Behindertenkonvention, die Frage der Definition unser verfassungsmäßig garantierten Lernmittelfreiheit, die inhaltliche Fortentwicklung unserer Mittelschule zur Oberschule und sicherlich auch noch einige andere Themen mehr. Dieser Verantwortung, ja, diesem Anspruch werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode stellen.
Umso verständlicher ist es, dass wir Ihren Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, ablehnen werden. Nicht nur, dass Sie wenige Tage nach der Vorlage des Konzeptes durch Staatsministerin Kurth und Staatsminister Kupfer versucht haben, politisch Honig aus dieser fachlichen Vorlage der Staatsregierung zu ziehen,
Sie haben auch einen unausgegorenen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der zudem handwerklich schlecht gemacht ist und bildungspolitische Holzwege beschreitet. Es tut mir leid, aber anders kann ich den im Gesetzentwurf vorgesehenen jahrgangsübergreifenden
Gut gemachte Schule mit dem Fokus auf die beruflichen Perspektiven der Schülerinnen und Schüler ist unser Anspruch. Ihn legen wir als Messlatte auch an ein neues Schulgesetz. Wir stehen für Stabilität und qualitative Weiterentwicklung unseres gegliederten sächsischen
Schulsystems. Dies werden wir in der kommenden Legislaturperiode mit der Vorlage einer ausgewogenen, durchdachten und langfristig wirksamen Schulgesetznovelle beweisen. Ich habe bereits darauf hingewiesen. Sie sind herzlich dazu eingeladen, sich in diesen Diskussionsprozess einzubringen und uns bei der Sicherung guter Schule in allen Regionen unseres Freistaates zu unterstützen.
Lieber Herr Bienst, vielen Dank für das Angebot, an der neuen Schulgesetznovelle mitarbeiten zu können. Ich komme nach dem 31. August darauf zurück. Vielleicht bekommen wir ja etwas Vernünftiges hin.
Zum Antrag: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns mittlerweile darüber einig, dass das Thema Schulsterben ein Ende haben muss. Die Moratorien, die wir in schöner Regelmäßigkeit auf den Tisch bekommen, zeigen, dass auch die Koalition offenbar verstanden hat, dass Bürgermeister, Schulgemeinde, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler Sicherheit haben müssen, und zwar nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch in den Oberzentren und den urbanen Räumen.
Von daher ist es in der Tat überfällig, dass wir endlich an das Schulgesetz herangehen und die Hürden, die darin aufgebaut werden, fallen lassen. Lieber Herr Bienst, die Landkreise und die Großstädte warten sehnsüchtig darauf, dass ihre harte Arbeit in den Schulnetzplänen endlich im Kultusministerium abgesegnet wird; denn diese liegen seit einigen Jahren dort und die Landkreise bzw. die großen Städte kommen in der Schulnetzplanung nicht weiter, da das Kultusministerium aufgrund der Moratorien und der unsicheren Gesetzeslage derzeit nicht agieren kann.
Das ist für Städte, zum Beispiel Dresden und Leipzig, aber auch für die Oberzentren, die ja nicht unter das Moratorium fallen, schon ein Riesenproblem, was Investitionen in Schulstandorte betrifft. Insofern: Machen Sie sich an die Arbeit, was das Schulgesetz betrifft. Vielleicht können Sie ja heute schon dem ersten Schritt zustimmen.
Was mich aber noch mehr umtreibt, ist, dass es nicht nur um die Frage der Entwicklung der Schülerzahlen geht, und das Thema Erhalt von Schulstandorten ist auch nicht nur die Frage, wie groß die Klassen sind, sondern es fehlt ein nachhaltiges Schulentwicklungskonzept. Vielleicht ist das ja gemeint, wenn Sie sagen, Sie haben eine große Schulgesetznovelle vor. Brandenburg hat deshalb extra eine Demografiekommission eingesetzt, die das „Schulnetz der Zukunft“ entwickelt hat. Dieses „Schulnetz der Zukunft“ befasst sich nicht nur mit der Größe der Klassen und Schulen, sondern auch mit einer qualitativen Weiterentwicklung einer Schule.
Sie haben Stichworte genannt: Wir wollen ein inklusives, nicht nur ein integratives Schulsystem – so weit waren wir schon einmal, Herr Bienst –, und wir wollen auch, dass zum Beispiel Schulverbünde und jahrgangsübergreifender Unterricht zum normalen pädagogischen Konzept gehören.
Wir wollen aber auch – das haben Sie bei Ihrer Aufzählung vergessen –, dass die Schulen eine stärkere Eigenverantwortung bekommen, dass die Kommunen als
Schulträger dabei mehr mitsprechen können. All dies sollte sich auch in Ihrer Schulgesetznovelle wiederfinden. – Das ist das Zweite.
