Die NPD erinnert sich auch noch daran, dass der damalige Kultusminister Wöller in einem Pressegespräch am 28.06.2010 grundlegende Rahmenänderungen und
de facto Verschlechterungen für freie Schulen ankündigte. Wöller hatte im Regierungsentwurf des Doppelhaushaltes für die Jahre 2011/2012 insgesamt 14,9 Millionen Euro streichen wollen. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes musste sich die Staatsregierung nun aber bewegen und hat den Trägern der 160 freien Schulen im Freistaat Sachsen eine Übergangszahlung von 35 Millionen Euro bis Mitte des Jahres 2015 angeboten.
Über die Annahme dieses Regierungsangebotes beriet am Wochenende die Arbeitsgemeinschaft der Schulen in freier Trägerschaft, die das Angebot zähneknirschend unter Vorbehalt annahmen, weil das Geld einfach für den Schulbetrieb benötigt wird. Da die Zahlung der 35 Millionen Euro an die Auflage geknüpft ist, keine weiteren rechtlichen Forderungen zu stellen, sprechen die freien Schulträger zu Recht von einer Maulkorbregelung.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich für die NPD feststellen: Die Staatsregierung ist nach allem Gehörten also immer noch weit davon entfernt, einen fairen und sachgerechten Umgang mit den freien Schulen in Sachsen zu gewährleisten und deren sichere Finanzierung zu garantieren.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite? – Jawohl. Für die Fraktion CDU Herr Abg. Schreiber. Bitte, Herr Schreiber, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Also ganz ehrlich, ich weiß nicht, was daran dreist sein soll – oder frech oder unverschämt –, wenn eine Regierungskoalition, die eine Staatsregierung trägt, die das Handeln einer Staatsregie
rung genauso kontrolliert wie die Opposition, es sich „anmaßt“, eine Debatte auf die Tagesordnung zu setzen zu einem aktuellen Thema, das tatsächlich aktuell ist. Wenn ich mir in dieser Hinsicht die 2. Aktuelle Debatte anschaue, frage ich mich ganz ehrlich, Frau Klepsch, wo da der tagesaktuelle Bezug ist – außer, dass es ein Papier vom Landkreistag gibt.
Nein, wir beschließen heute keinen Haushalt; genauso wenig, wie wir das für die Jugendhilfe tun, tun wir das heute hier für die freien Schulen.
Was ich aber dreist finde im Gegensatz zu Ihnen, ist, dass gerade Sie, Frau Falken, und vielleicht auch ein Stück weit Frau Dr. Stange, sich hier hinstellen und so tun, als wären Sie seit 20 Jahren die Anwälte der freien Schulen gewesen. Das ist eine bodenlose Frechheit.
Sie haben zumindest in anderen Debatten, Frau Falken, heute wenigstens noch den Mut zu sagen, dass freie Schulen eigentlich nie Ihr Ding waren. Sie haben als LINKE immer darauf beharrt, dass alles schön staatlich reglementiert sein soll. Dass Sie sich jetzt zu den freien Schulen bekennen, das gestehe ich Ihnen gern zu, das finde ich persönlich auch sehr erfreulich. Aber dann tun Sie hier nicht so scheinheilig, als wären Sie diejenigen gewesen, die es ermöglicht haben, dass sich die freien Schulen, so wie sie heute in Sachsen existieren und für die wir heute schon in jedem Jahr über 230 Millionen Euro ausgeben, hier so entwickeln konnten, als wäre es Ihr Verdienst. Mitnichten ist dem so.
Frau Dr. Stange, ja, wir haben in 2010 die Kürzung beschlossen. Wenn Sie sich an die Vorschläge von Herrn Prof. Wöller, dem damaligen Kultusminister, erinnern, sahen die Vorschläge aus dem Kultusministerium noch ganz anders aus als das, was tatsächlich beschlossen worden ist.
Natürlich ist es Ihr gutes Recht, vor den Verfassungsgerichtshof zu gehen und ein solches Gesetz überprüfen zu lassen. Das ist alles Demokratie, das ist alles legitim. Wir haben jetzt ein Urteil, und dieses Urteil werden wir entsprechend umsetzen. Aber das machen wir eben nicht, Frau Falken – weil Sie schon wieder gefragt haben: Wo ist denn Ihr Gesetz?; ich könnte jetzt genauso fragen: Wo ist Ihr Gesetz? –, binnen drei Monaten irgendwie quer durch die Hintertür, sondern das machen wir, wie es Frau Staatsministerin Kurth dargestellt hat, in aller gebotenen Sorgfalt. Wir nehmen uns die gebotene Zeit dafür, ein Gesetz auf die Füße zu stellen, das vor einem Verfassungsgerichtshof oder vor welcher Instanz auch immer eine Chance hat zu bestehen.
