Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

keine Sternstunde des sächsischen Parlamentarismus werden. Wir werden Zeugen des altbekannten Spiels: Die NPD gibt sich als treu sorgender Hüter der Meinungsfreiheit und der Toleranz hier im Lande.

Aus Ihrem Munde klingt das jedoch wie Hohn für alle, die unter rechtsextremistischer Gewalt und unter Einschüchterung leiden. Ihr Trick dabei ist durchschaubar: Die NPD tritt so lange für Meinungsfreiheit ein, wie ihre Meinung geschützt wird und es ihr nützt, um ihre politischen Gegner zu diffamieren. Wo bleibt aber Ihr Aufschrei, Herr Schimmer, wenn es wieder einmal Berichte über Einschüchterungsaktionen Rechtsextremer gibt?

Leider haben auch einige Gegner der Compact-Konferenz bewiesen, dass es mit ihnen bei der Toleranz gegenüber anderen Meinungen nicht weither ist. Die Linksjugend Leipzig hat eine Kundgebung zum Protest gegen die Konferenz angemeldet, und das ist soweit auch vollkommen in Ordnung. Einige Teilnehmer haben jedoch versucht, die Konferenz zu stören. Konferenzteilnehmer sollten am Betreten der Veranstaltung gehindert werden. Schlussendlich wurde sogar versucht, den Veranstaltungsort zu stürmen. Dank des Einsatzes der Polizei konnte dies verhindert werden. Hier gilt der Dank nicht irgendwelchen privaten Sicherungskräften, sondern der Dank gebührt den engagierten Beamten der sächsischen Polizei, meine Damen und Herren.

(Holger Szymanski, NPD: Das wissen Sie, Herr Biesok?)

Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Ich verteidige nicht die Compact-Konferenz oder die dort vertretenen Meinungen der Referenten, zu denen beispielsweise auch das SPD-Mitglied und der Buchautor Thilo Sarrazin gehört. Ich halte Homophobie für ein ernst zu nehmendes Problem, und ich finde friedlichen Protest gegen eine solche Veranstaltung absolut legitim.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei den LINKEN)

Die Grenze, seine andere Meinung kundzutun, wird jedoch dann überschritten, wenn Veranstaltungen anderer gestört, Eigentum beschädigt oder gar Menschen verletzt werden. Dies ist falsch und ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und damit ein Angriff auf die offene Gesellschaft.

Der große Sozialwissenschaftler und Liberale Ralf Dahrendorf schrieb im hohen Alter, dass er sich um die Meinungsfreiheit und damit um die Errungenschaft der Aufklärung sorge. Er befürchtete eine Welle der Gegenaufklärung, indem nicht mehr gesagt werden dürfe, was einigen Gruppen missfalle. Er schrieb: „Gewalttätige Reaktionen auf unbequeme Ansichten sind niemals gerechtfertigt und können nicht akzeptiert werden.“ Zur Meinungsfreiheit schrieb er weiter: „Die Verteidigung des Rechtes aller Menschen, etwas zu sagen, selbst wenn man ihre Ansichten verabscheut, ist eines der obersten Prinzipien der Freiheit.“ Das kann ich nur unterstreichen.

Die liberale rechtsstaatliche Demokratie und die offene Gesellschaft leben vom Diskurs, vom Streit der Ideen und der Meinungen. Wir müssen auch Meinungen aushalten, die wir ablehnen, die uns zum Teil unerträglich erscheinen. Wer versucht, andere Meinungen mit Gewalt zu bekämpfen, bekämpft, wofür er zu streiten vorgibt: nämlich die Freiheit.

