Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht ist. – Jawohl. Frau Staatsministerin Clauß, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Selten gibt es so viel Übereinstimmung wie bei diesem Thema. Seit Jahren gibt es auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Anstrengungen und Ansätze, Schulsozialarbeit an und auch in Schulen zu etablieren. Die größte Herausforderung dabei ist die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung.

Schulsozialarbeit gilt als ein wichtiges Scharnier zwischen der Schule als Einrichtung für Bildung und Erziehung und der Familie und dem Gemeinwesen für gelingende Bildungsbiografien von Kindern und Jugendlichen. Mit ihrer Verortung in der Kinder- und Jugendhilfe wird die fachliche, unabhängige und anwaltschaftliche Position der Schulsozialarbeit für junge Menschen auch klargestellt. Damit das Ganze vor Ort auch funktioniert, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unerlässlich.

Kinder und Jugendliche in ihren Lebenslagen zu unterstützen ist der Kern von Sozialarbeit. Sie ist aber auch nur dort angezeigt, wo aufgrund von Auffälligkeiten oder Schwierigkeiten Entlastungen erforderlich sind. Darüber entscheidet allerdings nicht der Freistaat Sachsen, sondern darüber entscheiden die jeweiligen Träger vor Ort im Rahmen ihrer Aufgabenstellung und Verantwortlichkeit. Das Land unterstützt und begleitet diese Maßnahmen und Angebote über mehrere Schienen: erstens über die Jugendpauschale. Seit 2010 werden jeweils 25 % dieser Pauschale für den Bereich der Jugendsozialarbeit durch

die Jugendämter eingesetzt. Das sind mit der kommunalen Beteiligung über 5 Millionen Euro pro Jahr.

Die Konsolidierung, der Ausbau und die qualitative Weiterentwicklung dieses Handlungsfeldes werden von mir und auch von meiner Kollegin Kurth gleichermaßen befürwortet; selbstverständlich sind wir dazu auch im Kontakt. Auch wenn sie nicht da ist, so kann ich Ihnen das hier versichern, und Sie brauchen uns nicht dazu aufzufordern.

Das Sozialministerium hat dazu beispielsweise das Rahmenkonzept chancengerechte Bildung erarbeitet. Eine ergänzende Landesförderung ist so im Rahmen der Richtlinie Weiterentwicklung möglich, wie wir schon gehört haben, und wurde 2013 mit rund 500 000 Euro pro Projekt in acht Gebietskörperschaften mit 19 Fachkräften umgesetzt.

Wichtig ist, dass die Projekte dann auch vor Ort in der Jugendhilfeplanung verankert sind. Eine weitere Möglichkeit besteht über die ESF-Richtlinie des Sozialministeriums. Hier wurde in Abstimmung mit den kommunalen Gebietskörperschaften ein Programm zur Kompetenzentwicklung von Schülern aufgelegt – bereits ab Klasse 7 und nicht nur für die berufsbildenden Schulen.

Das Programm beinhaltet insbesondere die Installierung von Projekten sowie den Einsatz von Koordinierungsstellen. Mittlerweile konnten hier 150 Vorhaben mit einer Summe von circa 16 Millionen Euro bewilligt werden. Dafür wurden zur Unterstützung in elf Gebietskörperschaften auch die Koordinierungsstellen eingerichtet.

Auch zukünftig sehe ich hier einen Schwerpunkt. Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, besteht die Möglichkeit der Verlängerung der Vorhaben bis Ende dieses Jahres. Dies gilt für die Koordinierungsstellen und für die Umsetzungsprojekte auf Antrag.

Einige Gebietskörperschaften haben nach unserem Kenntnisstand auch die Möglichkeit genutzt, zusätzliche Stellen über die Mittel vom Bund neben dem Bildungs- und Teilhabepaket zu schaffen. Auch hier haben wir nochmals konstatiert, dass diese Bundesförderung bis 31.12.2013 befristet war.

Sehr wohl setze ich mich auf Bundesebene für eine weitere Förderung ein; denn für eine quantitative und qualitative Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit

bedarf es einer gemeinsamen verantworteten und langfristigen Strategie. Hier sehe ich die Kommunen, die Länder und den Bund in einer gemeinsamen Verantwortung. Die Staatsregierung wird dieser Verantwortung weiter nachkommen. Das spiegelt sich auch in der Aufstellung des Doppelhaushaltes der kommenden Jahre hier bei uns im SMS wider. Ich hoffe bereits heute auf Ihre Unterstützung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion SPD; Frau Abg. Neukirch, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir so viel Zuspruch zu unserem Anliegen bekommen haben, und möchte noch einmal auf ein, zwei Punkte eingehen.

Herr Schreiber, wir haben die Kosten nicht irgendwie verschweigen wollen, sondern wir haben einfach die Protokolle der letzten Plenarsitzung gelesen; und Herr Kupfer hat bereits 2011 in seiner Rede darauf hingewiesen, dass sich der Kostenrahmen in der Größenordnung von ungefähr 83 Millionen Euro darstellen wird. Von daher war es keine Absicht, das zu verschweigen. Wir haben einfach gedacht, es ist damit klar, über welche Größenordnung wir sprechen.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Zu der Bedarfsfeststellung. Wir wissen, dass die Bedarfe auch derzeit höher sind, als Schulsozialarbeit in Sachsen geleistet wird, und wir erhalten die Rückmeldung von den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, dass, wenn sie in Brennpunkte geschickt werden – quasi als „Feuerwehr“ –, der Einsatz meist etwas zu spät kommt und dass es notwendig ist, an Stellen anzufangen, an denen wir den Bedarf vielleicht noch nicht sehen.

