Protokoll der Sitzung vom 13.03.2014

Eigentlich mag ich dieses Wort gar nicht mehr. Ich empfinde es als eine hohle Phrase. Keiner weiß so richtig, was dahinter steckt, was mit einer Willkommenskultur gemeint ist. Ich habe noch einmal nachgesehen. Was ich dazu auf der Seite des Innenministeriums gefunden habe, Herr Ulbig, ist das Leitbild, das Sie 2010 den Ausländerbehörden gegeben haben. Ich kann es mir nicht verkneifen, daraus kurz zu zitieren: „Sachsen braucht Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Wir haben damit begonnen, eine Willkommenskultur für diejenigen zu schaffen, die daran mitarbeiten, mit anpacken, dass Sachsen eine führende Region in Europa bleibt.“

Das finde ich bedauerlich, denn das schließt Leute aus. Das bedient diese Nützlichkeitsabwägung, und es spielt Migranten gegeneinander aus. Das darf nicht sein, denn wenn Leute protestierend vor Flüchtlingsunterkünfte ziehen, ist die Phrase Willkommenskultur ad absurdum geführt. Deshalb finde ich es gut, dass Sie erkannt haben, welcher Stellenwert der Kommunikation zukommt.

Ich betone nochmals, dass Kommunikation wichtig ist, um erstens dem Rassismus den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem offen und ehrlich mit den Einwohnern in Sachsen umgegangen und gesprochen wird. Das haben Sie angekündigt, und ich hoffe, dass Sie das auch umsetzen. Es muss zweitens auch antirassistisch kommuniziert werden, Rassismus muss benannt werden, und es muss für eine offene und plurale Gesellschaft geworben werden, dann wird es auch etwas. Das wünsche ich mir.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Klinger. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die CDU-Fraktion hätte noch Redezeit und die Staatsregierung 2 Minuten. Möchten Sie noch einmal 2 Minuten reden, Herr Staatsminis

ter? – Nicht mehr. Okay. Damit ist die 2. Debatte abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz über das Sächsische Architektengesetz und

zur Änderung des Sächsischen Ingenieurkammergesetzes, des

Sächsischen Ingenieurgesetzes sowie der Sächsischen Bauordnung

Drucksache 5/12243, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/13877, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die CDU-Fraktion beginnt die Aussprache. Herr Abg. Fritzsche, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das uns heute zur Beschlussfassung vorliegende Gesetz über das Sächsische Architektengesetz und zur Änderung des Sächsischen Ingenieurkammergesetzes, des Sächsischen Ingenieurgesetzes sowie der Sächsischen Bauordnung wurde dem Sächsischen Landtag als Gesetzentwurf der Staatsregierung am 24. Juni zugeleitet und am 26. Juni 2013 zur fachlichen Behandlung an den Innenausschuss überwiesen. Am 5. September 2013 wurde im Innenausschuss eine öffentliche Anhörung zum vorliegenden Artikelgesetz für den 12. September beschlossen. Am 13. Februar war die abschließende Befassung im Innenausschuss. Diese Beschlussempfehlung, die dort gefasst wurde, ist Grundlage unserer heutigen Beschlussfassung hier im Plenum.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einige Worte zur öffentlichen Anhörung verlieren. Diese fand wie geplant am 12. Dezember statt. Fünf Sachverständige waren geladen, drei Sachverständige wurden dabei durch die CDU genannt. Einer musste dabei leider kurzfristig absagen. Er hat uns jedoch seine Stellungnahme am Anhörungstag schriftlich vorgelegt. Ein Sachverständiger war durch unseren Koalitionspartner FDP benannt worden, ein weiterer durch die Opposition.

Der Sächsische Landkreistag sowie der Sächsische Städte- und Gemeindetag beteiligten sich mit schriftlichen Stellungnahmen. Die Anhörung verlief in sehr sachlicher Atmosphäre. Wir haben uns dort neben vielen anderen inhaltlichen Dingen der geplanten Gesetzesänderung auch mit der Übertragung des Bestellungsrechtes für Sachverständige auf die Architektenkammer und Ingenieurkammer befasst. Das war ein Punkt unter weiteren.