Wir brauchen also nicht nur eine veränderte Größenordnung an Schulen und Klassenfrequenzen, sondern wir brauchen auch klare Aussagen zur Qualität. Gerade im ländlichen Raum lässt sich das Thema Inklusives Schulsystem zuallererst am besten umsetzen, wenn wir auch einmal kleine Schulstandorte in den Gymnasien und Mittelschulen/Oberschulen zulassen würden. – Das ist der dritte Punkt.
Der vierte Punkt, der überhaupt noch nicht angesprochen wurde, ist: Wenn wir Schulen im ländlichen Raum – sprich: mehr kleine Schulen; das muss man so deutlich sagen – erhalten wollen, dann brauchen wir auch mehr Lehrkräfte in diesen Schulen. Das ist zum Beispiel bei dem Moratorium nicht genannt worden. Wenn wir nämlich nicht mehr Lehrkräfte in das System geben, dann tun wir das zulasten der Schulen, die viele Schüler aufnehmen müssen. Sie wissen, bis 2022 werden die Schülerzahlen um circa 20 000 wachsen. Das betrifft die Großstädte, die Umlandgemeinden und Oberzentren, diese müssen das dann ausbaden – mit 28 und mehr Schülern. Das kann nicht Ihr Ziel sein. Das hat nichts mit Qualität zu tun. Wenn ich gerade an soziale Brennpunktgebiete in den Großstädten denke, dann brauchen wir dort kleinere Klassen. Denken Sie also auch daran: Wenn wir die Schulen im ländlichen Raum erhalten wollen, dann brauchen wir dazu mehr Lehrkräfte.
Ein weiterer Punkt: Wenn wir Schulen im ländlichen Raum erhalten wollen, dann brauchen wir auch Anreizsysteme für die Lehrkräfte, dass sie dorthin gehen. Ich höre immer wieder nur, dass es Angelegenheit der Kommunen und der Landkreise sei, das zu tun. Ja, natürlich sind diese zuallererst gefordert. Wenn aber – dazu kommen wir heute noch einmal – im Mai den Bewerberinnen und Bewerbern zum kommenden Schuljahr immer noch nicht gesagt werden kann, ob sie eingestellt werden, dann werden sie vielleicht auch weniger bereit sein, in den ländlichen Raum zu gehen. Eventuell könnte man auch ein Bonussystem einführen: Wer bereit ist, drei Jahre in den ländlichen Raum zu gehen, bekommt eine unbefristete Stelle und wird sofort eingestellt, nicht erst nach vier oder fünf Monaten Wartezeit.
Der letzte Punkt, den ich nennen möchte: Bedenken Sie bitte auch, dass wir eine extreme regionale Spreizung haben: Wir haben die urbanen Zentren, die derzeit extrem wachsen und in denen die Schulen übervoll sind und neue Schulen gebaut werden müssen, und wir haben den ländlichen Raum, in dem die Schülerzahlen trotz insgesamt wachsender Schülerzahlen weiter zurückgehen. Diese Spreizung muss gemanagt werden. Wir brauchen dazu kreative Lösungen. Dabei nützt uns – sorry, auch an die LINKEN – nicht nur eine Novellierung des Schulge
setzes, die uns sagt, wie der Standard für die neuen Schulgrößen ist. Dabei habe ich auch einige Probleme, was die Großstädte betrifft. Aber nichtsdestotrotz muss diese Spreizung gemanagt werden.
Alles in allem fehlt ein nachhaltiges Schulentwicklungskonzept für dieses Land, das auch die Frage des Erhalts und der Entwicklung von Schulstandorten im ländlichen Raum genauso wie in den urbanen Zentren in den nächsten Jahren betrachtet. Davon habe ich bis jetzt nichts gehört, sondern bisher höre ich: Moratorium. Bruchstückweise wird an diesem Schulsystem herumgeschraubt. So kommen wir nicht in das Jahr 2020 und schon gar nicht darüber hinaus.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Stange, Sie haben gerade eigentlich fast alles gesagt, nämlich: Ein umfassendes Konzept ist notwendig. Der vorliegende Gesetzentwurf ist kein umfassendes Konzept, und daran müssen wir uns auch messen lassen, wenn wir jetzt darüber sprechen.
