vielleicht auch nicht so viel Geld verloren hätten, meine Damen und Herren.

(Zuruf: Dann gäbe es andere! – Weitere Zurufe)

Die Bilanz der deutschen Energiepolitik – da nehme ich durchaus die letzte Bundesregierung mit hinein – fällt völlig ernüchternd aus. Die Stromkosten haben sich seit dem Jahr 2000 für die Verbraucher verdoppelt. Der Anteil der EEG-Umlage am Energiepreis lag einmal bei unter 2 %. Wo liegt er heute? Bei 20 %. Die Versorgungssicherheit nimmt in Deutschland ab. Gott sei Dank hatten wir noch keinen Blackout; aber die Eingriffe der Netzbetreiber – das können Sie sich anschauen – nehmen massiv zu.

Der CO2-Ausstoß – der ein Ziel dieser Energiewende war – nimmt nicht ab. Das kann er auch gar nicht, weil wir in Europa eine Deckelung des CO2-Ausstoßes über ein Zertifikate-Handelssystem haben. Jede Tonne CO2, die in Deutschland eingespart wird, macht in Portugal das Zertifikat günstiger, und das portugiesische Industrieunternehmen emittiert die Tonne dann mehr. Das heißt, es macht überhaupt keinen Sinn, zwei gegenläufige Systeme auf dasselbe Ziel auszurichten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU)

Durch die Übersubventionierung der erneuerbaren Energien haben wir heute die Situation, dass auch der Rest des Energiemarktes, der nicht subventioniert ist, mittlerweile völlig aus dem Takt geraten ist. Wir haben keine Preisbildung mehr durch Angebot und Nachfrage, und wir haben auch keine Wirtschaftlichkeit mehr; denn für die Erzeuger konventioneller Energien ist die Nachfrage entscheidend und für die Erzeuger erneuerbarer Energien die Subvention. Und wenn das so ist, meine Damen und Herren, kann man nicht davon sprechen, dass der Energiemarkt in Deutschland funktioniert.

Die Leidtragenden sind am Ende immer die Verbraucher. Sie zahlen nämlich mehrfach. Sie zahlen a) die Subvention, weil sich die erneuerbaren Energien eben nicht subventionsfrei am Markt rechnen. Sie zahlen b) für den Ausbau der Leitungen, der gar nicht notwendig wäre, wenn nicht gerade dort die EE-Anlagen errichtet werden würden, wo überhaupt keine Nachfrage besteht. Sie zahlen c) für Zwangseingriffe zur Sicherung der Netzstabilität. Heute haben wir eine Situation, in der das mal nicht notwendig ist, aber wenn der Wind draußen stark weht, müssen beispielsweise Windkraftanlagen in Größenordnungen abgeregelt werden, da sonst die Netze zusammenbrechen; und nach dem Vorschlag von Herrn Gabriel zahlen wir zukünftig nicht nur für die erneuerbaren Energien, sondern Herr Gabriel sagt: Auch wenn jemand ein Gaskraftwerk oder ein Kohlekraftwerk errichtet, dann muss dafür eine Subvention fließen. Meine Damen und Herren, wie viel wollen wir unseren Verbrauchern eigentlich noch zumuten?!

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Genau aus diesem Grund macht eine Fortführung der Subventionierung auf dem bisherigen Niveau überhaupt keinen Sinn; denn ich habe nichts gegen erneuerbare Energien, aber sie haben eine ganz große Schwäche: Sie sind eben nicht zuverlässig. Herr Flath wies darauf hin: Was passiert an einem Tag wie heute: kein Solarstrom – so gut wie keine Windkraft. Woher wollen Sie die Grundlast nehmen? So viel können sie gar nicht speichern. Allein wenn Sie die Spitzenlast bei der Windkraft auf einem vernünftigen Mittelniveau speichern bzw. ausgleichen wollen, wenn mal kein Wind weht, dann bräuchten Sie in Deutschland mehrere Tausend Pumpspeicherkraftwerke. Ich frage Sie: Wie absurd ist dieser Gedanke? Wir

haben, glaube ich, im Moment um die 35. Wir werden nicht mehrere tausend Pumpspeicherkraftwerke haben, deshalb macht eine Förderung erneuerbarer Energien auf Teufel komm raus keinen Sinn mehr und sie muss beendet werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nun wird oft – gerade von den GRÜNEN – gesagt, man müsse die Kosten nur anders verteilen, dann ist das schon für alle in Ordnung. Nur übersehen Sie: Die Kosten steigen ja insgesamt, und ich stehe auch dazu: Wer das Versprechen der Einspeisevergütung über 20 Jahre bekommen hat, dem wollen wir diese nicht im Nachhinein kürzen, denn es gilt Bestandsschutz. Aber wir laufen mittlerweile in diesem Jahr einer Gesamtbelastung von knapp 24 Milliarden Euro entgegen, –

Bitte zum Schluss kommen.