Es war für mich daher in der Folge schon ein wenig überraschend, mit welcher Heftigkeit die Debatte um das Bestellungsrecht nun geführt wurde. Im Hinblick auf das

Gesamtwerk des vorliegenden Artikelgesetzes ist dies durchaus zu bedauern, denn die Debatte um das Bestellungsrecht überlagert nun zentrale Inhalte der Gesetzesänderung. Daher möchte ich die Gelegenheit heute hier im Plenum nutzen, um Ihnen auch – und das im Licht der Einschätzung durch die Sachverständigen – die geplanten Gesetzesänderungen kurz vorzustellen, und werde mich dabei natürlich auf wesentliche Inhalte beschränken.

Für eine generelle Einschätzung möchte ich an dieser Stelle Herrn Furkert, den Präsidenten der Sächsischen Architektenkammer, zitieren, der zur Anhörung sagte: „Der vorliegende Entwurf löst bestehende Probleme, die im Laufe mehr als eines Jahrzehnts in der Anwendung erwachsen sind, nimmt dabei notwendige und sinnvolle Modernisierungen vor, wird in mindestens einem Punkt eine beispielhafte Ausstrahlung vom Freistaat Sachsen auf das gesamte Bundesgebiet haben, stärkt den Berufsstand der Architekten und Ingenieure sowohl in ihrer Stellung als auch in ihrer Verantwortung, stärkt die Selbstverwaltung der sächsischen Architekten und Ingenieure und stärkt last but not least den Verbraucherschutz als das nach außen wirkende Moment dieses Gesetzes.“

Als Reaktion und Anpassung an den Bologna-Prozess und somit infolge der Einführung von Bachelorabschlüssen wurde mit einer Konkretisierung der Anforderungen an den Studienabschluss – konkret wird das in der Anlage 1 zu § 5 Abs. 2 Nr. 2 des Sächsischen Architektengesetzes – reagiert.

Damit wird deutschlandweit erstmalig mit Gesetzeskraft eine Vorlage gemacht, bei der konkrete Anforderungen inklusive zugehöriger ECTS-Leistungspunkte im Studium erfüllt werden müssen, um eine entsprechende Eintragung als Architekt, Innenarchitekt, Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner zu erzielen. Es wird damit den Hochschulen eine klare Orientierung gegeben, was nötig ist, damit ihre Absolventen beispielsweise die Berufsbezeichnung

„Architekt mit Bauvorlagenberechtigung“ erwerben

Außerdem geht es in dem Gesetz auch um die Neuregelung der Berufspflichten und um sogenannte Löschungstatbestände. Mit der Änderung in § 14 wird die Architektenkammer Sachsen zur zuständigen Stelle nach § 117

Versicherungsvertragsgesetz. Das heißt übersetzt: Die Kammer wird verantwortlich für die Überwachung der Haftpflichtversicherung ihrer eigenverantwortlich tätigen Mitglieder. Damit wird der Verbraucherschutz deutlich gestärkt.

Auch die Fortbildungsverpflichtung der Architekten wird im Sinne der Verbraucher geregelt. Die Architektenkammer erhält außerdem die Ermächtigung zur Präqualifikation.

Für den Bereich der Ingenieure ist anzumerken, dass auch hier erste Konkretisierungen der Voraussetzungen zur Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ in § 1 im Sächsischen Ingenieurgesetz gemacht wurden. Dort wird nun – man muss sagen immerhin – eine Mindeststudiendauer von drei Jahren vorgeschrieben. Es gibt in diesem Bereich, das heißt der Formulierung der Studien- und Ausbildungsanforderungen an den Ingenieur, sicher noch einiges zu tun. In Zeiten von Bachelor und Master, in Zeiten des globalen Wettbewerbs muss es gerade in Sachsen, dem Land der Ingenieure, unser Ziel sein, den guten Ruf des Ingenieurs – und der verbindet sich nun einmal mit dieser Berufsbezeichnung – zu erhalten und weiter zu stärken.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus wurden auch die Anforderungen an den Beratenden Ingenieur konkretisiert. In Artikel 4 des Gesetzes, das heißt den Änderungen zur Sächsischen Bauordnung, wird in § 66 die Einführung des Qualifizierten Brandschutzplaners geregelt, was die Grundlage für die Regelungen im Sächsischen Architektengesetz und im Sächsischen Ingenieurkammergesetz – Führung der Liste der Qualifizierten Brandschutzplaner – darstellt.

Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP wurden in der Sitzung des Innenausschusses am 13.02. in der Hauptsache redaktionelle und rechtsförmliche Anpassungen vorgenommen. Eine wesentliche inhaltliche Änderung wurde dabei noch in Artikel 4, das heißt der Änderung der Sächsischen Bauordnung, vorgenommen. Dort wird ein § 86 ergänzt, welcher die gesetzliche Grundlage für die Bildung eines Oberen Gutachterausschusses bildet und gleichzeitig die Aufsicht über dieses Gremium regelt. Damit sind wir den Hinweisen der kommunalen Spitzenverbände und zahlreicher Sachverständiger gefolgt.

Es war mir wichtig, Ihnen an dieser Stelle auch einmal die inhaltliche Seite des vorliegenden Artikelgesetzes darzustellen.

Gestatten Sie mir nun, auf den Punkt zurückzukommen, der in den vergangenen Wochen die Debatte um das vorliegende Gesetz in der Öffentlichkeit bestimmt hat – die Übertragung des Bestellungsrechts für Sachverständige des Bauwesens und des Ingenieurwesens auf die Architektenkammer bzw. die Ingenieurkammer. In § 14 Abs. 1 Nr. 10 des Sächsischen Architektengesetzes bzw. in § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Sächsischen Ingenieurkammerge

setzes finden sich die entsprechenden gesetzlichen Regelungen.

Ich möchte nun nicht zu allen im Raum stehenden Einsprüchen gegen die getroffenen Regelungen Position beziehen; denn das würde jetzt den Rahmen sprengen. Zu vielen Einwendungen haben wir an anderer Stelle unseren Standpunkt bereits deutlich gemacht. Dennoch möchte ich einige wesentliche Überlegungen zum Thema „Bestellungsbefugnis für Sachverständige“ darstellen und unsere Entscheidung, wie Sie Ihnen im Gesetz vorliegt, begründen.

Wir folgen mit dem gewählten Modell dem Ansatz der Bündelung von fachlicher und rechtlicher Kompetenz. Das heißt, auch das Bestellungsrecht gehört zur fachlichen Kompetenz, oder einfacher ausgedrückt: Der Sachverständige gehört zum Sachverstand. Dieser Fach- und Sachverstand für die Architekten und Ingenieure liegt nun einmal bei den jeweiligen Berufskammern.

Wir sind vom Sinn einer vollumfänglichen fachlichen Betreuung der Berufsangehörigen bei allen Fragen der Berufsanerkennung, der Weiterbildung, der juristischen Berufsberatung bis hin zur Spezialisierung, zum Beispiel im Hinblick auf die Bauvorlagenberechtigung, auf den Qualifizierten Brandschutzplaner oder auch den Qualifizierten Tragwerksplaner und eben auch in Bezug auf die Sachverständigenbestellung und die Sachverständigentätigkeit überzeugt.

Durch die verabschiedete Novelle zum Sächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz im vergangenen Jahr wurde die Aufgabe der Ingenieurkammer Sachsen zur Anerkennung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ ab dem 1. Januar 2014 auf alle Berufsangehörigen, also In- und Ausländer – bisher waren dies nur die Angehörigen der EU-Staaten –, ausgedehnt. Man kann sagen: Die zuständige Behörde für alle Belange des Ingenieurs – und dazu gehört auch die Bestellung und die Arbeit der Sachverständigen – ist damit die Ingenieurkammer.

Außerdem wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Verwaltungsderegulierung angestrebt. Die bisher auf drei Bestellungskörperschaften der sächsischen Industrie- und Handelskammern verteilte Aufgabe wird künftig eine zentrale Anlaufstelle bei der Ingenieurkammer und der Architektenkammer erhalten. Bisher waren drei verschiedene Vorprüfungsausschüsse nötig. Künftig soll diese Aufgabe vom gemeinsamen Sachverständigenausschuss von Ingenieur- und Architektenkammer wahrgenommen werden.

Auch in der Praxis wird die Bestellung von Sachverständigen in den Bestellungsgebieten des Bauwesens und des Ingenieurwesens klarer, denn Architekten werden durch die Architektenkammer, Ingenieure durch die Ingenieurkammer und Antragsteller mit einem anderen Ausbildungshintergrund durch die Industrie- und Handelskammern bestellt. Ein Beispiel möchte ich dafür anführen. Dieses bezieht sich auf die Sachverständigen zur Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke.