Im vorliegenden Gesetzentwurf sagt DIE LINKE, es gehe vor allem um das Thema Schulen im ländlichen Raum – ein Thema, das, denke ich, in den letzten Jahren vielleicht mit am häufigsten im Sächsischen Landtag diskutiert wurde, und auch für uns als FDP war es, seit wir im Landtag sitzen, eines der wichtigsten Themen überhaupt. Ich bin froh, dass es seit 2009, seit wir in der Regierung sind, genau diese Regierung ist, die die Kraft hatte, die Schulschließungspolitik generell zu überdenken und zu beenden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Rahmen der Beschlussfassung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2011 und 2012 haben wir als FDP unsere Zustimmung an ein solches Schulschließungsmoratorium zu Mittelschulen im ländlichen Raum geknüpft. Wenn sich in einer Altersklasse, der Klassenstufe 5, außerhalb der kreisfreien Städte mehr als 20 Schüler angemeldet haben, ist dieser Schule die Mitwirkung nicht zu entziehen. Dadurch konnte gewährleistet werden, dass es im ländlichen Raum nicht zu weiteren Mitwirkungsentzügen bei Mittelschulen kommt – mit ganz klaren Vorgaben, und jede Schule wusste, ob sie vom Moratorium betroffen sein kann oder nicht. Das ist ein Unterschied zu all den Aussagen, die vorher im Sächsischen Landtag – von wem auch immer – getroffen wurden.
Im vergangenen Jahr haben wir darüber hinaus beschlossen, dass das Schulschließungsmoratorium als Standortgarantie für Oberschulen auch auf Grundschulen ausgewei
tet wird, daher werden für Grundschulen außerhalb von Ober- und Mittelzentren keine Mitwirkungsentzüge erteilt. Die Schulen, die Sie vorhin nannten, liegen nicht außerhalb von Ober- und Mittelzentren, deshalb ist es falsch zu unterstellen, wir hätten nicht verlässlich gehandelt. Wir haben ganz klar verlässlich gehandelt, da für alle klar ersichtlich war, welche Kriterien gelten und welche nicht.
Sie haben bereits zugegeben, dass das Moratorium wirkt, und Sie wissen auch, wie viele Schulen davon betroffen sind. Ich glaube, im Mittelschulbereich sind es knapp zwei Dutzend Schulen, die nicht von solchen Maßnahmen betroffen waren. Das Moratorium wirkt, deshalb war es die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt.
Herr Bläsner, halten Sie die Entscheidung des Kultusministeriums, die Auflösung der 3. Klasse in der von mir vorhin genannten Grundschule in Weßnig bei Torgau – egal, ob Ober- oder Unterzentrum oder was auch immer – für pädagogisch sinnvoll und würden Sie sie deshalb unterstützen, oder sehen Sie dabei auch eher Schwierigkeiten?
Ich denke, wir sollten als Politiker solche Einzelfälle immer ernst nehmen. Das ist richtig. Man kann auch immer eine eigene Meinung dazu haben. Aber wenn vor Ort festgestellt wird, dass dies aus pädagogischen Gründen so gemacht wird, dann muss ich als Politiker schon sehr schwerwiegende Gründe haben, um dies zu beanstanden. Ich denke, hier sollte von der Kultusverwaltung ein Stück weit Vertrauen auch in die Menschen vor Ort existieren, dass es in diesem Fall die richtige Entscheidung war. Jede Entscheidung, eine Klasse auseinanderzureißen, ist immer eine sehr schwierige Entscheidung, und diese wird sehr ungern getroffen; das wissen wir alle. Einen solchen Ausdruck, wie Sie ihn nannten, „wegzusperren“, lehne ich vollkommen ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt, im Jahr 2014, geht es also überhaupt nicht mehr darum, ob die Schulschließungspolitik beendet wird, sondern eigentlich nur noch um das Wie, und in der Tat ist eine umfassende Schulgesetznovelle notwendig. Mein Kollege Lothar Bienst sagte es bereits. Sie ist notwendig, weil sie in das Gesamtkonzept einfließen muss und einfließen soll. Für uns steht dabei ganz klar fest: Wir müssen einen Unterschied zwischen der Großstadt und dem ländlichen
Raum machen. Regionen, die sich unterschiedlich entwickeln, brauchen auch unterschiedliche Konzepte, damit es funktioniert.
Darüber hinaus müssen wir der Verwaltung klare Vorgaben machen. Nicht die Verwaltung soll darüber entscheiden, ob es eine Schule mit 20 Schülern in der Eingangsklasse im ländlichen Raum geben darf, sondern wir sollten das ganz klar in das Gesetz schreiben, dass für Schulen im ländlichen Raum 20 Schüler in der Klassenstufe 5 in Oberschulen ausreichen. Das ist ein ganz klarer Auftrag, den wir als FDP auch für die Schulgesetznovelle sehen.