Meine Fraktion und ich werden uns weiterhin mit aller Energie dafür einsetzen, dass jeder seine Meinung frei äußern kann – ohne Einschüchterung von links, rechts oder durch einen übermächtigen Staat oder von sonst irgendjemanden. Wir werden nicht müde werden, vor den Rattenfängern zu warnen, die heute vorgeben, Freiheit und Toleranz zu verteidigen, und morgen wieder ihre Schergen losschicken, um Andersdenkende mundtot zu machen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir in der ersten Runde nicht vor; wir gehen daher in eine zweite Runde. Für die NPD-Fraktion Herr Abg. Storr. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Fraktionskollege Arne Schimmer hat Ihnen vorhin einige Beispiele aus der Antwort des Staatsministers auf unsere Große Anfrage zur Randale am Rande der letztjährigen Compact-Familienkonferenz in Schkeuditz genannt, die entweder nicht der Wahrheit entsprechen oder an Zynismus kaum zu überbieten sind.

Immerhin räumt der Innenminister ein, dass insgesamt 27 Ermittlungsverfahren gegen Personen aus dem linken Gewaltmob eingeleitet wurden und dass insgesamt sieben Personen bei den Auseinandersetzungen vor dem Globana-Kongresszentrum verletzt wurden, darunter auch drei russische Staatsbürger, unter anderem die Abgeordnete und Vorsitzende des Duma-Familienausschusses Jelena Misulina.

Man fragt sich nur, wie das eigentlich geschehen konnte, wenn doch alles so ordnungsgemäß abgelaufen ist, wie es Herr Ulbig in anderen Antworten zu suggerieren versucht.

Ich möchte noch einmal das Beispiel aus der Antwort auf unsere Große Anfrage anführen, worin sich Staatsminister Ulbig als uninformiert ausweist oder schlicht die Unwahrheit verbreitet. In der letzten Frage – Punkt III Nr. 28 – wollten wir uns erkundigen, welche Folgen die Ereignisse am Rande der Compact-Konferenz auf diplomatischer Ebene hatten. Hierbei dachten wir natürlich insbesondere an mögliche Folgen wegen des Angriffs auf drei russische Staatsbürger – davon einer mit Abgeordnetenstatus. Herr Ulbig antwortete uns darauf – Stand 19. März 2014 – wortwörtlich: „Dazu liegen bisher keine Erkenntnisse vor.“

Das kann jedoch nicht sein, denn bereits am 30. November 2013 – also genau sieben Tage nach der Compact

Konferenz – wurde bekannt, dass der Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung Konstantin Dolgow bei der deutschen Botschaft in Moskau offiziell förmlichen Protest wegen der skandalösen Vorkommnisse, insbesondere wegen des Angriffs auf die Abgeordnete Misulina, eingelegt hatte.

Ist diese zweifelhafte Folge der Ausschreitungen von Schkeuditz auf diplomatischer Ebene der Staatsregierung, insbesondere Herrn Ulbig, etwa entgangen? Oder steckt die Staatsregierung hier den Kopf bewusst in den Sand – anders als die russische Regierung, die es zu Recht als einen Skandal betrachtet, wenn ihre Staatsbürger und Abgeordneten, die bei einer Konferenz in Deutschland, die sich mit der Zukunft der Familie befasst, zu Gast sind, angegriffen werden?

Dass die Polizei am 23. November 2013 nicht willens oder in der Lage war, ausländische Gäste, ausländische Parlamentarier vor gewaltbereiten Gegendemonstranten zu schützen, wirft kein gutes Licht auf den Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der NPD)

Die NPD-Fraktion ist der Ansicht, dass aus diesem Vorfall dringend Konsequenzen gezogen werden müssen und entweder die Leipziger Polizei oder das Innenministerium die Verantwortung dafür zu übernehmen hat.

Doch unabhängig von solchen Fragen der Verantwortung muss man sich einmal fragen, was die Ursache dafür war, dass es bei der Compact-Konferenz überhaupt zu derartigen Vorfällen kam. Den Veranstaltern ging es, wie bereits erwähnt, um die Zukunft der Familie – womit die einzig richtige Definition von Familie gemeint war, nämlich die klassische Familie, bestehend aus Frau, Mann und Kindern.

