Es gibt den berühmten Ausspruch aus dem Buch des Suchtmediziners Roland Härtel-Petry, der feststellt,
anders als in anderen Bundesländern werde das Problem in Bayern nicht mehr totgeschwiegen. Das heißt im Umkehrschluss: In Sachsen wurde es bisher totgeschwiegen. Es wird hier immer noch mit Mitteln bekämpft, die der Größe des Problems nicht angemessen sind.
Wir alle wissen, dass das eigentliche Problem die AsiaMärkte auf der böhmischen Seite der Grenze darstellen, wo man Crystal ungehindert herstellen und nach Deutschland einschmuggeln kann. Hierin liegt das eigentliche Problem.
Solange nicht auf die Partner im europäischen Ausland eingewirkt wird, dass es dort nicht mehr möglich ist, Crystal fabrikmäßig – in Tschechien, in Polen – herzustellen, was bisher nicht gemacht wurde,
wird das Problem nicht zu lösen sein. Der „Länderspiegel“ hat erst jüngst berichtet, dass es in Polen immer noch möglich sei, die Grundstoffe zur Crystal-Herstellung in größtem Umfang, in großem Volumen zu kaufen, weil das Apothekengesetz dort nicht wirklich eingehalten und die Einhaltung nicht wirklich kontrolliert werde. – Solange das nicht passiert, ist das alles Schönrednerei, – –
Als Erstes stelle ich richtig, dass es bei uns keinen Kurswechsel gegeben hat. Zweitens. Es wird das Geheimnis des Redners vor mir bleiben, was die Bayern bisher zu dem Thema unternommen haben. Dazu können Sie aber Ihre Redezeit nutzen.
Die Bayern sind in dieser Diskussion noch nicht einmal ansatzweise so weit wie wir, weil wir in der Tat betroffen sind.
Es ist richtig, dass einer der Themenkomplexe die Frage von Crystal-Küchen entlang der tschechischen Grenze ist und vor allen Dingen in der Vergangenheit war. Wir haben intensiv und gut zusammengearbeitet, auch im Dialog und unter Beteiligung unseres Innenministers, des Bundesinnenministers und der tschechischen Seite. Es ist einige Bewegung drin gewesen. Im Bereich der Zusammenarbeit mit Polen sind wir deutlich weiter. In diesem Bereich entwickelt sich etwas.
Viel entscheidender ist, egal wo das Zeug herkommt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wer es kauft und wer es konsumiert. Darin besteht die Herausforderung. Deswegen müssen wir an dieser Stelle deutlicher als bisher an die Aufklärung und an die Prävention gehen.
Wir müssen uns auch um die kümmern, die dieses Zeug nach Deutschland hereinschleppen. Ich muss sagen, in diesem Zusammenhang passiert auch eine Menge. Ich mache Ihnen das an einem Beispiel fest: Im April 2013 wurden in Sebnitz 2,4 Kilogramm bei einem Dealer festgestellt. Der Dealer ist dingfest gemacht und im November 2013 vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Im
Revisionsverfahren im Mai 2014 ist das Urteil bestätigt worden. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der NPD, ist auch ein konsequentes Handeln: feststellen und dann entsprechend tätig werden und das Strafmaß ausnutzen. Dazu brauchen wir aber Ihre Belehrungen nicht. Wir setzen uns damit selbst ganz verantwortungsvoll auseinander.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich Sie nicht langweilen möchte,
werde ich Ihnen zunächst ein paar Zahlen nennen, damit alle wissen – auch Sie da drüben –, worüber wir hier eigentlich reden.
Meine Damen und Herren! Die Verstöße bei Rauschgiftdelikten sind im Jahr 2013 auf mittlerweile 9 408 Fälle angestiegen. Die Missbrauchsfälle der Droge Crystal sind von 1 721 im Jahr 2009 auf 4 948 im Jahr 2013 angestiegen. Damit hat sich die Zahl fast verdreifacht, und das ist nur die Zahl derjenigen, die erwischt wurden. Die Dunkelziffer ist sicher um ein Vielfaches höher. Im Jahr 2009 lag der Anteil von Crystal bei den Rauschgiftdelikten noch bei weniger als 30 %; im Jahr 2013 war es schon mehr als die Hälfte.
Die Anzahl der Klienten in Suchtberatung und Suchtbehandlung stieg von 2 050 Fällen im Jahr 2012 auf 3 178 Fälle im Jahr 2013. Das entspricht einer Steigerung um rund 50 %.
Meine Damen und Herren! Die synthetisch hergestellte Droge Crystal ist aufgrund ihrer schnellen Abhängigkeit besonders gefährlich. Der regelmäßige Konsum führt relativ schnell zu starken körperlichen und auch psychischen Schäden, zum Beispiel der Schädigung von Haut und Zähnen, dem Absterben von Nervenzellen, Halluzinationen, Gedächtnisverlust, Panikattacken und Aggressionen. Die Droge ist leicht und billig herzustellen und daher auch relativ leicht verfügbar.
