Es geht Ihnen doch nicht um die Schülerinnen und Schüler, sondern es geht Ihnen um Ihr Wahlergebnis, um nichts anderes.
(Beifall bei den LINKEN – Patrick Schreiber, CDU: Die GEW lässt sich doch nicht zwingen! Würde sich die GEW zwingen lassen? Das ist doch Quatsch! Als ob sich die GEW zwingen lassen würde – ich lache mich tot!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Glück gibt es noch unabhängige Instanzen wie den Verfassungsgerichtshof und Gewerkschaften.
Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen. Von Rednern der Koalition ist mehrfach behauptet worden, dass man nicht anders handeln könne, weil wir einen beschlossenen Haushalt haben. Wenn der Verfassungsgerichtshof nicht so gnädig gewesen wäre, eine Frist bis Ende 2015 zu setzen – auch dann werden wir übrigens mitten in einer Haushaltsperiode sein –, hätte der Landtag einen Nachtragshaushalt beschließen bzw. das übliche Verfahren wählen müssen; das wissen Sie genauso gut wie ich. Es gäbe also insoweit keinen Haushaltsvorbehalt, wir hätten
das umsetzen müssen. Gleiches betrifft die Nachzahlungspflicht für die ausgebliebene Anpassung der Sachkostenerstattung. Auch in diesem Punkt hätte der Haushalt gegebenenfalls angepasst werden müssen.
Um auch das noch einmal zu verdeutlichen – Annekathrin Giegengack hat schon darauf hingewiesen –: Die 35 Millionen Euro splitten sich in 10 Millionen Euro und 25 Millionen Euro. Ich weise darauf hin, dass die 25 Millionen Euro in der Vereinbarung unter Haushaltsvorbehalt stehen; es wird nämlich der nächste Doppelhaushalt berührt. Wir werden genau prüfen, ob die 25 Millionen Euro dann wirklich zusätzlich in den Haushalt eingestellt oder mit den Gesamtkosten verrechnet werden.
Die „Gnade“, dass die Schulen im vierten Jahr der Wartezeit das Übergangsgeld erhalten, ist schon zu dick aufgetragen. Die Schulen bekommen nämlich ansonsten gar nichts, sondern erhalten nur das Geld aus der Übergangszahlung. Das vierte Jahr Wartezeit bedeutet für die Schulen eine Bürde, die ihnen mit den Kürzungen auferlegt worden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eine Reihe von Kosten, die mit der Nachzahlung nicht abgedeckt werden können und nicht abgedeckt werden sollen. Es hätte auch keiner Vereinbarung mit den freien Schulen bedurft; die Staatsregierung hätte handeln können. Das möchte ich sehr deutlich sagen, weil die freien Schulen durchaus unter Druck gesetzt worden sind, diesen Kompromiss anzunehmen.
Ich stimme Kollegin Falken zu, wenn Sie darauf hinweist, dass es ausschließlich darum geht, Ruhe an der Front zu haben – an der Front der freien Schulen wie an der Front der Lehrkräfte. Es musste ein Kompromiss her. Die Staatsregierung hätte aber einfach handeln können, wenn sie das gewollt hätte; in diesem Fall hätte sie sogar handeln müssen.
Ich möchte an dieser Stelle einen kleinen Sprung zu dem Gesetz vollziehen. Sie alle wissen: Auch wenn das Gesetz jetzt vorbereitet wird, so unterfällt es doch der Diskontinuität. Es gibt einen Bruch, da die Legislaturperiode endet. Nach Beginn der neuen Legislaturperiode fangen wir ohnehin mit dem Gesetzgebungsverfahren neu an. Die Staatsregierung hat keine Chance, den Gesetzentwurf vor dem Ende dieser Legislaturperiode einzubringen; wenn sie ihn einbringt, unterliegt er dem Bruch. Wir müssen in jedem Fall neu damit beginnen.