Deshalb werden wir uns dafür einsetzen – ähnlich, wie es Herr Bläsner formuliert hat –, Schulsozialarbeit als Grundbedingung eines gelingenden Bildungssystems in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe zu definieren. Das unterscheidet uns im Ansatz. Wir müssen die Zersplitterung der Fördersysteme überwinden. Es ist keine Errungenschaft, wenn wir vier oder fünf verschiedene Förderrichtlinien haben. Wir müssen zu solch einer gemeinsamen Aufgabe, zu solch einem gemeinsamen Konzept kommen, und dann, Frau Giegengack, werden wir vielleicht auch die Nachhaltigkeit und die langfristig planbare Finanzierung von Schulsozialarbeit bekommen.

Wir bleiben dabei, dass wir den Anspruch einer jeden Schülerin, eines jeden Schülers auf Schulsozialarbeit festschreiben wollen. Wir bleiben dabei, dass das Land eine zentrale Rolle dabei spielt – Stichwort: Bundes-, Landes- und europäische Finanzierung –, Kommunen zusammenzuführen und ein Konzept vorzulegen. Wenn wir diesbezüglich im nächsten Doppelhaushalt Ergebnisse finden, werden wir uns freuen; wir werden sie sicher nicht ablehnen. Ich bitte trotzdem noch einmal: Überlegen Sie es sich. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, wenn Sie doch alle dieses Anliegen teilen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es gibt noch einen Änderungsantrag. Frau Giegengack, ich muss Sie fragen: Sie hatten ihn schon

eingebracht? – Gut. Möchte noch jemand dazu das Wort ergreifen? – Bitte, Frau Klepsch; Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Ich will noch kurz den Änderungsantrag für meine Fraktion kommentieren.

Zu dem ersten Punkt, Schulsozialarbeiterstellen überall dort einzurichten und zu finanzieren, wo der Jugendhilfeplan einen Bedarf ausweist: Das trägt zwar dem Gesetzgeber Rechnung, dass die Jugendhilfeplanung eine kommunale Angelegenheit ist. Gleichzeitig haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass die Planung an vielen Stellen nach dem vorhandenen Geld erfolgt und nicht aufgrund der entsprechenden Bedarfe. Deswegen werden wir uns bei dem ersten Punkt enthalten. Dem zweiten Punkt werden wir aber zustimmen.

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Giegengack, Sie haben den Antrag schon eingebracht.

Ich möchte im Interesse der LINKEN noch eine punktweise Abstimmung beantragen, sonst kann man nämlich nicht unterschiedlich abstimmen.

Gut. – Es ist punktweise Abstimmung zum Änderungsantrag Drucksa

che 5/13997 beantragt. Wer Punkt 1 zustimmt, der hebe jetzt die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Wer enthält sich? – Danke sehr. Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und vielen Stimmen dagegen ist dem Punkt 1 nicht zugestimmt worden.

Ich lasse über Punkt 2 abstimmen. Wer stimmt ihm zu? – Danke. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat auch dieser Punkt nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Meine Damen und Herren, damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über die Drucksache 5/13882. Wer ihr zustimmen möchte, der hebe bitte die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke. Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat dieser Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 13

Kultur des Wegschauens in Sachsen beenden –

rechtsextremistische Tatmotivationen aufdecken

Drucksache 5/13866, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: Zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, anschließend

CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Jennerjahn; bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jüngst hat die RAA Sachsen, die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, ihre Statistik für das Jahr 2013 vorgelegt. Demnach hat es 223 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe im Freistaat Sachsen gegeben, von denen 319 Menschen direkt betroffen waren.

Das sind dramatische Zahlen, insbesondere wenn wir uns vor Augen halten, dass es im Jahr 2012 noch 155 Angriffe waren, wir also innerhalb von einem Jahr einen Anstieg von rund 45 % bei rassistischen Gewalttaten zu verzeichnen haben.

(Holger Szymanski, NPD: Wer soll das glauben?)

Rechte Gewalt – so der traurige Befund – ist also alltäglich in Sachsen. Seit Jahren gibt es aber auch das Phänomen, dass die offiziellen Statistiken deutlich weniger

rechtsextreme Straftaten ausweisen, als sie von unabhängigen Stellen wie der RAA registriert werden.

So weist die Polizeiliche Kriminalstatistik im Bereich der politisch motivierten Kriminalität – Rechts – lediglich 58 Fälle für das Jahr 2012 aus. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Zum einen ist das Phänomen weitverbreitet, dass rechte Gewalttaten nicht zur Anzeige gebracht werden – sei es aus Angst, sei es aus der Einstellung heraus, dass das ohnehin nichts bringe. Es gibt aber auch ein gerüttelt Maß an Misstrauen in staatliche Behörden; denn nicht wenige Opfer rechter Gewalt haben auch schon negative Erfahrungen mit der Polizei gemacht.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Sie halten jetzt einfach mal den Mund da drüben! Sie haben qualitativ nichts zum Thema beizutragen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall bei der SPD – Lachen bei der NPD)