Dieser Konsens ist auch mit den freien Schulen besprochen. Ich habe im Juni letzten Jahres mit Vertretern von freien Schulen zusammengesessen und über kurzfristige und langfristige Perspektiven gesprochen. Es war die kurzfristige Perspektive eines Vertreters, dessen Namen ich nicht nennen will: Gebt uns doch wenigstens für dieses Schuljahr 5 Millionen Euro, wie ihr es bei den Lernmitteln gemacht habt, um anschließend über die langfristige Perspektive zu sprechen, nämlich eine Schulgesetznovelle für die freien Schulen.
Jetzt sind wir bei 35 Millionen Euro, und Lothar Bienst und Frau Kurth haben ganz deutlich gemacht, dass das nicht das Geld ist, mit dem jetzt schon alles erledigt ist. Nein, es ist die Übergangslösung für die Schuljahre 2013/2014 und 2014/2015. Dann setzen wir uns zusammen – unter anderem auch mit Ihnen von der Opposition – und werden ein neues Gesetz über die Schulen in freier Trägerschaft auf die Beine stellen, das wir mit den Vertretern der freien Schulen und mit der Opposition diskutieren, und wir werden sehen, was dabei herauskommt. Aber das schafft man eben nicht vom 15. November bis zum heutigen Tag. Sie wissen ganz genau, dass ein Gesetzgebungsverfahren und die Vorbereitung darauf nicht so schnell geht.
Frau Giegengack, was die Sachkostenregelungen angeht, wissen Sie so gut wie wir, dass wir mindestens seit 2011/2012 wissen und darauf gedrungen haben, dass die Sachkostenevaluation auf den Tisch kommt. Als sie dann auf dem Tisch lag, haben wir alle unisono festgestellt, dass es weniger eine Evaluation gewesen ist, sondern eher eine Mittelverwendungsprüfung. Wir müssen uns auch nichts vormachen – es gesteht ja mittlerweile auch das Kultusministerium ein, dass man daran überhaupt nicht den tatsächlichen Bedarf ablesen kann. Aber wir brauchen jetzt, anderthalb Jahre später, nicht darüber zu diskutieren.
Abschließend zu Ihnen, Frau Dr. Stange. Sie haben den Schulausschuss angesprochen. Wir nehmen uns das Recht heraus, Themen hier im Plenum zu diskutieren, auch wenn der zuständige Fachausschuss der Schulausschuss ist. Aber so, wie Sie als Begründung nehmen, der Schulausschuss tagt in geschlossener Sitzung, nehmen wir uns das Recht heraus, öffentliche Themen, die öffentlich zu debattieren sind, ins Plenum zu bringen, und das werden wir auch weiterhin tun; darauf können Sie sich völlig verlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich bin sehr froh, dass wir heute diese Debatte geführt haben, weil dadurch ein kleiner Ausblick möglich ist auf das, was kommt – und das ist
eine ganze Menge Arbeit; Kollege Schreiber hat es schon gesagt. Das Verfassungsgericht hat nicht nur gesagt, dass wir gewisse Angelegenheiten neu regeln müssen, sondern dass wir es besonders genau und rechtssicher regeln müssen. Die Kosten müssen ermittelt werden – ob es Sachkosten, Personalkosten oder Gebäudekosten sind.
Es ist zum Beispiel über das Thema Schulgeldersatz zu diskutieren. Sollen Schulen eine gewisse Anreizregelung haben, doch Schulgeld zu erheben? Das hat das Gericht ausdrücklich angesprochen. Das sind Sachverhalte, die so gut wie noch nie ermittelt werden müssen – gemeinsam mit den freien Schulen –, und das kostet ein Stück weit Zeit, es kostet aber auch Sach- und Facharbeit, die in den Ausschüssen erfolgen muss.
Hier im Plenum muss ein Ergebnis, das auf dem Tisch liegt, das aktuell ist und zu dem es unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Erwartungen gab, diskutiert werden. Es war zumindest auch eine Rückmeldung von den freien Schulen, es gab teilweise zu Recht sehr hohe Erwartungen; aber es gibt auch gewisse Notwendigkeiten bei anderen freien Trägern. Darüber gibt es einen Abwägungsprozess, den viele von uns getroffen haben, den wir als Fachpolitiker getroffen haben, den die freien Schulen in ihren Trägerversammlungen getroffen haben. Das ist jetzt hier der Ort, darüber zu diskutieren, warum was wieso genauso beschlossen wurde, und auch einen kleinen Vorausblick zu geben auf das, was folgt, auf das, was vor uns liegt.
Das war Herr Bläsner für die FDP-Fraktion. Die Fraktion DIE LINKE hat auch noch Redebedarf. Frau Abg. Falken, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schreiber, vielleicht können Sie, falls Sie heute noch einmal von hier vorn reden sollten, Ihren Zwischenruf während der Rede der Kollegin Dr. Stange aufklären: „Denken Sie daran, was in acht Monaten passiert!“ Ich hoffe nicht, dass das eine indirekte Drohung war, wenn es um die Regierungsbeteiligung geht.
Ich habe den Eindruck, im Drohen sind Sie als CDUFraktion schon ganz gut. Sie können das nachher noch einmal laut richtigstellen; das würde mich sehr freuen. Ich glaube auch nicht, dass Frau Dr. Stange sich unter Druck setzen ließe. Aber gut.