Entscheidend ist, dass jetzt wichtige Vorarbeiten geleistet werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, dass die freien Schulen bzw. deren Träger in das Gesetzgebungsverfahren eng eingebunden werden. Sie müssen dann angehört werden, wenn der Gesetzentwurf der Staatsregierung auf dem Tisch liegt. Sie sollen ihr Anhörungsrecht wahrnehmen können.
Wenn sie jetzt einbezogen werden, was für die Dialogbereitschaft spräche, dann könnte es nur in unser aller Sinne sein, dass sie ihre Sachkompetenz zur Verfügung stellen. Es kann aber nicht wieder um einen Kompromiss gehen,
Lassen Sie mich noch auf Folgendes hinweisen – das sage ich auch mit Blick auf die GRÜNEN, auch wenn wir im Zusammenhang mit der Normenkontrollklage Seite an Seite gegangen sind –: Wenn wir uns die erforderliche Neuberechnung anschauen, stellen wir fest: Es geht um eine dreistellige Millionensumme. Wir reden über einen Aufschlag von mindestens 50 % auf das, was die freien Schulen heute an Finanzmitteln in ihrem Budget haben. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Wir müssen uns, was das angeht, auch in der nächsten Legislaturperiode, insbesondere in den nächsten Haushaltsverhandlungen, in die Augen schauen können.
Es geht nicht nur um das Thema Schulgeldersatz, sondern auch – das hat das Verfassungsgericht deutlich gesagt – um die rückwirkende Finanzierung der Ausfälle für die drei bzw. vier Jahre Wartezeit. Auch das muss in die Neufinanzierung mit aufgenommen werden.
Ich erinnere an das große Feld der berufsbildenden Schulen, die in der Diskussion bisher noch wenig Berücksichtigung gefunden haben, die aber eigentlich den größten Brocken ausmachen, wenn wir über die Finanzierung der freien Schulen reden.
All dies will ich schon einmal gesagt haben, damit wir in der nächsten Legislaturperiode wissen, worauf wir uns einlassen, wenn wir ein neues Gesetz beschließen und im Haushalt ausfinanzieren.
Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern noch ein paar Ausführungen dazu machen, weshalb die freien Schulen große Bedenken hatten, dieses Angebot von 35 Millionen Euro anzunehmen. Es wurde schon angedeutet: Die 35 Millionen Euro decken noch nicht einmal die notwendige Anpassung der Sachkostenpauschale ab. Es ist bei den Verhandlungen deutlich geworden, dass die Gebäudekosten darin nicht enthalten sind. Da wäre die Summe viel größer gewesen. Das heißt, mindestens 70 Millionen Euro hätte es bedurft, um nur allein die Sachkosten auf einen angemessenen Stand zu bekommen. Es wurde auch keine Differenzierung zwischen den Schularten vorgenommen. Die 35 Millionen Euro werden pro Schüler ausgezahlt. Hier sind besonders die Grundschulen benachteiligt. Sie wissen, die Sachkosten entsprechen 25 % der Personalkosten; die Personalkosten richten sich nach der Eingruppierung im
staatlichen Schulsystem. Dementsprechend stehen die Grundschulen bei den Sachkosten schlechter da. Indem man das Geld einfach pro Kopf auszahlt, egal an welcher Schule, sind die Grundschulen benachteiligt.
In der Förderrichtlinie wurde keine Differenzierung in Bezug auf Schulen vorgenommen, die sich in schwierigen Stadtteilen befinden. Das heißt, Schulen, die besonders viel Schulgeldersatz aufgrund ihrer Schülerschaft beantragen konnten, der jetzt weggefallen ist, bekommen nur pro Kopf das Geld ausgereicht und hätten eigentlich mehr gebraucht.