Genau dies sowie der Umstand, dass mit der vor Konferenzbeginn tätlich angegriffenen Abgeordneten Misulina die Vorsitzende jenes Duma-Ausschusses in Leipzig als Referentin angekündigt war, die für die Novellierung des russischen Jugendschutzgesetzes verantwortlich zeichnet, das die den Jugendlichen frei zugängliche Propagierung von Homosexualität unter Strafe stellt, reizte die herbeigekarrten Vertreter linker Jugend-, Schwulen- und Lesbenverbände offenbar so sehr, dass sie letztendlich mit Gewalt gegen die Konferenzbesucher vorgegangen sind, denen ein sogenanntes reaktionäres Weltbild und Homophobie – auf Deutsch also Homosexuellenfeindlichkeit – vorgeworfen wurde.

Homophobie – das ist das neue Schlagwort, um Befürworter einer familienfördernden Politik und Kritiker einer immer dreister und fordernder auftretenden Homo-Lobby mundtot zu machen – einer Lobby, die für Schwule und Lesben nicht nur etwa die Gleichstellung ihrer Lebensgemeinschaften mit der vom Grundgesetz aus gutem Grund besonders geschützten und geförderten Ehe zwischen Mann und Frau, sondern mittlerweile auch ein Adoptionsrecht für Kinder fordert.

Russland mit seinem neuen Jugendschutzgesetz und dem unter Präsident Putin formulierten Leitbild, das – wie es eigentlich auch in Deutschland ganz normal sein sollte – die klassische Familie unter einen besonderen Schutz stellt und ein Ideal von drei Kindern vorsieht, um den Bestand des Volkes zu sichern, stellt für solche Kreise ein besonderes Feindbild dar. Deutsche, die in ihrem Land eine solche Normalität wieder hergestellt sehen wollen, geraten ebenso ins Visier der Homo-Lobby, die alles dafür tut, in Politik, Gesellschaft und auch in den Medien ihre Lebensform als gleichrangig, wenn nicht sogar als überlegen gegenüber der natürlichen Verbindung zwischen Mann und Frau, aus der Kinder erwachsen können und sollen, darzustellen.

Die NPD-Fraktion wendet sich strikt gegen eine solche Verfälschung des Ehe- und Familienbegriffs durch die Schwulen- und Lesbenverbände, deren Treiben nichts anderes darstellt als einen Generalangriff auf die Grundlagen unseres Gemeinwesens. Wenn erst die letzte Bastion der Gesellschaft, nämlich die Ehe und die Familie als Keimzelle unseres Volkes, als Garant unseres Fortbestandes als Volk und als natürlichen Schutzraum für die Erziehung von Kindern gegen die Selbstzerstörung unseres Volkes erst geschliffen wurde, so das Kalkül der Homo-Lobby und ihrer linken Unterstützer, strebt die Umwertung aller Werte ihrer Vollendung entgegen. Genau dies muss aber mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden.

Mir ist schon klar, dass ich hier bei den linken Fraktionen und wahrscheinlich auch bei der FDP-Fraktion gegen eine Wand rede, doch offenbar ist auch die CDU-Fraktion nicht mehr in der Lage, hier einmal klar Stellung zu beziehen. Viel zu tief ist der Ungeist von Gender Mainstreaming, Homogleichstellung und Schwulen- und Lesbenkult schon in die Gedankenwelt der Unionsvertreter eingedrungen. Dennoch sollte man selbst von Ihnen erwarten, dass Sie die inakzeptablen Umstände, unter denen die Compact-Familienkonferenz in Schkeuditz stattfinden musste, klar verurteilen und ebenso die Angriffe auf Gäste aus dem Ausland, bei denen es sich nach unserer Ansicht einmal nicht um ungebetene, sondern hochwillkommene Gäste handelte, weil sie kommen und auch wieder gehen. Lassen Sie also nicht zu, dass im Freistaat Sachsen diejenigen körperlichen Angriffen und Rufmord ausgesetzt sind, die sich am klassischen Familienbild orientieren und die die Forderungen der aufdringlichen Homo-Lobby als Anmaßung zurückweisen.