Ich komme in der zweiten Runde auf einen speziellen Aspekt des Themas zu sprechen. Herr Schreiber, ich und meine Fraktion, wir waren im Sächsischen Landtag diejenigen, die sich intensiv eingebracht haben, damit die
staatlichen Schulen gestärkt werden. Ich habe das mehrfach hier im Parlament gesagt. Das wird nicht nur durch unsere Anträge deutlich, sondern ist auch an unserem Handeln klar und deutlich zu erkennen.
Wir kämpfen seit vielen Jahren – genauer: seit zwei Jahrzehnten – in diesem Landtag dafür, dass Schließungen staatlicher Schulen nicht so drastisch durchgeführt werden, wie sie leider durchgeführt worden sind. Viele Fragen und Probleme, die wir heute haben, hätten sich nicht gestellt bzw. wären lösbar.
Sie, insbesondere die CDU und die Staatsregierung – egal, mit wem die CDU die Koalition gebildet hat –, haben diese Situation erst hervorgerufen. Die vielen Schulschließungen, die es – auch noch im vergangenen Jahr! – gegeben hat, hätten nicht sein müssen. Wir hätten viele andere Probleme, die jetzt auftauchen, wesentlich früher lösen können, ja lösen müssen.
Gegen die Schulschließungspolitik dieser Staatsregierung ist meine Fraktion schon sehr, sehr lange. Sie wissen wie ich, dass auch im ländlichen Raum zahlreiche Schulen in freier Trägerschaft gegründet worden sind, auch im Ergebnis der Initiative von Eltern, weil sie die Schule vor Ort behalten wollten. Natürlich haben wir dazu Diskussionen geführt. In meiner Fraktion ist auch über die Normenkontrollklage intensiv diskutiert worden: Beteiligen wir uns? Beteiligen wir uns nicht? – Selbstverständlich war das für uns ein wichtiges Thema.
Jetzt komme ich auf das zurück, worum es uns allen, die wir hier sitzen, gehen muss: Es muss uns um die Schülerinnen und Schüler gehen, ob sie an einer staatlichen Schule oder an einer Schule in freier Trägerschaft lernen. Es geht doch nicht per se um die Institution dahinter, sondern um die Schüler.
Ich möchte Folgendes noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen: Mir und meiner Fraktion geht es auch um die Erfüllung der Vorgaben der Sächsischen Verfassung. Diese ist ein hohes Gut. Wir haben heute Vormittag gerade aus der Fraktion der CDU mehrere Abgeordnete gehört, die betont haben, wie wichtig ihnen die Sächsische Verfassung sei. Es kann aber nicht sein, dass sich die CDU immer die Punkte, von denen sie meint, sie seien wichtig, heraussucht, während die Vorgaben, die sie für nicht so wichtig hält, nicht mehr erfüllt werden. Es geht hier im Freistaat Sachsen und in diesem Hohen Haus darum, dass die Sächsische Verfassung umgesetzt wird. Der Verfassungsgerichtshof hat Ihnen von der Koalition mitgeteilt, dass Sie genau das in Größenordnungen nicht getan haben.
Herr Bienst, ich muss Ihnen das noch einmal vorhalten. Ihre Presseerklärung hat auch mich ziemlich hochgebracht. Sie fordern dazu auf, „die ausgestreckte Hand der Staatsregierung“ anzunehmen und „das erzielte Ergebnis zu akzeptieren“. Die Staatsregierung ist nach unserer Auffassung in einer Bringepflicht. Wir müssen keinen ausgestreckten Arm festhalten. Ich wiederhole: Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist die Staatsregierung in einer Bringepflicht. Von einer „Bettelpflicht“
Wir haben das nicht nachgerechnet, aber die Summe, die Sie heute genannt haben – wir haben uns bei den freien Trägern und den Elternvertretern informiert –, müssten Sie über die Sachkosten ohnehin bezahlen. Dazu hätten Sie kein Urteil des Verfassungsgerichtshofes gebraucht. Die entsprechenden Kosten fallen schon seit 2011 an. Die freien Träger hätten sich das für einen bestimmten Zeitraum individuell schon eingeklagt. Vorhin war aus der Koalition zu hören: Wir machen es doch! Nein, Sie werden immer nur dann tätig, wenn es eine entsprechende Klage gibt; ansonsten machen Sie in diesem Bereich gar nichts.
Ja, sofort. – Ich bin total entsetzt darüber, dass Sie die freien Träger aufgefordert haben – sie mussten das sogar unterschreiben –, die laufenden Verfahren ruhen zu lassen. Sie zwingen die freien Träger in die Friedenspflicht. Wir haben Wahlen in Sachsen. Schon die Lehrerinnen und Lehrer an den staatlichen Schulen haben Sie in die Friedenspflicht gezwungen. Ich wiederhole: Sie zwingen die freien Träger jetzt, vor den Wahlen, noch einmal.
Es geht Ihnen doch nicht um die Schülerinnen und Schüler, sondern es geht Ihnen um Ihr Wahlergebnis, um nichts anderes.