Es wurde schon angesprochen, dass Schulen in der Wartefrist nicht berücksichtigt wurden. Diese bekommen jetzt Geld aus der Übergangsregelung, ansonsten bekommen sie gar nichts, bis ein neues Gesetz in Kraft tritt. Auch die Ausweisung der Hälfte des Geldes als Investitionsmittel habe ich vorhin schon angesprochen. Es gibt keinen offiziellen Verzicht von einer möglichen Verzinsung der Rückzahlungen. Das ist ein Damoklesschwert, welches über den freien Schulen schwebt. Wenn sie jetzt Fördermittel aus dieser Förderrichtlinie beantragen und dann irgendetwas nicht klappt, werden die Fördermittelrückzahlungen möglicherweise auch noch verzinst. Das kann einigen kleineren Schulen durchaus schwer zu schaffen machen.
Wir dürfen uns nichts vormachen: Die freien Schulen haben dieses Angebot angenommen, weil sie sich in einer Zwangslage befinden. Hinter vorgehaltener Hand wurde von Erpressung gesprochen: „Wenn wir das nicht annehmen, bekommen wir gar nichts.“ Damit hätten einige Schulen so ein großes Problem, dass sie vielleicht nicht überleben.
Doch nicht nur die freien Schulen befinden sich in einer Zwangslage, wenn sie das annehmen. Vielleicht sollte der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion jetzt zuhören. Auch der Freistaat befindet sich zunehmend in einer Zwangslage in Bezug auf die freien Schulen, denn durch die Einsparungen und Kürzungen wurde eine Bugwelle finanzieller Verpflichtungen aufgestaut, die, sollte das Gesetz tatsächlich rückwirkend gelten, kaum mehr haushalterisch darstellbar sein wird. Frau Stange hat angedeutet, dass es hier um dreistellige Millionenbeträge geht.
Wenn die CDU-Fraktion sich immer hier hinstellt und arrogant und abschätzig über das dilettantische Finanzgebaren anderer Bundesländer ablästert, ganz besonders gern über NRW, sollte sie sich bewusst sein, dass sie mit ihrer Bildungspolitik unseren Freistaat hoch verschuldet, sicher nicht bei Banken und Kreditinstituten, sondern vielmehr bei den Eltern und Schülern der freien Schulen. Ich muss sagen, dass ich das persönlich viel verwerflicher finde.
Meine Damen und Herren! Damit ist die zweite Runde beendet. Wünscht noch jemand eine dritte Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen.
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort, dann CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Klepsch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Jugendliche auf der Besuchertribüne! Hilfe für die Jugendhilfe fordern wir heute – –
Frau Klepsch, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie das Gespräch bitte zu den Abgeordneten führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schreiber! Hilfe für die Jugendhilfe fordern wir als LINKE, und ich sage Ihnen, Herr Schreiber, die Debatte ist hochaktuell. Sie wissen selber ganz genau, dass es seit November 2013 ein jugendpolitisches Positionspapier der zehn Landräte gibt. Die Sozialdezernenten der Landkreise haben sich erst in der vergangenen Woche zu ihrer Klausur getroffen und darüber beraten, was die Landkreise in den nächsten Jahren vom Freistaat zu erwarten haben, um die Kinder- und Jugendhilfe angemessen ausgestalten zu können.
Wir haben diese Aktuelle Debatte ganz bewusst heute angemeldet, damit die Diskussion, wo es mit der Jugendhilfe in Sachsen hingehen soll, öffentlich geführt werden kann. Es ist ja auch kein Geheimpapier, und ich bin sehr gespannt, wie sich die Kollegen von der Koalition heute verhalten werden. Vielleicht fühlen sie sich etwas unwohl dabei, dass wir das Thema ans Licht der Öffentlichkeit
gezerrt haben, aber ich bin wirklich gespannt, ob Sie Ihren eigenen Parteikollegen aus der CDU zur Seite stehen oder ob die Probleme wie so oft in diesem Haus wegdiskutiert werden und gesagt wird, es ist doch alles prima im Freistaat.