In dieser Hinsicht wünsche ich mir tatsächlich Verhältnisse wie in Russland, wo man von bedauerlich lächerlichen Gestalten wie der sogenannten Conchita Wurst und ihresgleichen Gott sei Dank unbehelligt bleibt.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegt in der zweiten Runde noch eine Wortmeldung aus den Reihen der Fraktionen vor. Ich frage

zunächst die CDU-Fraktion. Wird noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Köditz. Sie haben das Wort.

(Andreas Storr, NPD: Jetzt wollen wir auch mal eine Distanzierung von linker Gewalt hören!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diesen Monat hat die NPD-Fraktion nur einen Antrag geschrieben, sonst sind es monatlich immer zwei, passend für unsere Tagesordnung, diesmal nur einer. Also hat sie geschaut, was sie sonst noch hat, und da fand sie eine Große Anfrage, eine Große Anfrage übrigens in den letzten zwei Jahren.

(Holger Szymanski, NPD: Die Terrorpatin von Leipzig!)

Wie haben Sie mich gerade genannt?

(Holger Szymanski, NPD: Die Terrorpatin von Leipzig!)

Herr Präsident!

Herr Abg. Szymanski! Ich bitte Sie, sich zu mäßigen. Für diese Wortäußerung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie sich hier disziplinieren.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

In den letzten zwei Jahren hat die NPD-Fraktion eine Große Anfrage eingereicht. Die steht dann eben heute mal auf der Tagesordnung. Es ist schon interessant, welche Geschichte dieser heutige Tagesordnungspunkt hat. Im November letzten Jahres hat ein Abgeordneter der NPD fünf Kleine Anfragen zum heutigen Thema eingereicht, allerdings hatte er in den letzten Jahren nicht mitbekommen, dass sogenannte Kettenanfragen nicht beantwortet werden.

(Holger Szymanski, NPD: Das kommt in Ihrer Fraktion auch vor, Frau Köditz!)

Am 23. Dezember letzten Jahres wurde es Ihnen noch einmal mitgeteilt. Die Große Anfrage, um die es heute geht, besteht genau aus den Fragen der Kleinen Anfragen, die nicht beantwortet wurden.

(Arne Schimmer, NPD: Das Thema ist Ihnen sehr unangenehm!)

Viel Arbeit hatte die NPD-Fraktion also nicht und trotzdem brauchte sie bis zum 16. Januar dieses Jahres, um die Große Anfrage einzureichen.

(Andreas Storr, NPD: Zum Thema!)

Erinnern wir uns: Kurz vor Weihnachten war die NPDFraktion doch mit anderen Fragen beschäftigt als parlamentarischen. Sie schaffte endlich die Voraussetzungen dafür, dass Holger und Jasmin Apfel ein Lokal im Ausland, auf der spanischen Insel Mallorca eröffnen konnten.

(Holger Szymanski, NPD: Das beschäftigt Sie! Das kann ich mir vorstellen!)

Fürs Protokoll: Holger Apfel war letztes Jahr noch Parteivorsitzender und hier im Sächsischen Landtag Fraktionsvorsitzender der NPD.

Aber zurück zur Großen Anfrage, beantragt vor zwei Monaten und nun endlich auf der Tagesordnung. Was entnehmen wir der Großen Anfrage und der Beantwortung durch die Staatsregierung? Die Polizei hat agiert, die Unterstellungen der Fragestellerin werden nicht bestätigt, verschiedene Ermittlungen laufen, unter anderem auch gegen einen Teilnehmer der Konferenz wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, aber Letzteres spielte in der heutigen Debatte seitens der NPD-Fraktion keine Rolle. Wir haben es ja gehört, das Thema der Großen Anfrage war nur Anlass für die übliche Selbstdarstellung, nicht mal ein Entschließungsantrag liegt uns vor.