– und diese steigt von Jahr zu Jahr. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir die Gesamtkosten deckeln. Wir müssen heraus aus der Subventionsspirale, hinein in ein marktfähiges System, und wir müssen kurzfristig die Stromsteuer senken. Nur das hilft, unsere Verbraucher vor einer übermäßigen Kostenbelastung zu schützen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, nun die Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Dr. Runge, bitte; Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist dringend überfällig. Ich denke, darin sind wir uns alle einig.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Sieht man sich aber einmal die Reformen an, die dieses Gesetz in den letzten Jahren unter Schwarz-Gelb erfahren hat, vor allem den Teil „Besondere Ausnahmeregelungen für die Industrie“, dann können wir feststellen, dass dort die Ausnahmeregelungen exorbitant ausgeweitet wurden. Nicht nur, dass man beim jährlichen Stromverbrauch das Limit von 10 auf 1 Gigawatt heruntergeschraubt hat, sondern man hat auch das Verhältnis von Lohn- und Energiekosten von Unternehmen in der Proportion in Anschlag gebracht, sodass statt ursprünglich 400 letztlich circa 3 000 Unternehmen von der EEG-Umlage befreit wurden.

Nun haben wir zu Recht ein Beihilfeverfahren, das die EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitet hat. Deshalb sind zuallererst natürlich diese Ausnahmeregelungen unter die Lupe zu nehmen, und, Herr Flath, es stimmt einfach nicht, was Sie behauptet haben: dass die Industrie unter diesen hohen Energiekosten leidet, sondern vor allem Großverbraucher, die bei sehr niedrigen Großhandelspreisen an der Börse billigen Strom für

4 Cent pro Kilowattstunde und darunter einkaufen können, unglaubliche Vorteile haben und dann noch von der EEG-Umlage und von Netzentgelten befreit, also dreifach privilegiert sind, sodass mittlerweile die wirtschaftlichen Unternehmen in den Niederlanden stöhnen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Richtig, ja!)

Ich habe gerade gelesen, dass eine Aluminiumhütte in den Niederlanden dichtmacht, weil bereits dort für die Industrie die Strompreise um 20 % höher sind als in Deutschland.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wir verlagern von Deutschland nach Holland!)

Ja. – Das Problem ist aber, dass die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland die Zeche aufgrund dieser Befreiung der großen Unternehmen zahlen müssen und natürlich alle privaten Verbraucherinnen und Verbraucher. Hier haben wir also ein Gerechtigkeitsproblem in der Verteilung der Gesamtkosten. Das geht Gabriel mit seinen Eckpunkten und Reformvorhaben zunächst einmal an, und das ist richtig so. Dies muss europarechtskonform korrigiert werden. Das bringt schon einmal eine Entlastung.

Der zweite Anknüpfungspunkt, den Gabriel in seinen Eckpunkten vorschlägt, ist die Absenkung der durchschnittlichen Vergütungssätze für erneuerbare Energien. Auch das ist ein richtiger Weg.

Der dritte Weg, den Gabriel vorschlägt, ist, dass es in Zukunft durch die Pflicht zur Direktvermarktung sowie Ausschreibungsmodelle eine stärkere Marktintegration der erneuerbaren Energien geben soll. Auch das ist ein möglicher Weg, der die Kosten begrenzen wird.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU:... und eine Belastung!)

Ohne Zweifel ist das Reformvorhaben so, wie es jetzt in den Eckpunkten deutlich wird, ein Beitrag, um einen kurzfristigen Effekt in der Belastung und bei der Verteilung der Gesamtenergiekosten zu erreichen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nein!)

Aber es ist in der Tat keine langfristig angelegte Lösung darin enthalten, sodass das Thema und die große Herausforderung darin besteht, ab 2017/2018 mindestens in dieser Phase ein vollkommen neues Marktdesign in Deutschland zu etablieren, und das ist die größere Herausforderung, da dies ein sehr komplexer und schwieriger Vorgang sein wird, und es wird kein Weg daran vorbeiführen, Herr Tillich, dass es so etwas wie einen Kapazitätsmarkt geben muss, den auch Herr Seehofer und Herr Kretschmann in ihrem Papier fordern.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Mechanismus, nicht Markt, Mechanismus!)

Bitte zum Schluss kommen.

Daran wird kein Weg vorbeiführen; und ob dann die Braunkohlenkraftwerke als Reservekapazitäten kompatibel zu den erneuerbaren Energien sein werden, ist stark zu bezweifeln.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Herbst.

Herr Präsident! Ich möchte etwas zu den Ausnahmen für Industrieunternehmen sagen, weil diese immer wieder als Beispiel angeführt werden, warum die Belastungen für die Verbraucher steigen. Ja, in der letzten Bundesregierung wurden mehr Unternehmen befreit, das ist richtig. Aber die privilegierte Strommenge ist gegenüber allen vorher bestehenden Ausnahmen nur um 10 % gestiegen.

Was heißt das für den Preis? Am Ende der 6,24 Cent EEG-Umlage haben diese zusätzlichen Ausnahmen 0,04 Cent ausgemacht, 0,04 Cent. Was Rot-Grün vorher bereits an Ausnahmen verankert hat, hat 0,96 Cent ausgemacht. Da kann man doch nicht davon sprechen, dass sich für einen dreiköpfigen Haushalt am Ende die Kosten um 100 Euro und mehr pro Jahr erhöhen, wenn diese Ausnahmen gerade mal mit 0,04 Cent zum Tragen kommen. Ich denke, wir sind alle der Meinung, dass es nicht nur darum geht, dass wir die ganz großen Konzerne im internationalen Wettbewerb stärken. Auch eine mittelständische Gießerei oder ein mittelständisches Glaswerk stehen im Wettbewerb mit unseren Nachbarn, und deren Arbeitsplätze sind uns mindestens genauso wichtig, meine Damen und Herren.