Meine Damen und Herren! Der Kampf gegen die synthetische Droge Crystal Meth war in dieser Legislaturperiode schon mehrfach Thema von Debatten im Landtag – nicht erst seit dem letzten Plenum –, und zu Recht hat das Innenministerium gemeinsam mit dem Justiz-, Kultus-, Sozial- und Wirtschaftsministerium einen 10-Punkte-Plan für die Bekämpfung von Crystal vorgelegt. Die Staatsregierung zeigt damit, dass die Bekämpfung von Crystal ein Schwerpunkt in der Arbeit der schwarz-gelben Landesregierung ist.
(Andreas Storr, NPD: Das muss aber erst seit neuester Zeit sein! Davon hat man noch nichts gehört! Übertreiben Sie nicht!)
Meine Damen und Herren! Der ressortübergreifende Ansatz des 10-Punkte-Plans besteht aus drei Hauptsäulen: erstens Prävention durch Information,
Sie verstehen sicher, dass ich als Innenpolitiker den Schwerpunkt auf Repression setzen möchte mit dem Ziel, die Verfügbarkeit der Droge einzuschränken. Dazu braucht es meines Erachtens eine immense Erhöhung des polizeilichen Kontroll- und Verfolgungsdrucks, um Handel und Schmuggel zu reduzieren.
Auch wenn die Sächsische Staatsregierung noch so aktiv ist, werden wir das Problem aber nicht allein lösen können. Der Konsum von Crystal ist schon lange kein sächsisches Problem mehr. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass auch die Bundesregierung irgendwann einsieht, dass Crystal ein gesamtdeutsches Problem und deshalb auch die Bekämpfung eine gesamtdeutsche Aufgabe ist.
Ich appelliere deshalb an die Bundestagsabgeordneten und an die Bundesregierung: Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine engere Zusammenarbeit mit Tschechien. Wir brauchen gemeinsame Fahndungsgruppen mit der Bundespolizei und mit internationalen Fahndungsgruppen. Wir brauchen eine deutlich höhere Präsenz von Bundespolizei und Zoll in den Grenzregionen.
Meine Damen und Herren! Ich begrüße das Vorhaben von Arbeitsministerin Andrea Nahles, mehr Zollbeamte einzustellen. Ich erwarte aber, dass sich diese Beamten der Bekämpfung des Drogenschmuggels widmen, anstatt den Mittelstand in Backstuben und Werkstätten zu gängeln und die Einhaltung des Mindestlohns zu überwachen.
Meine Damen und Herren! Angesichts der verheerenden Auswirkungen von Crystal muss es jetzt gelten, alle Anstrengungen darauf zu verwenden, dass die Herstellung unterbunden, die Verfügbarkeit eingeschränkt und der Konsum erheblich reduziert wird. Das ist eine Aufgabe
nicht nur des Freistaats Sachsen, sondern auch des Bundes. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich stehe hier eher für Prävention und Hilfe. Das unterscheidet uns. Crystal Meth ist inzwischen die illegale Droge Nummer 1 in Sachsen. Die Zahl der Crystal-Abhängigen ist seit dem Jahr 2005 um das Vierfache gestiegen. Die Abhängigen durchziehen alle sozialen Schichten in ganz Sachsen.
Es gibt eine erste belastbare Studie bundesweit, in der Daten und Fakten gesammelt wurden. 400 befragte Konsumenten wurden einer ganz genauen Befragung unterzogen. Es musste festgestellt werden: Crystal Meth ist nicht mehr nur eine Partydroge. Jeder Zweite konsumiert auf Arbeit, ein Viertel der Befragten in Schule und Ausbildung. Die konsumierenden Eltern sind eine Risikogruppe an sich. Ein Viertel davon hat mindestens ein Kind.
Schauen wir uns einmal die Familiensituation einer Familie genauer an. Familie M., verheiratet, drei Kinder, die Frau hat Arbeit, der Mann ist auf Montage und nur am Wochenende zu Hause, also eine ganz normale Familie. Frau M. holt ihre drei Kinder nicht aus der Kita ab. Wieder einmal nicht. Das Jugendamt hat längst Feierabend, die Polizei wird gerufen. Sie bringt die Kinder ins Kinderheim. Die Kinder sind natürlich traumatisiert, sie kennen das. Der Große, 2. Klasse, weiß inzwischen, was mit der Mutti los ist. Er muss oft einspringen. Frau M. ist zu Hause. Sie ist nicht ansprechbar, wieder einmal nicht ansprechbar. Sie ist abhängig von Crystal. Crystal ist gefährlicher als Heroin und Kokain, und es ist billiger.