Hier sind ganz verschiedene Ausbildungshintergründe denkbar: natürlich Architekten und Ingenieure, aber auch Juristen, Immobilienkaufleute, Betriebswirte, auch erfahrene Immobilienmakler. Nun ist es aus Sicht des Verbrauchers jedoch entscheidend, an den für die Bewertungsaufgabe bestgeeigneten Sachverständigen zu geraten. In der Aufgabe ist dabei die Kernfrage, ob es eher um den reinen Marktwert des bebauten oder unbebauten Grundstückes geht. Dann würde ich einen Vorteil beispielsweise bei markterfahrenen Immobilienkaufleuten sehen. Oder geht es stärker um einen Substanzwert? Dann dürften aus meiner Perspektive eher Architekten und Ingenieure gefragt sein.

Die öffentliche Vereidigung und Bestellung von Sachverständigen bzw. deren Weiter- und Fortbildung ist bundesweit einheitlich durch das Institut für Sachverständigenwesen geregelt, in dem sowohl Ingenieur- als auch Architektenkammer Sachsen sowie natürlich die Industrie- und Handelskammern Mitglied sind. Der Bestellungsvorgang gliedert sich im Wesentlichen in die Feststellung der persönlichen und fachlichen Eignung, den Nachweis der besonderen Fachkunde sowie den formellen Bestellungs- und Vereidigungsakt. Die Standards der Sachverständigenbestellung bleiben dabei gewahrt.

Auch bei der neuen Zuständigkeit in der Sachverständigenbestellung bleiben die bei jedem Verwaltungsakt bestehenden Möglichkeiten der Erhebung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen selbstverständlich bestehen.

Abschließend möchte ich noch auf das Argument einer möglichen Benachteiligung sächsischer Sachverständiger eingehen. Es ist festzuhalten, dass der Sachverständige in der Regel für fünf Jahre bestellt wird. Eine bereits erfolgte Bestellung durch die IHK soll auch ausgefüllt werden. Es ergibt sich somit ein Übergangszeitraum, da nicht alle Sachverständigen unmittelbar neu zu bestellen sind. Die Berufskammern haben auch ein Angebot zur gegenseitigen Aufnahme der Sachverständigen in ihren jeweiligen Listen unterbreitet bzw. ist das über das bundesweite Verzeichnis der Bundesingenieurkammer bereits gelebte Praxis; denn man gerät sowohl durch einen Link auf der Website der Bundesingenieurkammer, als auch wenn man direkt über den Deutschen Industrie- und Handelskammertag geht, auf die gleiche Suchmaske für Sachverständige. Also es erfolgt bereits eine entsprechende Listung.

Klauseln in Verträgen, die auf die Sachverständigen der IHK Bezug nehmen, müssen doch auch die Sachverständigen der Ingenieur- und Architektenkammer einschließen; denn es kann ja nicht angehen, dass die Bestellungskörperschaft zum Bestellungskriterium gemacht wird und eben nicht die öffentliche Bestellung und Vereidigung.

Die Notarkammer Sachsen wurde in diesem Zusammenhang durch die Ingenieurkammer Sachsen in das aktuelle Gesetzesvorhaben eingebunden. Sie versichert, dass für Neuverträge die entsprechenden Klauseln umgehend auf die neue Gesetzeslage angepasst werden. Dabei hilft zur Information natürlich auch die bundesweite Vernetzung

dieser Berufskammern, auch im Blick auf die Rechtsanwaltskammer.

In einem Übergangszeitraum bis zur genannten Wiederbestellung, das heißt turnusmäßig aller fünf Jahre, sind die vorhandenen Sachverständigen ohnehin noch bei den Industrie- und Handelskammern gelistet. Da allen nach getätigten Aussagen an einem funktionierenden Sachverständigenwesen gelegen ist, erscheint die angeblich angedrohte Streichung der sächsischen Sachverständigen aus dem bundesweiten Verzeichnis der IHK-Sachverständigen nicht ziel- und auch nicht sachgerecht.

Die in der Bundesingenieurkammer zusammengeschlossenen Ingenieurkammern unterhalten seit einigen Jahren ein bundesweites Ingenieurregister, in dem die Ingenieure und deren Qualifikation aufgeführt und auch für die Allgemeinheit in sehr guter Form recherchierbar sind. Die Ingenieurkammer ist dem europäischen BinnenmarktInformationssystem (IMI) angeschlossen. Auch dort werden künftig die gelisteten Ingenieursachverständigen sowohl beraten als auch bekannt gemacht.