Ich will jetzt einzelne Punkte nennen, warum wir diese Debatte für wichtig halten, auch wenn wir nicht alle Forderungen in dem Positionspapier der Landräte teilen. Ein wesentlicher Punkt ist die Kürzung der Jugendpauschale um ein Drittel. Das war vor genau vier Jahren. Die Auswirkungen sind heute in den Landkreisen zu besichtigen. Meine Kollegin aus dem Landkreis Görlitz wird nachher noch dazu ausführen.
Ein zweiter wesentlicher Punkt und Kostenfaktor sind die Kita-Betriebskosten. Diese steigen kontinuierlich. Es ist gut, dass wir den Rechtsanspruch haben. Es ist auch gut, dass fast alle Kinder in Sachsen eine Kindertageseinrichtung besuchen und besuchen können, aber die Pauschale, die der Freistaat dafür zur Verfügung stellt, liegt seit fast zehn Jahren konstant bei 1 800 Euro plus 75 Euro für das Vorschuljahr.
Ich will Ihnen Zahlen im Einzelnen nennen. Im Jahr 2000 hat die kommunale Ebene 581 Millionen Euro für die Kosten der Kindertagesbetreuung aufgewendet. Im Jahr 2011, also vor drei Jahren, waren es schon 1,16 Milliarden Euro. Das heißt, wir haben es fast mit einer Verdoppelung der Kita-Kosten zu tun. Der Freistaat ist hier gefordert.
Ein weiterer wesentlicher Kostenfaktor ist ein bundesweites Problem, aber auch wir haben damit zu tun, obwohl wir in den letzten Jahren sinkende Zahlen an Kindern und Jugendlichen haben, die in der Begründungslogik auch für die Kürzungen in der Jugendhilfe standen. Das sind die Hilfen zur Erziehung. Auch hier will ich Ihnen Zahlen nennen. Im Jahr 2000 hat die kommunale Ebene noch 168 Millionen Euro für die Hilfen zur Erziehung aufgewendet, also für sozialpädagogische Familienhilfe, für ambulante Einzelfallhilfe und auch für die stationäre Unterbringung. Im Jahr 2011 waren es bereits 200 Millionen Euro, und die Kostenschraube dreht sich weiter.
Ein weiterer Punkt ist – und das benennen die Landräte auch deutlich –, dass wir eine ganze Reihe von blumigen Modellprojekten haben, die richtig sind, wenn es darum geht, innovative Lösungsansätze auszuprobieren, die aber keine grundsätzliche Finanzierung der einzelnen Leistungsarten in der Jugendhilfe ersetzen können. Eine ganze Reihe dieser Projekte ist aus EU-Geldern finanziert, und wir wissen alle, wie holprig der Übergang von der alten ESF-Periode in die neue ESF-Periode, die in diesem Jahr startet, gewesen ist. Daraus ergibt sich eines der zu diskutierenden Probleme: dass es nämlich keine Planungssicherheit für die Projekte gibt.
Das sieht man ganz deutlich im Bereich der Schulsozialarbeit. Diese fehlende Planungssicherheit, die Jahresverträge und die prekäre Beschäftigung bei den pädagogischen Fachkräften führen wieder zu negativen Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit in den Schulen, in der
Schulsozialarbeit, aber auch in anderen Projekten; denn da reden wir von Beziehungsarbeit, und jemand, der weiß, dass er nur noch ein halbes Jahr da sein wird, der sucht sich irgendwann eine andere Arbeitsstelle. Für die Jugendlichen, gerade diejenigen, die unsere Unterstützung besonders brauchen, ist ein Beziehungsabbruch das Problem.
Die von mir genannten Punkte sind also kein sozialpolitisches Gejammer der LINKEN oder Besitzstandswahrung von Sozialpädagogen, sondern der Landkreistag hat dieses Papier vorgelegt, und die Landkreise sind am Ende ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Ich werde in der zweiten Runde noch auf einige Punkte eingehen, insbesondere auf die Antworten der Kultus- und der Sozialministerin.